Читать книгу Nachspielzeit - Dana Müller-Braun - Страница 4
ОглавлениеPROLOG
SEVERIN
Lydia? Du musst mir helfen, ich hab Scheiße gebaut“, flüstere ich in das Telefon und im nächsten Moment wird die Tür aufgestoßen. Fuck. Mein Handy fällt wie in Zeitlupe zu Boden, während ich in fünf Pistolenläufe blicke.
Tim! – Ist das Erste, was mir durch den Kopf geht. Ich muss Tim benachrichtigen, dass alles furchtbar schiefläuft. Oder war er schon bei Lydia und begreift, was los ist?
„Hätte ich gewusst, dass ich Gäste erwarte, hätte ich aufgeräumt“, säusle ich und deute auf das Loch, in das ich vor vier Monaten eingezogen bin, um genau diese Kerle zu entlarven. Aber vier Monate sind eine verdammt lange Zeit. Eine, in der die Menschen aufgehört haben, über Severin den Helden zu reden. Eine, in der Lydia keinen Versuch gestartet hat, doch Teil meines Lebens zu werden. Eine, in der ich wieder zu dem geworden bin, was ich einmal war.
„Verarsch uns nicht!“, knurrt einer der Männer in gebrochenem Deutsch.
„Was wollt ihr?“
„Du verschwindest von hier, Gringo.“
„Gringo?“ Es ist nicht gerade der beste Moment, meinen Sarkasmus wiederzufinden. Und doch kann ich es mir nicht verkneifen. Wer ist dieser Typ? Etwa Pablo Escobar höchstpersönlich? Dann ist er definitiv im falschen Land.
„Wir sind nur hier, um dir eine kleine Botschaft mitzuschicken.“ Er kommt näher, steckt seine Waffe weg, weil ich sowieso keine Gefahr für ihn bin, und zieht ein Foto aus seiner Tasche.
Er wartet kurz, genießt meine Hilflosigkeit und seine Überlegenheit, bevor er es mir mit einem schiefen Grinsen reicht.
Eine Frau mit langen blonden Haaren zeigt mir ihr weißes Lächeln. Ich richte meinen Blick auf das Bild, bevor ich wieder zu ihm aufsehe und einen Schritt auf ihn zu mache.
„Ich wusste, etwas stimmt nicht mit dir“, raunt er, als ich auch dann noch weitergehe und lächle, als er seine Waffe wieder zieht. „Du willst sterben. Deshalb bedrohen wir auch nicht dich, sondern sie.“
Ich lache laut auf. Vielleicht, weil sich ein Teil von mir enthüllt fühlt. So, als könnte dieser kleine Bastard mir in die Seele sehen. Doch vor allem, weil ich die Frau auf dem Bild nicht kenne. Aber ich sage nichts. Sollen sie doch glauben, dass sie mich in der Hand haben.
„Das da solltest du untersuchen lassen“, sagt er dann noch, bevor er sich umdreht und seinen Männern den Befehl gibt abzurücken. Mein Blick wandert auf meinen Unterarm, an dem sich irgendein bazillenüberfluteter Tätowierer verewigt hat. Ich mag das Motiv. Ein schwarzer Adler, dessen Flügel sich langsam auflösen und zu Hunderten kleinen Vögeln über meinen Arm fliegen. Aber auch das war nicht meine Wahl. Meine Entscheidung. Es war das Spiel. Die App, die genau das von mir verlangt hat. Und ich habe es getan.
„Severin Klemm!“, schnauzt eine herrische Stimme. Meine Augen wandern zur Tür, wo mehr Bewaffnete erscheinen.
Fuck. Diese Schweine haben dafür gesorgt, dass mich die türkischen Einsatzkräfte festnehmen. Was auch immer ich verbrochen haben soll ...