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Kapitel 3: Unzuverlässigkeit

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Die Kinder beeilten sich. Sie holten ihre Schulsachen aus ihren Zimmern und liefen die Treppe hinunter. Sie gaben Lady Elaine und Lord Gayle jeweils einen Kuss auf die Wange und liefen das breite Portal hinab.

Frische Luft und etwas Wind kamen herein. Ich merkte mir, dass ich das Portal später noch einmal kehren musste, damit sich die Herbstblätter nicht im ganzen Schloss verteilten.

Ich schloss die Tür und drehte mich zu meinen Herren.

„Wann möchtest du losfahren, Darling?“ erkundigte sich mein Herr.

„Gleich. Lass´ mich vorher bitte noch ein wenig hinlegen“ antwortete seine Ehefrau.

„Du verträgst wohl wirklich nicht mehr so viel Falson wie früher“ merkte Lord Gayle an.

Lady Elaine fasste sich abermals an die Stirn und schritt langsam die Treppe in den ersten Stock hoch, wo das Schlafgemach der beiden lag.

„Soll ich mich bei der nächsten Gelegenheit in der Stadt nach einem anderen Wein umsehen?“ fragte ich an meinen Herren gewandt.

„Nein, Nigel, lassen Sie nur. Elaine hat einfach zu viel getrunken, das würde ihr bei jedem anderen Wein auch passieren.“

Er lächelte kurz und verschwand ebenfalls nach oben, wobei sein schwarzer Morgenmantel mit dem pinken Saum über die Treppen fegte.

Ich zog meine Ärmel zurecht und machte mich auf die Suche nach dem Dienstmädchen. Ich sah erst in der Küche nach ihr, doch der Koch wusste nichts von Farrah´s Verbleib. Danach ging ich in unseren Personalflur, aber auf mein Klopfen an ihrer Tür, erfolgte keine Reaktion. Ich seufzte kurz auf und nahm den Servierwagen, welcher vor dem Küchenflügel stand. Dann schob ich ihn in den Speisesaal und begann damit den Tisch abzuräumen. Die übrig gebliebenen Brötchen und das überhaupt nicht beachtete Brot wurden zu einer karitativen Einrichtung unseres Landes gebracht. Unsere Herrschaften waren so modern und gesellschaftlich engagiert, dass sie dieses Vorgehen angeordnet hatten.

Selbst der teure Rolls Royce hatte einen umweltverträglichen Filter bekommen. Lady Elaine wollte ihn zu einem Elektroauto umbauen lassen, doch Lord Gayle konnte sie davon überzeugen, dass die typische Bauweise des Wagens dies nicht zuließ. Somit fanden sie den Kompromiss eines Filters, der alle möglichen Ausscheidungen auffing, dafür aber alle sechs Monate in die Werkstatt musste, um gegen einen neuen ausgetauscht zu werden. Diese Regelung sorgte dafür, dass George fast jeden Tag nach der Fahrt zum College ein weiteres Mal losfahren musste, um die übrig gebliebenen Speisen der sozialen Einrichtung zu überbringen.

Nachdem ich die Getreideerzeugnisse in den weißen dafür vorgesehenen Sack packte und ihn zuzog, hörte ich Schritte auf der Treppe. Ich ließ alles liegen und betrat die Eingangshalle.

Farrah steckte sich eine Haarnadel in ihre Frisur und ging Richtung Personalflur.

Sie hatte mich nicht gesehen.

Ich stutzte. Hinter mir klingelte es. Farrah´s Unterweisung musste warten.

Ich betrat den Flur vor dem Speisesaal und nahm den Hörer ab.

„Nigel, sind Sie dran? Bringen Sie mir bitte eine Tasse Tee in die Bibliothek.“

Ich legte auf und gab in der Küche Bescheid.

Wenige Minuten später ging ich mit einer Tasse grünem Tee in der Hand in den ersten Stock.

Die Bibliothek befand sich am Anfang des Flures. Ich klopfte gegen die Holztür und trat zugleich hinein. Lord Gayle saß in einem beigefarbenen Sessel und las sich die Zeitung durch. Noch immer trug er seinen Morgenmantel. Er blickte kurz auf, scheinbar war er in dem Tagesblatt versunken, weshalb ich wortlos ein kleines Tablett mit dem Tee und einem Keks auf einen kleinen, runden Holztisch neben den Sessel stellte.

Die Kekse wurden immer frisch von der Küche hergestellt. Manchmal fühlte ich mit dem Koch mit. Er hatte in gewisser Weise das gleiche Schicksal wie ich. Er hatte einen hohen Beruf erlernt, hatte meines Wissens nach sogar einen Stern erhalten, und kochte nun für unsere Herrschaften Tee oder stellte frisches Gebäck her. Ich hatte auf der angesehensten und teuersten Butlerschule in Irland mein Fach gelernt und fegte nun das Portal oder räumte die Tafel ab.

Wieder hörte ich Schritte und das leise Schließen einer Tür. Ich verließ die Bibliothek und sah Lady Elaine, welche fertig angezogen aus dem Schlafgemach am Flurende kam.

„Nigel, hat mein Mann die Tageszeitung nun zu Ende gelesen?“ wollte sie von mir wissen.

Ich nickte und deutete in Richtung Bibliothek.

„Alles klar“ sagte meine Herrin, was für mich das Zeichen war, sie alleine zu lassen und zu verschwinden.

Ich ging die Treppe hinunter, als ich ein Geräusch vernahm. Schnellen Schrittes ging ich zu einem Fenster in der Eingangshalle.

Draußen stieg George gerade aus dem Rolls Royce. Ich sah kurz in den Spiegel, richtete meinen ergrauten Seitenscheitel und lief die Treppe erneut hinauf. Dann klopfte ich an der Bibliothekstür und verkündete meinen Arbeitgebern, dass der Wagen wieder bereitstand.

Danach lief ich noch einmal hinunter. George kam gerade die Tür herein.

„Auf den Straßen ist heute nicht viel los“ erklärte er sein frühes Erscheinen. „Wann kommen die Herrschaften?“

„Ich habe ihnen soeben Bescheid gesagt, George. Ach, wo Sie schon einmal da sind, kommen Sie doch einen kurzen Augenblick mit in die Küche.“

Er folgte mir und ich gab ihm kurze Zeit später den Sack mit dem übrig gebliebenen Frühstück. „Bringen Sie das bitte zur Einrichtung, aber George: legen Sie den Sack bitte in den Kofferraum. Unsere Herren wollen keine Krümel im Wagen.“

Nachdem George meiner Anweisung Folge leistete, überreichte ich Lady Elaine den Einkaufszettel. Sie und ihr Mann verabschiedeten sich von mir und fuhren mit George davon.

Kurz darauf kam Farrah aus ihrem Zimmer.

„Farrah, wo waren Sie vorhin?“ stellte ich sie zur Rede.

Das Dienstmädchen sah mich mit großen Augen an. „Ich... ich war oben und habe nach dem Rechten geschaut.“

An ihrer Mimik erkannte ich, dass das eine Ausrede war.

„Nun gut, sehen Sie bitte zu, dass Sie nächstes Mal zur Stelle sind, wenn die Tafel abgeräumt werden muss. Für heute habe ich Ihre Aufgabe übernommen.“

Farrah nickte und ging verunsichert zurück in ihr Zimmer.

Ich schüttelte kurz den Kopf und machte mich auf in den zweiten Stock.

Nicht einmal die Betten hat sie gemacht, dachte ich leicht verärgert.

Ich stieß einen leisen Seufzer aus und bezog als erstes Shelley´s Bett neu. Das Mädchen legte Wert darauf, jeden Tag in frischen Laken zu schlafen.

In Mark´s und Andrew´s Zimmer machte ich lediglich die Betten zurecht. Ihnen war es nur wichtig, dass die Betten ordentlich aussahen- hauptsächlich damit ihre Eltern zufrieden gestimmt waren.

Ich lüftete die Zimmer und räumte ein wenig auf. Danach ging ich in die Küche und holte mir einen Cappuccino.

Für die nächste halbe Stunde hatte ich keine Aufgabe und konnte mich ein wenig ausruhen.

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