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Pablo

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Eine Schwade schlägt mir entgegen. Als ich die Tür öffne, sehe ich einen dicken braunen Schleier unter der Decke hängen und darin eingetaucht sie alle. Ixe stört es nicht, wenn man bei ihm raucht, Hauptsache, keine Kippen. Ich schaue zu ihm rüber, kann ihn kaum erkennen. Er schwebt im Dunst. Zu dir kommt man gern, sage ich. Ohne abzuwarten, ob ich etwas hinzufügen will, stellt er mir die übliche Frage. Willst du einen drehen? Klar.

Er hat das Zimmer nie umgeräumt. Ich lasse mich also auf dem kleinen, unbequemen Hocker am Couchtisch nieder, meinem Stammplatz. Ixe sitzt an seinem Schreibtisch links von der Tür, neben seinem Bett, das stets so ordentlich gemacht ist, dass man meinen könnte, er schlafe nie darin. Dabei geht er nicht oft raus. Er wartet, dass man zu ihm kommt. Er wohnt am Ortsausgang, dahinter liegt eine Wiese, dann der Wald. Es ist ruhig. Dieses Häuschen nennt er seinen Bau. Er hätte einen guten Höhlenmenschen abgegeben, sagt er oft.

Sieht nicht gut aus, dein Auge, meint Poto hinten im Zimmer zu mir. Er mischt schon die Karten. Ich antworte erst mal nicht, denke nur, dass ich diesen Deckenstrahler nicht mag, sein kaltes Licht, dann stöhne ich, Leute, ihr wart selbst da, ihr habt es gesehen, mehr gibt es nicht zu sagen. Ist nicht um viel gegangen, meint er, und ich erwidere, es sei kein Spiel. Sie sollten mal lieber halblang machen mit den Aufmunterungen, fügt Sucré hinzu, der sich neben Poto gesetzt hat.

Bei Ixe läuft immer Musik. Poto stört das nicht, er verbringt seine Zeit damit, die Rhymes der Sänger zu zerpflücken, die wir hören. Er bittet Ixe, das Lied noch einmal abzuspielen, wegen eines mehrsilbigen Rhymes, den er gehört haben will. Hört mal hin, Jungs, habt ihr’s gecheckt, den Rhyme auf a-i-eu, nein, antworte ich, hab nicht aufgepasst. Sucré nickt, während Ixe, über seinen Schreibtisch gebeugt, nichts sagt. Er macht sich daran, eine Platte zu teilen. Sie liegt auf einem Tranchierbrett, das Metzgermesser daneben. Brauchst du ein Piece, Jonas?, fragt er mich. Okay, sage ich, gib mir ’n Fünfundzwanziger, wie immer. Ich muss brüllen, damit er mich versteht. Jeder hat seine eigene Technik, um ein Stück von dieser Größe zu schneiden. Die besonders Vorsichtigen erhitzen die Klinge. Ein anderer Kumpel, der Untel heißt und mit Shit dealt, steckt die Platte glatt in die Mikrowelle. Ixe nimmt den Föhn.

Zigarettenpapier, Shit, eine Kippe. Das legt Ixe mir auf den Tisch, weil es ihm zu lange dauert, bis ich in die Gänge komme. 1-a-Stoff, wirft er mir zu, man braucht nicht viel. Das sagt er immer, er kennt mich. Ich will nicht so schnell ausgeknockt werden. Ich schiele mit meinem geschwollenen Auge zu ihm hinüber, er hat rote Augen, ist nicht mehr ganz frisch. Als ich ihm das sage, lacht er, während er gleichzeitig seine Augenringe reibt. Jetzt ist mir klar, warum ich nicht so viel reintun soll.

Also, spielen wir jetzt, oder was? Poto ist heiß darauf. Warte, ich dreh noch, und lass mich vorher mal dran ziehen, damit ich fit werde. He, Ixe, stell die Musik leiser, mir brummt der Schädel. Poto kündigt an, er werde mich beim Kartenspiel abziehen, und plötzlich höre ich eigenartigerweise seine Stimme sehr deutlich. Ich lache, während ich mit der Zigarette auf meinen Daumennagel klopfe. Dadurch klopfe ich meinen Marokk gut fest, jenes Stück der Kippe, das als Filter dienen soll. So ist es milder, angenehmer zu rauchen als mit einem Filtertip, der gar nichts filtert, denn er ist ja nur ein Stück gerollter Karton. Als ich jünger war, hielt ich Marokkraucher für Weicheier. Es war mir unbegreiflich, dass man da etwas mildern wollte. Heute ist es kein Fest mehr. Vom Filtertip zum Marokk umzusteigen heißt, ein wenig reifer zu werden.

Was ist das für ein Stoff?, frage ich Ixe. Harziger Schwarzer, wie du ihn magst, antwortet er. Oha, sage ich, und dann ziehe ich ihn kurz durch eine kleine Flamme, bevor ich ihn unter meine Nase halte. Der Stoff duftet gut. Normalerweise zerbröselt man den Shit, erwärmt und zerreibt ihn. Mit diesem geht das nicht, er ist zu klebrig. Darum knete ich ihn zu einer Kugel, die ich mit der Spitze eines herumliegenden Bleistifts aufspieße und ins Feuer halte. Wenn er gut ist, brodelt er. Das Ganze dauert drei Sekunden. Mit Tabak vermischt schmilzt der Shit, legt sich auf jeden Krümel, Tabak und Shit verbinden sich. Als würde beim Mischen eines Kartenspiels der Stapel zu einer einzigen Karte werden. Der Shit zwischen den Fingern ist geschmeidig. Er riecht gut. Poto meint, es sei nicht gut, den Stoff so anzusengen, weil die Verbrennung den Wirkstoff freisetze. Das gilt auch für Ixe und seine bescheuerte Föhnerei, fügt er hinzu. Pass auf, erwidere ich, gleich verpasst er dir eine, und er blafft zurück, er würde gleich mir eine verpassen, wenn ich mich nicht beeilte. Poto ist immer ungeduldig. Aufgedreht. Heute Abend schimpft er nicht so viel, es geht.

Ich mische lange. Brauche immer eine Ewigkeit für einen Joint. Einen schludrig gedrehten Joint finde ich vulgär. Als würde man guten Wein aus einem Wasserglas trinken. Ich werde häufig darauf angesprochen und antworte immer dasselbe, ihr seid Ferkel, ihr habt vor nichts Respekt. Poto mischt die Spielkarten seit fünf Minuten so intensiv, dass es mich nicht wundern würde, wenn sie wieder nach Farben geordnet wären. Er kündigt an, eine 8 zu ziehen, und dreht die erste Karte auf dem Stapel um. Es ist ein Karokönig. Ixe kündigt eine Dame an, es ist eine 2. Sucré spielt nicht. Ich sage König und decke den Pikkönig auf. Das ist ein Zeichen, sage ich, heute zeig ich’s euch.

Ich habe das Papier angefeuchtet, den Joint gerollt. Ich klopfe ihn auf meinem Daumennagel fest. Poto beobachtet mich aufmerksam, er muss immer lachen, weil ich so viel Sorgfalt darauf verwende. Ich halte den Spliff in der linken Hand, nehme mit der rechten mein Feuerzeug und halte es beim Anzünden nach unten, damit die Flamme an der Metallummantelung des Zündsteins hochlodert. Dadurch wird das Metall heiß. Anschließend lege ich den Joint drauf, das erhitzt den Marokk. Der darin enthaltene Tabak wird weich, und wenn er wieder erkaltet, bildet er mit dem Shit ein homogenes Amalgam, sodass der Joint nicht krümelt und keine Brösel auf den Lippen oder der Zunge kleben bleiben. Dann nehme ich ihn in den Mund, zünde ihn an, nehme einen ersten Zug und richte mich auf meinem Hocker auf. Ich habe eine Fackel gedreht. Dichter weißer Rauch. Habemus papam. Sucré hebt fragend das Kinn. Jungs, ich bin so weit.

Ich habe nicht auf Ixe gehört. Habe zu viel reingepackt. Den zweiten Zug behalte ich in der Lunge und atme nicht aus. Das Zwerchfell ist gespannt, wenn ich zu schnell loslasse, bekomme ich einen Hustenanfall. Das kenne ich schon. Verziehe das Gesicht. Unglaublich, was du für eine Fresse ziehst, meint Ixe, Schnauze, antworte ich mit gepresster Stimme, denn ich kann kaum noch die Luft anhalten. Husten fördert die Wirkung von Cannabis, die kleinen Äderchen in der Kehle öffnen sich, und dann schießt es direkt ins Gehirn. Als würde man beim Gang über den roten Teppich durch die Hintertür eintreten.

Ich schlage vor, mit dem Spiel zu beginnen, denn langsam reicht es mir. Dann los, meint Sucré, recht hat er, und Poto meckert, ja, geht’s noch, wir warten schon die ganze Zeit auf dich, aber Ixe teilt mit, dass Miskine gleich kommt, also warten wir auf ihn. Ach so, er kommt auch? Ihr seid vielleicht anstrengend, sagt Poto, nachdem er die Karten ausgelegt hat. Eine 4! Nein, es war eine 8. Für mich eine 7. Die 7! Hast du ein Glück, sagt er.

Ich streiche mit der Hand über mein Gesicht. Überall Beulen. Die reinste Buckelpiste. Mein geschwollenes Lid wölbt sich über das linke Auge, ich kann damit fast nichts mehr sehen. Seine Rechte habe ich nie in den Griff bekommen. Und meine Linke war immer unten, in Höhe der Schulter. Kein Wunder. Im Auto haben wir kaum ein Wort gewechselt, aber ich erinnere mich, dass Sucré mir vorschlug, Eis daraufzulegen. Ich habe erst einmal abgewimmelt. Mit Eis auf dem Auge kann ich nicht Karten spielen. Ich will aber, dass jetzt ausgeteilt wird, jetzt sofort, dass wir spielen, die Klappe halten, rauchen.

Los, machen wir eine Partie zum Aufwärmen. Poto ist voll dabei, kurz entschlossen nimmt er Ixe das Kartenspiel aus der Hand und beginnt zu mischen wie ein Croupier, nur nicht so geschickt, wir ziehen ihn damit gern auf, deshalb teilt er gleich aus. Zur Feier nehme ich einen starken Zug. Sucré dreht sich gerade einen, bei der nächsten Partie sei er dabei, sagt er. Vier verdeckte Karten liegen vor uns, zwei unten, zwei oben. Poto legt den Kartenstoß in die Mitte des Tisches, ich schiebe ihn ein wenig zur Seite, damit wir Platz zum Spielen haben. Ixe meint, ich hätte zu viel in den Spliff gepackt, was für eine Nervensäge.

Wir schauen uns die Karten zuunterst an, nicht die, die oben liegen. 2-7. Nicht schlecht. 2-7, muss ich mir merken. 2-7. Ixe hat gegeben und sitzt rechts von mir, also beginne ich. Ich ziehe eine 7 vom Stapel. Wenn ich sie für mein Spiel gebrauchen kann, muss ich dafür eine von meinen Karten ablegen. Ich lege sie auf die andere 7, und die, die darüberlag, drehe ich um und lege sie in die Mitte. Scheiße, ein Ass. Jetzt ist Poto dran, der sie schnell nimmt und sie gegen eine seiner Karten tauscht, oben links. Das darf ich nicht aus dem Auge verlieren, wenn ich Gelegenheit zu einem Tausch habe. Gut, jetzt habe ich 2-7-7, 2-7-7. Schieb mal den Joint rüber, ich muss mir meine Karten merken. Ixe nimmt mit der Rechten eine Karte vom Stapel, während er mir mit der Linken den Joint reicht. Er scheint zufrieden mit seinem Spiel, aber er blufft gern, man muss sich vor ihm in Acht nehmen. Ich bin dran. Eine Dame. Eine Dame ist zehn Punkte wert, das ist Scheiße, deshalb werfe ich sie stöhnend in die Mitte. 2-7-7. Poto bestückt sein Spiel bei jeder Runde, er kennt jetzt seine vier Karten. Links oben hat er noch immer sein Ass. 2-7-7. Ich bin dran, hoffentlich kriege ich was Passendes aus dem Stapel. Eine 7. Nicht schlecht. Ich reihe sie oben links in mein Spiel ein und lege die 2 ab, die ich bisher dort hatte. Poto ist zufrieden, super abgelegt, meint er, gut, dass ich mich neben dich gesetzt hab, und als ich ihm sage, er solle die Klappe halten, nennt er mich einen verdammten Arschficker. Er hat für die 2 einen 10er abgeworfen, und Ixe nimmt diese zehn Punkte, also bereitet er irgendwas vor, man nimmt keinen 10er, wenn man nicht mindestens einen auf der Hand hat. Wenn ich eine gute Karte ziehe, kann ich sie abschmieren lassen. Ich bin dran. Ich ziehe ein Ass. Ich kann meine Aufregung kaum zügeln, ich werfe meine drei 7er ab und lege im gleichen Zug das Ass neben meine 2. Beide schauen mich an, als hofften sie, dass ich nicht Pablo rufe. Pablo.

Kacke!, schreit Poto, noch zwei Runden in diesem verfluchten Scheißspiel, und ich hätte dich ausgestochen. Ich lache mich schief über ihre betretenen Gesichter. Wer Pablo sagt, denkt, er sei der mit den wenigsten Punkten im Spiel. Sie müssen noch eine Runde spielen, ich nicht. Poto zieht eine 9, es kotzt ihn an. Ich habe Ass-2, also drei Punkte. Als Ixe mit der Hand nach dem Kartenstoß greift, zittere ich vor Spannung. Er blickt zu mir, wenn ich die richtige Karte ziehe, Jonas, bist du fertig. Er zieht.

Wow! Strahlend nimmt er sein Blatt und tauscht es gegen die Karte vom Stapel. Er hatte vier 10er, der Drecksack. Ich drehe meine Karten um, Ass-2, drei Punkte. Dann ist Poto dran, Ass-2-3-3, neun Punkte. Prima. Und, Ixe, was für eine Karte hast du erwischt? Er dreht die Karte um. Pikkönig. Der Kerl hat eine Null gemacht. Kommt selten vor, und natürlich musste das ausgerechnet jetzt passieren. Poto steht auf und zeigt mit zitterndem Finger auf den Stapel, hätte er den König gezogen, heult er, hätte er ihn gegen seine beiden 3er getauscht und nur drei Punkte gehabt. Hätte, hätte, Fahrradkette, hält Ixe dagegen, hab ich dir doch gesagt, dass ich das Talent gepachtet hab. Du meinst, das Glück, erwidere ich. Mit meinem vermasselten Pablo kassiere ich fünfzig Punkte. Ixe steht auf und holt ein Blatt Papier und einen Bleistift von seinem Schreibtisch, um den Spielstand zu notieren. Ich protestiere, weil es eine Aufwärmpartie sein sollte, so war es ausgemacht, und schon werde ich angeschnauzt, ich sei wohl schwul oder so. Sucré meint, Scheiße, Mann, ist heute echt nicht dein Tag. Poto ist stinkig. Teil aus!, sagt er, als suchte er Zoff mit mir. Dreh lieber einen, gebe ich zurück und lege mein Fünfundzwanziger-Piece auf den Tisch, das noch warm ist vom Föhn.

Ixe verkündet den Spielstand und bringt mich damit auf hundertachtzig: null – neun – fünfzig. Spielen wir zwölf Runden, sage ich. Sieben, beharrt Ixe. Die anderen sind auf seiner Seite. Ich kann noch so sehr drauf pochen, dass wir manchmal fünfunddreißig Runden spielen, nichts zu machen. Sie haben keine Lust zu spielen, bis das Blatt voll ist. Selbst Sucré will heute nicht so spät nach Hause. Na dann, ich hab noch sechs Runden, um zu gewinnen, geizt bloß nicht mit den Pablos, damit ich euch so richtig abzocken kann. Ich nehme die Karten, mische sie sorgfältig und spiele nicht den Croupier.

Miskine ist gekommen. Schulterrempeln, Rückenklopfen. Was geht, Alter, alles fit? Nee, hast du doch gesehen, zum Kotzen. Er geht um mich herum und begrüßt Poto und Sucré. Schulterrempeln, Rückenklopfen. Was geht? Ich setz mich wieder.

Zigarettenpapier, Shit, eine Kippe, das legt er vor mich auf den Couchtisch. Miskine hat etwas von einem Bären. Mit seiner laxen Art wirkt er unbeholfen. Man sieht ihm an, wie träge er ist, schon sich hinzusetzen kostet ihn Anstrengung, ist ihm zu viel. Ixe, das Dope, das du mir letztens besorgt hast, haut dich echt um, ich schwör’s, wenn ich das mittags rauche, ist der Tag gelaufen, ich schlaf um zwei ein und wach um acht wieder auf, ich schwör’s. Er redet laut. Er redet laut, dann hält er inne. Mitleidig wendet er sich zu mir. Verloren, Jonas? Ich deute auf mein rechtes Auge, jep, hast du mich schon mal so zugerichtet gesehen? Er sagt, nee, und ich, eben. Du solltest Eis drauftun, meint Sucré, Ixe gibt Sucré recht, Poto sagt, ja, definitiv, und ich, Quatsch, spielen wir jetzt oder was.

Offenbar hat sich Miskine mit Untel auf ein Bizness eingelassen, das nicht so lief, wie sie es sich erhofft hatten, jetzt braucht er Ixe, damit er ihm aus der Patsche hilft. Ixe ist darüber nicht entzückt. Wenn sie über ihre Deals sprechen, höre ich weg. Nicht nur, dass es mich nicht interessiert, es ist auch besser, nicht zu viel zu wissen, wenn man mit solchen Jungs rumhängt. Dabei sind sie nicht mal große Fische. Ixe tut es für die Familie, die Entourage. Er nutzt die Gelegenheiten, die sich bieten. Ein Typ, der im Hintergrund bleibt. Miskine dagegen hätte gerne mehr Gewicht. Aber er ist ein Maulheld, eine kleine Nummer. Der Großdealer ist Untel. Wir alle kreisen um ihn. Satelliten.

Ich nehme mein Piece. Meinen Joint habe ich abbrennen lassen und es nicht einmal gemerkt. Ich frage Ixe, ob er mein Feuerzeug eingesteckt hat, aber er hört mich nicht, denn er ist zu sehr auf Miskine konzentriert, der ihn mit seinen Geschichten volllabert. Poto hat seinen Joint fertig gedreht und zündet ihn an. Und sonst, was gibt’s Neues?, frage ich Poto. Er sagt, nichts Umwerfendes, er findet keinen Job, reißt sich aber auch kein Bein aus bei der Suche. Nach der Reifenfabrik bekommt er noch drei oder vier Monate Stütze, er hat es also nicht eilig, genießt es ein wenig. Und sonst, haste was zum Poppen?, frage ich und bringe Sucré damit zum Lachen, denn die Frage ist nicht von mir, sondern typisch für einen unserer Homies. Poto streicht sich mit der Hand über seinen rasierten Schädel. Tote Hose, ich sitz auf dem Trockenen. Ich habe nicht wirklich mit einer anderen Antwort gerechnet. Was ist denn dein Frauentyp, auf welche stehst du?, frage ich. Auf jede, die hinter einem Schalter steht, antwortet er. Warum das? Weil sie da wenigstens eingeklemmt ist. Ich lache, während ich die Kippe auf meinen Nagel klopfe. Und was ist mit der Kleinen, die du gedatet hast, eine Zeitlang sah man dich gar nicht mehr. Sie ist abgezwitschert, sagt er, sie wollte kein Fuck-Buddy sein, aber du wirst sehen, Jonas, die wird sich noch die Finger nach mir wund reiben, bis sie sich selbst keinen mehr in die Möse stecken kann. Ich lache. Und du, fragt er, hast du was am Laufen? Lassen wir das Thema, seufze ich, darüber schweige ich lieber.

Poto reicht mir seinen Joint, damit ich ihn an Ixe weitergebe, ich nehme einen Zug, verzollen heißt das. Miskine hält mir den Stummel des Joints hin, den er bei seiner Ankunft geraucht hat, um sich einen neuen zu drehen, nein danke, rauch ihn doch selber, ich dreh mir einen.

Ixe schnappt sich den Stapel, mischt die Karten grob und teilt aus. Ich bin mit dem Drehen noch nicht fertig, aber ich beeile mich. Okay, wie war der Stand, fragt Ixe. Null – neun – fünfzig. Ich spiel dann mal mit, sagt Sucré und richtet sich auf, und ich sage, jep! Wir fangen also wieder bei null an, und Poto sagt, Glück gehabt, Alter. Miskine erkundigt sich, was gespielt wird, Pablo, antwortet Ixe. Er sieht mich fragend an, ein schneller Blickwechsel, obwohl es mich nervt, erkläre ich ihm, dass es ein Spiel sei, bei dem man versucht, möglichst wenig Punkte zu machen, dass man zu Beginn nur zwei von seinen vier Karten kennt, dass man eine Karte vom Stapel nimmt, wenn man an der Reihe ist, und wenn man eine 7 zieht, darf man eine Karte seines eigenen Blatts ansehen, mit einer 8 darf man tauschen, jedoch ohne die Karten vorher anzusehen, und mit einer 9 darf man eine Karte vom Blatt eines Mitspielers ansehen, du kannst Paare und Drillinge bilden, sogar Vierlinge, was nur selten vorkommt, nur wenn du Glück hast wie Ixe, und du kannst sie gegen nur eine Karte vom Stapel tauschen, und wenn du glaubst, dass dein Blatt die wenigsten Punkte hat, sagst du Pablo, und die anderen spielen eine Runde weiter, und dann dreht man die Karten um, und wenn du gewonnen hast, bekommst du null Punkte, sonst fünfzig wie ich vorhin. Ach ja, der Pikkönig zählt null, jede Karte zählt nach ihrem Wert bis zehn, die anderen Bildkarten zählen auch zehn. Schau uns zu, dann lernst du es. Zuerst, erwidert er, wolle er endlich seine Tüte drehen, da wir bisher sowieso nur gequatscht hätten.

Ixe steht auf, um das Fenster zu öffnen, während ich das Zigarettenpapier ablecke. Man sieht, wie der Rauch durch den Luftzug in Bewegung kommt, die Richtung ändert, langsam angesaugt wird. Er findet seinen Weg nach draußen. Der Rauch zieht ab, wir machen neuen, der um kein Haar anders ist. Ob es mir ebenso ginge, wenn ich mich von hier ins Leere stürzte? Nichts Neues außer dem Blatt, das man mir soeben gegeben hat. Beim Legen seiner Karten späht Ixe aus den Augenwinkeln nach mir und lächelt verschlagen. Ich spüre, dass er uns wieder aufs Kreuz legen wird. Ich zünde meinen Joint an. Ein Blick in meine Karten: Dame – König. Nur kein Pikkönig.

Aus der Deckung

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