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Im Visier des BKA

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Der Anruf kam an einem Sonntagabend. Ich nahm den Telefonhörer ab und hörte erst einmal nur ein schweres Atmen am anderen Ende der Leitung. „Bestimmt hat sich jemand verwählt“ dachte ich und wollte schon auflegen, als plötzlich ein Mann mit flehender Stimme sagte: „Könnten Sie baldmöglichst vorbei kommen bitte? Mein Computer funktioniert nicht mehr, ich habe aber nichts anders gemacht, als sonst auch und nun geht gar nichts mehr“. Im Hintergrund war ein herzzerreißendes Schluchzen zu vernehmen, welches eindeutig einer weiblichen Person zuzuordnen war. Nun ja, ich bin auch sauer, wenn mein PC nicht so will, wie ich und bekomme Herzrasen, wenn das Gerät gar nichts mehr tut – und manchmal kommen mir auch die Tränen bei einer Computer-Panne. Dieses Schluchzen aber hörte sich irgendwie völlig verzweifelt und sehr leidend an. Auf meine Frage hin, wer denn da weint, sagte der Mann am Telefon: „Das ist meine Frau, hier hängt der Haussegen schief, dabei haben wir erst vor 14 Tagen Goldene Hochzeit gefeiert und nun …!“ Nach einigen weiteren Fragen war mir klar, was passiert war und ich versprach, gleich am nächsten Morgen vorbeizuschauen. Montags morgens öffnete mir dann ein sehr geknickt wirkender, freundlicher Herr um die 75. Seine Frau saß blass und mit verweinten Augen in der Küche. Nachdem ich mich vorgestellt und nachträglich zur Goldenen Hochzeit gratuliert hatte, kullerten bei der Dame erneut die Tränen. Schluchzend sagte sie: „DAS hätte ich nicht von meinem Mann gedacht. Nun sind wir schon so lange verheiratet, aber DAS hätte ich ihm niemals zugetraut. Pfui!“

Das Wörtchen „Pfui“ schleuderte sie ihrem Mann mit einem Blick entgegen, der gleich ein ganzes Heer hätte vernichten können, wenn Blicke töten könnten. Was aber war denn nun eigentlich passiert?

Der Ehegatte wollte zwei Tage zuvor im Internet eine Reise für sich und seine Angetraute buchen und sich vorab einige hübsche Hotels anschauen. Dazu kam es allerdings nicht mehr, denn plötzlich zeigte sich auf dem Bildschirm das Logo des Bundeskriminalamtes und der Hinweis, sein Computer sei beschlagnahmt. Er müsse binnen einer gewissen Zeit – in diesem Falle waren es 72 Stunden – den Betrag über 105 Euro bezahlen, damit der Computer wieder funktioniert. Warum? Er habe kinderpornographisches Material aus dem Internet heruntergeladen und das BKA sei dahintergekommen. Aus diesem Grund sei nun sein Computer gesperrt. Der Bildschirm blieb schwarz, nur das (vermeintliche, aber gefälschte) Logo vom BKA sowie die schriftlichen Hinweise zur Bezahlung grinsten uns frech an.

Sämtliche Beteuerungen des Ehemannes stießen bei der Gattin auf taube Ohren – sie glaubte ihrem Mann nicht. Er selber war auch völlig irritiert und überlegte fieberhaft, was er denn gemacht haben könnte. NICHTS hatte er gemacht, wirklich gar nichts! Bei einer mir freundlich angebotenen Tasse Kaffee konnte ich das Gold-Paar aufklären: Der Computer war von einem sogenannten Trojaner befallen! Trojaner sind schädliche Computerprogramme, die sich heimlich auf dem Computer selber installieren, um dort Schaden anzurichten. Hacker (gesprochen „Häcker“), also solche Menschen, die diese Programme entweder selber geschrieben und verbreitet haben, oder sich diese Programme zunutze machen, können somit unbehelligt auf Ihren PC zugreifen, ohne

dass Sie es merken. Sie sammeln persönliche Daten und richten teilweise große Schäden im Computer-System an. Wenn Sie den Begriff „Computer-Viren“ schon mal gehört haben, wissen Sie wahrscheinlich nun, wovon ich rede. Trojaner sind den PC-Viren sehr ähnlich und auf jeden Fall gefährlich!

Die Eheleute lauschten aufmerksam meinen Worten und ich war froh zu hören, dass der Ehemann nicht vor lauter Panik das Geld bezahlt hatte.

Die Gauner, die im „Netz“ (Internet) unterwegs sind, um anderen zu schaden, werden nämlich eines ganz gewiss NICHT tun: den Computer wieder frei geben! Diese Leute zielen nur darauf ab, das Geld zu bekommen – mehr nicht. Die Gesichter der beiden hellten sich auf, wie die aufgehende Sonne am frühen Morgen. Das Gold-Mädel ergriff die Hand des Gold-Jungen und zwei Augenpaare sahen sich liebevoll an. Erste Hürde geschafft!

Der Computer war allerdings immer noch „infiziert“ und ich riet den beiden, ihren Computer in eine Fachwerkstatt zu geben. Hier sage ich meinen Kunden immer auch ehrlich: Schuster, bleib bei Deinen Leisten. Ich selber möchte mich nicht an diese Reparatur wagen. Der Hardware-Fachmann bzw. die Computer-Werkstatt war hier ganz sicher die bessere Wahl. Die Fachleute haben bestimmte Programme, um einen Virus oder Trojaner aufzuspüren und zu entfernen. Leider muss oftmals der Computer ganz neu aufgesetzt werden, wie es in der Fachsprache heißt. Das bedeutet, das komplette Betriebssystem und alle Programme müssen neu installiert werden. Wenn Sie keine Datensicherung gemacht haben, kann es sein, dass Ihre wichtigen Dateien für immer verloren sind.

Vier Wochen später erhielt ich eine schöne Postkarte aus Pottenstein in der fränkischen Schweiz. Die 50-jährige Ehe hatte die Cyber-Attacke unbeschadet überlebt. Die beiden Gold-Menschen genossen bei schönstem Wetter ihre kleinen Wanderungen und das gute Essen.

Mein Rat an SIE:

Fehlermeldungen / Warnungen notieren

Auf keinen Fall bezahlen

Computer in die Werkstatt bringen

Polizei einschalten und den Vorfall melden.


Gauner, Mails und Sahnehäubchen

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