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ZWEITES KAPITEL

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So war die Wüste beschaffen, zu deren Durchreise wir uns nun anschickten – ehemals eine Region des Schreckens für die Betschuanen wegen der Menge Schlangen, welche daselbst hausten und von verschiedenen Mäusearten lebten, und wegen des furchtbaren Durstes, welchen die Leute oft erdulden mussten, wenn ihre Wassergefäße nicht groß genug waren für die Entfernungen, die man zurücklegen musste, bevor man Quellen erreichte.

Unmittelbar vor der Ankunft meiner Reisegefährten war ein Häuflein Leute aus der Gegend des Sees in Kolobeng eingetroffen und hatten sich mir als Abgesandte ihres Häuptlings Letschulatebe vorgestellt, der mich zum Besuch jenes Landes einladen ließ. Sie machten uns so glänzende Schilderungen von der Menge Elfenbein, das sich dort fände, dass die Führer der Bakuena mindestens ebenso begierig waren, nach dem See vorzudringen, wie wir selbst es wünschten. Dies war ein Glück, da wir wussten, dass der Weg, auf welchem die Fremden hergekommen waren, nicht mit Wagen passiert werden konnte.

Die Herren Oswell und Murray kamen Ende Mai, und wir alle brachen am 1. Juni 1849 wohlbehalten nach der unbekannten Region auf. Wir zogen nordwärts, zunächst durch eine Reihe mit Bäumen bedeckter Hügel nach Schokuane, dem früheren Wohnsitz der Bakuena, und gelangten bald auf die große Straße zu den Bamangwatos, welche zumeist im Bett eines ehemaligen Flusses oder Wadi hinführt, dessen Lauf früher die Richtung von Norden nach Süden gehabt haben musste. Das umliegende Land ist vollkommen flach, aber mit lichtem Wald und Busch bewachsen und hat Überfluss an Gras; die Bäume sind im Allgemeinen eine Akazienart, Monato genannt, welche schon weiter südlich auftritt und bis nach Angola hin allgemein vorkommt.

Der Boden ist sandig, und es finden sich hier und da Spuren, dass an Stellen, welche jetzt gar kein Wasser mehr haben, früher Brunnen und Viehstationen vorhanden waren.

Zu Maschue – wo wir eine nie versiegende Quelle frischen Wassers in einer Sandsteinhöhe fanden – verließen wir den Weg nach den Bamangwato-Hügeln und wandten uns nordwärts in die Wüste. Nachdem wir unsere Zugochsen an dem Brunnen Lobotani, ungefähr nordwestlich von Bamangwato, getränkt hatten, reisten wir zunächst weiter nach Serotli, einer wirklichen Quelle in der Kalahari-Wüste. Die ganze Umgegend ist mit Gebüsch und Bäumen einer Leguminosenart mit lilafarbigen Blüten bedeckt. Der Boden besteht aus weichem weißem Sand, der für die Ochsen sehr anstrengend ist, denn die Räder sinken bis über die Felgen ein und sind kaum vorwärtszubringen. Zu Serotli fanden wir nur einige Löcher, denjenigen ähnlich, welche der Büffel und das Nashorn machen, wenn sie sich im Schlamm wälzen. In der Ecke eines solchen Loches entdeckten wir ein wenig Wasser, das unsere Hunde im Nu aufgeleckt haben würden, wenn wir sie nicht hinweggetrieben hätten. Und doch war dies, wie es schien, der ganze Vorrat für einige achtzig Ochsen, zwanzig Pferde und etwa ebenso viele Menschen. Unser Führer Ramotobi aber, welcher seine Jugend in der Wüste verlebt hatte, erklärte, es sei hier Wasser genug vorhanden, obschon es nicht danach aussähe. Wir erwarteten nichts Gutes, doch holten wir schnell die Spaten herbei; allein unsere Führer verschmähten ein solch neumodisches Hilfsmittel und begannen ohne Umstände, den Sand mit ihren Händen herauszukratzen. Es war dies der einzige Ort, an dem wir für eine Strecke von siebzig Meilen, also bei unseren schwerfälligen Wagen für eine Reise von drei Tagen, noch Wasser zu finden hoffen konnten. Mit Fingern und Spaten wurden zwei von diesen Löchern so weit ausgehöhlt, dass sie Gruben von etwa 6 Fuß Tiefe und ebenso viel Breite bildeten. Unsere Führer empfahlen uns besonders dringend, die harte Sandschicht am Boden nicht zu durchbrechen, weil sie wussten, »dass dann das Wasser davonlaufen würde«. Sie haben ganz recht, denn das Wasser scheint auf dem beginnenden Sandstein aufzuliegen. Der Wert dieses Ratschlags bewährte sich, als ein Engländer von nicht eben glänzenden Geistesgaben denselben nicht beachtete und in den Brunnen von Mohotluani die sandige Schicht am Boden durchstach; das Wasser verschwand sofort und der Brunnen wurde nutzlos. Als wir auf die erwähnte Schicht stießen, fanden wir, dass das Wasser dicht an der Linie, wo der weiche Sand mit ihr in Berührung kam, von allen Seiten hereinfloss. Wir ließen dieses Wasser sich ansammeln und hatten genug, um am Abend die Pferde zu tränken; da es aber für die Ochsen nicht hinreichte, so sandten wir diese nach Lobotani zurück, wo sie, nachdem sie vier Tage (sechsundneunzig Stunden) lang gedurstet hatten, einen reichen Wasservorrat fanden. Die Pferde behielten wir bei uns, denn sie waren uns zur Herbeischaffung von Wildbret für den Unterhalt unserer zahlreichen Reisegesellschaft unentbehrlich. Am anderen Morgen fanden wir, dass das Wasser stärker eingedrungen war als anfangs, wie es in diesen Behältern stets der Fall ist, weil die Zugänge durch den einströmenden Wasserstrahl weiter werden.

Obwohl das Wasser hier den Elen vollkommen unzugänglich war, sahen wir doch große Rudel dieser schönen Tiere ringsum weiden, und diejenigen von ihnen, welche wir erlegten, waren nicht allein sehr wohlgenährt, sondern es fand sich auch eine ziemliche Menge Wasser in ihrem Magen.

Am zweiten Abend unseres Aufenthaltes in Serotli erregte eine Hyäne, welche zwischen dem Gras erschien, plötzlich einen panischen Schrecken unter unserem Vieh. Auf diese tückische Art greift dieses feige Raubtier stets an. Sein Mut gleicht dem eines Truthahns. Die Hyäne beißt nur, wenn ein Tier vor ihr ausreißt; bleibt es stehen, so macht sie ebenfalls halt. Siebzehn unserer Zugochsen entliefen uns und fielen auf ihrer Flucht gerade in die Hände von Sekomi, zu dessen Besuch wir kein sonderliches Verlangen trugen, weil er unserem Erfolg abhold war. Viehdiebstahl, wie er unter solchen Umständen im Kaffernland vorgekommen wäre, ist hier unbekannt, und so sandte uns denn Sekomi unsere Ochsen zurück und ließ uns dringend von jedem Eindringen in die Wüste abraten. – »Wohin geht ihr? Ihr werdet der Sonne und dem Durst erliegen, und die weißen Männer alle werden es mir dann zum Vorwurf machen, dass ich euch nicht gerettet habe.« Hierzu kam noch eine Botschaft von seiner Mutter: »Warum geht ihr an mir vorüber? Ich hatte stets das Volk zusammenrufen lassen, um die Botschaft zu hören, die ihr geschickt habt. Was habe ich verbrochen, dass ihr an mir vorübergeht, ohne mich zu besuchen?« – Wir versicherten den Boten statt aller Antwort, die Weißen würden unseren Tod unserer eigenen Torheit und Hartköpfigkeit (tlogo, e thata) beimessen, da es nicht unsere Absicht sei, unsere Begleiter und Führer eher zurückkehren zu lassen, als bis sie uns ins Grab gelegt hätten. Ferner schickten wir Sekomi ein hübsches Geschenk und ließen ihm versprechen, wenn er den Bakalahari gestattete, die Brunnen für uns offen zu halten, so wollten wir dieses Geschenk bei unserer Rückkehr wiederholen.

Nachdem der Unterhäuptling, welcher die Boten Sekomis anführte, seine ganze Beredsamkeit in fruchtlosen Versuchen, uns zur Umkehr zu bewegen, erschöpft hatte, fragte er: »Wer führt sie denn an?« Er blickte sich um und rief mit einem Gesicht, das den unverhohlensten Widerwillen ausdrückte: »Es ist Ramotobi!« Unser Führer gehörte nämlich zu Sekomis Stamm, war aber zu Setschele entflohen. Da hierzulande Flüchtlinge immer gut aufgenommen werden und späterhin sogar den Stamm, von welchem sie entlaufen sind, wieder besuchen dürfen, so drohte Ramotobi keinerlei Gefahr, obschon er jetzt etwas tat, was, wie er wohl wusste, den Interessen seines eigenen Häuptlings und Stammes direkt entgegen war.

Als das Wasser endlich in den von uns gegrabenen Brunnen in genügender Menge sich gesammelt hatte und unser Vieh sich satt trinken konnte, brachen wir am Nachmittag von Serotli auf. Da aber die Sonne selbst im Winter – der Jahreszeit, in welcher wir eben standen – bei Tage immer noch sehr mächtig ist, so bewegten sich die Wagen nur langsam durch den tiefen schwarzen Sand, und wir kamen bis Sonnenuntergang nur sechs Meilen weit. Wir konnten nur am Morgen und Abend reisen, da ein einziger Tag in der heißen Sonne und dem schweren Sand die Ochsen gänzlich erschöpft haben würde.

Ramotobi war sehr ärgerlich darüber, dass wir so langsam vorwärtskamen; er sagte, das nächste Wasser liege drei Tagereisen weit vor uns, und wenn wir nicht schneller reisten, so würden wir es gar nicht mehr erreichen. Die äußersten Anstrengungen der Diener, Peitschenknall, Geschrei und Schläge brachten die armen Tiere doch nur 19 Meilen weit. Wir hatten auf diese Art nur 44 Meilen von Serotli aus zurückgelegt, die Ochsen waren von der weichen Beschaffenheit des Bodens und vom Durst weit mehr erschöpft, als wenn sie die doppelte Entfernung auf einem harten, die nötigen Wasservorräte darbietenden Weg zurückgelegt hätten; und jetzt lagen nach unserer Berechnung mindestens noch 30 Meilen ebenso trockener und beschwerlicher Weg vor uns. In dieser Jahreszeit wird das Gras so dürr, dass es in der Hand zu Staub zerbröckelt; die armen ermatteten Zugtiere kauten und kauten, ohne nur ein frisches Hälmchen zu finden, und blökten kläglich, als sie das Wasser in unseren Gefäßen auf den Wagen witterten. Wir waren alle fest entschlossen, unser Vorhaben durchzusetzen; wir trachteten daher, die Pferde zu retten, indem wir sie mit dem Führer vorausschickten, um mit ihnen einen verzweifelten Versuch zu machen, falls es uns mit den Ochsen missglücken sollte. Murray ging mit ihnen, während Oswell und ich zurückblieben, um auf ihrer Fährte die Wagen so weit nachzubringen, wie die Ochsen sie ziehen konnten, worauf wir dann dieselben ebenfalls vorausschicken wollten.

Die Pferde griffen wacker aus, als sie uns verließen; aber am Morgen des dritten Tages, wo sie nach unserer Berechnung in der Nähe des Wassers sein mussten, erblickten wir sie wieder neben unseren Wagen. Der Führer war auf die frischen Fußspuren einiger Buschmänner gestoßen, welche in entgegengesetzter Richtung gegangen waren, und bog vom Weg ab, um ihnen zu folgen. Eine Antilope hatte sich in einer Grube der Buschmänner gefangen. Murray folgte mit blindem Vertrauen Ramotobi auf der Spur der Buschmänner, obschon diese von dem Wasser hinwegführte, welches wir aufsuchten; er war dabei, wie die Antilope geschlachtet, abgestreift und in Stücke zerhackt wurde, und fand sich nach einem mühseligen Tagemarsch wieder bei den Wagen. Dass Ramotobi sich in dieser pfadlosen, mit Buschwerk bedeckten Einöde zurechtfand, schien uns wunderbar.

Nach dem Frühstück kamen einige Männer, welche auf einem kleinen Fußpfad der Spur mehrerer wasserliebender Tiere nachgegangen waren, mit der fröhlichen Kunde zurück, dass sie »Metse«, Wasser, gefunden hätten, und wiesen zur Bestätigung ihrer Aussage auf den Schlamm an ihren Knien. Es ist ein wahrhaft herzerquickender Anblick, die durstigen Ochsen in einen Tümpel köstlichen Regenwassers, wie wir solches hier fanden, hineinstürzen zu sehen. Sie gehen so weit ins Wasser, bis es ihnen beinahe an die Kehle geht, dann stehen sie still und schlürfen gemächlich in langen erquickenden Zügen, bis ihre zuvor eingefallenen Wammen sich wieder ausdehnen, als ob sie bersten wollten. Sie trinken so viel in sich hinein, dass bei einer plötzlichen Erschütterung, wenn sie wieder auf das Ufer herauskommen, ihnen oft das Wasser wieder aus dem Mund läuft; da sie jedoch auch tagelang ohne Futter gewesen sind, so fangen sie bald an zu grasen, und Gras ist an solchen Stellen allenthalben im Überfluss zu finden. – Dieser Tümpel hieß Mathuluani. Wir waren herzlich froh, einen so willkommenen Vorrat von Wasser gefunden zu haben.


Hottentotten

Wir gönnten dem Vieh an diesem Ort Rast und setzten dann unsere Reise durch das trockene Bett des Flusses Mokoko abwärts fort. Als wir den Mokoko verließen, schien Ramotobi zum ersten Mal selbst in Verlegenheit zu sein, welchen Weg er einschlagen sollte. Er war nur ein einziges Mal westwärts über den Mokoko, den Schauplatz seiner Jugend, hinausgekommen. Oswell wurde, während er vor den Wagen herritt, zufällig ein Buschweib gewahr, das zusammengeduckt davonlaufen wollte, um der Beobachtung zu entgehen. Da er einen Löwen vermutete, so galoppierte er drauf los. Das Weib glaubte sich gefangen genommen und begann ihre paar Habseligkeiten auszuliefern, welche in Schlingen aus Seilen bestanden; als ich ihr aber erklärte, wir brauchten nur Wasser und wollten sie bezahlen, wenn sie uns an eine Quelle führe, so war sie gern bereit dazu. Es war zwar schon spät am Nachmittag, allein sie wanderte noch rüstig acht Meilen weit vor unseren Pferden her und zeigte uns das Wasser von Ntschokotsa. Nachdem sie uns bis hierher geführt hatte, wollte sie uns verlassen und nach ihrer Heimat gehen, falls sie überhaupt eine hatte – sie war vor ihren Landsleuten geflohen, und lebte fern von allen anderen mit ihrem Mann. Da es aber finster war, wiesen wir sie an dazubleiben. Weil sie sich noch immer für eine Gefangene hielt, glaubten wir, sie möchte bei Nacht entwischen, und um sie nicht mit dem Eindruck gehen zu lassen, dass wir unehrenhaft seien, schenkten wir ihr ein Stück Fleisch und eine ziemlich große Schnur Glasperlen. Beim Anblick der Letzteren brach sie in ein fröhliches Gelächter aus und blieb ohne Argwohn bei uns.

Zu Ntschokotsa stießen wir auf die erste von einer großen Menge Salzpfannen, welche mit salpetersaurem Kalk ganz bedeckt war. Ein dichter Gürtel von Mopanebäumen (einer Art Bauhinia) verdeckt diese Salzpfanne, welche ungefähr 20 englische Meilen an Umfang haben mag, vor den Blicken der von Südosten her Kommenden; und zu der Zeit, wo uns die Salzpfanne zu Gesicht kam, warf die untergehende Sonne gerade einen bläulichen Duft über die weißen Inkrustationen, sodass das Ganze einem See täuschend ähnlich sah. Oswell warf bei diesem Anblick seinen Hut in die Luft und stieß ein so lautes Freudengeschrei aus, dass das arme Buschweib und die Bakuena ihn für verrückt hielten. Ich kam etwas später und wurde ebenso vollständig getäuscht wie er, und da wir zuvor übereingekommen waren, aufeinander zu warten und gemeinsam den ersten Blick auf den See zu tun, so ärgerte ich mich darüber, dass er, wenn auch absichtslos, den Anblick desselben zuerst gehabt hatte. Wir ließen uns nämlich nicht im Mindesten träumen, dass der lang ersehnte See noch mehr als 300 englische Meilen von uns entfernt war.

Am 4. Juli zogen wir zu Pferd voraus und dem vermeintlichen See entgegen und glaubten ihn von Zeit zu Zeit wieder zu sehen; allein endlich gelangten wir an das Wasser und fanden, dass es der Zouga, ein nach Nordost strömender Fluss war. Ein Dorf der Bakurutse lag auf dem jenseitigen Ufer; diese wohnen unter den Batletli, einem Stamm, den Sebituane im Besitz großer Herden von Hornvieh fand. Sie scheinen der Hottentotten-Familie anzugehören. Als Oswell über den Fluss setzen wollte, blieb sein Pferd im schlammigen Ufer stecken. Zwei Bakuena und ich konnten dagegen neben einem Fischerwehr durchwaten. Die Leute im Dorf waren freundlich und teilten uns mit, dass dieser Fluss aus dem Ngami komme. Diese Nachricht erfreute uns außerordentlich, denn nun hofften wir mit Sicherheit, unser Ziel zu erreichen. Wie sie sagten, hatten wir noch einen Monat bis dorthin zu reisen; allein wir brauchten ja nur dem Zouga zu folgen, und mussten ja auf diesem Weg an das große Wasser kommen.

Am anderen Tag, als wir in der besten Laune waren, kamen zwei von den Bamangwato, welche von Sekomi vorausgeschickt worden waren, um alle Buschmänner und Bakalahari fortzujagen, damit sie uns nicht helfen oder den Weg zeigen könnten, und setzten sich an unserem Feuer nieder. Wir hatten ihre Fußspuren noch ganz frisch auf dem Weg gesehen, sie aber hatten unser langsames Vorwärtskommen beobachtet und sich gewundert, dass wir ohne Hilfe eines Buschmanns den Weg nach dem Wasser gefunden hatten. Sie hatten Ramotobi früher noch nicht gesehen. »Ihr habt nun den Fluss erreicht«, sagten sie; wir lachten darüber, denn wir hatten gewonnenes Spiel und nahmen ihnen nichts übel. Auch sie schienen gegen uns nicht feindlich gesinnt; allein nach einer anscheinend ganz freundschaftlichen Unterredung brachen sie wieder auf, um die Befehle ihres Häuptlings genau zu erfüllen. Sie zogen vor uns her den Zouga aufwärts und verbreiteten das Gerücht, wir beabsichtigten, alle Stämme am Fluss und See zu plündern. Als sie aber ungefähr den halben Weg zurückgelegt hatten, erkrankte der Angesehenste von ihnen am Fieber, kehrte eine Strecke zurück und starb. Sein Tod hatte eine gute Wirkung, denn die Dorfbewohner schrieben ihn der Bosheit zu, die er an uns hatte verüben wollen. Sie durchschauten alle recht wohl, warum Sekomi das Fehlschlagen unseres Versuches wünschte, und obschon sie bewaffnet gekommen waren, so rief unser freundliches, wohlwollendes und friedliches Betragen bei ihnen doch vollkommenes Zutrauen hervor.

Nachdem wir am Ufer dieses schönen Flusses ungefähr 96 Meilen weit hinaufgezogen waren und fanden, dass wir noch eine bedeutende Strecke vom Ngami entfernt seien, ließen wir alle unsere Ochsen und Wagen bis auf denjenigen Oswells, welcher der kleinste war, und bis auf ein einziges Gespann in Ngabisane zurück in der Hoffnung, sie würden sich für die Heimreise stärken, während wir einen Ausflug nach dem See machten. Der Betschuanenhäuptling des Landes am See, welcher Boten an Setschele geschickt hatte, ließ jetzt allen Leuten am Fluss den Befehl zukommen, uns zu unterstützen; und wir wurden von den Bakoba freundlich aufgenommen, deren Sprache beweist, dass sie mit den Stämmen im Norden verwandt sind. Sie selbst nennen sich Bayeiye, d. h. Männer; die Betschuanen aber nennen sie Bakoba, was ungefähr so viel wie Sklaven bedeutet. Man hat nie gehört, dass sie sich bekriegt hätten, und es geht auch unter ihnen wirklich die Sage, dass ihre Vorfahren bei ihrem ersten Versuch, Krieg zu führen, ihre Bogen aus der Palma-Christi verfertigt und, als diese zerbrachen, das Kämpfen alsbald aufgegeben hätten. Sie haben sich stets der Herrschaft jeder Horde unterworfen, welche das Land an den Flüssen einnahm, in deren Nähe sie am liebsten wohnen. Sie sind also die afrikanischen Quäker.

Während wir so den schön bewaldeten Fluss hinauffuhren, kamen wir zu einem größeren Strom, welcher sich in ihn ergoss. Dies war der Fluss Tamunakle. Ich erkundigte mich, woher er komme. »Oh, aus einer Gegend voller Ströme – so vieler, dass niemand sie zählen kann – und voll großer Bäume«, hieß es. Dies war die erste Bestätigung der Aussagen jener Bakuena, welche bei Sebituane gewesen waren, dass nämlich das jenseitige Land nicht die »große sandige Hochebene« war, wie man vermutete.

Zwölf Tage nach unserer Abreise von Ngabisane erreichten wir das nordöstliche Ende des Sees Ngami, am 1. August 1849 zogen wir miteinander nach dem breiten Teil desselben hinunter, und zum ersten Mal zeigte sich dieser prächtig anzusehende große Wasserspiegel europäischen Blicken. Der See schien sich nach dem Kompass in der Richtung von Nordnordost nach Südsüdwest zu strecken. Der südliche Teil soll eine Krümmung nach Westen beschreiben und den Teoughe von Norden her an seinem nordwestlichen Ende aufnehmen. Von dem Punkt aus, wo wir standen, konnten wir nach Südsüdwesten keinen Horizont erkennen; auch vermochten wir uns nur nach den Schilderungen der Einwohner dieses Landstrichs einen Begriff von der Ausdehnung des Sees zu machen. Da sie nämlich behaupteten, man könne ihn in drei Tagen umgehen, so würde dies, wenn man 25 englische Meilen auf die Tagesreise rechnet, ungefähr 75 englische oder etwas über 15 geografische Meilen Umfang ergeben. Seither hat man auch andere Vermutungen aufgestellt und seinen Umfang auf 70 bis 100 englische Meilen angegeben. Der Ngami-See ist seicht, denn ich sah später einen Eingeborenen seinen Kahn über eine Strecke von 7–8 Meilen am nordwestlichen Ende mit einer kurzen Ruderstange fortstoßen. Der See kann daher als Handelsstraße niemals von großem Wert sein. Er ist auch wirklich in den Monaten, welche dem jährlichen Wasserzufluss aus dem Norden vorangehen, so seicht, dass das Vieh sich nur mit Mühe durch sumpfige schilfbewachsene Ufer dem Wasser nähern kann. Die Gestade des Sees sind auf allen Seiten niedrig; auf der Westseite dagegen ist eine Stelle ganz frei von Bäumen, was beweist, dass sich das Wasser erst in gar nicht sehr ferner Vergangenheit von diesem Ort zurückgezogen hat, ein neuer Beweis der Austrocknung, welche in der ganzen Gegend sich so häufig erkennen lässt. Das Wasser des Sees ist vollkommen süß, solange er voll ist; bei niedrigem Wasserstand dagegen salzig. Das Wasser, welches im Tamunak’le herunterkommt, fanden wir so klar, kalt und weich, je höher wir hinanstiegen, dass wir unwillkürlich an schmelzenden Schnee dachten.

Der Hauptzweck, weshalb ich nach dem See reiste, war ein Besuch bei Sebituane, dem großen Häuptling der Makololo, welcher noch ungefähr 200 Meilen jenseits des Sees wohnen sollte. Wir hatten jetzt einen Mischlingsstamm der Bamangwato, die Batauana, erreicht, denen ein junger Mann namens Letschulatebe als Häuptling vorstand. Sebituane hatte seinen Vater Moremi besiegt, und Letschulatebe war zum Teil als Gefangener unter den Bayeiye aufgewachsen. Sein Oheim, ein verständiger Mann, kaufte ihn los und legte, nachdem er eine Anzahl Familien versammelt hatte, die Häuptlingsschaft zugunsten seines Neffen nieder. Da Letschulatebe erst vor Kurzem zur Macht gelangt war, so glaubte er, seine Befähigung am besten dadurch zu zeigen, dass er in allem dem Rat seines Oheims zuwiderhandelte. Bei unserer Ankunft empfahl ihm sein Oheim, uns zuvorkommend zu begegnen, und darum beschenkte uns der hoffnungsvolle Jüngling nur mit einer Ziege. Es hätte ein Ochse sein sollen. Ich machte daher meinen Reisegefährten den Vorschlag, das Tier loszubinden und laufen zu lassen, als einen Wink für seinen Geber; allein sie wollten diesen nicht kränken. Ich verstand mich besser auf die Eingeborenen und ihre Bräuche und wusste daher, dass dieses schäbige Geschenk eine Beleidigung gegen uns war. Wir wollten einige Ziegen oder Ochsen kaufen – Letschulatebe bot uns Elefantenzähne an. »Nein«, sagten wir, »die können wir nicht essen, wir brauchen etwas, um unseren Appetit zu stillen.« – »Das kann ich auch nicht«, versetzte er; »aber ich höre, dass ihr Weißen diese Knochen sehr liebt, und darum biete ich sie euch an; meine Ziegen will ich selber essen.« Ein Händler, der uns begleitete, kaufte Elfenbein und gab für zehn gute große Zähne eine Muskete, die dreizehn Schillinge wert war. Diese Zähne wurden Knochen genannt, und an acht verschiedenen Orten sah ich mit eigenen Augen, dass man die Zähne samt den übrigen Knochen da verfaulen ließ, wo der Elefant gefallen war. Die Batauana wussten früher nichts von Märkten, allein kaum zwei Jahre nach unserer Entdeckung kannte ein jeder den großen Wert der Elefantenzähne recht genau.

Am Tag nach unserer Ankunft am See wandte ich mich an Letschulatebe, um Führer zu Sebituane zu bekommen. Da er diesen Häuptling sehr fürchtete, so machte er Schwierigkeiten, denn es war ihm bange, es möchten noch andere Weiße dorthin gehen und Sebituane Schießgewehre liefern, während andererseits, wenn die Händler nur zu ihm allein kämen, der Besitz von Feuergewehren ihm eine solche Überlegenheit geben würde, dass Sebituane sich vor ihm fürchten musste. Vergebens erklärte ich ihm, ich wolle Frieden zwischen ihnen stiften – Sebituane habe an ihm und Setschele wie ein Vater gehandelt und wünsche ebenso sehr wie Letschulatebe, mich zu sehen. Er erbot sich, mir so viel Elfenbein zu geben, wie ich nur wolle, wenn ich nicht zu jenem Häuptling ginge. Als ich mich aber entschieden weigerte, sein Anerbieten anzunehmen, so willigte er sehr ungern ein, mir Führer zu geben. Am folgenden Tage jedoch, als Oswell und ich uns anschickten, zu Pferd weiterzureisen, verweigerte er uns die Führer, und wie uns Sekomi Hindernisse in den Weg gelegt hatte, schickte auch Letschulatebe Leute zu den Bayeiye mit der Weisung, uns den Übergang über den Fluss zu verwehren. Ich versuchte mit großer Mühe, an einer schmalen Stelle ein Floß herzustellen, und arbeitete viele Stunden im Wasser; allein das dürre Holz war so wurmstichig, dass es nicht einmal eine einzelne Person tragen konnte. Ich hatte damals noch gar keine Ahnung von den vielen Alligatoren im Zouga und denke niemals an jene Arbeit im Wasser, ohne Gott herzlich dafür zu danken, dass ich ihrem Rachen entging. Die Jahreszeit war schon weit vorgeschritten, und da Oswell mit seiner gewohnten Großmut sich sofort aus freien Stücken erbot, nach dem Kap hinunterzureisen und ein Boot heraufzubringen, so beschlossen wir, uns wieder auf den Heimweg nach dem Süden zu machen.


Livingstone am Ngamisee

Als wir den Zouga hinunterfuhren, hatten wir vollauf Zeit, uns seine Ufer zu betrachten. Sie sind sehr schön und gleichen auffallend manchen Stellen am Clydefluss oberhalb von Glasgow. Sie bestehen aus weichem Kalktuff, der überhaupt den Boden dieses ganzen Beckens bildet. Die Ufer sind an derjenigen Seite, nach welcher sich das Wasser wendet, senkrecht – an der anderen bilden sie eine grasige Böschung. An diesen Letzteren bringen die Bayeiye die Gruben an, in welchen sie die wilden Tiere fangen, wenn sie trinken wollen. Zwei ungeheure Baobab-Bäume oder Mowanas stehen nahe an der Mündung des Zouga in den See, wo wir die geografische Breite (20° 20′ südlich) berechneten. Die Länge des Sees vermochten wir nicht zu bestimmen, da unsere Uhren nicht richtig gingen; sie mag zwischen 22° und 23° östlicher Länge betragen.

Wir fanden Elefanten in erstaunlicher Menge am südlichen Ufer. Sie kommen nachts zur Tränke, und wenn sie ihren Durst gelöscht haben, wobei sie eine reichliche Quantität Wasser über sich gießen und vor Vergnügen laut aufschreien, laufen sie aus Furcht vor den Fallen in gerader Linie nach der Wüste und geben diese Richtung nicht eher auf, als bis sie 7 oder 8 Meilen vom Fluss entfernt sind. Sie sind hier kleiner als in den südlicheren Gegenden. Am Limpopo z. B. waren sie mehr als 12 Fuß hoch; hier nur 11, und weiter nach Norden gar nur 9 Fuß hoch. Die Kudu oder Tolo schienen ebenfalls kleiner zu sein als diejenigen, welche wir bisher gewöhnlich sahen. Wir entdeckten eine ganz neue Antilopen-Art, die sogenannten Letsche oder Letschwi. Es ist eine schöne Wasserantilope von hellbraungelber Farbe.

Bei unserer Rückkehr zu den Bakurutse fanden wir, dass ihre Fischerkähne nur zusammengeschnürte große Schilfbündel waren. Ein derartiger Kahn würde einen sehr brauchbaren Ponton abgeben, um ohne Vorbereitung viele über jeden Fluss zu setzen, welcher schilfreiche Ufer hat.

Nach meiner Rückkehr nach Kolobeng blieb ich daselbst bis zum April 1850 und reiste dann in Begleitung meiner Frau, meiner drei Kinder und des Häuptlings Setschele, welcher sich jetzt einen eigenen Wagen gekauft hatte, aufs Neue ab, um den Zouga an seinem unteren Ende zu überschreiten, dann auf seinem nördlichen Ufer bis zur Mündung des Tamunakle hinaufzugehen, hierauf diesem Fluss zu folgen und Sebituane im Norden einen Besuch abzustatten. Sekomi hatte Weisungen erteilt, die Brunnen zu verschütten, welche wir mit so großer Mühe in Serotli gegraben hatten; darum nahmen wir unseren Weg mehr östlich durch die Stadt der Bamangwato und zu Letlotsche. Dieser Häuptling fragte mich, warum ich ihn auf unseren früheren Reisen vermieden habe. Ich erwiderte ihm, dies sei einfach deshalb geschehen, weil ich mich nicht habe mit ihm zanken wollen. – »Je nun«, gab er mir zur Antwort, »du hast mich also besiegt, und ich bin zufrieden.«


Die neu entdeckte Wasserantilope

Wir verabschiedeten uns von Setschele an der Furt, da er durchaus Letschulatebe besuchen wollte, und zogen auf dem nördlichen holzreichen Ufer des Zouga mit großer Mühe vorwärts, da wir viele Bäume niederhauen mussten, um eine Bahn für die Wagen herzustellen. Auch erlitten wir große Verluste an Ochsen, welche in Fanggruben fielen. Die Bayeiye deckten freundlich ihre Gruben auf, als sie unsere Ankunft vernahmen; allein wenn dies nicht geschah, konnten wir es niemandem zum Vorwurf machen, wenn ein althergebrachter Landesbrauch unseren Interessen zuwider war. Als wir uns der Mündung des Tamunakle näherten, vernahmen wir, dass die sogenannte Tsetse-Fliege an seinen Ufern in Menge vorhanden sei. Dies war ein Hindernis, auf welches wir in keiner Weise vorbereitet waren; und da es uns unter Umständen hätte zwingen können, unsere Wagen in der Wildnis zurückzulassen, wo keine Nahrungsmittel für die Kinder zu bekommen waren, so sahen wir uns mit Widerstreben genötigt, noch einmal auf das andere Ufer des Zouga überzusetzen.

Setschele bot bei Letschulatebe seine ganze Beredsamkeit auf, um ihn zu bewegen, uns Führer zu leihen, damit ich »zu Ochs« Sebituane einen Besuch abstatten könnte, während meine Frau mit den Kindern am Ngami-See zurückblieb. Endlich gab Letschulatebe nach. Ich hatte eine ausgezeichnete Flinte, Londoner Fabrikat, ein Geschenk von Lieutenant Arkwright, auf welches ich den größten Wert legte, sowohl um des Gebers willen als auch wegen der Unmöglichkeit, mir wieder eine ähnliche Waffe zu verschaffen. Letschulatehe trug heftiges Verlangen danach und bot mir dafür so viele Elefantenzähne, wie ich nur immer wünschte. Ich selbst hatte eine wahre Sehnsucht nach Sebituane, und da er mir noch überdies versprach, während der ganzen Zeit unserer Abwesenheit meine Frau mit Fleisch zu versorgen, so veranlasste mich sein Drängen endlich, ihm die Flinte zu überlassen. Obschon Letschulatebe jetzt kein Elfenbein hatte, so sah ich doch ein, das Gewehr wäre unter solchen Bedingungen gut angewandt, und händigte es ihm ein. Als alles zu meiner Abreise fertig war, nahm ich meine Frau ungefähr 6 Meilen weit von der Stadt aus mit mir, um ihr doch auch den Anblick des breiten Teils des Sees zu verschaffen. Am nächsten Morgen aber hatten wir dringendere Dinge zu besorgen, als voneinander zu scheiden, denn unsere Kinder hatten das Fieber bekommen. Am folgenden Tag legten sich auch alle unsere Dienstboten mit derselben Krankheit nieder, und da in derartigen Fällen nichts besser ist als eine Luftveränderung, so war ich genötigt, für dieses Jahr die Hoffnung, Sebituane zu sehen, aufzugeben. Ich ließ also mein Gewehr als Abschlagszahlung für die Führer im künftigen Jahre, und wir brachen auf, um die reine Luft der Wüste aufzusuchen.

Als mein zweiter Versuch, zu Sebituane zu gelangen, vereitelt war, kehrten wir wieder nach Kolobeng zurück, wohin uns bald eine Anzahl Boten von diesem Häuptling selbst folgten. Sobald er nämlich von unseren Versuchen, zu ihm zu kommen, gehört hatte, sandte er drei Abteilungen seiner Leute mit dreizehn braunen Kühen an Letschulatebe, mit dreizehn weißen Kühen an Sekomi und dreizehn schwarzen an Setschele ab, mit der Bitte an jeden, sie möchten den weißen Männern behilflich sein, zu ihm zu gelangen. Ihre Politik war jedoch, ihn ganz unberücksichtigt zu lassen und als seine Agenten zu handeln, von welchen er mit seinem Elfenbein kaufen musste, wessen er bedurfte. Dies ist ganz afrikanisch; und da dieser Kontinent keine Meerengen und Meeresarme hat, so sind die Stämme im Inneren stets von dem Verkehr mit Europäern ausgeschlossen gewesen, weil dieser sich allgemein nur auf die an den Küsten wohnenden Völkerschaften erstreckte.

Bevor wir unsere dritte Reise zu Sebituane antraten, war es notwendig, Kuruman zu besuchen; und da Setschele um des Gewinnes willen sehr viel daran lag, das Elfenbein dieses Häuptlings in seine eigene Hand zu bekommen, so erlaubte er allen Boten, noch vor unserer Rückkehr abzureisen. Sekomi war jedoch ungewöhnlich gnädig und versorgte uns sogar mit einem Führer, allein niemand kannte den Weg jenseits Nrschokotsa, welchen wir einschlagen wollten. Als wir diesen Ort erreichten, fanden wir, dass die Schlagfeder an der Flinte eines seiner Leute; welcher mit den Buschmännern der Gegend, die wir passieren mussten, wohl bekannt war, zerbrochen war. Niemals übernahm ich die Reparatur eines Gewehrs mit größerer Bereitwilligkeit, als in diesem Falle, denn der Besitzer dieses Gewehrs versprach als Lohn für die Ausbesserung uns den Weg zu zeigen, und unter seiner Führung wandten wir uns nun nach Norden, anstatt westwärts. Alle übrigen Führer wurden von Oswell aufs Freigebigste belohnt.

Wir passierten schnell eine harte, vollkommen flache Gegend. Auf einer Ausdehnung von mehreren Hundert Meilen liegt nur wenig Humus auf Kalktuff, auf welchem schönes, süßes, kurzes Gras sowie Mopane- und Baobab-Bäume wachsen. An mehreren Stellen fanden wir große Salzpfannen, wovon die eine, Ntwetwe, 15 englische Meilen breit und 100 Meilen lang ist. Die Breite hätte an ihrem Horizont ebenso gut aufgenommen werden können als auf dem Meere.

Obschon diese interessanten Punkte vollkommen eben zu sein scheinen, so fallen doch alle in dieser Richtung liegenden sanft nach Nordost ab; und dorthin gravitiert auch allmählich das Regenwasser, welches sie bisweilen bedeckt. Dies ist, wie man sich erinnern wird, die Richtung des Zouga. Das ganze in dem Wasser aufgelöste Salz ist auf diese Weise in eine einzige Pfanne geschafft worden, welche in dieser Richtung liegt und Tschuantsa heißt; daher findet man auf ihr auch eine 1½ Zoll dicke Ablagerung von Salz und Kalk.

Einer der Buschmänner, namens Schobo, ließ sich bereitfinden, uns als Führer bis zu dem Land Sebituanes zu dienen. Er machte uns keine Hoffnung, dass wir innerhalb eines Monats Wasser finden würden. Durch eine Fügung der Vorsehung gelangten wir jedoch früher, als wir erwarteten, zu einigem Vorrat von Regenwasser in einer Reihe von Tümpeln. Es lässt sich unmöglich eine Schilderung der öden trostlosen Szene entwerfen, die wir betraten, nachdem wir diesen Ort verlassen hatten. Der einzige Pflanzenwuchs war niedriges Gestrüpp in tiefem Sand. Kein Vogel und kein Insekt belebten die Landschaft. Es war ohne Ausnahme der ungastlichste Anblick, den ich jemals gehabt habe, und zu allem Unglück kam noch, dass unser Führer Schobo schon am zweiten Tag in der Irre herumlief. Wir redeten ihm in der Nacht freundlich zu, allein er lief nach allen Richtungen des Kompasses auf den Fährten von Elefanten, welche während der Regenzeit hier gewesen waren; hierauf setzte er sich auf dem Weg nieder und sagte in gebrochenem Sitschuana: »Kein Wasser, alles nur Land; – Schobo schläft; er bricht zusammen – nichts als Land«; alsdann warf er sich kaltblütig hin und schlief ein. Die Ochsen waren furchtbar ermüdet und durstig, und am Morgen des vierten Tages machte sich Schobo ganz aus dem Staub, nachdem er seine Unwissenheit in allen Dingen eingestanden hatte. Wir zogen nun in der Richtung weiter, in welcher wir ihn zuletzt gesehen hatten, und ungefähr um elf Uhr sahen wir die ersten Vögel und entdeckten dann die Fährte eines Nashorns. Bei diesem Anblick spannten wir die Ochsen aus, welche, wie es schien, das Zeichen verstanden und sogleich davonliefen, um das Wasser in dem Fluss Mababe aufzusuchen, welcher vom Tamunak’le kommt und von uns aus nach Westen hin lag. Der Wasservorrat in den Wagen war durch einen unserer Dienstleute vergeudet worden, und am Nachmittag blieb uns nur noch ein kleiner Teil für die Kinder. Dies brachte uns eine bitter ängstliche Nacht, und je weniger wir am anderen Morgen Wasser hatten, desto durstiger wurden die Kinder. Der Gedanke, dass sie vor unseren Augen verschmachten könnten, war entsetzlich. Es wäre mir fast ein Trost gewesen, wenn mir jemand den Vorwurf gemacht hätte, dass ich die alleinige Ursache dieser Katastrophe sei; allein die Mutter der Kleinen äußerte auch nicht ein Wort des Tadels, obschon ihr tränenvolles Auge hinlänglich den Schmerz in ihrem Inneren bekundete. Am Nachmittag des fünften Tages endlich kehrten zu unserem unaussprechlichen Trost einige unserer Leute mit einem Vorrat von Wasser zurück, dessen wirklichen Wert wir nie zuvor gefühlt hatten.

Das Vieh war auf dem Weg zum Wasser des Mahabe wahrscheinlich durch ein kleines Gehölz von Bäumen gekommen, wo es Tsetse-Fliegen gab – ein Insekt, welches binnen Kurzem für uns eine wahre Pest werden sollte. Schobo hatte den Weg zu den Bayeiye gefunden und erschien, als wir nach dem Fluss hinaufkamen, an der Spitze einer Anzahl Leute. Um sich nun vor seinen Bekannten ein Ansehen zu geben, schritt er kühn auf uns zu, hieß unseren ganzen Zug haltmachen und sofort Feuer und Tabak herbeischaffen, worauf er kaltblütig sich niederhockte und seine Pfeife rauchte. Es war eine solch unnachahmlich natürliche Art zu prahlen, dass wir alle stehen blieben, um sein Betragen zu bewundern; und obschon er uns zuvor im Stich gelassen hatte, so waren wir doch alle dem Schobo gewogen, als einem prächtigen Repräsentanten jenes wundersamen Volksstammes der Buschmänner.

Die Makololo, welche wir am Tschobe trafen, waren sehr erfreut, uns zu sehen; und da sich ihr Häuptling Sebituane ungefähr 20 englische Meilen weiter stromabwärts aufhielt, so fuhren Oswell und ich nach seiner zeitweiligen Residenz. Er war aus der Barotse-Stadt Naliele nach Sescheke herabgekommen, sobald er die Ankunft von Weißen, die ihn besuchen wollten, vernommen hatte, und war uns nun noch 100 Meilen weiter entgegengereist, um uns in seinem Land willkommen zu heißen. Er befand sich gerade auf einer Insel, die Vornehmsten seiner Leute um ihn her, sämtlich singend. Ihr Gesang klang mehr wie Kirchenmusik als der Singsang e, e, e, ä, ä, ä der Betschuanen im Süden; sie sangen noch einige Sekunden fort, nachdem wir schon zu ihnen getreten waren. Wir schilderten Sebituane die Schwierigkeiten, welche wir gehabt hatten, und wie froh wir wären, dass diese nun überstanden seien, nachdem wir endlich bei ihm angelangt seien. Er beteuerte uns seine eigene Freude und setzte hinzu: »Euer Vieh ist sämtlich von der Tsetse gebissen worden und wird gewiss sterben; doch gleichviel! Ich habe Ochsen und will Euch geben, so viel ihr bedürft.« In unserer Unwissenheit wähnten wir damals, da nur so wenige Tsetse unser Vieh gestochen hätten, werde kein so großer Verlust folgen. Er beschenkte uns sodann mit einem Ochsen und einem Krug Honig zu unserer Nahrung und übergab uns der Fürsorge von Mahale, welcher die Gesandtschaft nach Kolobeng angeführt hatte und sich jetzt gern das alleinige Verdienst unseres Kommens beigemessen haben würde. Man gab uns als Decken für die Nacht zubereitete Ochsenhäute, die so weich waren wie Tuch; und da man diesem Häuptling nichts wieder zurückgeben darf, so fielen sie dem Mahale als Eigentum zu. Noch lange vor Tagesanbruch kam Sebituane selber zu uns, setzte sich bei dem Feuer nieder, welches für uns hinter der Hecke, wo wir lagen, angemacht worden war, und erzählte uns die Schwierigkeiten, mit welchen er einst selber hatte kämpfen müssen, da er als ein junger Mann dieselbe Wüste durchreiste. Da sein Leben höchst merkwürdig gewesen und er ohne Frage der bedeutendste Mann in diesem ganzen Land war, so wird ein kurzer Abriss seiner Lebensgeschichte dem Leser einiges Interesse darbieten.

Sebituane war ungefähr fünfundvierzig Jahre alt, hoch von Wuchs, von straffer Gestalt; seine Hautfarbe war olivgelb oder hellbraun wie Milchkaffee, sein Kopf etwas kahl; in seinem Gebaren kaltblütig und gesetzt, war er in seinen Antworten offenherziger als irgendein anderer Häuptling, den ich je getroffen hatte. Er war der größte Krieger, dessen Ruf jemals über die Kolonie hinausgedrungen war, denn im Gegensatze zu Mosilikatze, Dingaan und anderen führte er seine Leute stets persönlich ins Gefecht. Sooft er des Feindes ansichtig wurde, befühlte er die Schneide seiner Streitaxt und sagte: »Nun, sie ist scharf, und jeder, der den Feinden den Rücken zukehrt, der soll ihre Schneide fühlen.« Er war ein so behänder Läufer, dass alle seine Leute wussten, ein Feigling könne ihm nicht entrinnen, da jeder ohne Erbarmen niedergehauen werden würde. Wenn ein Krieger sich versteckte, um sich dem Kampf zu entziehen, ließ er ihn nach Hause zurückkehren; später rief er ihn zu sich und sagte: »Also du willst lieber zu Hause sterben als im Feld, nicht wahr? Du sollst deinen Willen haben.« Dies war das Signal zu seiner unverzüglichen Hinrichtung.

Sebituane kam aus dem Land in der Nähe der Quellen der Flüsse Likwa und Namagari im Süden, und wir trafen ihn also in einer Entfernung von 800–900 Meilen von seinem Geburtsort. Er war kein Häuptlingssohn, obschon mit der Familie der Herrscher der Basutu nahe verwandt, und als bei einem Angriff Sikonyeles der Stamm aus einem Landesteil vertrieben wurde, gehörte auch Sebituane zu jener ungeheuren Horde von Wilden, welche im Jahr 1824 durch die Griquas von Kuruman fortgejagt wurden. Er flüchtete damals nach Norden mit einer unbedeutenden Anzahl Leute und Vieh. Zu Melita riefen die Bangwaketse die Bakuena, Bakatla und Bahurutse zusammen, um »sie aufzufressen«. Er stellte seine Leute vorne ins Treffen und die Weiber hinter das Vieh und schlug die ganze Schar seiner Feinde mit einem einzigen Streich. Nachdem er auf diese Weise Makabe, den Häuptling der Bangwaketse, besiegt hatte, nahm er sogleich von seiner Stadt und seiner ganzen Habe Besitz.

Sebituane ließ sich nachher in Litubaruba nieder, wo Setschele noch wohnt, und seine Leute erlitten schwere Verluste in einem jener, nicht durch die Geschichte verewigten Überfälle der Weißen, in welchen Metzeleien begangen werden und das Gewissen durch Frevel aller Art für den Tag künftiger Rechenschaft belastet wird.

Schicksale der verschiedensten Art stießen ihm im nördlichen Teil des Betschuanenlandes zu; zweimal büßte er all sein Vieh durch die Überfälle der Matebele ein, allein stets gelang es ihm, seine Leute beisammen zu behalten, und er holte sich mehr wieder, als er verloren hatte. Er durchreiste damals die Wüste beinahe auf demselben Weg, welchen wir zurückgelegt hatten. Er hatte einen Führer gepresst, und da man bei Nacht reisen musste, um Wasser zu erreichen, so machte der Führer sich dieses zunutze und entwischte ihm. Nachdem sie bis zum Morgen marschiert und vermeintlich der rechten Richtung gefolgt waren, fanden sie sich wieder auf der Fährte, der sie am Tag zuvor gefolgt waren. Vieles Vieh entlief ihm, vom Durst toll gemacht, und kehrte nach Serotli zurück, welches damals noch ein großes Wasserbecken war, und nach Maschue und Lopepe, den Wohnplätzen ihrer ursprünglichen Besitzer. Er versah sich wieder mit Vieh unter den Batletli, am See Kumadau. Er eroberte das ganze Land um den See her und hörte dabei von weißen Männern, welche an der Westküste leben sollten; da trieb ihn der Wunsch, mit dem weißen Mann in Verkehr zu treten – ein Wunsch, der ihn sein ganzes Leben hindurch begleitete –, abermals weiter nach Südwesten, in jene Gegenden, welche neuerdings durch Galton und Andersson erschlossen worden sind. Dort kamen er und seine Begleiter, vom Durst unaussprechlich gequält, zu einem kleinen Brunnen, und Sebituane entschied, dass hier die Menschen und nicht das Vieh trinken sollten, denn die Ersteren seien vom größten Wert, da sie sich anderes Vieh verschaffen könnten, falls ihr jetziges verloren gehen sollte. Am Morgen fanden sie, dass ihnen ihr Vieh zu den Damaras entlaufen war.

Sebituane kehrte nun ärmer als bei seinem Aufbruch um, zog am Teoughe aufwärts bis zum Hügel Soriba, und dann durch eine sumpfige Gegend nach Osten. Nachdem er seine Wanderung bis zu dem tief liegenden Becken des Leeambye fortgesetzt hatte, bemerkte er, dass es für ein Hirtenvolk, wie sein Stamm war, keinen Aufenthalt gewähre, und zog daher an diesem Fluss hinab unter die Baschubia und Batoka, welche damals auf dem höchsten Punkt ihres Ruhmes standen. Er war fortwährend genötigt, die verschiedenen Stämme anzugreifen, und noch bis auf den heutigen Tag rechtfertigen seine Leute jede Maßregel, die er getroffen hatte, als vollkommen gerecht und billig. Die Batoka wohnten auf großen Inseln im Leeambye oder Zambesi; und da sie sich in diesen Festungen ganz sicher fühlten, so lockten sie oft flüchtige oder wandernde Stämme dorthin auf unbewohnte Eilande unter dem Vorwand, sie über den Fluss setzen zu wollen, und ließen sie dort umkommen, um sich ihrer Habe zu bemächtigen. Sekomi, der Häuptling der Bamangwato, war in seinen Kinderjahren von demselben Schicksal bedroht gewesen; allein ein Mann, der noch am Leben ist, fühlte Mitleid mit ihm und ermöglichte es seiner Mutter, nachts mit ihm zu entfliehen. Der Strom ist so breit, dass selbst das schärfste Auge nicht imstande ist, den Unterschied zwischen einer Insel und einer Krümmung des gegenüberliegenden Ufers anzugeben. Allein Sebituane mit seiner gewohnten Vorsicht bat den Häuptling der Insel, welcher ihn über den Strom setzte, seinen Sitz bei ihm im Kahn einzunehmen, und hielt ihn an seiner Seite fest, bis seine Mannschaft und all sein Vieh wohlbehalten gelandet waren. Das ganze Batokaland war damals dicht bevölkert, und es herrschte unter ihnen der sonderbare Brauch, ihre Dörfer mit den Schädeln von Fremden zu verzieren. Als Sebituane in der Nähe der großen Wasserfälle des Zambesi erschien, sammelte sich ein gewaltiges Heer, um Trophäen aus den Schädeln der Makololo zu machen; allein dies glückte ihnen nicht nur nicht, sondern lieferte Sebituane einen willkommenen Vorwand, sie anzugreifen, wobei er so viel Hornvieh erbeutete, dass seine Leute sich gar nicht um die Schafe und Ziegen kümmern konnten. Er überzog nun sämtliche Hochebenen bis nach Kafue und ließ sich in einem Hirtenland nieder, wo der Boden leicht wellenförmige Ebenen mit kurzem Graswuchs und nur wenig Wald bildet. Die Makololo haben ihre Anhänglichkeit an diese schöne gesunde Gegend auch niemals wieder verloren.

Allein die Matebele, ein Kaffer- oder Zulu-Stamm, setzten unter Mosilikatze über den Zambesi, griffen Sebituane an und nahmen ihm Vieh und Weiber weg. Er sammelte jedoch seine Mannschaft von Neuem, zog ihnen nach und jagte ihnen alles wieder ab. Ein neuer Angriff wurde gleichfalls zurückgeschlagen, und Sebituane gedachte, den Zambesi weiter hinabzugehen nach dem Land der Weißen. Er hatte eine Idee – woher sie ihm gekommen war, konnte ich niemals erfahren –, dass er in Frieden leben könnte, wenn er eine Kanone hätte. Er hatte ein kriegerisches Leben geführt, und doch sehnte sich anscheinend niemand mehr nach Frieden als er.

Sebituane hatte nicht allein alle schwarzen Stämme auf einem ungeheuren Landstrich bezwungen, sondern sich selbst dem schrecklichen Mosilikatze furchtbar gemacht. Er konnte jedoch diesem blutdürstigen Häuptling niemals trauen, und da die Batoka auf den Inseln sich das Vergehen hatten zuschulden kommen lassen, seine Feinde über den Zambesi zu setzen, so überzog er sie plötzlich mit Krieg und vertrieb sie alle aus ihren Inselfesten. Ohne sein Wissen und Wollen leistete er hierdurch dem Land einen guten Dienst, indem er das alte System, welches die Ausbreitung des Handelsverkehrs nach dem großen Zentraltal hemmte, völlig vernichtete. Von den Häuptlingen, welche entronnen waren, sagte er: »Sie lieben Mosilikatze; lasst sie nur bei ihm wohnen: Der Zambesi ist meine Verteidigungslinie«; und längs demselben wurden überall Krieger als Schildwachen aufgestellt. Als er von unserem Wunsch, ihn zu besuchen, hörte, tat er alles, was in seinen Kräften stand, um unsere Hinreise zu unterstützen und zu fördern. Setschele, Sekomi und Letschulatebe verdankten seiner Milde ihr Leben, und der Letztere hätte um ein Haar die Hindernisse, welche er uns in den Weg gelegt, schwer büßen müssen. Sebituane wusste alles, was im ganzen Land vorging, denn er verstand sich auf die Kunst, die Zuneigung sowohl seines eigenen Volkes als die der Fremden sich zu erwerben. Sooft ein Trupp armer Leute nach seiner Stadt kam, um ihre Häute oder Hacken zu verkaufen, so plump sie auch waren, so lernte er sie bald alle kennen. Eine Gesellschaft dieser armen Fremdlinge, welche von den vornehmeren Makololo getrennt um ihren Häuptling herumsitzen, würde sehr überrascht gewesen sein, wenn er allein gekommen wäre, sich zu ihnen gesetzt und sie gefragt hätte, ob sie hungrig seien. Er pflegte gewöhnlich einen Begleiter mit Mehl, Milch und Honig zu schicken, mischte diese drei Speisen in ihrer Gegenwart untereinander, um ihnen jeden Argwohn zu nehmen, und setzte ihnen ein königliches Gericht – vielleicht das erste in ihrem ganzen Leben – vor. Unaussprechlich entzückt von seiner Leutseligkeit und Freigebigkeit, schlossen sie sich an ihn an und erteilten ihm jede Auskunft, welche sie nur zu geben imstande waren; und da er nie eine Gesellschaft Fremder von dannen ziehen ließ, ohne jedem von ihnen, bis auf den letzten Diener herab, ein Geschenk zu reichen, so wurde sein Lob nah und fern verkündigt und ausgebreitet. »Er hat ein Herz, er ist weise!«, hörten wir gewöhnlich von ihm sagen, ehe wir ihn noch sahen.

Der Beweis von Vertrauen, welchen wir ihm dadurch gegeben hatten, dass wir unsere Kinder mitbrachten, erfreute ihn sehr, und er versprach, uns mitzunehmen und uns sein Land zu zeigen, damit wir uns selber einen Ort für unsere künftige Niederlassung wählen könnten. Unser Plan ging dahin: Ich sollte dableiben und meinen Zweck als Missionar verfolgen, während Oswell den Zambesi nach Osten hin erforschte. Der arme Sebituane aber hatte kaum seinen so lange gehegten heißen Wunsch in Erfüllung gehen sehen, als er an einer Lungenentzündung erkrankte, welche von einer alten, in Melita erhaltenen Wunde herrührte. Ich sah die Gefahr, in welcher er schwebte; da ich aber ein Fremder war, fürchtete ich mich, ihn in ärztliche Behandlung zu nehmen, um im Fall seines Todes nicht von seinem Volk getadelt zu werden. Ich erwähnte dies gegen einen seiner Doktoren, und dieser meinte: »Deine Furcht ist klug und weise; diese Leute würden dich tadeln.« Ein Jahr zuvor war er von dieser Krankheit durch die Barotse geheilt worden, welche ihm eine Anzahl feiner Einschnitte in die Brust machten. Die Makololo dagegen ritzten ihm jetzt kaum die Haut. An dem Sonntagnachmittag, an dem er starb, besuchte ich ihn nach vollbrachtem Gottesdienst mit meinem kleinen Robert. »Komm näher«, sagte Sebituane, »und sieh, ob ich noch ein Mann bin; es ist um mich geschehen.« Er fühlte so deutlich den gefährlichen Charakter seiner Krankheit, dass ich ihn darin zu bestärken wagte und nur eine einzige Äußerung hinsichtlich der Hoffnung nach dem Tod hinzufügte. »Warum sprichst du vom Tod?«, fragte einer der neu angekommenen Doktoren; »Sebituane wird niemals sterben.« Hätte ich auf meiner Ansicht bestanden, so würde ich mich dem Argwohn ausgesetzt haben, dass ich durch weiteres Sprechen über diesen Gegenstand seinen Tod herbeiwünschte. Nachdem ich einige Zeit neben ihm gesessen und ihn der Gnade Gottes anempfohlen hatte, stand ich auf und wollte mich entfernen; da richtete sich der sterbende Häuptling so gut er konnte von seinem Lager auf, rief einen Diener herbei und sagte: »Bringe Robert zu Manuku (eines seiner Weiber) und sage ihr, sie solle ihm etwas Milch geben.« Dies waren Sebituanes letzte Worte.

Wir erfuhren seinen Tod erst am anderen Tage. Das Begräbnis eines Betschuanen-Häuptlings findet in seiner Viehhürde statt, und sein sämtliches Vieh wird eine oder zwei Stunden lang um das Grab herum und über dasselbe hinweggetrieben, sodass es ganz unkenntlich gemacht und vertilgt wird. Wir gingen nun zu seinen Leuten, sprachen mit ihnen und gaben ihnen den Rat, zusammenzuhalten und den Erben zu unterstützen. Dies nahmen sie freundlich auf und baten uns dagegen, außer Sorgen zu sein, denn es falle ihnen nicht ein, den Tod ihres Häuptlings uns beizumessen; Sebituane sei eben nur den Weg seiner Väter gegangen; und obschon der Vater nun verschieden sei, habe er doch Kinder hinterlassen, gegen welche wir hoffentlich ebenso freundlich sein würden, wie wir es gegen ihn gewesen seien.

Sebituane war entschieden der beste eingeborene Häuptling, den ich jemals kennenlernte. Nie zuvor war mir der Tod eines schwarzen Mannes so nahegegangen, und ich musste ihm unwillkürlich mit meinen Gedanken in jene andere Welt folgen, von welcher er erst in dem Augenblick gehört hatte, als er aus dem Leben abgerufen wurde; ich fühlte unwillkürlich die Empfindungen derjenigen, welche für die Toten beten. Die tiefe dunkle Frage, was aus einem Mann wie Sebituane nach dem Tod werden möge, müssen wir übrigens unerörtert lassen und uns dem Glauben hingeben, dass der Richter der Welt gewiss recht tun wird.

Mit Sebituanes Tod ging, nach ihres Vaters eigener Absicht, die Häuptlingsstelle auf eine Tochter namens Mawotschisane über. Er hatte seiner Zusage gemäß uns sein Land zeigen und uns eine passende Örtlichkeit zu unserem künftigen Wohnplatz wählen lassen wollen. Wir hatten uns nun an die Tochter zu halten, welche zwölf Tagereisen nordwärts, zu Naliele, wohnte. Daher mussten wir hier bleiben, bis eine Botschaft von ihr kam; und als diese endlich eintraf, gab sie uns unbeschränkte Erlaubnis, jeden beliebigen Teil des Landes zu besuchen. Oswell und ich setzten also unsere Reise 130 Meilen weiter nach Nordosten bis nach Sescheke fort; und Ende Juni 1851 sahen wir uns durch die Entdeckung des Zambesi, im Zentrum des Kontinents, belohnt.

Das Land, welches wir vom Tschobe aus durchreist hatten, war vollkommen flach, diejenigen Stellen ausgenommen, an welchen große Ameisenhaufen oder die Überreste von solchen standen, welche immer noch Erdhaufen von einigen Fuß Höhe bildeten. Diese sind mit wilden Datteln und Palmyra-Palmen bedeckt, an einigen Punkten finden sich auch Mimosen- und Mopane-Wälder. Die Gegend zwischen dem Tschobe und Zambesi wird von Zeit zu Zeit unter Wasser gesetzt, und man trifft häufig große Strecken Sumpf in der Nähe des Tschobe oder an seinen Ufern. Die Makololo bewohnten diese Sumpfgegend, da ihnen das tiefe Schilf Schutz vor ihren Feinden gewährte.

Obwohl ich jetzt nach einer passenden Örtlichkeit zu einer Niederlassung suchte, konnte ich es doch mit meinem Gewissen nicht verantworten, sie zu veranlassen, lediglich um meiner Bequemlichkeit willen ihre sicheren Wohnplätze aufzugeben. Die gesünderen Bezirke boten keinen derartigen Schutz, ihre sicheren Wohnorte waren aber so nachteilig für Leben und Gesundheit, dass die ursprünglichen Eingeborenen des Landes, die Basutos, fast ganz und gar vom Fieber aufgerieben worden waren. Dieser Gefahr mochte ich jedoch meine Familie nicht aussetzen.

Da wir die ersten Weißen waren, welche den Einwohnern jemals zu Gesicht gekommen waren, hatten wir einen ungeheuren Zulauf von neugierigen Besuchern. Unter den Ersten, welche kamen, war ein angesehener Mann in einem bunten kattunenen Schlafrock. Außerdem trugen viele von den Makololo Kleidungsstücke von blauem, grünem und rotem Boy sowie von gedrucktem Kattun, und wir erfuhren auf unsere Erkundigungen, dass diese Stoffe gegen Knaben von dem Mambari-Stamm in der Nähe von Bihe eingetauscht worden waren. Dieser Stamm begann den Sklavenhandel mit Sebituane erst im Jahr 1850, und wenn uns Letschulatebe nicht gehindert hätte, sein Land zu durchreisen, so hätten wir Sebituane noch zeitig genug erreichen können, um jenen Handel noch im Entstehen zu unterdrücken. Die Mambari besuchten in früheren Zeiten den Häuptling der Barotse, welchen Sebituane bezwungen hatte, und jener verbot seinen Leuten allen Kinderhandel. Sie kamen auch nicht wieder bis zum Jahr 1850, und da sie eine Anzahl alter portugiesischer Musketen mit dem Stempel »Legitimo de Braga« hatten, von welchen Sebituane sich treffliche Dienste bei einem künftigen Einfall der Matebele versprach, so erbot er sich, diese den Mambari um Vieh oder Elfenbein abzukaufen; allein sie wollten sie nur gegen vierzehnjährige Knaben hergeben. Die Makololo erklärten, sie hätten bis dahin nie etwas vom Menschenhandel gehört und einen Abscheu davor gehabt, allein das Verlangen nach den Gewehren trug den Sieg davon, und acht alte Flinten wurden gegen ebenso viele Knaben ausgetauscht, welche jedoch nicht ihre eigenen Kinder, sondern Gefangene aus den von ihnen bezwungenen schwarzen Stämmen waren. Es ist mir in Afrika nie ein Beispiel vorgekommen, dass ein Vater sein eigenes Kind verkauft hätte. Die Makololo wurden später veranlasst, einen Streifzug gegen einige östliche Stämme zu machen, und kamen mit den Mambari überein, dass diese ihnen ihre Gewehre zum Angriff leihen sollten unter der Bedingung, denselben ihre Gefangenen zu überlassen und das erbeutete Vieh für sich selber zu behalten. Jene schleppten in dem betreffenden Jahr mindestens zweihundert Gefangene davon. Während jenes Streifzuges stießen die Makololo auf einige Araber aus Zanzibar, welche ihnen drei englische Musketen schenkten und dagegen ungefähr dreißig ihrer Gefangenen erhielten.

Als ich mit meinem Begleiter diese Verhältnisse besprach, kam uns der Gedanke, dass der Sklavenhandel unmöglich werden müsse, wenn der Markt durch ehrlichen Handel mit Erzeugnissen europäischer Manufakturen versehen würde. Es erschien uns weit ausführbarer, die Waren, gegen welche diese Völker jetzt ihre Diener hingeben, im Tausch gegen Elfenbein und andere Landeserzeugnisse abzulassen, und so den Sklavenhandel im Keime zu ersticken, als ihn erst dann unterdrücken zu wollen, wenn er größere Ausdehnung gewonnen hätte. Doch könnte dies nur durch Anlegung einer Handelsstraße von der Küste nach dem Mittelpunkt des Landes erreicht werden.

Weil keine Hoffnung vorhanden war, dass die Boers die Unterweisung der Eingeborenen in Kolobeng auf friedlichem Weg zugeben würden, so fasste ich schnell den Entschluss, meine Familie nicht länger mehr den Gefahren dieses ungesunden Landstrichs auszusetzen, sondern sie nach England zu senden und allein hierher zurückzukehren, in der Absicht, das Land zu durchforschen, einen gesunden Bezirk aufzusuchen, aus dem sich ein Mittelpunkt der Zivilisation machen ließe, und das Innere mittelst eines Weges zu erschließen, der entweder an der Ost- oder der Westküste mündete. Dieser Plan führte mich im April 1852 nach dem Kap zurück, und zum ersten Mal nach elf Jahren genoss ich wieder den Anblick zivilisierter Zustände.

Nachdem ich meine Familie an Bord eines nach dem Mutterland fahrenden Schiffes untergebracht und versprochen hatte, in zwei Jahren nachzukommen, schieden wir voneinander, freilich, wie sich später ergab, für mehr als fünf Jahre.

Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika

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