Читать книгу Von Trollen, Elfen und Geisterhäusern - Diana Enz - Страница 6

~ Die stillgelegte Grube ~

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~ Die stillgelegte Grube ~

Natürlich wussten sie, dass das Betreten der alten Grube strengstens verboten war. Aber so viele spannende Geschichten rankten sich rund um diese Grube und immerhin war der kleine Ort in Värmland nur ihretwegen überhaupt entstanden. Es gab niemanden, der nicht mindestens einen Verwandten oder Nachbarn hatte, der dort einmal gearbeitet hatte. Von 1870 bis 1987 war die Grube der größte Arbeitgeber weit und breit gewesen und so war es nicht verwunderlich, dass alle im Ort hiermit verbunden waren.

Oscar, Pontus und Eric hatten gerade erst im Geschichtsunterricht das Thema dieser Grube behandelt. Fräulein Malmquist, die alle Kinder nur Fröken nannten, war es wichtig, dass ihre Schüler den historischen Hintergrund ihres Wohnortes kannten und sich damit verbunden fühlten. Die Kinder sollten in ihren Familien nachfragen und ggf. Unterlagen, Bilder und Zeugnisse aus der aktiven Zeit der Grube mit zur Schule bringen. Sie wollte aus den gesammelten Unterlagen ein kleines Buch für jedes Kind anfertigen, das die Kinder dann mit nach Hause nehmen dürften.

Es war Eric, der seine Eltern am intensivsten befragte, denn vor einigen Jahren war die Tragödie um Morfar, dem Vater seiner Mutter, passiert. 2 Jahre vor der Schließung des Erzwerkes war er plötzlich nicht mehr von der Arbeit nach Hause gekommen. Das war schon so lange her, dass Eric sich nur ganz vage überhaupt an ihn erinnern konnte. Es hatte keinen Unfall oder Ähnliches gegeben und seine Kollegen hatten ihn sogar noch bis kurz vor Feierabend gesehen. Als die Sirene allerdings zum Feierabend heulte, kam er nicht und nachdem man die halbe Nacht nach ihm gesucht hatte, galt er ab dahin als vermisst. Man hatte ihn nie gefunden und nach seinem Verschwinden schloss die Grube nur kurze Zeit später aufgrund erschöpfter Erz-Vorkommen.

Mormor hatte immer, wenn das Gespräch auf Morfar kam, gesagt, dass sie ganz deutlich spüren würde, dass er noch lebt. Aber so richtig ernst nahm das niemand, alle dachten, sie wolle sich damit nur selber trösten. Noch jeden Abend deckte sie den Tisch für Zwei, denn so hatte sie es in all den Jahren getan, in denen er seine Schichten im Berg werk geschoben hatte. Als Eric sie einmal fragte, warum sie das täte, antwortete sie ihm mit einem Lächeln: „Wenn Morfar nach Hause kommt, wird er sicher Hunger haben!“.

Erics Mutter machte das Thema offensichtlich traurig, und es fiel ihr schwer, ihrem Sohn die Antworten auf all seine vielen Fragen zu geben. Eric ließ aber nicht locker und so kramte sie schlussendlich ein Fotoalbum hervor. „Komm her, Schatz, setze Dich zu mir auf die Couch, ich werde Dir von Morfar erzählen“, sagte sie und deutete auf den Platz neben sich. „Ich vermisse meinen Papa noch immer und es vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht frage, was um Himmels willen nur passiert ist“, sagte sie und Tränen stiegen ihr in die Augen. „Mama, ich werde nach ihm suchen“, sagte der 12-Jährige mit mutiger Stimme, wurde dann aber kleinlaut, als seine Mutter ihm einen strengen Blick zuwarf.

„ Wenn Fröken Malmquist alle Bilder und Pläne kopiert hat, dann müssen wir uns das alles ganz genau anschauen. Dann können wir uns einen Plan machen und finden vielleicht die Stelle, wo Dein Morfar zuletzt gesehen wurde “. Es war Oscar, der es kaum erwarten konnte, sich mit seinen beiden besten Freunden in dieses Abenteuer zu stürzen. „Und ich habe sogar zwei Rucksäcke zu Hause und den alten Pickel von meinem Onkel, dann könnten wir uns Proviant einpacken und nach Deinem Morfar suchen, Eric. Das wird soooooo toll werden!“, brachte Pontus fast zitternd vor Aufregung hervor. „Stell Dir vor, Deine Mormor hat recht und Dein Morfar lebt schon seit Jahren da unten im Dunklen und findet einfach nur nicht wieder heraus“. „Ich habe wohl die besten Freunde der Welt“, dachte Eric. „Sie würden etwas furchtbar Verbotenes tun, nur um mir zu helfen, Morfar zu finden. Das sind wahre Freunde!“.

Am nächsten Tag bekam jeder Schüler eine kleine Mappe mit Fotos, Unterlagen und kleinen Geschichten rund um das Bergwerk ausgehändigt. Die Lehrerin hatte alles kopiert und dann für jedes Kind einen Ordner gestaltet. „Hier könnt ihr alles nachlesen und immer wieder hereinschauen, damit ihr wisst, wie dieser Ort entstanden ist und wo ihr eigentlich herkommt“, sagte sie lachend und fuhr fort: „Das sind eure Wurzeln“.

Die meisten Kinder schlugen den Ordner sofort auf und suchten nach ihren selbst mitgebrachten Beiträgen. Es gab ein mächtiges Durcheinander, als einzelne Kinder sich zusammen setzten, um den anderen ihren eigenen Beitrag in dem Ordner zu präsentieren. Dabei ging beinahe unter, dass Fröken Malmquist den Kindern etwas an die Tafel schrieb. „Am Freitag um 10 Uhr Treffen vor dem Haupteingang – Ausflug zur Grube“, stand dort in großen Lettern. Als die ersten Kinder dies lasen, brach ein Jubel aus und die Kinder waren nicht mehr zu halten. Es wurden sofort Pläne gemacht, was man für den Ausflug alles einpacken müsste und auch, ob man wohl Süßes dabei haben dürfte.

„ Mensch, das ist doch DIE Gelegenheit“, entfuhr es Eric, „dann können wir uns alles in Ruhe ansehen, ohne dass es verboten ist“, kicherte er und in seinen Augen blitze es. „Ja, stimmt, Du hast recht“, erwiderte Oscar, „das ist absolut perfekt!“. Pontus dachte laut: „Vielleicht darf ich mir Papas Sofortbild-Kamera ausleihen und Fotos machen....“. Alle Drei waren sich einig, dass es nicht besser hätte kommen können und steckten ihre Köpfe zusammen, um diesen Ausflug genauestens zu planen.

Am Freitag schien die Sonne von einem blauen Himmel herab, als wolle sie den Kindern dies zum Geschenk machen. Die Jungs hatten jeder ihren Rucksack dabei, vollgepackt mit Getränken und belegten Broten. Pontus hatte die Kamera von seinem Vater leihen dürfen, den er überzeugen konnte, dass die Fotos für seine Mitschüler gedacht seien. Während Oscar grinsend verkündete, er habe von seiner Mutter Kekse für alle dabei, spürte Eric in sich die Aufregung aufsteigen. Er war noch nie bei der Grube gewesen und nun fühlte es sich so an, als würde er seinem Morfar zum ersten Mal seit langer Zeit ganz nahe kommen.

Da es einige Kilometer bis zur Grube waren, hatte Fröken Malmquist den Schulbus gebucht, der nun alle Kinder aufnahm wie ein großer, hungriger Wolf. Als alle sich gesetzt hatten, stellte sie sich vorn neben den Fahrer und erklärte den Kindern: „Kinder, ich weiß, ihr seid alle aufgeregt und freut euch sehr auf dieses kleine Abenteuer. Aber bei aller Freude müssen wir ein paar Dinge klären, die ganz furchtbar wichtig sind. Die Grube ist weites gehend abgesperrt, aber es gibt einen abgesicherten Wanderpfad um die Grube herum, auf dem wir gehen werden. Wir werden uns mit Sven treffen, der uns überall herumführen und alle Fragen beantworten wird. Was ganz wichtig ist: Ihr dürft auf gar keinen Fall den Pfad verlassen und ihr müsst alle immer zusammen bleiben. Habt ihr das verstanden?“, erklärte sie. Sie bekam ein lautes „Ja“ zur Antwort, lächelte und sagte dann zum Busfahrer, dass sie nun losfahren könnten.

Als sie ankamen, wartete Sven bereits auf sie. Er sah weniger wie ein Reiseführer, als eher wie ein Bergarbeiter aus. Er trug schwere Stiefel und dazu einen Helm mit Grubenlampe daran. Als sich die erste Aufregung der Kinder legte, versammelten sich alle um ihn herum und warteten gespannt. „Guten Morgen, Kinder, ich bin Sven und werde euch heute die Grube zeigen. Ich werde jedem von euch gleich auch einen Helm geben, den ihr unbedingt aufsetzen müsst“, sagt er. Die Kinder fingen an zu tuscheln und schauten sich kichernd an, als er fortfuhr: „Ihr dürft auf keinen Fall den Pfad verlassen und müsst unbedingt zusammen bleiben! Nicht auszudenken, wenn ihr stürzen würdet, das kann schlimmstenfalls tödlich enden! Ich hoffe, ihr habt das verstanden!“.

Als jedes Kind seinen Helm bekommen hatte, stellten sie sich in einer Reihe auf und warteten auf Sven, der an ihnen vorbei nach vorne ging. Hier erzählte er den Kindern die Entstehungsgeschichte der Grube, was man dort abgebaut hatte und wann und warum sie später geschlossen worden war. „Leider ist kurz vor der Schließung ein Mitarbeiter des Bergwerkes auf seinem Arbeitsplatz spurlos verschwunden. Niemand weiß bis heute, was passiert ist, deshalb ist es sehr wichtig, dass ihr euch an meine Anweisungen haltet! Man geht davon aus, dass er schwer verunglückt ist und man ihn einfach nie mehr finden wird.“ Als Sven von dem verschollenen Bergarbeiter erzählte, schauten einige Kinder verhalten auf Eric, der aber keine Miene verzog. Innerlich dachte er sich nur: „Ihr werdet schon sehen, dass wir das alles aufklären werden. Wir finden heraus, was passiert ist und mit Glück finden wir Morfar sogar lebend wieder!“.

Artig folgten die Kinder Sven wie kleine Entenküken ihrer Mutter. Es wurde gekichert und getuschelt, während sie den ersten Abschnitt des Pfades erreichten. Der Pfad war mehr ein festgetretener Grasweg, an dessen Seite man zwischen Balken ein Seil gespannt hatte, als dass es ein sicherer Weg um die Grube herum war. Als die ersten Kinder einen Blick in die Grube hinunter riskierten, erschraken viele von ihnen. Hier ging es in Trapezform bestimmt an die 30 Meter tief nach unten. Als alle Kinder sich auf dem Pfad befanden, blieb Sven stehen und hielt einen etwa faustgroßen Stein hoch in die Luft. „Ich werde euch mit diesem Stein mal eben zeigen, WIE tief es hier wirklich heruntergeht. Ihr müsst ganz leise sein, dann könnt ihr hören, wann der Stein auftrifft!“. Kaum hatte er das gesagt, warf er schon den Stein hinunter. Gespannt hielten die Kinder den Atem an und warteten auf das Geräusch, das zeigte, dass der Stein unten angekommen war. Es war zu hören, wie der Stein mehrmals auf den Stufen aufschlug und dann am Boden liegen blieb. Die Schüler waren erstaunt, wie lange das gedauert hatte und einige hatten sogar ihre Münder offen.

Nach der Demonstration mit dem Stein setzten sie ihre Besichtigung fort und Sven erzählte ihnen von der anstrengenden Arbeit im Bergbau und dass fast alle aus dem Ort hier geschuftet hätten. Er er zählte von den langen Arbeitstagen und davon, wie man das Eisenerz aus dem Gestein geschlagen hatte. „Mein Vater war hier einer der Vorarbeiter gewesen und konnte nach der Schließung in Rente gehen, seine Knochen waren kaputt“, sagte Sven etwas nachdenklich und fügte hinzu: „Das war kein Spaß damals“. Es dauerte etwa eine Stunde, bis sie die Grube am oberen Rand einmal komplett umkreist hatten, als einer der Schüler fragte, ob sie denn noch hinunterfahren würden. „Nein, das ist leider nicht mehr möglich, da die Fahrstühle außer Betrieb gesetzt wurden. Seit Jahren war niemand mehr da unten“, erklärte Sven. „Aber da stehen doch Leitern, da könnten wir hinunterklettern“, erwiderte eines der Mädchen. „Um Himmels willen!“, rief Sven aus, „Die stehen da seit Jahrzehnten und waren immer dem Wetter ausgesetzt, die sind ganz sicher morsch und würden brechen!“.

Die drei Jungs hatten während der Führung aufmerksam zugehört und Pontus hatte viele Fotos geschossen, bis der Film alle war und die Bilder alle in seinen Rucksack gesteckt. Auf den Fotos waren die Bergstufen und die Leitern zu sehen. Mehrere Fotos hatte er von oben in die Tiefe gemacht. Leider war auf den Bildern in die Tiefe der Boden nicht zu erkennen, dieser war einfach zu weit unten. Aber die anderen Bilder waren gut geworden und würden ihnen helfen, einen Plan zur Rettung von Eric's Morfar zu machen. „Wir werden wohl die Leitern benutzen müssen“, flüsterte Oscar den beiden anderen zu, „sonst weiß ich nicht, wie wir da runterkommen sollen“. „Das sehe ich genauso“, erwiderte Eric nachdenklich und kratzte sich dabei am Kopf. „Das wird gefährlicher, als ich dachte“, schoss es ihm durch den Kopf, aber diesen Gedanken schob er sofort wieder zur Seite. „Schließlich sind ja alle echten Abenteuer irgendwie gefährlich“, versuchte er sich zu beruhigen.

„ Ich treffe mich heute mit Oscar und Pontus, wir wollen ein Picknick auf dem Sportplatz bei der Schule machen und ein wenig Fußball spielen“, sagte Eric wie beiläufig am Frühstückstisch. Seine Eltern schauten sich an und sein Vater sagte dann: „Das macht man, ihr drei. Du solltest genügend zu trinken mitnehmen, Fußball bringt einen ja doch ganz schön ins Schwitzen“, grinste sein Vater und biss wieder in sein Knäckebrot. „Ich mache euch ein paar belegte Brote mit Käse und gebe Dir von Mormor's Erdbeersaft mit“, erklärte Erics Mutter und strich ihm durch das Haar. „Aber macht keinen Blödsinn, Eric“, sagte sie übertrieben streng und alle Drei fingen an zu lachen. „Jungs müssen tun, was Jungs tun müssen“, warf sein Vater lachend ein und dann frühstückten sie alle in Ruhe zu Ende. „Das war leichter als gedacht“, sagte Eric mehr zu sich selbst und versuchte dabei, sein auf steigendes schlechte Gewissen zu unterdrücken. „Wenn ich ihnen erzähle, dass wir wissen, was mit Morfar passiert ist, dann werden sie mir auch nicht mehr böse sein, dass ich sie belogen habe“, tröstete er sich selbst.

Um 10 Uhr trafen sich die drei mit ihren Fahrrädern am Sportplatz und erzählten sich gegenseitig, wie sie ihre Eltern angeschwindelt hatten. Auch Oscar und Pontus hatten sich dabei nicht wohlgefühlt, waren aber beide der Meinung, es sei für eine gute Sache gewesen und deshalb zu verzeihen. Nun öffneten sie alle nacheinander ihre mitgebrachten Rucksäcke und verglichen ihren Proviant. „Das reicht locker für eine ganze Woche“, lachte Oscar und die anderen stimmten ihm zu. „Wir werden unsere ganze Kraft brauchen, wenn wir bis ganz nach unten in die Grube klettern wollen, und dann noch in die Höhle....“, sagte Pontus. Wie aus einem Mund sagten die anderen zwei: „Welche Höhle?“. Das hatte Pontus den Beiden gar nicht erzählt. Sein Vater hatte ihm noch erzählt, dass ganz tief unten in der Grube eine Höhle gewesen sei, in der die Kumpel immer ihre Pausen verbracht hatten. „Die Höhle soll nicht groß sein, aber tief reingehen, hat Papa mir erzählt. Und er hat auch gesagt, dass nie einer tiefer als die ersten 5 Meter hineingegangen ist, weil dort die Höhle einsturzgefährdet sei“, erklärte Pontus schnell und schämte sich ein wenig, das nicht schon früher erwähnt zu haben. „Das wird so aufregend“, freute Oscar sich, „lass uns endlich los!“.

Sie brauchten über eine Stunde mit dem Fahrrad, bis sich vor ihnen endlich das alte Grubengelände auftat. Ein wenig unsicher schauten sie sich um, denn dass sie etwas streng Verbotenes taten, das wurde ihnen nun erst so richtig bewusst. „Wir sollten unsere Fahrräder verstecken, damit die keiner sehen kann“, meinte Oscar und so legten sie die Räder flach ins kniehohe Gras neben dem Pfad. „Ich denke, wir werden erst mal auf dem Weg gehen und uns eine Stelle suchen, an der wir am besten runterklettern können“, sagte Eric mit mutiger Stimme, während ihm vor Aufregung das Herz bis zum Hals schlug.

Die drei trotteten los und jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach. Keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort. Immer wieder hielten sie an und schauten hinter die Absicherung, um eine geeignete Stelle für den Abstieg zu finden. Es dauerte nicht lange, bis sie an eine Stelle kamen, von der aus sie einen relativ guten Blick in die Tiefe hatten. Pontus entdeckte einige Meter weiter eine Leiter auf der zweiten Stufe stehen und meinte, dass diese Stelle möglicherweise gut geeignet sei. „Aber wie kommen wir denn auf die zweite Stufe herunter?“, grübelten sie, bis Eric sagte: „Springen?“.

„Springen ist keine gute Idee, aber ich denke, wir könnten auf dem Po runterrutschen, weil die Stufenwände so schräg sind“, meinte Pontus mit einem Achselzucken. Oscar machte ein nachdenkliches Gesicht und lachte los: „Das kann aber ganz schön weh tun am Hintern!“. Nun lachten alle drei und es war ihnen anzumerken, dass die große Anspannung nun von ihnen abfiel. Mutig kletterten sie nacheinander über die Absperrung und Eric warf als Erster seinen Rucksack auf die zweite Stufe.

Die anderen Beiden taten es ihm nach und ließen dann Eric den Vortritt. Eric setzte sich auf die Stufenkante, schaute noch einmal auf die beiden Anderen und mit dem Satz: „Ab geht die Post“ rutschte er hinunter und landete unversehrt auf der zweiten Stufe. „Alles in Ordnung, Jungs, das geht richtig gut und tut auch nicht weh!“. Die Beiden anderen taten es ihm gleich, allerdings blieb Pontus mit seiner Hose an einer schroffen Kante hängen und riss sich die Hose auf. „Na, toll, jetzt muss ich mir überlegen, wie ich DAS Mama erkläre“, sagte er mit rollenden Augen, „aber das ist es mir wert!“. Und schon wieder mussten die Jungs lachen.

Nachdem sie ihre erste Hürde überwunden hatten, war es für sie ein Leichtes, die alten Holzleitern hinunterzusteigen. Die meisten von ihnen waren recht marode, aber keiner der Jungs wog über 50 Kilogramm, was von Vorteil war, wenn man auf al ten, morschen Leitern herumkletterte.

Als sie unten ankamen, blickten sie alle nach oben und waren erst einmal sprachlos. „Wow, von hier unten sieht das ja noch viel höher aus, als von oben“, staunte Oscar und die anderen Beiden nickten zustimmend. Sie waren tief beeindruckt und das hinterließ in ihnen ein gewisses Gefühl von Stolz. Sie hatten es geschafft!

Entschlossen schauten sie sich um, entdeckten die Höhle und machten sich auf den Weg in ihre Richtung. Hier hatte man Morfar zuletzt gesehen und dort wollten sie mit ihrer Suche anfangen. Auf dem Weg dorthin erinnerten sie sich gegenseitig an gewisse Vorsichtsmaßnahmen, die sie vorab schon besprochen hatten. So hatte jeder eine Taschenlampe dabei und Pontus hatte seiner Mutter ein Wollknäuel roter Wolle stibitzt, um diese dann im wahrsten Sinne als „roten Faden“ auszulegen, damit sie sich in der Höhle nicht verlaufen würden. Sie waren aus ihrer Sicht gut vorbereitet und nachdem ihre Aufregung nachgelassen und sie der Stolz erfasst hatte, gingen sie die Expedition nun hoch konzentriert an.

Sie erreichten die Höhle nach einigen Minuten und entschieden sich dazu, den Eingang und den Innenraum erst einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und sich dann mit einem Käsebrot und Erdbeersaft zu stärken.

Die Höhle klaffte aus dem Berg heraus wie ein großes weites Maul, bereit, jeden zu verschlingen, der in ihre Nähe kam. „Ich finde die ganz schön unheimlich“, sagte Pontus ängstlicher, als er wollte. Aber die andern Jungs nickten zustimmend, während Oscar sagte: „Ja, das finde ich auch, aber nun, wo wir schon mal hier sind.....“. So war es Oscar, der als erster den Mut aufbrachte, die Höhle zu betreten, während Pontus und Eric ihm auf dem Fuße folgten.

Es war dunkel, kalt und feucht in der Höhle und die Luft darin roch modrig, alt und abgestanden. Sie zückten alle ihre Taschenlampen und leuchteten die gesamte Höhle einmal aus. An der mindestens 5 Meter hohen Höhle hingen rostige Lampen von der Decke, die man wohl genutzt hatte, um damit den Pausenraum auszuleuchten. Insgesamt war die Höhle eher rund geformt und hatte einen Durchmesser von ungefähr 10 Metern. An einer Wand stand noch ein alter Metalltisch und vier Stühle, die ebenfalls ihre besten Zeiten hinter sich gelassen hatten. „Ich denke, wir setzten uns hier an den Tisch und essen erst einmal was. Dabei können wir ja genauer besprechen, wie wir jetzt weiter vorgehen wollen und uns einen kleinen Plan machen“, schlug Eric vor. Gesagt, getan und schon saßen sie am Tisch, aßen ihre mitgebrachten Brote und besprachen die weiteren Schritte.

Zuerst einmal stellten sie alle ihre Rücksäcke auf den Tisch, denn diese wären beim Klettern und Erkunden sowieso nur hinderlich. Pontus hatte dann die Wolle seiner Mutter ausgepackt und den Anfang an einen der Stühle gebunden. Auf ihrem Weg tiefer in die Höhle hinein wollte er dann das Knäuel nach und nach abwickeln, um so den Rückweg zu markieren.

Eric ging allen voran, bis sie an die Stelle gelangten, die in den Teil der Höhle führte, die laut seinem Vater jederzeit einstürzen könnte. Hier war es so kalt und feucht, dass sie ihren eigenen Atem sehen konnten und das Wasser lief hier in kleinen Rinnsalen von den Wänden herunter. „Mann, ist das kalt hier“, rief Eric aus, „DARAN haben wir gar nicht gedacht! Wir hätten uns warme Sachen mitnehmen sollen“, sagte er mit vor Kälte zitternder Stimme. „Das soll uns aber nicht aufhalten, so kurz vor dem Ziel, lass uns weitergehen“, war das Einzige, was Oscar äußerte und so wagten sie sich tiefer in die Höhle hinein.

Bereits nach einigen Metern hatten sie sich an die Kälte gewöhnt und auch kam ihnen die Höhle nicht mehr ganz so gruselig vor wie noch zu Beginn. Im Gegenteil, je tiefer sie kamen, umso größer wurde die Spannung, was sie wohl alles entdecken würden.

Die Höhle verengte sich zusehends und wurde mehr und mehr zu einer Art Tunnel, der zwar an die 3 Meter hoch war, aber höchstens noch 1,50 Meter breit. „Ich komme mir vor, wie ein Maulwurf“, sagte Eric, „ich kann mir kaum vorstellen, dass Morfar....“, beendete er seinen Satz abrupt. Denn da knallte es plötzlich laut und völlig unerwartet. Die Kinder zuckten zusammen und hielten den Atem an. Wie erstarrt blieben sie stehen. „Was war das?“, flüsterte Eric und kaum hatte er das ausgesprochen, hörten sie einen zweiten, noch viel lauteren Knall. Die drei zuckten wieder zusammen und alle dachten das Gleiche, auch, wenn keiner es aussprach: „Weg hier!“.

Es dauerte etwas, bis die Jungs sich soweit gesammelt hatten, dass sie sich trauten, etwas zu sagen. „Wie kann es in einer Höhle knallen? Wo kam das Geräusch her? Was war das überhaupt?“, plapperten sie alle wild durcheinander, als plötzlich ein scharrendes Geräusch zu hören war. Die Kinder sahen sich verwundert an: „Das hört sich so an, als würde jemand mit einer Hacke an der Felswand arbeiten“, grübelte Oscar laut. Und nun konzentrierten sich alle auf das Geräusch, lauschten angespannt und versuchten, herauszufinden, wo es herkam.

„Hallo, ist da jemand?“, rief Pontus unvermittelt und die anderen Beiden reagierten: „Bist Du verrückt geworden? Sei leise!“. Kaum hatte Pontus gerufen, legte sich eine bleierne Stille über den Tunnel, nichts war mehr zu hören. „Es hat aufgehört“, Pontus war der Erste, der etwas sagte. „Psst, sei leise, ich hab da was gehört!“, zischte Eric ihn an. Wieder verstummten sie und hielten den Atem an und da hörten sie es alle drei, ganz leise und wie aus weiter Ferne: „Hallo?“. Vor Schreck ließ Oscar seine Taschenlampe fallen, die dann über den Boden kullerte, bis sie an etwas anstieß. Im Schein der Taschenlampe sah es so aus, als hätte ein am Boden liegender Helm die Taschenlampe am Weiterrollen gehindert. Sie gingen sofort hin und Eric nahm den Helm hoch. Mit Tränen in den Augen und zitternder Stimme sagte er: „Das ist Morfars Helm, sein Name steht drauf!“. „Hallo, wer hat da gerufen? Oder bin ich verrückt geworden, dass ich jetzt schon Stimmen höre?“, klang es dumpf durch den Tunnel. Die dumpfe Stimme war jetzt viel deutlicher zu hören und <Eric sagte „Nein, wir können Dich hören! Wer bist Du und wo bist Du?“. Und wieder legte sich eine tiefe Stille über den Tunnel. „Ich bin Magnus“, hörten sie eine Stimme sagen.

Den Jugendlichen verschlug es die Sprache und keiner von ihnen brachte auch nur einen einzigen Ton heraus. „Hallo, seid ihr noch da? Ihr müsst di rekt neben mir sein, wie ist das nur möglich?“, brachte die tiefe Männerstimme zitternd hervor. Eric war der Erste, der sich gesammelt hatte und mit ängstlicher und rauer Stimme sagte: „Morfar? Bist Du das wirklich? Das kann doch nicht wahr sein!“. „Eric?“, ertönte die Männerstimme, die dann abrupt abbrach und in ein lautes Schluchzen überging.

Nun hielten auch die Jungs sich nicht mehr zurück. Während Oscar und Pontus wild durcheinander redeten und gestikulierten, rannen Eric unaufhörlich heiße Tränen über die Wangen und ein großes Gefühl der Erleichterung machte sich in ihm breit. „Jungs, seid doch mal still, wir müssen Morfar erst einmal fragen, wo er ist!“, sagte Eric laut, der sich nun wieder ein wenig gefasst hatte. „Morfar, wie finden wir zu Dir? Wo bist Du?“, fragte Eric mit lauter und klarer Stimme. „Ihr müsst so lange geradeaus gehen, bis ihr in eine zweite Höhle kommt. Die kann nicht weit weg sein. Aber ihr müsst sehr, sehr vorsichtig sein, denn ab der Höhle geht es nur noch links herum direkt in ein endloses Labyrinth. Ich war dort schon so oft, aber ich habe nie den Weg herausgefunden, das darf euch auf keinen Fall passieren, habt ihr das verstanden? Ich will auf keinen Fall, dass er euch findet und euch gefangen nimmt, hört ihr? Das ist wichtig! Wenn ihr euch dort verlaufen solltet, seid ihr genauso verloren, wie ich!“, sagte Morfar mit klarer und eindrücklicher Stimme.

„Hä, wovon redet Dein Morfar denn da? Wer soll uns da nicht finden und was meint er mit gefangen nehmen? Vielleicht ist er ja auch schon zu lange alleine im Dunklen und fantasiert?“, dachte Oscar laut. „Ich weiß es nicht, Oscar, aber eines ist klar: Wir werden ihn finden und da rausholen!“, sagte Eric entschlossen.

Die Drei gingen also weiter geradeaus und kamen nach nur wenigen Metern in der Höhle an, von der Morfar erzählt hatte. Diese Höhle war viel kleiner als die erste und bog nach links in einen dunklen Tunnel ab. Sie blieben gar nicht erst stehen und folgten dem Tunnel, bis dieser sich nach links und rechts abzweigte. „Welchen Weg sollen wir denn jetzt nehmen?“, fragte Pontus besorgt, als sie Morfar's Stimme aus der Ferne laut rufen hörten: „Ihr müsst meinem Klopfen folgen. Ich werde so lange an den Felsen schlagen, bis ich euch sehen kann!“ Und so klopfte er gegen die Steinwand und die Jungs folgten dem Geräusch nach links.

Immer wieder teilte sich der Tunnel in weitere Abzweigungen, mal waren es nur zwei, mal aber auch vier oder fünf. Nachdem sie ungefähr zehnmal abgebogen waren, fiel ihnen auf, dass sie immer linksherum gegangen waren und Pontus stellte fröhlich fest: „Das ist doch genial. Zurück müssen wir einfach immer nur rechtsherum gehen und außerdem haben wir ja auch die rote Wolle von Mama überall ausgelegt!“. An die Wolle hatten die anderen Beiden schon gar nicht mehr gedacht und auch keine Gedanken an ihren Rückweg verschwendet. Große Erleichterung machte sich bei ihnen breit, weil Pontus daran gedacht hatte und als sie das nächste Mal links abgebogen waren, standen sie unvermittelt vor einer schweren Eisentür. Sie klopften gegen die Tür und Oscar fragte: „Bist Du da drin, Magnus?“.

Nach einigen Sekunden der absoluten Stille sahen sie, wie sich der Knauf der großen Eisentür drehte und die Tür sich ganz langsam mit einem lauten Knarren und Quietschen öffnete. Alle hielten den Atem an und Eric dachte nur: „Hoffentlich ist das auch wirklich Morfar und nicht der, vor dem er uns gewarnt hat!“. Aber nur Sekunden später lagen sich Morfar und Eric weinend in den Armen, während Oscar und Pontus sich abklatschten, jubelten und von Herzen lachten.

„ Mama, ich hab gesehen, wie Oscar und die anderen mit dem Fahrrad weggefahren sind. Weißt Du, was ich gehört habe?“. Es war Oscars kleine Schwester Malin, die sich so an ihre Mutter wandte. „Na, meine Süße, was hast Du denn gehört?“, fragte die Mutter lächelnd nach. „Die haben gesagt, dass sie Morfar aus der alten Grube retten wollen“, sagte Malin mit stolzgeschwellter Brust. Oscars Mutter wurde sofort ernst und sie fragte noch einmal nach: „Hast Du das wirklich ganz genau SO gehört?“. „Ja, habe ich und außerdem habe ich gesehen, wie Oscar Papas Taschenlampe aus der Kammer eingepackt hat“, grinste Malin.

Nur zehn Minuten später hatte Oscars Mutter die Eltern von Eric und Pontus angerufen und ihnen davon erzählt. Alle hatten sich dann sofort auf den Weg zur Grube gemacht. Dort war es die kleine Malin, die die Fahrräder entdeckte und laut rief: „Siehst Du, Mama, ich habe die Wahrheit gesagt!“. „ Ich rufe die Polizei an“, sagte Pontus Vater und setzte sich ins Auto und fuhr los zur Telefonzelle, während die anderen sich auf den gesicherten Weg begaben und immer wieder laut die Namen der Jungs riefen.

In der Zwischenzeit hatten sich die Jungs und Morfar soweit beruhigt und es war Morfar, der sagte: „Wir müssen schnell weg hier, in einer Stunde kommt er hierher, um mir Essen zu bringen, bis dahin müssen wir unbedingt weg sein!“. „Von wem redest Du denn da die ganze Zeit?“, fragte Oscar unvermittelt und Morfar schaute die Jungs nacheinander an, als würde er einen Moment überlegen: „Ich rede von dem Bergtroll, einem Riesen aus den alten Sagen, der die Naturgewalten innehat und richtig böse und grausam ist!“.

Und dann umriss er kurz, was damals eigentlich geschehen war: „Ich wollte meine Thermoskanne einpacken und Feierabend machen, als sie mir aus der Hand rutschte und in den Tunnel rollte. Ich dachte mir nichts dabei und ging hinterher, aber das hätte ich lieber lassen sollen. Ich habe nur noch einen Schlag auf den Kopf gespürt und dann, dass mich jemand über die Schulter geworfen hat. Derjenige hat fürchterlich gestunken, das habe ich noch gemerkt, aber dann muss ich wohl bewusstlos geworden sein. Aufgewacht bin ich dann hier und als ich einigermaßen klar im Kopf war, kam er dann, der Troll! Er war nur ein bisschen größer als ich und ganz krumm und vor allem hat er unglaublich gestunken. Er hatte eine lange Knollennase und kaum Zähne im Maul, aber dafür hatte er eine Stimme wie der Donner. Der Troll brachte mir eine Flasche Wasser und eine Scheibe trockenes Brot und sagte mir, dass ich ab jetzt für ihn arbeiten müsste. Der Troll wollte, dass ich seine Wohnung, wie er das nannte, vergrößere und ließ mir dafür eine Spitzhacke da“. „Jeden Tag um 13 Uhr bringe ich Dir Wasser und Brot, aber wenn ich sehe, dass Du nicht richtig gearbeitet hast, dann bekommst Du an dem Tag nichts zu essen. Und falls Du fliehen willst: Ich habe ein Labyrinth gebaut, aus dem findest Du niemals heraus, aber ICH werde Dich immer finden! Versuchst Du zu fliehen, dann werde ich Dir wehtun!“, hatte der Troll ihm erklärt.

„Ich bin dreimal geflohen und jedes Mal hat er mich erwischt....“, weiter sagte Morfar nichts, aber sein Blick wurde dabei leer.

Mit offenem Mund hatten die drei ihm zugehört und waren fassungslos. Nicht nur, dass jemand anderes Morfar so bedroht hatte, ihn entführt hatte und ihn als Gefangenen gequält hatte. Hatte Morfar WIRKLICH von einem Troll gesprochen?

„ Was hat er mit Dir gemacht, als er Dich erwischt hat?“, fragte Pontus vorsichtig. „Darüber will ich jetzt nicht reden. Lasst uns einfach nur hier weg!“, war das Einzige, das Morfar hervorbrachte. Während die vier sich rechtsherum durch das steinerne Labyrinth kämpften und sich dabei an dem roten Faden aus der Wolle von Pontus Mama entlang hangelten, traf draußen an der Grube die Polizei und auch die Feuerwehr ein. Auch Eric's Mormor war mittlerweile eingetroffen, denn als Pontus Vater auf dem Weg zur Telefonzelle gewesen war, war er ihr begegnet und sie mitgenommen.

„Wer kann mir sagen, was genau passiert ist?“, fragte Wachtmeister Ole Johansson in die Runde. Und als ihm die Situation geschildert worden war, ging er auf den Feuermann Per Abrahamsdotter zu und gab die Informationen weiter. Dieser entschied dann, Strickleitern an den Stufen des Abgrundes anzubringen und sich daran mit zwei weiteren Kollegen herunter zu hangeln. Gesagt, getan und schon waren die Feuerwehrleute auf den Strickleitern auf dem Weg nach unten. Am Boden angekommen, suchten sie nach dem Höhleneingang, von dem Eric's Vater ihnen erzählt hatte, während sie laut die Namen der Jungen riefen. Nur wenig später entdeckten sie den Höhleneingang und gingen hinein.

Während die Jungs und Morfar noch auf dem Rückweg in die erste, große Höhle waren, sagte Pontus plötzlich zu den anderen: „Habt ihr das gehört? Da ruft doch jemand unsere Namen!“. Sie blieben alle stehen und lauschten. Da war es dann schon wieder, eine Männerstimme rief laut: „Jungs, wo seid ihr? Hier ist die Feuerwehr, Eric, Oscar, Pontus!“. Als die vier das hörten, riefen sie vor Aufregung alle wild durcheinander, wobei ihre Schritte immer schneller wurden und sie zu laufen begannen. Es dauerte nicht lange, bis sie einen Schimmer Tageslicht sahen und die Männerstimmen ganz in ihrer Nähe hörten. Die Feuerwehrleute waren ihnen bereits entgegengegangen und nach einigen Metern standen sie sich gegenüber. Noch bevor jemand etwas sagen konnte, sackte Morfar auf die Knie und hielt sich die Hände vor Augen. „Das Licht tut in den Augen weh, ich habe ganz vergessen, wie das Licht aussieht....“, dabei schluchzte er wie ein Kind und stammelte etwas wie: „Ich bin frei....ich kann endlich wieder nach Hause!“.

Die Feuerwehrleute halfen Morfar auf eine Trage und schnallten ihn fest, so wollten sie ihn die felsigen Stufen der Grube heraufziehen, während die Jungs die Strickleitern nutzen sollten. Langsam und vorsichtig wurde Morfar nach oben gezogen, während die Jungs erschöpft die Leitern hochkletterten. Erics Mama war die Erste, die entdeckte, dass sie jemanden auf der Trage hochzogen und als sie erkannte, wer diese Person war, flüsterte sie leise vor sich hin: „Das kann nicht sein! Das kann doch gar nicht sein!“. Ihre Stimme erstickte, als sie erkannte, wer auf der Trage nach oben gebracht wurde und dass es sich tatsächlich im ihren Vater handelte. Mormor starrte Erics Mama mit großen Augen an: „Ist das Papa? Kind, sag, ist es Papa? Es ist Papa, richtig? Ich wusste es! Ich habe es doch die ganze Zeit gewusst!“. Dann lagen die beiden Frauen sich weinend in den Armen, fassungslos und überwältigt vor Freude.

Kurz darauf war Morfar auf der Trage oben angekommen und die Feuerwehrleute schnallten ihn ab und halfen ihm hoch. Sein Blick wanderte über alle, die da waren und blieb dann auf Mormor haften. Die beiden liefen aufeinander zu, umarmten und küssten sich immer wieder und wieder, während beiden die Tränen in Strömen herunterliefen. Alle Umstehenden waren so gerührt von diesem Anblick, dass sie gar nicht registrierten, dass auch die Jungs mittlerweile wieder oben angekommen waren.

Oscars Vater sah sie als Erster und ging auf seinen Sohn zu. Wortlos nahm er ihn in die Arme, drückte ihn ganz fest an sich und sagte: „Ich habe mir solche Sorgen um Dich gemacht, aber ich bin auch so unendlich stolz auf Dich! Du hast Magnus das Leben gerettet, das ist ein Wunder!“. Oscar erwiderte nichts und während er die Umarmung seines Vaters genoss, kam Malin dazu und sagte kleinlaut zu ihm, dass es ihr leidtäte, dass sie ihn verraten hatte. Oscar lächelte auf sie herab und flüsterte, dass das schon in Ordnung sei und er ihr nicht böse wäre.

In der nächsten Woche hatte es in großen Lettern in der Zeitung gestanden und sogar in Deutschland hatte man von den Heldentaten dreier Jugendlicher in Schweden berichtet. Morfar war für einen Tag zur Beobachtung ins Krankenhaus gekommen und dort versorgt worden. Man hatte ihm etwas zur Beruhigung mitgegeben, nachdem er allen von dem Troll erzählt hatte, denn das klang für alle einfach nur verrückt. Keiner wollte ihm die Geschichte so recht abnehmen, wenn auch keiner dabei war, der sich erklären konnte, wie Morfar sonst so lange hatte überleben können. An einen Troll wollte jedenfalls niemand glauben und so dachte man, Morfar hätte aufgrund seiner ausweglosen Situation eben irgendwann zu fantasieren begonnen und sich wohl hauptsächlich mit Wasser und Moos oder Ähnlichem am Leben gehalten.

Viele Reporter waren angereist und sogar die Presse aus Stockholm war gekommen. Überall standen sie an den Abhängen der Grube und berichteten für das Fernsehen von den Geschehnissen der letzten Tage. Gerade, als sich die Sonne zum Abend neigte und das Licht zu schlecht für weitere Aufnahmen wurde, durchdrang plötzlich ein tiefer, lauter Schrei das Gelände, welcher von allen Seiten der Felswände widerhallte. Kurz darauf hörten alle einen weiteren Schrei, der sich eher wie das Brüllen eines großen Tieres aus der Tiefe der Höhle anhörte, welches in ein lautes Knurren überging. Die Meisten hatten sich so erschrocken und waren wie erstarrt, dass sie gar nicht reagieren konnten. Nur Sofia, eine Reporterin der örtlichen Tageszeitung, sagte etwas, wogegen kein Anwesender Einwände zu haben schien: „Das hört sich fast so an, wie ein wütender Troll!“.

Von Trollen, Elfen und Geisterhäusern

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