Читать книгу Andor - Gestrandet auf Pelos - Dan Gronie - Страница 6

Prolog

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Es war ein kalter Tag. In der Nacht hatte Frost geherrscht, und am frühen Morgen lag Reif auf den Wiesen und Feldern. Trotzdem schlich Horyet aus dem Haus seiner Eltern. Er war ein Kind auf der Suche nach Abenteuern und liebte den düsteren Sumpf.

Bis hierher und bloß nicht weiter, sagte seine Mutter stets zu ihm, denn jenseits dieses ein Meter hohen Metallzaunes begann eine andere Welt, eine unheimliche Welt, eine Welt voller Gefahren und voller Geheimnisse, und genau das war es, was Horyets Neugierig geweckt hatte – die Geheimnisse des Sumpfes. Er hatte schon einmal die Warnungen seiner Mutter missachtet, hatte sich bei Nacht aus dem Haus geschlichen, und war jenseits dieses Zaunes allein unterwegs gewesen.

In dieser Jahreszeit wirkte der Sumpf meistens düster und grau. Unheimliche Nebelschwaden zogen dann oft über ihn hinweg, doch das alles würde Horyet nicht abhalten, noch einmal über den verbotenen Zaun zu steigen, um diese mystische Welt zu erkunden.

Die vergangene Nacht war eine ganz besondere Nacht gewesen, denn es hatte Vollmond geherrscht. Horyet hatte in dieser Nacht genau beobachtet, wie der Vollmond bleich wie ein runder Ausschnitt mitten in der Schwärze gestanden hatte. Es war ein fahler, unwirklicher Lichtschein gewesen, den der Mond seinem Heimatplaneten entgegenschickt hatte. Sein Vater hatte ihn bei solch einer Vollmondnacht schon einmal mitgenommen und war mit ihm zum verbotenen Zaun gegangen. Seine Mutter hatte nichts davon gewusst. Er und sein Vater hatten den Sumpf beobachtet und gesehen, wie sich der fahle Mondschein auf der dunklen Fläche des Sumpfes widergespiegelt hatte. Das Mondlicht hatte den zahlreichen Sumpfgräsern und Sumpfgewächsen einen leichenhaften Anstrich gegeben. Der unheimliche Lichtschein des Mondes hatte sich dabei auf der Wasseroberfläche des Sumpfes widergespiegelt, und Horyet hatte dabei das Gefühl gehabt, als müssten sich jeden Augenblick die Toten aus diesem Sumpf erheben.

Bis hierher und nicht weiter!

Ja, das hatte auch sein Vater in dieser Nacht zu ihm gesagt. Horyet hatte seinen Vater gefragt, warum niemand den Sumpf betreten durfte. Jeder wusste angeblich Bescheid, dass etwas Schlimmes folgen würde, wenn jemand diese Regel brechen sollte. Doch die Erklärung seines Vaters hatte Horyet keinesfalls zufrieden gestellt. In dieser Nacht hatte er sich fest vorgenommen, eines Tages diese Regel zu brechen, um das Geheimnis zu lüften.

Sein Vater hatte ihm oft erzählt, dass nach einer Vollmondnacht manchmal geheimnisvolle Irrlichter über die schwarze Wasserfläche des Sumpfes tanzen würden.

Genau aus diesem Grund war Horyet auch an diesem Morgen ganz früh aufgebrochen. Es war noch dämmrig, aber er hatte ja eine Lampe dabei. Horyet begab sich also auf die Suche nach diesen mysteriösen Lichtern.

Heute war der ersehnte Tag für Horyet gekommen, an dem er dem Geheimnis auf den Grund gehen wollte. Er stand vor dem Metallzaun und starrte hinüber, dann brach er wieder die Regel und kletterte über den Zaun. Er knipste die Lampe an und hielt inne. Dieses Mal ging er nach rechts entlang des Zaunes.

Seine Herz raste vor Aufregung als er einen ihm unbekannten schmalen Pfad entdeckte. Er warf einen Blick zurück zum Zaun, dann wandte er sich wieder dem Pfad zu und folgte ihm.

Nach einer Weile blieb er kurz stehen. Es war widerlich. Je weiter er sich vom Zaun entfernte, desto stärker roch es nach Verwesung. Sollte er auf die Warnungen seines Vaters hören und umkehren?

Nein. Trotz aller Warnungen folgte er dem Pfad. Der Untergrund wurde weicher und federte stark. Horyet blieb wieder stehen. Er blickte nach rechts, dort wuchs das Gras ziemlich hoch. Zu seiner linken Seite standen karge Bäume in einer schmutzigen Wasserlandschaft.

Was wäre, wenn der Untergrund unter seinen Füßen plötzlich nachgeben würde? Der Sumpf würde ihn wie ein gieriges Monster verschlingen, und es würde später an dieser Stelle noch intensiver nach Verwesung riechen. Horyet schüttelte sich bei diesem Gedanken.

Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen und folgte dem Pfad. Einen Rückzug hatte er sich aus dem Kopf geschlagen.

Nach einer Weile wurde der Untergrund unter seinen Füßen wieder etwas härter und der Boden federte nicht mehr so stark.

Was würden seine Eltern sagen, wenn sie wüssten, dass er sich hier im Sumpf herumtrieb? Es war ja auch zum Verzweifeln, alle schienen etwas über diesen Sumpf zu wissen, aber es gab niemanden, seine Eltern inbegriffen, der ihm etwas genaues über den Sumpf erzählten wollte.

Was war das da vorne? Ein breiter Lichtpunkt kreiste links von ihm über dem Sumpf. Kurz darauf kam ein zweiter Lichtpunkt hinzu. Doch so plötzlich wie sie erschienen waren, verschwanden sie auch wieder.

Horyet wandte sich um. Der Zaun lag mittlerweile weit zurück. Egal. Er konnte sich hier auf diesem Pfad ja nicht verlaufen. Horyet ging also weiter und entdeckte ein Leuchten in den hohen Gräsern rechts von ihm. Es sah so aus, als ob dort jemand mit einer Fackel herumlaufen würde. Hoffentlich war es nicht sein Vater, der auf der Suche nach ihm war.

Der Untergrund wurde wieder weicher, und an manchen Stellen war er glatt und schlammig.

Platsch!

Horyet stand knöcheltief in einer Pfütze. Schnell trat er zurück. Sein Herz raste vor Schreck, um ein Haar hätte ihn der mörderische Sumpf mit Haut und Haaren verschlungen.

Horyet musste seine Mission wohl doch abbrechen. Es war zu gefährlich dem Pfad weiter zu folgen.

Ob es noch andere Pfade durch diesen Sumpf gab oder irgendwer aus seinem Dorf diese Pfade kannte?

Horyet erschrak. Ganz plötzlich hatte er Angst, er könnte sterben. Im dichten Schilf rechts von ihm hatte sich etwas bewegt. Da, schon wieder. Er duckte sich rasch und beobachtete die Stelle. Das Schilf bewegte sich schon wieder und etwas stieß hindurch.

Horyet zuckte zusammen und staunte.

Ein Boot?

Horyet richtete sich wieder auf.

Aus dem hohen Schilf ragte ein kleines Holzboot. Niemand war zu sehen. Der Pfad führte in einem Bogen in die Richtung des Bootes, also verwarf Horyet den Gedanken an die Rückkehr. Er trat in die Pfütze und folgte wieder dem Pfad. Nach ein paar Metern war der Pfad wieder etwas fester geworden. Jedoch sank Horyet an manchen Stellen knöcheltief ein.

Horyet blieb stehen.

Tja, das Boot lag in greifbarer Nähe, doch weder ein Steg noch ein Pfad führten zu ihm hin. Sollte er den Pfad verlassen und durch das Wasser waten? Er betrachtete die Wasseroberfläche. Wie tief mag das Wasser sein? Natürlich hatte er keine Angst zu ertrinken, weil er ja schwimmen konnte, doch er hatte große Angst in irgendeinem Morast stecken zu bleiben und dann vom Sumpf verschlungen zu werden.

Ob es im Wasser auch gefährliche Tiere gab?

Nicht nur dieser mörderische Sumpf sondern auch ein fleischfressender Fisch könnte ihm das Leben nehmen. Horyet musste vorsichtig sein, denn er wollte schließlich seinen nächsten Geburtstag noch mit seiner Familie zusammen feiern.

Horyet stand da wie ein steinernes Monument. Dann fasste er einen Entschluss und trat ins Wasser, dem Boot entgegen. Er versank bis zu den Waden. Vorsichtig näherte er sich dem Boot.

Fast hätte er aufgeschrien, als er beim nächsten Schritt bis zum Bauch im Wasser stand. Das Boot war nur noch vier Schritte entfernt. Sollte er es riskieren?

Er ging weiter.

Schritt für Schritt.

Er blieb stehen.

Ein Schritt trennte ihn noch von seinem Ziel.

Was wollte er eigentlich mit dem Boot anfangen? Plötzlich blubberte das Wasser hinter ihm und er bekam einen höllischen Schrecken. Horyet trat einen Schritt vor und kletterte blitzschnell ins Boot.

Er wandte sich rasch der Wasseroberfläche zu. Doch das Blubbern war verschwunden. Er war fest davon überzeugt, dass er fast einem Raubfisch zum Opfer gefallen wäre.

Ein altes Holzpaddel lag im Boot. Horyet nahm es und paddelte langsam durch das hohe Schilf. Für einen Moment war er wie erstarrt. Wohin wollte er eigentlich mit diesem Boot? Er warf einen Blick zurück zum Pfad. Die Gefahr war groß, dass er im hohen Schilf die Orientierung verlieren und den Pfad nicht mehr wiederfinden würde.

Plötzlich tauchte irgendwo vor ihm ein Leuchten auf. Horyet wandte sich aufmerksam dem Licht zu, paddelte vorsichtig und entfernte sich weiter vom Pfad.

Das Schilf wurde lichter, und mit einem Mal tat sich ein morastiges Gewässer vor ihm auf. Er sah einzelne Büsche und Pflanzen und ein paar Bäume. Auf dem dunklen Wasser trieben Blätter und Seerosen. Ein leichter Wind glitt wie ein Atem über den See hinweg. Horyet paddelte, während er die Gegend aufmerksam im Auge behielt. Es war noch ein ganz schönes Stück bis zur Mitte des Sees, aber Horyet hatte auf einmal das Gefühl, dass er unbedingt dorthin musste.

Der See wurde unruhig, und Horyet ließ das Boot treiben. Es schaukelte auf den kleinen Wellen. Als sich Horyet den Kahn näher betrachtete, fiel ihm auf, dass sein Holz im Laufe der Zeit etwas weich geworden war, und auch die Sitzbank in der Mitte, worauf er saß, war ein wenig angefault. Hoffentlich hielt der Kahn durch und versank nicht mitten auf dem See. Horyet konnte zwar sehr gut schwimmen, aber den Raubfischen im See würde er wohl nicht entkommen können.

Horyet begann wieder zu paddeln. Der Kahn hier hatte schon so viele Jahre gehalten, warum sollte er ausgerechnet jetzt untergehen?

Verdammt noch mal! Je näher er zur Mitte des Sees kam, umso schlammiger wurde die Wasseroberfläche. Horyet befürchtete mit einem Mal mit dem Boot im Schlick stecken zu bleiben, deswegen hörte er auf zu paddeln und entschloss sich zur Rückkehr.

Was erhoffte er sich in der Mitte des Sees zu finden? Weit und breit war nichts Außergewöhnliches zu sehen. Horyet stutzte, als plötzlich unzählige Lichter über die schwarze Wasseroberfläche in der Mitte des Sees tanzten. Er hatte die Irrlichter gefunden und paddelte wieder weiter. Je näher er sich der Mitte des Sees näherte, desto größer wurde die Spannung. Horyet atmete schnell vor Anspannung, als er das Paddel mit gleichen, rhythmischen Bewegungen ins Wasser tauchte. Er paddelte auf der linken Seite, dann wechselte er zur rechten Seite, damit das kleine Boot die Richtung beibehielt.

Die Irrlichter bewegten sich immer noch auf dem See hin und her wie kleine Flammen. Horyet erinnerte sich an die Worte seines Großvaters: »Hüte dich vor den Lichtern im Sumpf! Es sind die Geister der Toten, die einen in die Irre führen wollen.« Doch daran wollte Horyet nicht glauben. Es gab keine Geister in seiner Welt. Tot ist tot, daran glaubte er.

Auf dem See funkte und sprühte es plötzlich wie ein Feuerregen, und mit einem Mal waren die Irrlichter verschwunden. Horyet fluchte laut und ließ einen Schrei ab. So nah am Ziel scheiterte er.

Es wurde heller, die Nebelschwaden verzogen sich, und der Tag brach langsam an. Die Chance, dass er die Irrlichter heute noch einmal zu Gesicht bekommen würde, war vertan. Es war nun an der Zeit nach Hause zurückzukehren, bevor seine Eltern ihn vermissen würden. Trotzdem war der Ausflug ein kleiner Erfolg für ihn gewesen, denn so nah an den Irrlichtern war bestimmt noch niemand aus seinem Dorf gekommen. Er spürte die pure Lebensenergie in sich und nahm sich fest vor, beim nächsten Vollmond wieder auf die Suche nach den Irrlichtern zu gehen.

Horyet paddelte im Halbkreis und wendete das Boot. Er erschrak. In welcher Richtung war der Pfad? Für einen Augenblick war er völlig orientierungslos, doch dann lächelte er zufrieden, als er den markanten Baum sah, der wie ein zweiarmiges Monster alle anderen Bäume überragte. Genau in dieser Richtung lag der Pfad. Horyet paddelte nun etwas schneller. Er schaukelte mit dem alten Kahn zielstrebig dem hohen Schilf entgegen.

Horyet hörte auf zu paddeln und wandte sich der Mitte des Sees zu. Eine innere Stimme warnte ihn vor irgendeiner Gefahr.

Es war still, beinahe schon beängstigend.

Der kleine See wirkte wie ein dunkler Spiegel, auf dessen Oberfläche sich immer wieder kleine Wellen bildeten, und plötzlich bewegte sich das kleine Boot, ohne dass er etwas dazu getan hätte. Es schaukelte so heftig, dass sich Horyet an der Sitzbank festhalten musste. Er fühlte einen eisigen Schauer über seinen Rücken laufen, und einen Moment später vernahm er ein Brodeln. Es kam von der Mitte des Sees.

Wasser schäumte um das Boot herum auf, und es bildete sich eine schaumige Fläche. Horyet hielt sich immer noch fest. Das Wasser gurgelte und brodelte und brachte den alten Kahn gefährlich ins Wanken. Es spielte mit ihm, und Horyet konnte nichts anderes tun, als abwarten.

Horyet musste wieder an die mahnenden Worte seines Großvater denken. Vielleicht gab es ja doch Geister und er hatte sie aus irgendeinem Grund verärgert. Aber er hatte doch nichts Schlimmes getan. Oder hatte er etwa die Ruhe der Toten gestört? Und nun waren die Geister gekommen, um ihn dafür zur Rechenschaft zu ziehen.

Nun trat unter dem Kiel ein Strudel auf, der das alte Boot wie einen Kreisel drehte. Horyet glaubte, dass der See zu einem schrecklichen Monster geworden war, das ihn nun verschlingen wollte. Horyet wollte um Hilfe schreien, aber er ließ es sein. Wer sollte ihn hier schon hören? Seine Eltern waren zu weit entfernt. Dass sich ein Dorfbewohner hierher verirrt haben sollte, erschien Horyet unwahrscheinlich.

Plötzlich war der ganze Spuk vorbei.

Das Wasser hatte sich beruhigt und war wieder spiegelglatt. Nichts schien sich verändert zu haben.

Oder doch?

In der Tiefe des Sees schimmerte es grünlich. Was hielt sich dort versteckt? Lauerte da unten in der Tiefe ein Stück Hölle? Vorsichtig nahm Horyet das Ruder zur Hand und paddelte dem hohen Schilf entgegen. Horyet wollte hier schleunigst verschwinden, denn in der Tiefe hielt sich etwas Unheimliches versteckt, dass viel größer als ein Raubfisch war. Horyet war fest überzeugt, dass es kein Geist war, sondern womöglich ein blutrünstiges Sumpfmonster, das ihn jagen und dessen gefräßiger Schlund ihn dann verschlingen würde. Horyet wollte nicht als Mahlzeit enden.

Er näherte sich dem schützenden Schilf, in dem er verschwinden konnte. Das Ziel war nicht mehr weit entfernt. Horyet atmete auf, als das hohe Schilf ihn schützend aufnahm. Er paddelte durch das hohe Schilf in Richtung Pfad. Das Schilf wurde lichter, der Pfad kam in Sichtweite, und plötzlich hielt er inne, als er glaubte, jemanden auf dem Pfad gesehen zu haben.

War sein Vater doch auf der Suche nach ihm?

Horyet tauchte das Paddel ins Wasser und stieß auf Grund. Hier konnte er stehen. Sollte er aussteigen und zu Fuß durch das Wasser bis zum Pfad gehen? Als er an das Sumpfmonster dachte, paddelte er langsam weiter.

Krach!

Der alte Kahn lief auf Grund. Bis zum Pfad waren es nur ein paar Schritte, und das Wasser war nicht mehr tief. Bis hierher würde das Sumpfmonster nicht kommen.

Horyet stieg aus dem Boot. Das Wasser reichte ihm bis zu den Waden. Er lief und erreichte den Pfad.

Er atmete aus. Sein Herz raste.

Er war erleichtert dem Sumpfmonster entkommen zu sein. Er wandte sich dem Rückweg zu und lief los.

Blitzartig blieb er stehen und erschrak fast zu Tode.

Da stand es vor ihm.

Das Sumpfmonster.

Na ja, ein Monster? Es ging aufrecht und trug einen schwarzen Kampfanzug. So eine Kreatur hatte Horyet noch nicht gesehen. Sie war mit Sicherheit nicht von seinem Planeten. Die Kreatur hatte eine hellgrüne, schuppige Haut, und aus ihrem kahlköpfigen Gesicht stachen grüne Augen mit einer schwarzen Pupille hervor. Ihre rechte, schuppenbedeckte Hand, mit den dünnen, langen Fingern, griff an den Gürtel, und dann hielt sie einen kleinen, metallischen Stab in der Hand. Die Kreatur aktivierte ihn. Es war ein Lichtschwert.

Horyet wandte sich um und wollte fliehen, doch das Monster war schneller und packte ihn mit der linken Hand am Kragen. Horyet schrie um Hilfe. Dann trat er nach dem Monster und traf es in den Bauch.

Es zischte ihn in einer Sprach an, die er nicht verstand. Horyet hing wie ein Fisch an der Angel. Dann fiel Horyets Blick auf das Lichtschwert, und er ahnte Schlimmes. Horyet wollte noch nicht sterben, aber er konnte seinem Schicksal nicht mehr entfliehen.

Das Monster zischte ihn wieder an und warf ihn im hohen Bogen in den Sumpf.

Platsch!

Horyet wusste nicht warum, aber das Monster ließ ihn am Leben und verschwand.

Triefnass lief Horyet nach Hause und stellte sich schon mal auf eine Predigt von seinen Eltern ein, doch als er ankam, stand das Haus in Flammen. Seine Eltern und Großeltern waren tot.

Horyet lief weinend ins Dorf. Als er dort ankam, erfasste ihn das Grauen. Auch dort hatte niemand überlebt. Horyet machte sich große Vorwürfe, weil er den verbotenen Sumpf betreten hatte, und glaubte lange Zeit, dass er die Schuld für diese grausamen Morde trug. Er nahm an, dass er das Sumpfmonster verärgert hatte und daraufhin das Unheil geschehen war.

Horyet beendete die Gedanken an die Ereignisse aus seiner Kindheit und sah sich um. Er saß in einer Hochsicherheitszelle. Der leitende Agent Roland Landau vom MAD hatte veranlasst, dass Horyet dort eingesperrt wurde. Im Schein der Lampen glänzte der Stacheldrahtzaun, auf der hohen Mauer, wie ein dichtes Spinnennetz. Er sollte für einen Menschen unüberwindbar sein, doch Horyet lächelte in sich hinein, als er durch das vergitterte Zellenfenster nach draußen blickte. Horyet kam von dem Planeten Mesetanien und war ein Formwandler. Er konnte die Gestalt von verschiedenen Lebewesen annehmen, doch er hatte sich entschlossen, das menschliche Aussehen zu behalten.

Pah, diese Mauer mit dem dämlichen Drahtzaun würde ihn sicherlich nicht aufhalten. Was ihn hier festhielt, waren die beiden schwerbewaffneten Wachen vor seiner Zellentür. Der Agent Landau hatte die Bewachung angeordnet und Horyet damit gedroht, dass diese Wachen ihn mit allen Mitteln an einer Flucht hindern würden.

Horyet wandte sich aufmerksam der Tür zu und überlegte, wie er die Wachen ausschalten sollte und welchen Fluchtweg er dann nehmen konnte. Die Tür sah zwar stabil aus, jedoch konnte er versuchen, sie aus der Verankerung zu reißen. Horyet stellte sich die verdutzten Gesichter der Wachen vor, wenn er die Tür in der Hand halten und in die Zelle schmeißen würde. Die Schrecksekunde der Wachen würde er zu seinem Vorteil nutzen. Er malte sich aus, wie er der linken Wache einen Faustschlag verpassen, dann der rechten Wache mit einem Ruck das Genick brechen, und dann blitzschnell auch der linken Wache durch einen gezielten Schlag das Leben nehmen würde. Horyet nickte zufrieden. Könnte funktionieren. Als er sich jedoch die Tür und die Verankerung und das Material genauer ansah, stellte er fest, dass sein Vorhaben aussichtslos war. Er war zwar stärker als ein Mensch, aber das übertraf bei weitem auch seine Kräfte.

Also musst er sich einen anderen Plan zurechtlegen.

Horyet schaute wieder aus dem Zellenfenster. Er musste oft an die Vergangenheit denken und an die Palets und daran, was sie ihm und seinen Leuten alles angetan hatten. Er hatte sich den Palets angeschlossen, in der Hoffnung ganz nach oben zu kommen. Dann sollte seine Rache die Anführer vernichten. Dass er sich als Kopfgeldjäger anheuern ließ, um Andor auszuschalten, war nur ein Mittel zum Zweck für seine Sache. Aber die Dinge hatten sich geändert. Horyet war sich nicht mehr ganz sicher, ob er richtig gehandelt hatte. Er dachte, wie schon so oft, an seine Kindheit und daran, wie er zum ersten Mal einem Palet begegnet war.

Horyet wurde durch ein klirrendes Geräusch aus den Gedanken gerissen. Abendessen? Er stand in der Zelle und brüllte vor Wut. Heute wusste er, dass ihn keine Schuld traf. Denn das Massaker in seinem Dorf hatten die Palets zu verantworten. Sie kamen ursprünglich vom Planeten Norog und hatten einen Außenposten auf seinem Planeten errichtet. Wer ihnen im Wege stand wurde einfach eliminiert.

Horyet brüllte abermals vor Wut.

Die Türklappe ging auf, und eine Wache schob ein Essenstablett hindurch. Horyet nahm das Tablett entgegen und griff mit der linken Hand die Gabel. Dann ließ er das Tablett fallen und stach mit der Gabel auf seinen rechten Unterarm ein, um die Pulsader zu erwischen. Er hoffte, dass die Wachen nichts von seinen außergewöhnlichen Selbstheilungskräften wussten und ihn am Selbstmord hindern wollten. So wie es aussah, lief alles nach Horyets Plan, als die Tür aufging und die beiden Wachen eintraten. Die eine Wache hatte zur Vorsicht das Gewehr auf Horyet gerichtet, während die andere Wache entsetzt auf die Gabel starrte und Horyet befahl, sie fallen zu lassen.

Horyet fackelte nicht lange. Blitzschnell sprang er der Wache, die ihn angesprochen hatte, entgegen und schlug ihr die Faust ins Gesicht. Sie ging sofort bewusstlos zu Boden. Noch bevor die andere Wache reagieren konnte, hatte Horyet auch sie bewusstlos geschlagen.

Schnell wandte sich Horyet der ersten Wache zu und schleifte sie aus dem Sichtfeld der Überwachungskameras. Der Mann hatte etwa die gleiche Kleidergröße wie er. Horyet zog rasch seine Gefängniskleidung aus und streifte die Kleidung der Wache über. Dann schnappte er sich den Pistolenhalfter samt Pistole und zog ihn an. In der Zelle flackerte ein helles Licht auf, und Horyet hatte die Gestalt der Wache angenommen. Letztendlich nahm er die Schnellfeuerwaffe an sich und verließ die Zelle.

Der Alarm war losgegangen. Alles wurde abgeriegelt. Da Horyet nun das Aussehen der Wache und einen gültigen Ausweis hatte, konnte er unbemerkt das Gefängnis durch den Vordereingang verlassen.

Horyet musste schnell handeln, denn es würde nicht lange dauern, bis man die bewusstlosen Wachen finden würde.

Er hatte es also geschafft.

Er war frei.

Endlich.

Horyet ging über den Parkplatz und sah sich aufmerksam um, während er die Fernbedienung eines Autoschlüssels betätigte.

Bieep!

Ein schwarzer BMW reagierte. Horyet stieg ein, startete den Wagen und fuhr los.

Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft,

denn in ihr gedenke ich zu leben.

ALBERT EINSTEIN

Andor - Gestrandet auf Pelos

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