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Motivation Zielsetzungen und Begründungen

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Falls Sie, lieber Leser, mit Putschgedanken spielen, sollte ich Sie fragen, weshalb Sie ausgerechnet den Putsch als Mittel der Wahl auserkoren haben, um einen «Change-Prozess» in Gang zu setzen, wie man das so schön euphemistisch im «Business-Speak» sagt. Die Frage verkneife ich mir und unterstelle Ihnen stattdessen drei Dinge, die Sie ehrlicherweise nicht abstreiten können:

 Sie sind zur inneren Überzeugung gelangt, dass die jetzigen Machthaber unfähig, verbrecherisch, korrupt oder alles zusammen sind.

 Sie sind der festen Ansicht, dass sich die jetzigen Machthaber mit legalen Mitteln nicht entmachten lassen.

 Die Anwendung von Gewalt ist für Sie kein Tabuthema.

In der Bibel steht nun aber schon geschrieben, dass wer Gewalt anwendet, durch Gewalt umkommen wird [8]. Sie wissen demzufolge, dass sie mit einem Putsch ein hohes Risiko eingehen. Und deshalb sollte man sich vorher sorgfältig überlegen, welche Ziele mit einem Putsch erreicht werden sollen. Das kurzfristige Ziel ist vorgegeben, nämlich der Sturz der jetzigen Regierung. Als Randbemerkung sei an dieser Stelle gesagt, dass ein Putsch gemeinhin als erfolgreich gilt, wenn es den Putschisten gelingt, sich sieben Tage lang an der Macht zu halten [9]. Bei den langfristigen Zielen wird es schon schwieriger. Hier kann eine Selbsteinschätzung hilfreich sein. Welcher Typ sind Sie? Drei Charaktere stehen zur Auswahl:

 Der Idealist. Mit philosophischen Abhandlungen über den Idealismus wollen wir uns an dieser Stelle nicht aufhalten. Ganz profan bezeichnen wir einen Idealisten als Menschen, der mit seinen Vorstellungen danach trachtet, höhere Werte wie beispielsweise Gerechtigkeit und Freiheit zu verwirklichen. Der Tyrannenmord ist in den Augen des Idealisten ein legitimes Mittel, um dem Volk Freiheit zu schenken. Der Idealist handelt meist selbstlos und verzichtet auf persönliche Vorteile.

 Der Machiavellist. Das oberste Ziel des Machiavellisten ist der eigene Erfolg. Ihm ist jedes Mittel recht, wenn es dem Erwerb oder Erhalt von politischer Macht dient. Der Machiavellist ist aber auch ein soziales Chamäleon. Trotz seiner berechnenden und egoistischen Art kann er gut das Vertrauen von anderen Personen gewinnen und Empathie zeigen, wenn es denn nur zum eigenen Vorteil gereicht. Der Machiavellist will seinen Willen um jeden Preis durchsetzen, und dies tut er oftmals mit grossem strategischem Geschick.

 Der Hasardeur. Der Hasardeur stürzt sich leichtsinnig ins Abenteuer eines Putsches. Weil das kühle Rechnen nicht seine Sache ist, geht der Hitzkopf hohe Risiken ein, die ihm entweder Reichtum und Macht oder Verderben bescheren. Er verlässt sich blind auf sein Glück und ein wohlmeinendes Schicksal.

Eine andere Betrachtungsweise bringt Samuel P. Huntington ins Spiel. Aus seiner Typologie lassen sich drei Begründungen für einen Putsch ableiten [10]:

 Breakthrough Coup. Das Militär tritt als progressive Kraft im Staat auf, das den Entwicklungs- und Modernisierungsprozess vorantreiben will. Eine revolutionäre Gruppe von Militärangehörigen stürzt eine traditionelle (zivile) Regierung. Erfolgreiche Breakthrough Coups haben die interessante Eigenschaft, dass sie früher oder später gerne als «Revolutionen» verklärt werden.

 Veto Coup. Das Militär wendet sich gegen die Regierung, um eigene Interessen zu wahren und wirtschaftliche Pfründe zu sichern. Kürzungen von Militärbudgets oder Beschränkungen von Kompetenzen sind häufige Auslöser für einen Putsch.

 Guardian Coup. Das Militär tritt als Beschützer der Bevölkerung gegen unfähige oder korrupte Regimes auf. Der Putsch wird gewöhnlich damit gerechtfertigt, dass er dem allgemeinen Wohl der Nation dient.

Nach der Lektüre dieses Abschnitts sollten Sie eine zumindest vage Vorstellung haben, was Sie erreichen wollen und können ihr künftiges Handeln gezielt danach ausrichten. Dies gilt allerdings nur für Machiavellisten. Der Hasardeur foutiert sich um Risikoanalysen, und der Idealist kann einfach nicht anders, als seine Mission zu Ende zu bringen. Ausserdem können Sie begründen, weshalb ein Putsch erforderlich ist.

Als ob eine ehrliche Selbsteinschätzung nicht schon schwer genug wäre, gilt es noch einige unangenehme Tatsachen beim Namen zu nennen:

 Jeder potentielle Putschist muss sich insgeheim eingestehen, dass er es (noch) nicht auf die Sonnenseite des Lebens geschafft hat. Der Putschist hat definitionsgemäss keine hohe Machtstellung inne, andernfalls könnte er sich an einem Staatsstreich beteiligen. Sehr häufig sind Offiziere der mittleren Rangstufe (Oberst, Brigadekommandant) führend an Putschen beteiligt. Jeder Putschist ist gewissermassen ein «Underdog». Sein Ehrgeiz und seine Skrupellosigkeit verbieten es ihm aber, auf dieser Stufe zu verharren.

 Autoritäre und repressive Regimes neigen dazu, auf einen Putschversuch mit äusserster Härte zu reagieren. Wer Exil, Folter oder Exekution nicht fürchtet, kann sich gerne mit einem solchen Regime anlegen. Ansonsten ist es ratsamer, als Ziel eine schwache und nachgiebige Regierung auszusuchen, von der im Falle des Scheiterns Milde erhofft werden darf.

 Rein statistisch gesehen, beträgt die Erfolgsquote beim Putschen weniger als 50%. Ob das viel oder wenig ist, ist Ansichtssache. Genauso, wie wenn für den Optimisten das Glas halb voll und für den Pessimisten halb leer ist. Die gute Nachricht ist, dass es durchaus Weltgegenden gibt, in denen die Erfolgsquote deutlich über 50% liegt. Aber dazu mehr in einem späteren Abschnitt.

Das kleine Putsch-Brevier

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