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Der perfekte Putsch

Merkmale

Der perfekte Putsch erfolgt wie ein Schlag aus heiterem Himmel, ohne Ankündigung und völlig überraschend. Oder wie es der französische Gelehrte und Bibliothekar Gabriel Naudé 1639 in seinen Betrachtungen über Staatsstreiche in üppig barocker Bildsprache ausdrückte [11]: «Die Hinrichtung geht dem Urteil voraus, und der Donner fällt eher, als dass man ihn in den Wolken grollen hört».

Einen «Putsch mit Ansage» kann sich nur erlauben, wer seiner Sache sehr sicher ist. Aufmerksame Politbeobachter stellten Anfang 2021 in Burma Anzeichen eines bevorstehenden Militärputsches fest und waren dann doch überrascht, als es am 1. Februar 2021 soweit war. Dass dieser Putsch das Prädikat «perfekt» nicht verdient, zeigte sich spätestens zwei Wochen später, als sich nach der anfänglichen Überraschung der Widerstand der Zivilbevölkerung zu versteifen begann und die Militärjunta darauf mit immer grösserer Gewaltanwendung antwortete.

Zwei weitere Merkmale eines idealen Putschs sind eine tadellose Planung sowie eine perfekte Ausführung. Das ist einfacher gesagt als getan. Deshalb soll in den folgenden Abschnitten näher auf die Planung und Durchführung eines Putsches eingegangen werden. Um der Gerechtigkeit willen muss gesagt sein, dass es zu diesem Thema ein Standardwerk gibt. Edward Luttwak hat in seinem 1968 erstveröffentlichten Buch «Coup d’Etat – A Practical Handbook» anhand vieler Beispiele die Mechanismen eines Putsches aufgezeigt [12]. Wer sich ernsthaft mit einem Putsch auseinandersetzen will, wird um die Lektüre dieses Werks nicht herumkommen.

Gründliche Planung und Vorbereitung sind das A und O eines Putsches. Oder um Benjamin Franklin zu zitieren: «if you fail to plan, you are planning to fail». An den weitaus meisten Putschen sind Militärs beteiligt. Oftmals sind es sogar hochdekorierte Offiziere im Generalsrang, die mit militärischen Führungsprozessen vertraut sein müssten. Ein Putsch müsste sich demnach wie jede andere militärische Operation planen und durchführen lassen. Sollte man meinen. Wenn mehr als 80% aller Putsche und Putschversuche vom Militär unternommen werden, aber deutlich weniger als die Hälfte davon erfolgreich ist, lässt dies zwei Schlüsse zu. Entweder hatten die Putschisten ihre Generalssterne und prächtigen Orden bei einem Preisausschreiben gewonnen, oder die Durchführung eines Putsches ist komplizierter als gemeinhin angenommen.

Militärischer Führungsprozess

In den meisten von westlicher Denkart geprägten Armeen besteht der militärische Führungsprozess aus vier Phasen, die ständig in einem Regelkreislauf ablaufen und ein strukturiertes Denken und folgerichtiges Handeln ermöglichen:

 Analyse. Wer sich zu einem Putsch entschlossen hat, hat die eigene Situation in Bezug auf seine Umwelt bereits analysiert. Die Putschdeterminanten sind bekannt.

 Planung. Die Planungsphase ist unterteilt in drei Abschnitte: Lagebeurteilung – Entschluss – Plan. Bei der Lagebeurteilung geht es darum herauszufinden, welche Möglichkeit die beste ist, um das Putschziel zu erreichen. Der Putschführer entscheidet sich für eine Variante, die dann planerisch umgesetzt wird.

 Führung (Befehlsgebung, Umsetzung). Der Putschführer erteilt seinen Mitstreitern Aufträge oder Befehle und erwartet die bedingungslose Umsetzung derselben.

 Kontrolle. Jede Aktion wird dahingehend überprüft, ob sie das erwartete Resultat lieferte.


Abbildung 3 - Führungsprozess

Kein Putsch wird friktionslos ablaufen. Der schönste Plan auf dem Papier wird einmal mit der Realität konfrontiert werden und kann nie allen Unwägbarkeiten eines Putsches und menschlichen Schwächen Rechnung tragen. Deshalb ist es auch für Putschisten wichtig, immer über die aktuellen Entwicklungen im Bilde zu sein, um auf geänderte Gegebenheiten rasch reagieren zu können.

Das kleine Putsch-Brevier

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