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MEIN FOOD-BABY UND ICH

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Ob es so eine gute Idee ist, das Kapitel mit der jungen und überaus schlanken Ex-Freundin des Ex-Mannes zu beginnen? Vor allem, wenn man über sich schreiben will und über die Erkenntnis, dass man mit 50 zwar meistens durchaus zufrieden mit sich selbst, aber eindeutig aus der Figurspur geraten ist?

Francesca war im Grunde die erste Freundin von Til, die ich wirklich mochte. Schade, dass die beiden nicht mehr zusammen sind. Ich hatte damals allerdings einen Verdacht: Sie wollte mich dick machen. Noch dicker als ohnehin schon, müsste ich fairerweise sagen. Oder warum sonst bringt man als Gast zum Abendessen gleich zwei Kuchen und eine ganze Armada von super lecker aussehenden Cake Pops mit, die lauthals schreien: »Dana, iss mich«?!

Wenn Til in Amerika ist, und das ist er allein wegen Emma regelmäßig, kommt er natürlich bei uns vorbei – er ist immer ein gern gesehener Gast im Haus, das mittlerweile ganz mir gehört. Wir machen dann ein großes Familienessen, bei dem möglichst viele Freunde und Kinder dabei sind. Und als er mit ihr zusammen war, brachte Til eben Francesca mit. Wenn sie nicht so sympathisch gewesen wäre, hätte ich sie eigentlich doof finden müssen: 20 Jahre jünger als ich, klug, hübsch – und extrem schlank. Immerhin aß sie einen ganzen Teller Pasta, statt eine spaßbefreite Salatpickerin zu sein, sagte dann aber den Satz aller Dünnbäuchigen: »Für Kuchen ist jetzt wirklich kein Platz mehr.« Ja, warum bringt sie ihn dann mit? Meine Töchter Lilli und Emma waren bei dem Abendessen auch dabei, befinden sich aber seit Jahren in einer Ernährungsphase, in der essbare Endorphinzufuhr offensichtlich nicht als gängige Glückswährung gilt – und Til zähle ich mal nicht, der hatte nie mit hängengebliebenen After-Baby-Pfunden zu kämpfen. Blieb also nur ich. Ein Stück Kuchen – das war alles, was ich mir erlaubte. Dem hätten noch ein paar mehr folgen können, aber wie entwürdigend ist es, wenn alle Dünnen der einen Nicht-ganz-so-Dünnen beim Mampfen zuschauen?

Wenn man aber alleine ist, geht das wiederum ganz gut. Und so gestehe ich, dass ich am nächsten Morgen um halb sieben zu meinem Kaffee einen dieser Cake Pops essen musste. Eine Impulsentscheidung mit Konsequenzen in Höhe von 150 Kalorien. Warum standen die im Kühlschrank auch direkt neben der Milch? Ungefähr zehn Sekunden lang war da dieser ungeheure Geschmackskick – saftiger Kuchenteig mit knackiger Schokoglasur trifft auf morgendlich-unberührte Geschmacksnerven. Dann übernahm das schlechte Gewissen und ich verfluchte Francesca dafür, dass sie ihre Kuchenmitbringsel »großzügig« hiergelassen hatte: »Nein, nein, Dana, keep them – behalte sie. Bitte. Die sind aus diesem super angesagten Cake-Store aus Venice.« Interessant, dass überhaupt noch Läden in Los Angeles existieren, die kohlenhydrathaltige und nicht-vegane Kuchen herstellen. Also befanden sie sich im Haus und sendeten ihre »Iss mich«-Signale an die Einzige, die sich auf der gleichen Wellenlänge befand … Und im Gegensatz zu Francesca habe ich gerade keinen Partner. Was macht man dann? Man isst. Ich habe also eine Beziehung mit Pasta, Tacos, Pizza – und seit neuestem mit Cake Pops. Sie ist sehr innig und durch Treue geprägt. Meine Mutter sagt immer zu mir, wenn ich ihr mein Leid klage: »Kind, wenn du dich mal wieder verliebst, nimmst du auch wieder ab.« Ich bezweifle das. Denn um einen Mann kennenzulernen, würde ein knackiger Hintern ja durchaus helfen. Über den ich derzeit nicht verfüge.

Mit 16 bestand ich eigentlich nur aus Haut und Knochen. Ich hätte alles essen können, ohne zuzunehmen. Leider weiß man das in dem Alter nicht zu schätzen. Ich hatte auch einfach keine Zeit, zu essen. Es gab so viel Wichtigeres – Skifahren, Party, Jungs.

Anfang 20 bin ich viel als Model herumgereist. Da schwankt man zwischen »Nicht genug Geld für Essen« und »Wow, wieder eine Party mit Champagner und Kanapees!« Damals habe ich also auch nicht groß zugenommen – nur endlich Brüste bekommen, das war nett für mich und alle Beteiligten. Und irgendwann zwischen damals und jetzt, bin ich morgens aufgewacht, zum Spiegel gegangen und plötzlich war ich so, wie ich jetzt bin. Wahrscheinlich war das der Tag, an dem ich den Ganzkörperspiegel gekauft habe. Und dann denkt man: Oh mein Gott, wann ist das denn passiert? Wahrscheinlich sollte mein Buch heißen: »I woke up 50 and fat« – »Ich bin aufgewacht, war 50 und dick«.

Leider mache ich auch viel zu wenig Sport. Na gut, gar keinen. Seit mittlerweile 18 Jahren. Jetzt, wo die Kinder so gut wie aus dem Haus sind, könnte ich ja wieder loslegen. Aber ich liege abends nicht einmal mit einem schlechten Gewissen im Bett und denke: Morgen, da machst du endlich Sport! Und stelle mir schon die Turnschuhe zurecht. Dabei würde ich mich nicht einmal als unsportlich bezeichnen. Ich walke gerne in den Bergen. Mag es, windzusurfen. Und ich liebe es, Ski fahren zu gehen. Ich bin in Seattle aufgewachsen. Meine Eltern waren nicht sehr wohlhabend, aber wir hatten eine kleine einfache Hütte in den nahe gelegenen Bergen. Meine Schwester und ich waren jedes Wochenende auf der Piste und durften vor Einbruch der Dunkelheit gar nicht nach Hause kommen. Aber hier in Kalifornien liegt irgendwie nie Schnee – was kann ich also dafür, dass ich keinen Sport machen kann?

Ins Fitnessstudio zu gehen, ist wiederum so gar nicht meins, wenn ich ehrlich bin. Ich mag es lieber, mich in der Natur zu bewegen. Fast noch schlimmer als das Indoor-Feeling finde ich allerdings den Dresscode. All die biegsamen Mädchen in ihren Instagram-perfekten Outfits.

Oder beim Yoga – wenn man ein schön weites T-Shirt anzieht, um den Bauch zu kaschieren, und dann geht man in die Position des herabschauenden Hundes und das T-Shirt rutscht einem hoch bis zum Hals. Ist doch absurd, dass man fürs coole Trainingsoutfit erst einmal die richtige Figur haben muss, um sich ins Fitnessstudio zu trauen. Deswegen eben ohne mich.

Ich habe mir jetzt ein neues Fahrrad gekauft, damit fange ich wirklich bald an. Heute geht das allerdings nicht, heute regnet es.

Die Kinder sind schuld, dass ich a) unstolze Besitzerin von Muffin Tops bin und b) zu wenig Sport mache. Bei jedem Kind ist weniger Energie da gewesen, um sich noch zu bewegen. Wäre Spielzeug-, Klamotten- und undefinierbares-Essen-Aufheben eine Sportart, wäre ich wohl die Meisterin darin – ich sage nur »Lego«. Nach Valentin war noch alles easy-peasy, da bin ich allein durch den Erstmama-Stress blitzschnell wieder dünn gewesen. Und auch nach Luna passte ich nach ein paar Monaten wieder in meine alten Klamotten. Bei beiden habe ich es auch noch hinbekommen, zwischendurch joggen zu gehen und Fahrrad zu fahren. Aber als ich mit Lilli schwanger war, ging es bergab mit meiner Figur. In der Zeit habe ich nämlich auch noch Bellybutton gegründet. Ich habe quasi mit einem Schlag aufgehört, Sport zu machen. Weil mein Tag leider auch nur 24 Stunden hat.

Die meisten dieser Stunden waren für die Kids reserviert – alles, was man für sich selbst hatte, war die Zeit, die zwischen dem Abliefern des letzten Kindes und dem Abholen des ersten lag. Und ich sage mal so: Wo ein schwacher Wille ist, darf keine Couch sein. Ich hatte vier, höchstens fünf oft müde Stunden für mich. Wer hat denn da noch Lust, sich Fitnessklamotten überzuschmeißen, zum Yoga zu fahren, zu duschen, sich wieder anzuziehen und schnell wieder nach Hause zu hetzen? Wo dann komischerweise in der Zwischenzeit niemand den Haushalt gemacht hat oder die Bellybutton-E-Mails beantwortet. Außerdem: Zwischendurch etwas essen geht so viel schneller. Für mich hieß das also ab Lilli: »Wir haben heute leider keinen Sport für Sie! Dafür aber ein paar griffige Extrapfunde.« Ich hatte dann noch einmal eine ganz heftige Phase, während der Scheidung, da habe ich fast gar nichts gegessen vor Kummer. Aber als sie durch war, haben die verlorenen Pfunde mich wiedergefunden.

Wer sagt eigentlich, dass füllige Frauen immer Strass auf ihren Jeans haben wollen oder T-Shirts mit abgrundtief hässlichen Prints? Ich muss niemandem auf meinen Brüsten mitteilen, dass ich »beautiful« bin. Am liebsten mag ich hübsche Boho-Kleider, die schön lässig sitzen. Die muss ich morgens nur schnell überwerfen und gut ist. Und das alles motze ich dann mit den passenden Accessoires auf, mit viel Schmuck, Hüten, einem Gürtel. Gepflegte Hände, Füße und Zähne und ein leichtes Make-up sind für mich wie zusätzliche Accessoires. Abends, wenn ich weggehe, tausche ich die Flip-Flops oder Sandalen gegen High Heels aus. Auf figurbetonte Sachen verzichte ich lieber. Enge Hosen kneifen irgendwann im Laufe des Tages. Und außerdem ist es mir zu oft passiert, dass ich gefragt wurde, in welchem Monat ich bin. Ich weiß noch, dass ich laaaange nach der Geburt von Emma mit Til einkaufen war und ein Kleid anhatte, das ein bisschen enger anlag. Ich fühlte mich weiblich und wohl – bis die Verkäuferin an der Kasse mich augenzwinkernd fragte: »Und wie weit bist du?« Til hat beinahe auf dem Boden gelegen vor Lachen und ich habe gesagt: »Fuck you very much.« Das war in Deutschland übrigens meine Standardantwort für alle, die mich geärgert haben. Wenn man das schön schnell sagt, verstehen die meisten: »Thank you very much.«

Zum Glück befinde ich mich hier eine gesunde Autostunde von Los Angeles entfernt, wo Größe 8, das ist in Deutschland Größe 36, schon als Übergröße gilt. Wo hervorstehende Hüftknochen und definierte Schlüsselbeine als beneidenswerte Accessoires gelten. Und wo nicht nur die jungen Schauspielerinnen sehr, sehr dünn und straff sind, sondern auch Verkäuferinnen, Baristi und 40-jährige Mütter, die selbst zum Spielen mit den Kindern in Yogahosen und winzigen Tanktops rumlaufen. In Malibu ist es figur- und klamottentechnisch wesentlich entspannter. Hier gibt es nur einen dieser Läden, in dem kein Kleidungsstück größer als 36 ist. Und ich rede nicht von einem Kindergeschäft. Leider ist die Auswahl wunderschön und entspricht zu 100 Prozent meinem Stil. Ich quäle mich manchmal und gehe rein, auch wenn ich im Grunde eine diskriminierte Person in diesem Laden bin, einfach nur, um zu schauen. Danach denke ich jedes Mal: Dieses Kleid da, das würde so gut an dir aussehen! Nimm halt jetzt mal ab! Das kann doch nicht so schwer sein … Ich nehme mir dann immer vor, ab sofort nur noch Salat zu essen. Und scheitere.

Ich beneide meine dünnen Freundinnen für ihre Disziplin, außer Fisch, Avocados und Salat nichts zu essen und jeden Tag Sport zu machen, damit sie in die coolen Klamotten reinpassen. Dieser Drang geht mir leider völlig ab. Ich weiß nicht, wie oft ich mir schon überlegt habe, eine bestimmte Diät anzufangen. Da gibt es hier – Hollywood sei Dank – ja einige. Madonna zum Beispiel ernährt sich angeblich hauptsächlich von Seegemüse. Da wundert es mich zwar nicht, dass sie immer noch so gut in Shape ist, aber was muss diese Frau hungrig sein. Mariah Carey sieht derzeit wahnsinnig gut aus, angeblich, weil sie sich hauptsächlich von Lachs und Kapern ernährt – und jeglichen Zucker strikt meidet. Ein bisschen zu verschroben für mich. Alle schwören auf die »Herkules-Diät«, die Beyoncé nach der Geburt ihrer Kinder rasend schnell wieder in Form gebracht hat. Aber einzig Limonade mit Cayennepfeffer zum Abendessen, das schaffe ich leider nicht. Am Ende muss ich, im Gegensatz zu diesen Ladys, auch nicht auf die Bühne, um meine Bauchmuskeln zu präsentieren. Die einzige Diät, die mir einfällt und die zu mir passt, ist die »New Hollywood Flat Diet«. Da isst man nur Sachen, die flach sind. Pfannkuchen, Quesadillas, Toast. Die schafft mal eben »zwei Kilo in drei Tagen«. Plus.

Am Ende lasse ich es dann und muss zugeben, dass es Schlimmeres gibt, als in meinem Alter etwas mehr zu wiegen. Zumindest solange es keine gesundheitlichen Konsequenzen hat. Mein ganz großes Glück verdanke ich ohnehin Dana-internen Fake News, die mein Kopf hartnäckig zu glauben bereit ist: »Sweetie«, flüstert die Dana Trump im meinem Kopf. »Du bist dünn. Warst es über 40 Jahre, bist es auch jetzt noch. Iss ruhig, was du willst.« Mein Körper lügt mich eiskalt an. Er gaukelt meiner Selbstwahrnehmung vor, dass ich immer noch das dünne Model bin, das ich mit Anfang 20 war. Ich, fünf Größen zugelegt? No way! So kommt es, dass ich mich eigentlich die meiste Zeit erstaunlich wohl in meiner Haut fühle, wenn ich erst mal ein Outfit anhabe. Und aufgrund der Tatsache, schon immer den Hang gehabt zu haben, dass es mir am Ende total egal ist, was andere von mir denken und ich im Gegenzug andere auch so zu nehmen versuche wie sie sind. Das ist eine ziemlich ausgeprägte Seite an mir, die ich wohl entwickelt habe, als ich als Teenager in meiner Schule eine Außenseiterin war. Ich war zwar nicht unbeliebt, hatte aber wenig Freunde. Da habe ich mein Ding durchgezogen und gemerkt, dass ich so auch gut durchs Leben komme. Als ich Til kennenlernte und mir erzählt wurde, er sei ein bekannter Schauspieler, hat mich das auch kaum beeindruckt. Warum auch? Ich kannte Deutschland ja nicht besonders gut und konnte seinen Berühmtheitsgrad nicht einordnen. Und so ist es geblieben: Am Ende bin ich immer am glücklichsten mit mir selbst und da ist es mir dann eben egal, wer was denkt, sagt oder schreibt.

Und jetzt mal ganz ehrlich: Warum sollte ich mich meines Körpers schämen? Warum sollte ich nicht den Mut haben, Hotpants anzuziehen (wenn ich mal hübsche finde, die mir passen)? Was passiert denn groß, wenn jemand die paar Dellen sieht, wenn ich Shorts trage? Dann habe ich eben einen kleinen … oder na ja … mittelkleinen Bauch, na und? Ich wollte ja immer fünf Kinder – nun habe ich eben noch ein Food-Baby. Wir sind doch Frauen, die alle unterschiedlich daherkommen, in jeder Größe und in jeder Gewichtsklasse. Wir haben alle unsere Probleme, ob physisch oder ganz gern auch mal psychisch. Dummerweise sind wir alle Opfer einer visuellen Diät, die uns durch unsere Umgebung, die Medien und die Schönheitsindustrie verabreicht wird. Wir finden die Körper am attraktivsten, die wir am häufigsten sehen. Befinden wir uns in einer Gesellschaft, die Wert auf einen dünnen Körper legt, denken wir irgendwann sehnsüchtig: Das möchte ich auch!

Ein Blick durch unsere Social-Media-Feeds kann ausreichen und das Selbstwertgefühl sinkt. Dabei wissen wir doch ganz genau, dass dort jeder nur das zeigt, was er zeigen will. Wir teilen selten unsere schlechten Momente, unsere nicht so guten Bilder, unsere Doppelkinne, Bingo-Arme, unsere Kinder, die einen Wutanfall im Supermarkt haben, oder verschwitzte Körper nach einer Trainingseinheit. Mir tut es leid, wenn ich die Mädels im Alter meiner Töchter sehe – wie sie denselben Schönheitsidealen nachspüren und alle gleich sein wollen. Ich bin davon überzeugt, dass ich meinen Kindern ein gesundes Selbstwertgefühl mitgegeben habe. Ich habe ihnen beigebracht, die Dinge positiv zu sehen. Nicht zu sagen: »Meine Beine sehen aus wie Presswürste.« Sondern sich lieber bewusst zu machen, was man an sich mag. Ich zum Beispiel mag meinen Mund. Er hat einen hübschen Schwung und wenn er etwas sagt, bekomme ich gute Laune. Letztes Jahr hat Emma auf Instagram ein ganz nahes Foto von ihrem Gesicht gepostet und dazu geschrieben: »Ich habe meine Nase gehasst, bis ich gesehen habe, wie meine große Schwester sie zelebriert und jetzt liebe ich sie.« Das konnten, bevor sie all ihre Bilder löschte, immerhin über 426 000 Follower lesen – das und ihr Mut, bei dem ganzen öffentlichen Social-Media-Wahn nicht mehr mitzumachen, macht mich wirklich stolz.

Ich habe mit meinen Kindern auch grundsätzlich nie über Diäten gesprochen oder ihnen gesagt: »Du bist zu dünn« oder »Kind, pass mal auf, du wirst noch zu dick!« Ich weiß, wie sehr die eigene Mutter ihre Kinder mit Kommentaren über die Figur und das Aussehen verletzen kann. Ich habe es sogar gerade gelesen: Negative Kommentare zum Gewicht in jungen Jahren können bei Erwachsenen zu Essstörungen führen. Je mehr ein Elternteil sich über das Gewicht insbesondere seiner Tochter äußert, desto sicherer ist sie mit ihrem Körper als Erwachsene unzufrieden. Das ist doch schrecklich. Mir war und ist es auch heute noch wichtig, dass wir uns alle möglichst gesund ernähren (zwischen all den Sünden gelingt mir das auch) und möglichst häufig gemeinsam als Familie essen. Valentin kocht für sein Leben gern – und das mittlerweile auch richtig gut. Zu meinem Bedauern liebt er es, Comfort Food zuzubereiten, bei ihm gibt es Pancakes und Bacon zum Frühstück und abends häufig mit Käse Überbackenes. Wenn ich ihm sage: »Mach deiner Mama doch mal was Leichtes«, lacht er nur und sagt: »Du siehst doch genau richtig aus!« Luna ist die typische Stressesserin – wenn in ihrem Leben zu viel los ist, greift sie gern zu Schokoriegeln. Lilli hat mit dem Gewicht gar kein Problem, sie ist extrem dünn – ein bisschen so wie ich früher. Und Emma hat eine ganz normale, schöne Figur. Sie achtet extrem auf ihre Ernährung, der Kühlschrank ist voller gesunder Lebensmittel, das finde ich toll von ihr.

Sicher ist aber auch, dass ich meine Kinder ab einem gewissen Alter vor den äußeren Einflüssen kaum mehr bewahren konnte – sie werden viel stärker von den Medien geprägt als wir in ihrem Alter früher. Facebook, Instagram, Tinder, Livestreams von den Modenschauen, das alles gab es ja früher gar nicht. Und darüber bin ich persönlich wahnsinnig froh. Zum Glück gibt es auch tolle Gegenströmungen in den Social-Media-Feeds. Body Positivity zum Beispiel finde ich wichtig. Es wäre für uns alle wunderbar, zu lernen, unseren Körper so zu akzeptieren, wie er ist. Das ist kein Freifahrtschein, sich total gehen zu lassen und alles in sich reinzustopfen, denn auf die Gesundheit zu achten, fällt eindeutig unter Body Respect. Uns Frauen wird aber viel zu oft suggeriert, dass unsere Körper falsch sind und wir uns ihrer schämen sollten. Fett, mittel und selbst dünn – jede weibliche Körperform wird überprüft und zerlegt.

Wir Frauen sind Meisterinnen im Uns-selbst-Niedermachen.

Meine Freundin erzählte mir gerade, dass ihre siebenjährige Nichte ein Selfie von sich und ihr gemacht hatte. Sie zeigte es ihr danach und meine Freundin antwortete ganz reflexartig: »Um Gottes Willen, ich sehe ja schrecklich aus!« Ihre Nichte starrte sie erst an und bearbeitete das Foto dann. Und meine Freundin schämte sich und dachte im Nachhinein: Super, was für eine großartige Lektion hast du dem Mädchen gerade gegeben? Dass es in Ordnung ist, sich selbst als fürchterlich zu bezeichnen. Wenn ich daran denke, wie viele meiner Freundinnen sich im Spiegel betrachten und nur Schlechtes sehen, wird mir übel. Und dann fangen sie an, hier etwas absaugen zu lassen, da ein Pfund wegzuhungern, hier ein bisschen Detox und da etwas Botox und am Ende noch einen Instagram-Filter drüber. Alles, um perfekter auszusehen. Ich möchte sie schütteln und sagen: »Ihr seid schön, so wie ihr seid!«

Und, by the way, was ist bitteschön »schön«? Ist es nicht schön, wenn es uns egal ist, was andere denken, solange wir uns wohlfühlen? Macht es uns nicht schöner, wenn wir authentisch sind? Wenn wir lachen und uns nicht zu ernst nehmen? Ich finde Individualität schön. Darin steckt kein Konkurrenzgedanke, keine Unerreichbarkeit von sogenannten #bodygoals wie der bekloppten Oberschenkellücke, kein Streben nach Selbstoptimierung: »So will ich sein, so muss ich sein – upps, diese To-do-Liste ist 200 Seiten lang.« Und für wen auch? Die Schönheitsindustrie? Männer? Instagram? Den skeptischen Auf-und-ab-Blick anderer Frauen? Kann man da überhaupt gewinnen?

Nein, wir sollten lieber aufhören, andere zu beurteilen. Stattdessen sollten wir laut und stolz sein, uns lieben und pflegen von außen wie von innen. Wer das schafft, strahlt es auch aus. Ich denke, »sexy« ist ein erwachsenes Wort, um eine Person zu beschreiben, die sich kennt und mag, genau so wie sie aussieht, denkt und fühlt. Die nicht versucht, sich zu ändern, um sich anderen anzupassen.

Deswegen habe ich im Großen und Ganzen meinen Frieden damit gemacht, dass ich etwas fülliger bin – dafür weiß ich, wer ich bin. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Einstellung das Positive am Älterwerden ist. Ich werde so viel entspannter. Für mich fingen meine besten Jahre nach der Scheidung an, als es mir langsam wieder besser ging. Das soll sich gar nicht gemein anhören. Aber damals war ich Anfang 40 und irgendwas in mir wurde gelassener. Ich lebe am liebsten im Moment und bin gern spontan. Ich flippe nicht aus, wenn etwas passiert, das ich sowieso nicht ändern kann. Sich selbst anzunehmen in der Veränderung, das ist die Kunst – das Geflüster zu ignorieren und zu erkennen, dass der Weg breiter wird, je mehr man erlebt hat.

Die einzigen beiden Dinge, bei denen man nicht allzu sehr entspannen sollte, sind diese: den Körper pflegen und die Gesundheit aufrechterhalten. Mit 50 stehen die Chancen gut für ein paar weitere Jahrzehnte – da muss man etwas tun, damit der Körper mitmacht. Maniküre, Pediküre und eincremen kann ich ziemlich gut. Mein neues Fahrrad steht bereit. Und Francescas Kuchen habe ich an meine Nachbarinnen weitergereicht. Geteilte Kalorien, halbes Zunehmen, doppeltes Glück.

Im Herzen barfuß

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