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Kapitel 2

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Als ich am nächsten Tag aufwachte, realisierte ich, dass ich in meinen Ausgeh-Klamotten eingeschlafen war. Es war halb elf und Sonntag. Ich stand auf und öffnete das Fenster. Es war ein warmer sonniger Morgen, die Luft war frisch, so wie ich sie liebte. Ich fühlte mich gut, und es schien, ein perfekter Sommertag zu werden. Ich suchte mir einen Rock und mein Lieblingstop aus dem Schrank und machte mich auf den Weg ins Bad. Als ich aus meinem Zimmer trat, hörte ich meine Eltern, wie sie sich in der Küche unterhielten. Leise spielte das Radio im Hintergrund. „Bin im Bad", rief ich ein wenig heiser.

Ich lächelte mein Spiegelbild an. Sam hat gesagt, ich bin hübsch. Das bekam ich zwar öfter zu hören, doch noch nie hatte es mich so stolz gemacht.

Würde ich ihn wirklich wiedersehen?

Es roch nach frischen Brötchen und Kaffee, als ich das Bad verließ. Schnell schloss ich das Fenster in meinem Zimmer, schmiss die dreckige Wäsche in einen Korb und rannte in die Küche.

„Morgen!" Ich war richtig gut drauf! „Morgen." Meine Mutter umarmte mich. Mein Vater grinste mich verschlafen an. Ich nahm mir Geschirr und Besteck und setzte mich an den Frühstückstisch. „Hast du gut geschlafen?", fragte Mama. Jetzt ging es los. Sie waren so neugierig. „Ja, nur war ich so müde, dass ich angezogen eingeschlafen bin." „Jetzt erzähl mal! Wie war es denn?", bohrte sie weiter. Ich schmierte Marmelade auf mein Brötchen. „Total schön! Ich weiß gar nicht, warum ihr so besorgt wart. Es waren noch ein paar Freunde von Jimmy dabei, aber die kannte ich nicht." „Und du wolltest sie nicht kennenlernen.", mutmaßte mein Vater. „Hm. Ich habe jemanden kennengelernt, aber er war nicht mit ihnen da." „Und? Wie heißt er, wie alt ist er, wo kommt er her?" Das Interesse meiner Mutter war vollkommen geweckt. „Er heißt Sam, ist einundzwanzig und wohnt am Marktplatz."

Ich hätte meine Worte vielleicht besser abwägen sollen. „Einundzwanzig? Glaubst du nicht, das ist ein bisschen zu alt für dich?" Mein Vater runzelte seine Stirn. „Finde ich nicht", sagte ich selbstsicher. „Und was habt ihr so gemacht?", wollte meine Mutter wissen. „Geredet. Und er hat mich nach Hause gebracht." Ich dachte, das käme positiv bei ihnen an, aber ich bewirkte genau das Gegenteil. „Was?! Er weiß auch noch, wo du wohnst? Genau wegen so was hatten dein Vater und ich Angst um dich! Du kannst doch nicht einfach einem Fremden vertrauen! Auch noch einem 21-Jährigen. Er hat doch ganz andere Ansprüche und Interessen. Für den bist du nur ein kleines, naives Mädchen, das er gern einmal in seinem Bett hätte! Du hast Glück, dass das nicht schon passiert ist! Was hättest du denn getan, wenn er dich in eine Ecke gedrängt hätte? Das war das erste und letzte Mal, mein Fräulein, das du in einem Club warst! Wir hatten dich für vernünftiger gehalten!" Sie geriet vollkommen in Rage.

Ich legte das Brötchen auf meinen Teller und versuchte, ruhig zu bleiben: „Mama, es ist nichts passiert." „Ja, wer weiß, wie lange noch! Für den Rest der Ferien hast du zuhause zu sein, wenn es dunkel wird!", legte sie fest. Jetzt reichte es mir: „Ihr seid so voreingenommen. Ihr kennt ihn doch überhaupt nicht!" „Du etwa?!“, regte sich mein Vater auf. „Wer weiß, ob es stimmt, was er dir erzählt hat! Du weißt ja gar nicht, was er denkt! Heute bleibst du auf jeden Fall hier!" Ich stand ruckartig auf. und warf dabei fast den Stuhl um. „Ich bin doch kein Kind mehr!", schrie ich empört. Ich rannte in mein Zimmer und schmiss mich aufs Bett. Ich war fertig.

Es hätte mich garantiert nicht so getroffen, wenn ich nicht ganz genau gewusst hätte, dass sie im Recht waren.

Ich lenkte mich ab, indem ich mein Zimmer aufräumte. Ich sah meine Eltern den Rest des Tages nicht mehr.

Gegen zehn Uhr ging ich schlafen, dabei hatte der Tag so gut begonnen…

Am Montagmorgen war ich, obwohl noch Ferien waren, bereits um acht Uhr wach. Meine Eltern waren beide berufstätig. Mein Vater arbeitete in einem Autohaus. Er war stellvertretender Leiter, würde es aber in geraumer Zeit komplett übernehmen, weil der derzeitige Leiter bald in den Ruhestand ging. Papa kam gegen sechs Uhr abends heim.

Meine Mutter war Goldschmiedin mit der Fachrichtung Juwelen. Sie war in der Regel gegen ein Uhr mittags zuhause und hatte hier dann ihr Zimmer, wo sie weiterarbeiten konnte. Das hatte sie mit ihrem Chef geregelt, damit sie daheim war, wenn ich aus der Schule kam. So war ich nicht allein und musste kein Junkfood essen.

Ich war praktisch ein Einzelkind. Mein großer Bruder Colin war sechs Jahre älter als ich, wohnte allerdings schon lange nicht mehr zuhause. Er hatte in der Stadt seine eigene Wohnung. Manchmal unternahmen wir etwas zusammen, doch zurzeit war er verreist. Er hatte seine Ausbildung als Flachglasmechaniker erfolgreich abgeschlossen und war zu diesem erfreulichen Anlass mit seiner Freundin für zwei Wochen nach Brasilien geflogen.

Ich stand auf, die Sonne schien. Wieder ein strahlend blauer Himmel. Großartiges Sommerferienwetter. Ich hatte fünf Stunden für mich alleine zur freien Verfügung.

Erstmal Musik an und anziehen. Dann stapfte ich in die Küche.

Auf dem Küchentisch lag wie erwartet ein Zettel:

Hey Süße, hoffe, du hast dich abreagiert. Du kannst rausgehen, wenn du magst, aber nimm dein Handy mit und halte dich vom Marktplatz fern!

Kuss Mama.

Den letzten Satz ignorierte ich gerade mal komplett! Ich machte die Musik aus und ging nach draußen. Es war noch nicht viel los, die Stadt füllte sich erst gegen Mittag. Hunger hatte ich auch noch keinen, also spazierte ich am Ufer unseres Stadtflusses entlang. In der Nacht zuvor hatte es geregnet, weswegen die Luft noch besonders frisch roch. Der Fluss plätscherte langsam vor sich hin und die Sonne glitzerte auf dem Wasser. Einige Spaziergänger, Mütter mit Kinderwagen und Hundebesitzer kreuzten meinen Weg.

Plötzlich klingelte mein Handy. Ich warf einen Blick aufs Display. Ein Kontrollanruf! „Hey Mama.“ Ich versuchte, nicht genervt zu klingen. „Hi, und was machst du so?“, fragte sie scheinheilig. „Ich bin am Fluss spazieren“, antwortete ich wahrheitstreu. „Das ist schön! Es ist ja so tolles Wetter! Ich gehe nach der Arbeit noch schnell einkaufen. Pass auf dich auf!“ „Ja, bis dann.“ Ich legte auf.

Es war bereits zehn Uhr. Ich suchte mir ein Café am Marktplatz, um zu frühstücken. Ich wählte eins, das mir einen guten Überblick über das Treiben auf dem Platz verschaffte. Denn ich wollte Sam unbedingt wiedersehen und hoffte, dass er irgendwann hier vorbeikommen würde. Ich frühstückte und wartete.

Gegen zwölf gab ich es auf und ging nach Hause.

Meine Mutter kochte Essen, als sie heimkam. Danach sahen wir ein wenig fern. Diese typischen Gerichtssendungen am Nachmittag. Eigentlich interessierten die mich nicht. Also entschied ich, etwas zu lesen.

Irgendwann kam mein Vater heim und erzählte uns von der Arbeit.

Ich ging früh schlafen.

Am Dienstag tat ich das gleiche, nur saß ich schon um halb neun in dem Café. Ich fragte die junge Bedienung, ob sie einen Sam kenne, doch sie schüttelte den Kopf.

Ich redete nicht mehr mit meinen Eltern über Samstagnacht. Vielleicht dachten sie dann, Sam wäre schnell wieder vergessen.

Am Mittwochmorgen bezog ich bereits um halb acht meinen Posten in meinem neuen Lieblingscafé. Meine Eltern hatten an diesem Tag das Haus früher als erwartet verlassen. Ich hoffte, Sam käme vielleicht hier vorbei, wenn er seine Wohnung für die Arbeit verließ. Ich bestellte das gleiche Frühstück wie immer, aß langsam und blickte aus dem Fenster. Nichts. Als ich aufgegessen hatte, entschied ich mich zu einem Schaufensterbummel. Ich lief mehr oder weniger ziellos herum und überlegte, wo Sam wohnen könnte.

Am Donnerstag besah ich sogar diverse Klingelschilder, doch meine Hoffnung schwand.

Am Abend kam mir eine weitere Idee. Ich suchte ihn im Internet auf Bildern, die in dem Club aufgenommen worden waren. Aber leider konnte ich ihn nirgends finden.

Freitag beschloss ich, zuhause zu bleiben und auszuschlafen. Ich wusste auch nicht, wo ich noch hätte suchen sollen. Langsam überkam mich dieses seltsame Gefühl, dass er nur eine Illusion gewesen war. Ich hatte an dem Abend doch nicht zu viel getrunken? Zumindest nicht so viel, dass ich hätte Wahnvorstellungen haben können. Jimmy hatte ihn doch auch gesehen?

Mein Freund der Junkie

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