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WAS KOMMT AUF DICH ZU?

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Die grosse Mehrheit der Schulleitungen bringt einen Hintergrund als Lehrperson mit. Nach dem Bildungsbericht Schweiz von 2018 waren 95 Prozent der Schulleitungen vorher als Lehrpersonen tätig. In einer Untersuchung fand Wiebke Bobeth-Neumann (2013) heraus, dass Lehrpersonen Schwierigkeiten haben, die Schule als Ganzes wahrzunehmen und nur über ein geringes Organisationsverständnis verfügen. Diese für Schulleitungen wichtigen Fähigkeiten würden weder im Lehramtsstudium noch im Zuge des Unterrichtens im Schulalltag ausgebildet. Sich die entsprechenden Kompetenzen für den Schulleitungsalltag anzueignen, sei die Aufgabe der Schulleitungen im Berufseinstieg. Mechthild von Lutzau (2008) stellte in ihrer qualitativen Studie über Biografie und Leitungshandeln von Schulleiterinnen fest, dass es der »Kreativität, dem Anpassungs- und Lernvermögen einer neu ins Amt eingeführten Schulleiterin oder eines Schulleiters überlassen werde, wie und wo sie sich das für diesen Beruf notwendige Wissen aneigne und die entsprechenden Fähigkeiten erwerben.« Diesen Umstand kritisieren Heinz Rosenbusch und Julia Warwas (2010), wenn sie festhalten, dass die Übernahme eines Schulleitungsamtes nichts weniger als einen Berufswechsel beinhalte, welcher nicht durch Praxisroutine erlernt werden kann, sondern einer spezielle Ausbildung bedürfe. In der Deutschschweiz gibt es jedoch keine berufsbefähigenden Ausbildungen, sondern weitgehend fakultative Zusatzausbildungen für Schulleitungen, was den «Perspektivenwechsel von der Lehr- zur Führungspersönlichkeit» und die Bildung eines beruflichen Selbstverständnisses als schulische Leitungspersonen erschwert (Schmerbauch, 2017).

In der Schweiz entscheiden de facto die Verbände, was ein Beruf ist und was nicht. Der VSLCH hat im Jahr 2015 das Berufsleitbild Schulleitung verabschiedet. Darin stellt er einleitend fest:

Jede Profession im Bildungsbereich braucht ein Berufsleitbild. Ein Berufsleitbild gibt das Selbstverständnis einer Profession wieder (…) Schulleiterinnen und Schulleiter der Volksschule gehören einer jungen Profession an. Diese kann sich durch ein Berufsleitbild finden und profilieren – namentlich in kluger Abgrenzung zu Berufsfeldern, mit denen sie eng kooperiert: zum Lehrberuf, aber auch zu Führungsaufgaben in Verwaltung und Privatwirtschaft. (VSLCH, 2015)

Der VSLCH bezeichnet die Arbeit der Schulleitungen als (junge) Profession, die sich noch profilieren und abgrenzen muss. Das ist insofern nachvollziehbar, als es in der Schweiz erst seit den 1990er-Jahren Schulleitungen auf der Stufe Volksschule gibt, welche zum Beispiel im Kanton Bern erst 2008 gesetzlich verankert wurden. Die im Berufsleitbild gezeigten Professionalisierungsabsichten streben den Status eines eigenständigen Berufes an.

De jure bestimmt das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), was ein in der Schweiz anerkannter Beruf ist. Nach SBFI wird in der Liste der reglementierten Berufe nur die Lehrperson aufgeführt. Jedoch ist für die Zulassung und Anerkennung von Lehrpersonenzertifikaten nicht das SBFI, sondern die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) zuständig. Auch auf der Webseite der EDK wird Schulleitung nicht als eigenständiger Beruf, sondern als Zusatzausbildung für Lehrpersonen aufgeführt. Im Jahr 2009 hat die EDK ein Profil für die Zusatzausbildung für Schulleitungen erlassen, um gesamtschweizerisch die gleiche Qualität zu garantieren. Als Voraussetzung gilt das Lehrdiplom, eine fünfjährige Unterrichtserfahrung sowie eine Anstellung als Schulleitung. In begründeten Fällen kann von den Zulassungsbeschränkungen abgewichen werden.

Wenn die fünf Phasen von Wilensky (1964) als Gradmesser für die Professionalisierung der Schulleitungen herangezogen werden, dann würde die fehlende Ausbildung und die fehlende rechtliche Anerkennung durch die EDK dagegen sprechen, dass Schulleitung offiziell ein eigenständiger Beruf ist (Tabelle 1).

Tabelle 1 Stand der Professionalisierung von Schulleitungen

(Eigene Darstellung, 2019 nach Wilensky, 1964)

Phase bei Wilensky (1964)Stand der Schulleitungs-Professionalisierung
1. Es gibt Vollzeitstellen.Es gibt Vollzeitstellen als Schulleitungen.
2. Es gibt eine Ausbildung.Es gibt keine Ausbildung für Schulleitungen, jedoch eine Zusatzbildung zum Lehrberuf (EDK) und weitere Weiterbildungslehrgänge (CAS, DAS, MAS).
3. Es gibt Verbände.Es gibt kantonale wie auch nationale Berufsverbände für Schulleitungen.
4. Die Tätigkeit wird politisch und rechtlich anerkannt.Es gibt keine staatliche Anerkennung des Berufs Schulleitung (SBFI, EDK).
5. Es gibt ethische Standards.Es gibt Standards von den Berufsverbänden (VSLCH).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Tätigkeit der Schulleitung in der Schweiz nicht den Status einer Profession hat und auch rechtlich kein eigenständiger Beruf ist. Das Berufsleitbild des nationalen Schulleitungsverbandes zeigt deutlich die Absicht, Schulleitung als eigenständigen Beruf anzuerkennen, auf.

Dieselbe Entwicklung machte der Beruf der Schulleitung auch in Deutschland durch, wo er nun seit mehreren Jahren anerkannt ist. Ich gehe davon aus, dass die Schulleitung in näherer Zukunft auch in der Schweiz anerkannt werden wird, daher bezeichne ich Schulleitungen in diesem Sachbuch als eigenständigen Beruf.

Traumberuf Schulleitung? (E-Book)

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