Читать книгу Selig sind die Lachenden - Diederich Lüken - Страница 3
Vorwort
ОглавлениеDieses Buch hat den Vorteil, dass Sie es überall offen liegen lassen können. Es finden sich keine schlüpfrigen Witze darin, keine, die den Glauben verhöhnen und keine gotteslästerlichen. Sie werden aber Witze über die Schwächen finden, die auch oder gerade Christen an sich tragen, werden vielleicht darüber schmunzeln, sich selbst darin wiederfinden und ein wenig in sich gehen. Das wäre ein schöner Nebeneffekt. Die Hauptsache aber ist, dass Sie über die Witze und Schwänke lachen können, die ich Ihnen in diesem Buch erzähle.
Sie können das Buch auch lesen, wenn Sie das Vorwort einfach übergehen. Die Witze werden dadurch nichts verlieren. Vielleicht aber haben Sie am Ende Ihrer Lektüre doch das Bedürfnis, ein paar grundlegende Gedanken zum Verhältnis zwischen Glauben und Witz mitzudenken. Dann nutzen Sie dieses Vorwort einfach als Nachwort. Sie können auch die Anmerkungen zu den einzelnen Witzen überschlagen. Damit es Ihnen leichter fällt, die eigentlichen Witze zu finden, sind sie eingerückt abgedruckt. In dieser Fassung können Sie sie auch weitererzählen.
Nun ist für viele Christen der Witz von durchaus zweifelhaftem Charakter. Religion und Witz, Glaube und Gelächter stehen scheinbar in Konkurrenz zueinander. Diese Art Witz ist dabei nicht mit dem billigen Kalauer oder dem wohlfeilen Spott über Minderheiten zu verwechseln. Dieser Witz ist der zwerchfellerschütternde Blitz der Erkenntnis, der Anspruch und Wirklichkeit aufeinanderprallen sieht und dabei ein Gelächter freisetzt, das dem Ernst den Stachel nimmt. Und das ist das Problem. Beide, der so verstandene und erzählte Witz und der Glaube, haben es nämlich mit dem Ernst des Lebens zu tun. Der Glaube hilft, die Fragen zu formulieren, die uns unbedingt angehen; und er gibt Antworten, wo es um Leben und Tod geht, und zeigt, wie wir leben sollen und was wir tun dürfen. Eine Situation an sich mag den Menschen ratlos machen. Der Glaube deutet das Geschehen dann so, dass es sinnhaft wird; und es bestätigt sich das Wort Friedrich Nietzsches: „Wer ein WARUM zum Leben hat, erträgt fast jedes WIE.“ Was der Glaube tut, macht nun mit anderen Mitteln auch ein guter Witz. Er benennt einen Sachverhalt, der als solcher erschreckt, schockiert oder gar einer Katastrophe gleichkommt, und setzt ihn in einen anderen Rahmen, sodass das Unerträgliche erträglich wird und das Schockierende verstehbar. Der Witz macht die Wirklichkeit lächerlich und nimmt ihr damit den Stachel, den Ernst, den ihr der Glaube verleihen will. Oder anders ausgedrückt: Der Glaube führt über die Wirklichkeit hinaus zu Gott, der Witz führt an der Wirklichkeit vorbei ins Absurde. Der religiöse Witz nun bringt genau diese beiden, einander ausschließende Erscheinungen zusammen: Gott und das Absurde. Manchmal entdeckt der Witz das Absurde in Formen des Glaubens selbst, manchmal stellt er das Absurde als das einzig Glaubwürdige dar. Damit aber sind wir bei hoher Theologie. Denn: „Credo, quia absurdum est“, ich glaube, weil es widersinnig ist, soll der Kirchenvater Tertullian (ca. 150–ca. 220) gesagt haben. Er meinte damit, dass so etwas Widersinniges wie die Auferstehung Jesu Christi von den Toten nicht erfunden werden kann. Dadurch, dass es so widersinnig ist, bezeugt es seine Glaubwürdigkeit. Tertullian hatte übrigens eine sehr strenge Auffassung von der Hölle; das war der Grund, dass er nicht heiliggesprochen wurde. Aber er hatte auch einen ausgeprägten Sinn für Galgenhumor. Als es hieß: „Die Christen sollten dem Löwen vorgeworfen werden!“, antwortete er: „Ach, so viele Christen einem einzigen Löwen?“ Vielleicht war er es auch, der in der Arena vor ein paar aufgerissenen Löwenmäulern ausrief: „Werft mir Messer und Gabel runter, Christen pflegen anständig zu speisen!“
Das Lachen macht das Leben erträglich, wo es sonst nicht zu ertragen wäre, der Witz versetzt den Erzähler und den Hörer in eine Art glucksende Glückseligkeit. Da ist es kein Wunder, dass der Witz bei manchen Gläubigen keine Gnade findet und dass das Gelächter der Ketzerei verdächtigt wird. Dem hat Umberto Eco seinen berühmten Roman „Der Name der Rose“ gewidmet. Doch andererseits ist das Gelächter oft „der Hoffnung letzte Waffe“, so ein Buchtitel des amerikanischen Theologen Harvey Cox. Denn: „Im Kern eines guten Witzes steckt immer eine Katastrophe, und wir erzählen uns Witze, damit man die Katastrophen, aus denen das Leben besteht, überhaupt ertragen kann.“ So sagte es George Tabori, jüdischer Regisseur und Überlebender des Holocaust. Dort, wo es um die Katastrophen des Lebens geht, treffen sich mithin der Glaube und der Witz und gehen eine augenzwinkernde Allianz ein. So gesehen konkurrieren beide nicht miteinander, sondern erhellen sich gegenseitig. Mit anderen Worten: Jeder gute religiöse Witz enthält eine Theologie, einen religiösen Rahmen. Den aufzuspüren und darzustellen war eine der Aufgaben, die ich mir mit diesem Buch gestellt habe.
Die Frage, die ich manchmal beantworten muss, ist die nach Witzen in der Bibel. Es fällt schwer, dort ausgesprochene Witze zu finden. Doch bin ich davon überzeugt, dass manches Gleichnis Jesu die Hörer zu einem verständnisinnigen Lächeln geführt hat. Da gibt es zum Beispiel die Geschichte vom Gastmahl. Ein Gast hat sich zu weit oben hingesetzt und damit eine Ehre beansprucht, die ihm nicht gebührt. Wie peinlich! Ein anderer hat sich ganz bescheiden weiter unten angesiedelt. „Freund, rücke herauf!“ (Lukas 14,10), sagt der Gastgeber. Da hat sicher manch ein Hörer geschmunzelt. In der Hebräischen Bibel, unserem Alten Testament, findet sich sogar eine richtige Schwankerzählung. Es ist die von Bileam (4.Mose 22–24). Ein Esel ist klüger als sein Besitzer und muss ihm erklären, dass ein Engel ihm den Weg vertritt. Dann soll Bileam Israel verfluchen, aber aus seinem Mund kommen lauter Segensworte. Ich kann mir das behagliche Gelächter derer gut vorstellen, die diese Geschichte zum ersten Mal hörten. Wenig bekannt ist auch, dass es in der Bibel eine Satire gibt. Es ist das Lied Jotams (Richter 9,7–15). Israel will nun endlich einen König haben. Jotam erzählt nun, wie die Bäume einen König wählen. Ölbaum, Feigenbaum und Weinstock weigern sich, König zu werden; ihre Gaben an die Menschheit sind ihnen zu kostbar, um sie der Ausübung von Herrschaft zu opfern. Nur der Dornstrauch ist bereit, König zu werden, und droht auch sogleich mit einem vernichtenden Feuer, falls die Bäume sich anders entscheiden.
Hinzu kommt: Vielfach sind uns die biblischen Geschichten so vertraut, dass wir ihren Witz nicht mehr empfinden. Das ist mit den hier gesammelten Witzen ja nicht anders. Wer einen Witz schon kennt, kann über ihn meistens nicht mehr lachen. Außerdem hindert uns die Auffassung, dass es sich in der Bibel um heilige Texte handelt, an der Erkenntnis, dass manche Pointe, mancher Skopus, wie die Theologen sagen, witzig ist. Vielleicht geht es Ihnen wie dem Patienten mit dem Geschenk des Pfarrers – womit wir beim ersten Witz angelangt sind.
Ein Pfarrer besucht einen kranken Mann, der zu seiner Gemeinde gehört. Um ihm die Zeit der Krankheit ein wenig zu verkürzen, hat er ihm ein Buch mitgebracht: „Till Eulenspiegel“. Nach vierzehn Tagen besucht der Pfarrer den Patienten ein zweites Mal und fragt ihn: „Wie hat Ihnen denn das Buch gefallen?“ Der Kranke antwortet: „Oh, ganz ausgezeichnet! Wenn ich nicht gewusst hätte, dass es Gottes heiliges Wort ist, hätte ich an mancher Stelle beinahe lachen müssen.“
Ich wünsche Ihnen, dass Sie reichlich Gelegenheit zum Lachen finden und sozusagen lachend reicher werden an Erkenntnis und kraftvoller im Glauben. Und denken Sie daran, was die mit Humor reich begabte Heilige Teresa von Avila (1512–1582) sagte: „Ein alter Griesgram ist das Krönungswerk des Teufels.“
Die Witze, die ich hier erzähle, habe ich in einer fast fünfzigjährigen Praxis des Hörens und Erzählens gesammelt. Sie werden die meisten auch in anderen Witzsammlungen wiederfinden. Ich erzähle sie aber mit meinen eigenen Worten und in einer Form, die nach meiner Erfahrung die wirkungsvollste ist.
Bei manchen Witzen war ich unschlüssig, unter welcher Überschrift ich sie unterbringen sollte. Sie decken mehrere Themen ab. Vielleicht schreiben Sie sich ja die Witze auf Karteikarten ab. Dann können Sie sie so hin und her schieben, wie es Ihnen passt.