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Kapitel 9

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Der IQ des Gefangenen lag ungefähr bei armseligen Neunzig oder so. Fünf Punkte unter dem untersten Ende des durchschnittlichen Spektrums menschlicher Intelligenz.

IQ und Persönlichkeit waren allerdings nicht miteinander verknüpft.

Seine antisozialen und soziopathischen Tendenzen waren ganz von allein entstanden. Sie waren nicht von seiner geistigen Kapazität verursacht worden; sie traten vielmehr deswegen zutage.

In anderen Worten, seine angeborene Wesensart verdammte ihn zu einem kriminellen Leben. Seine niedrige Intelligenz garantierte, dass er geschnappt wurde. Und das schnell.

Mit fünfzehn war der Mann – die Testperson – schon mehrmals inhaftiert gewesen. Bei seiner letzten Freilassung war er zum Aufenthalt in einem Resozialisierungszentrum verurteilt worden. Zu seinen weniger angenehmen Charakterzügen hatte er bald noch die Sucht hinzugefügt.

Heroin, um genau zu sein.

Das Angebot von Gratisdrogen führte zu seiner Abhängigkeit, und nun fand er sich festgeschnallt wieder, an einen Stuhl mit gerader Lehne, dessen Beine im Betonboden verankert waren.

Der Raum bestand komplett aus Beton, mit einem einzigen Deckenlicht und einem Rohr, das über die Länge der Wand verlief, hoch zur Decke, hin zu einem schmucklosen Duschkopf, der direkt über dem Kopf der Versuchsperson schwebte.

Der Gefangene hatte die merkwürdige Eingebung, dass er sich unter der Erde befand. Vielleicht lag es an der Qualität der Akustik. Oder an den fehlenden Fenstern. Oder am leicht feuchten, moderigen Geruch wie von einem Keller.

Hinter einem dicken Fenster mit Einwegscheibe beobachtete eine kleine Menschengruppe den Gefangenen. Sie betrachteten ihn mit großem Interesse. Jeder von ihnen hielt ein Klemmbrett mit einem Blatt voller Linien und Kästchen in der Hand, das sie benutzen würden, sobald das Experiment begann.

Hinter der Gruppe stand ein kahlköpfiger Mann von imposanter Statur. Er war fast zwei Meter groß, mit breiten Schultern und einem Gesicht, das aus scharfen Kanten bestand. Der Kopf des Mannes war rasiert, was mehrere Blutgefäße enthüllte, die gut sichtbar hervorstanden. Seine Augen waren klar und blau und ein bisschen mehr geweitet als normal, so als sei er entweder leicht überrascht oder als betrachte er die Welt um sich herum mit großer Intensität.

Diejenigen, die ihn gut kannten, wussten, dass Letzteres zutraf.

Sie wussten auch, dass es einen Grund gab, warum seine Blutgefäße erweitert waren. Er war sowohl ein Doktor der Medizin als auch der Philosophie. Sein medizinischer Abschluss verschaffte ihm großen Spielraum beim Selbstverordnen ungewöhnlicher und einzigartiger pharmazeutischer Produkte, die dazu bestimmt waren, seine Muskulatur sowie auch seinen Intellekt zu verbessern.

Die physischen Nebeneffekte waren allzu offensichtlich.

Die psychologischen Auswirkungen waren es nicht.

Die Gruppe vor dem Mann hatte jedoch nicht die Absicht, ihre Beobachtungen kundzutun. Sie war ausschließlich auf den Gefangenen auf der anderen Seite der Wand konzentriert. Jeder einzelne von ihnen wusste auch, dass der Mann hinter ihnen sie ebenso studierte wie das unglückliche Opfer, das an den Stuhl gebunden war. Es war ihnen lieber, in ihrer jetzigen Umgebung beobachtet zu werden, statt im Raum auf der anderen Seite der abgeschirmten Wand.

Irgendwo hinter ihnen klang ein dumpfes mechanisches Geräusch durch den Raum. Alle richteten sich gleichzeitig auf ihren Stühlen auf und brachten ihre Stifte in Position über ihren Papieren. Der Mann hinten blieb unbeweglich.

Ein gurgelndes Geräusch hallte durch den Raum, gefolgt von einem Zischen, und dann quoll ein Strom trübbrauner Flüssigkeit aus dem Duschkopf und ergoss sich über den Gefangenen darunter.

Der Mann kämpfte gegen seine Fesseln, jedoch ohne Erfolg. Sie waren von Industriequalität und selbst ein Mensch mit übermenschlicher Stärke konnte sie unmöglich zerreißen. Der Stuhl selbst war extrem stabil und konnte dem panischsten Gezappel problemlos standhalten.

Der Mann im Stuhl bäumte sich auf und warf sich hin und her, schrie und fluchte. Zuerst waren es Angstproteste; während die Flüssigkeit jedoch weiter auf den Mann herabregnete, wurde seine Haut rot und begann Blasen zu werfen. Die Angst wurde zu Wut, gefolgt von feindseligem Rufen und Fluchen. Allmählich verlor seine Stimme an Lautstärke und seine Kehle und Stimmbänder brannten.

Sein Kopf sackte nach vorn.

Die Flüssigkeit ergoss sich weiter über seine mittlerweile reglose Gestalt.

Bald schon waren die Auswirkungen auf seinen Körper massiv und unumkehrbar.

Hinter der Wand begannen die Menschen mit den Klemmbrettern zu schreiben.

Der Mann hinten im Raum beugte sich vor.

Er lächelte.

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