Читать книгу Selig sind die Lachenden - Diederich Lüken - Страница 4

Gottes Bodenpersonal

Оглавление

„Mit dem lieben Gott komme ich schon zurecht“, sagte mir der Mann nach dem Gottesdienst, „nur mit dem Bodenpersonal habe ich meine Probleme.“ Gottes Bodenpersonal, das sind die Pfarrer, Pastoren, Prediger, Rabbiner und wie sie alle heißen. Sie sollen Vorbilder im Glauben und im Handeln sein, und sind doch nur: Menschen wie du und ich. Dass daraus der Witz zündende Funken schlägt, versteht sich von selbst.

Dabei sind die Grenzen zwischen billigem Klamauk und dem erhellenden, tröstenden Humor durchaus fließend; was dem einen eine treffende Pointe ist, nähert sich bei dem anderen schon der Gotteslästerung oder scheint ihm politisch unkorrekt. Andererseits gibt es ausgerechnet hier Geschichten, die hohlen Dogmatismus ebenso verspotten wie religiöse Amtsanmaßung oder Heuchelei. Es ist kein Zufall, dass gerade der Beruf des Geistlichen zur Zielscheibe manchen gutmütigen oder auch scharfen Spottes wird.

Zwei Pfarrer unterhalten sich über das Tischgebet in der Öffentlichkeit, zum Beispiel in einem Restaurant. „Ich zähle beim Tischgebet immer bis dreißig“, erklärt der eine, und der andere antwortet: „Ich auch; aber ich kenne jemanden, der immer bis fünfzig zählt.“ – „Nein!“, entgegnet der erste, „also das nenne ich dann doch Heuchelei.“

Es ist entlastend, dass auch der Pfarrer manchmal nur noch zählen kann, weil ihm kein gescheites Gebet einfallen will; damit steht er auf gleicher Stufe mit vielen anderen Gläubigen, die genau darunter leiden und sich fragen, ob sie wohl etwas falsch machen. Vor allem aber: „The show must go on!“, und das hochgeistliche Treiben wird ob seiner Hohlheit entlarvt. Der Pfarrer sollte vielleicht besser sein als wir armen Sünder, ist es aber nicht! Welch ein Trost, vor allem deshalb, weil die Gnade Gottes beiden gilt, dem Amtsträger und dem schlichten Gemeindeglied.

Nicht nur christliche Würdenträger haben manchmal Probleme damit, sich so darzustellen, dass der Glaube nicht beschädigt wird. Leben und Glauben miteinander zur Deckung zu bringen, ist eine interreligiöse Forderung, der auch Geistliche anderer Religionen nicht immer gewachsen sind. Wenn beim Erzählen des folgenden Witzes besonders engagierte Moslems zugegen sind, empfiehlt es sich, den Imam durch einen Methodistenprediger zu ersetzen:

In einem kleinen Dorf haben sich der Pfarrer, der Rabbi und der Imam als einzige Intellektuelle im Ort miteinander befreundet. Um sich in ihrem etwas langweiligen Alltag ein wenig Spannung zu verschaffen, pokern sie ab und zu im Hinterzimmer einer Gaststätte miteinander. Natürlich ist dieses Glücksspiel auf dem Dorf streng verboten, und die drei Spieler haben mit dem Wirt strengstes Stillschweigen vereinbart. Trotzdem hat sich ein entsprechendes Gerücht verbreitet und ist auch an die Ohren der dörflichen Polizei gelangt. Eines Abends, die drei sitzen wieder beim Pokern zusammen, hören sie durch die geschlossene Tür, dass der Wirt dreimal mit dem Fuß aufstampft und dabei laut auf die Amerikaner schimpft. Das ist das vereinbarte Signal: Razzia im Anzug! Die Karten und das Geld verschwinden blitzschnell in den weiten Gewändern der geistlichen Herren, und als der Polizist die Tür öffnet, sieht er nur drei fromme alte Männer, zwei beim Wein und einer bei Zitronenlimonade, im ernsten religiösen Gespräch vertieft. Doch der Polizist traut dem Frieden nicht so recht; und so wendet er sich an den Pfarrer: „Können Sie auf die Heilige Schrift schwören, dass Sie hier nicht pokern?“ Der Pfarrer denkt an seinen Ruf in seiner Gemeinde – was werden seine Gläubigen sagen, wenn man ihn beim Pokern erwischt?! – und nickt vielsagend mit dem Kopf. Also direkt ausgesprochen hat er die Lüge ja nicht, da kann ihm niemand etwas nachsagen. Der Polizist fragt nun den Imam: „Können Sie bei dem heiligen Buch Koran beschwören, dass Sie hier nicht pokern?“ Auch der Imam denkt an seinen Ruf in der Gemeinde und nickt ergeben mit dem Kopf. Nun ist der Rabbi dran: „Herr Rabbiner, können Sie beim Talmud beschwören, dass Sie hier nicht pokern?“ Der Rabbi lächelt und antwortet: „Herr Polizist, was heißt hier schwören; sagen Sie selbst: Kann ich mit mir alleine pokern?“

Der Methodistenprediger, sollte es nötig sein, ihn an die Stelle des Imam zu setzen, schwört natürlich nicht beim Koran, sondern bei seiner Kirchenordnung, die das Glücksspiel verbietet. Lassen wir jedoch die drei bei ihrem verbotenen Spiel und wenden uns einem anderen Pfarrer zu – was nicht heißt, dass wir uns des Witzes und der Weisheit der Rabbinen fürderhin entschlagen werden. Es wird noch Gelegenheit genug geben, sich darüber zu erheitern.

Ein besonders schlagfertiger Pfarrer nahm es einmal mit der Herzogin von Württemberg auf. Er war Hofprediger in Stuttgart; und die Herzogin war berüchtigt für ihren Geiz und ihre Hartherzigkeit. Eines Tages bestellte sie den Hofprediger zu sich und eröffnete ihm, er habe sie ab sofort in jedem Gottesdienst in einem Gebet zu erwähnen. „Aber das tue ich doch bereits!“, antwortete der Pfarrer. Die Herzogin war erstaunt und fragte: „An welcher Stelle denn?“ Der Pfarrer: „Im Vaterunser, wenn wir beten: Und erlöse uns von dem Übel.“

In der heute gesprochenen Version des Vaterunsers „… erlöse uns von dem Bösen“ wäre diese doppelsinnige Antwort wohl kaum möglich gewesen. Die Herzogin aber hatte immerhin so viel Respekt vor der Geistlichkeit, dass sie den Pfarrer ungeschoren davonkommen ließ und auch von ihrer Forderung Abstand nahm. Hier hatte sich Gottes Bodenpersonal einmal mit einem „knitzen Lächeln“, wie die Schwaben sagen würden, bewährt.

Ein bedeutender Prediger und geistlicher Schriftsteller war Emil Frommel (1828–1896). Er war ebenfalls Hofprediger, allerdings nicht in Stuttgart, sondern in Berlin.

Emil Frommel examinierte eine Schulklasse und fragte nach dem Bibelspruch „Gott widerstehet Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade“ (1. Petrus 5,5 nach alter Lutherübersetzung). Der aufgerufene Hans konnte damit nichts anfangen; also wollte Frommel ihm „einhelfen“: „Gott widerstehet den Hof …“ Da fiel es Hänschen ein: „Gott widerstehet den Hofpredigern, aber den Demütigen gibt er Gnade.“ Die Reaktion des Hofpredigers ist nicht überliefert.

Für einen Theologen ist die Bibelfestigkeit eine Säule seines Berufes. Wenigstens die sogenannten Kernstellen sollte man mitsamt ihrem Kontext und der Bibelstelle auswendig können. Doch auch der Laie tut wohl daran, seine Bibel zu kennen. Als Kind frommer Eltern und aufmerksamer Schüler in der Sonntagsschule waren mir schon in jugendlichen Zeiten gewisse Bibelstellen vertraut, unter anderem die Stelle Johannes 3,16. Als ich an einer Tagung für moderne Kirchenmusik teilnahm, wollte einer der teilnehmenden Pfarrer wissen, wo denn das steht: „Also hat Gott die Welt geliebt …“ Ich antwortete wie aus der Pistole geschossen. Der Pfarrer sah mich mit großen Augen an. „Sag mal, was machst du eigentlich so in deiner Freizeit? “, fragte er. Ich verstand die Frage nicht. Ich war nur etwas befremdet, dass die hohen geistlichen Herren die Bibelstelle offenbar nicht nennen konnten. Wie elementar diese Bibelstelle ist, wurde mir vor ein paar Monaten wieder einmal vor Augen geführt. Ich staunte nicht schlecht, als bei der Übertragung eines Fußballspiels nach dem Sieg irgendeiner südamerikanischen Mannschaft einer der Spieler sein Trikot hochzog und darunter ein Hemd zeigte, auf dem mit großen, für alle sichtbaren Buchstaben geschrieben stand: Joh. 3,16. Die Frage ist nur, ob die Nichtchristen dieses Glaubenszeugnis auch verstanden.

Natürlich war auch ein Mann wie Emil Frommel äußerst bibelfest. Er erwartete dies auch von seinen Kollegen und Mitchristen.

Das Missionsfest sollte unter anderem dazu dienen, für die ausrichtende Missionsgesellschaft eine reichhaltige Kollekte zu erheben. Frommel hatte seine Mitwirkung unter der Bedingung zugesagt, dass er etwas später würde kommen können. Dies wurde ihm natürlich zugestanden. Der Abend kam heran, und der Saal war voll erwartungsfroher Menschen, die den Hofprediger hören wollten. Der allerdings kam nicht. Offenbar hatte der vorangehende Termin doch länger gedauert als vorgesehen. Die Gesichter wurden lang und länger. Der Veranstalter war am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Die Veranstaltung hatte ihren Zweck verfehlt. Noch schnell ein Schlusslied, und er wollte die Versammlung entlassen. Da öffnete sich die Saaltür, und herein trat der Langersehnte. Die Mienen hellten sich auf, als der Prediger nach vorne kam. Dieser wusste, dass er nun schon etwas Besonderes bringen musste, um der Veranstaltung zu ihrem eigentlichen Zweck zu verhelfen. Er sagte: „Ich sehe hier viele Kollegen. Jeder Theologe sollte seine Bibel kennen. Ich sage nun einen Spruch; und jeder, der nicht weiß, wo er steht, zahlt einen Taler. Wo steht geschrieben: Die Nacht ist keines Menschen Freund?“ Frommel ruft seine Kollegen mit Namen auf. Sprüche? Nein. Prediger? Nein. Psalmen? Auch nicht. Kurz und gut: Niemand kann die Stelle nennen. Jeder zahlt seinen Taler. Dann sagt Frommel: „Aber nicht nur die Pfarrer, jeder Christ sollte seine Bibel kennen. Ich schlage vor, dass jeder, der nicht weiß, wo der Spruch steht, eine Mark in die Kollekte zahlt.“ Eine Mark entsprach einem Drittel eines Talers. Das Körbchen füllt sich, der Veranstalter strahlt. So, nun noch ein Gebet, ein Schlusslied, Segen, Ende der Veranstaltung. Nachher beschwerten sich einige Pfarrer darüber, dass sie so öffentlich vorgeführt wurden und fragten, wo denn nun der Spruch eigentlich stünde. Frommel zuckte mit den Schultern. „In der Bibel jedenfalls nicht. Ich glaube, er ist von Seume.“ Es ist ein Sprichwort, aufgezeichnet von Karl Simrock, wird bisweilen aber auch Gellert, Gryphius oder eben auch Seume zugeschrieben. Anna Ritter hat es in einem Gedicht verwendet.

Manchmal muss man sich im geistlichen Beruf schon sehr zusammennehmen und sich üble Kommentare verkneifen. Das erfuhr ein hoffnungsfroher Vikar.

Sonntagmorgen. Der Verkehr auf der Hauptstraße ist schon beträchtlich. Eine alte Dame will die Straße überqueren, aber irgendwie schafft sie es nicht. Da kommt Vikar Meiering daher, auf dem Weg zu seinem Predigtdienst in der Kreuzkirche. Er sieht die alte Dame, und mit vorbildlichem Diensteifer hilft er ihr über die Straße. „Wohin soll es denn gehen so früh am Sonntag?“ – Die Dame: „Ich gehe in die Kirche.“ – „Ach, das freut mich aber. In welche Kirche gehen Sie denn?“ – „In die Kreuzkirche.“ – „In die Kreuzkirche, so, so. Da gehe ich auch hin.“ – „Ach ja? Dann können Sie mir vielleicht sagen, wer heute predigt.“ – „Aber ja!“, verkündet der Vikar mit stolzgeschwellter Brust. „Heute predigt der Vikar Meiering.“ Die Dame: „Der Vikar Meiering? Da bringen Sie mich nur gleich wieder über die Straße zurück, zum Vikar Meiering gehe ich nicht, der predigt immer so langweilig.“ Und Vikar Meiering brachte sie zurück.

Es gibt auch Vikare, die ihre eigenen Schwächen und Obsessionen pflegen und nur schwer davon abzubringen sind.

„Wie macht sich denn Ihr Vikar?“, fragt der Bischof einen Pfarrer. „Och, ganz gut, er hat nur einen Fehler. Er wettet leidenschaftlich gern. Und das Schlimmste dabei ist, er gewinnt immer.“ Der Bischof meint: „Schicken Sie ihn doch einmal zu mir.“ So geschieht es. Der Vikar sitzt dem Bischof gegenüber, man redet über dies und das. Dies, das ist das Amtsverständnis, und das, das ist die Wettleidenschaft. Da sagt der Vikar: „Komisch, dass Sie davon anfangen. Ich wollte sowieso gerade eine Wette mit Ihnen abschließen.“ – „Eine Wette? Mit mir?“ – „Jawohl, mit Ihnen. Sie haben da am rechten Schuh so eine Art Ausbuchtung. Ich wette, Sie haben da ein Hühnerauge.“ Der Bischof jubiliert. Er weiß, er hat kein Hühnerauge. „Um was wollen Sie denn wetten?“, fragt er. „Um, sagen wir, eine Flasche Champagner. Aber nicht den von ALDI!“ Der Bischof zeigt sich einverstanden, er schlägt ein und zieht sich vor dem Vikar den Schuh und die Socke aus. „Sehen Sie? Weit und breit kein Hühnerauge. Lassen Sie es sich zur Lehre dienen, junger Mann! Man kann auch ganz schön reinfallen beim Wetten.“ Anstandslos bezahlt der Vikar seine Wette in Geldeswert, 40 Euro für die Flasche Schampus, und schreitet von dannen. Der Bischof aber ruft hochzufrieden den Pfarrer an und erzählt ihm von der gewonnenen beziehungsweise verlorenen Wette. Der Pfarrer antwortet: „Um Gottes Willen, Herr Amtsbruder, das haben Sie getan? Mit mir hat er um eine Kiste Champagner gewettet, dass Sie vor ihm Schuh und Strumpf ausziehen!“

Wenn jemand Pfarrer ist, gehört er einem der Berufszweige an, bei denen immer gefragt wird: „Warum haben Sie ausgerechnet diesen Beruf gewählt?“ Polizisten gehören dazu, Richter, Gefängniswärter und Klofrauen. Oft ist das ein Ausdruck dafür, dass der Beruf des Pfarrers gering geschätzt wird.

Eduard Mörike (1804–1875) war bekanntlich Pfarrer in Cleversulzbach. Auf einem Empfang traf er einen Offizier. Der meinte recht herablassend zu dem geistlichen Dichterfürsten: „Wenn ich mal einen recht unbegabten Sohn haben sollte, dann würde ich ihn Pfarrer werden lassen.“ – „Oh“, gab Mörike mit feinem Lächeln zurück, „sehr bedauerlich, dass nicht schon Ihr Herr Vater so gedacht hat.“

Es gibt natürlich Exemplare bei Gottes Bodenpersonal, die jedes Vorurteil rechtfertigen und für ihren Herrn schlechte Zeugen sind. Manchmal finden sie auch ihren Meister.

T. S. Eliot (1888–1965) hörte, wie ein ziemlich hochnäsiger Pfarrer sich beklagte: „Heute Morgen habe ich wieder vor einem Haufen von Eseln predigen müssen.“ – „Aha“, sagte Eliot, „jetzt wird mir klar, weshalb Sie Ihre Predigt mit den Worten begonnen haben: Liebe Brüder und Schwestern!“

John Wesley (1703–1791), der Begründer des Methodismus, war nicht gerade für seinen Humor bekannt. Er war ein Erweckungsprediger, der es mit dem Glauben sehr ernst nahm. Er war mit Sicherheit ein sehr würdiger Vertreter seiner Zunft und hat viele Menschen zum Glauben geführt. Deshalb wurde er von Amtskirche und Welt auf das Heftigste angefeindet. Dass er dennoch einem Gegner auf witzige Art Paroli bot, traut man ihm nicht unbedingt zu; es macht ihn aber umso liebenswerter.

John Wesley war auf einem schmalen Fußpfad unterwegs. Da begegnete ihm ein Mann, der den Prediger kannte und aus tiefstem Herzen hasste. Der Weg war so schmal, dass einer dem anderen Platz machen musste. Der Mann sagte ziemlich grob: „Für einen Idioten mache ich keinen Platz.“ Wesley antwortete: „Ich hingegen versäume es niemals!“ und ging zur Seite.

Der wilde Charakter des Wilden Westens brachte es mit sich, dass dort so manches Original zum Bodenpersonal Gottes gehörte. Zu den legendären Gestalten gehörte Peter Cartwright (1785–1872). Er hatte im Alter von 16 Jahren ein Bekehrungserlebnis und wandte sich der Methodistenkirche zu. Dort wurde er Prediger und „Bezirksreiter“, das heißt, er besuchte die Gemeinden zu Pferd. Das tat er fünfzig Jahre lang; und die Legende sagt, dass er auf dem Pferderücken starb, im Alter von immerhin 87 Jahren. Seine Methoden waren herzhaft; für die heutige Zeit sind sie wohl nicht zu kopieren. So bekehrte er einst einen Gastwirt, indem er ihn übers Knie legte, das vielstrophige Lied „Es ist Kraft in des Lammes Blut“ sang und den Takt dazu auf dem Allerwertesten des Gastwirtes schlug – besonders kräftig natürlich beim Refrain: „Es ist Kraft, Kraft, wunderbare Kraft in dem Blut, in dem Blut, es ist Kraft, Kraft, wunderbare Kraft in dem Blut des Lammes allein.“ Die letzte Strophe hörte der Gastwirt schon als Christ …

Im Saloon im Wilden Westen taucht ein Fremder auf. Er ist schmal, ein wenig grau im Gesicht und schon etwas ältlich. Er verschafft sich durch einen Pistolenschuss Gehör und teilt den Gästen mit: „Heute will ich mich besaufen. Wer besäuft sich mit mir?“ Die Gäste, gestandene Cowboys und Westmänner, lachen. Um dem Fremden eins auszuwischen, bestimmen sie den besten Säufer des Hauses zum Wetttrinken. Nach zwei Stunden tragen sie ihn hinaus, während der Fremde ganz vergnügt pfeifend das Lokal auf seinen zwei Beinen verlässt. Das Rätselraten ist groß. Am nächsten Abend ist der Fremde wieder da. Diesmal braucht er keinen Pistolenschuss, um Ruhe zu schaffen. „Heute will ich mich mit jemandem prügeln. Wer prügelt sich mit mir?“ Die Erfahrungen vom Abend zuvor sind auf einen Schlag vergessen, und man bestimmt den besten Prügler des Lokals, sich mit dem schmalbrüstigen Fremden zu messen. Zwanzig Minuten später muss man den Barbier des Ortes holen, um den Prügler zu verbinden, während der Fremde sich die Hände reibt und sich noch einen Whiskey einschenken lässt. Am Abend drauf ist er wieder im Saloon. Diesmal wollen sie es ihm aber richtig zeigen. „Heute Abend will ich mich mit jemandem schießen. Wer schießt sich mit mir?“ Dröhnendes Gelächter; und der beste Schütze im Saloon wird auserwählt, dem Fremden zu zeigen, wie man in dieser Stadt auf Fremde schießt, die sich etwas einbilden. Die beiden gehen vor die Tür, die Zuschauer ebenfalls. Das Ritual beginnt, die Schüsse fallen. Der Schütze aus dem Saloon hält sich wimmernd das Knie und ruft nach einem Krankenwagen, während der Fremde lächelnd den Revolver ins Holster steckt. Am Abend drauf, es ist mittlerweile der vierte, taucht er wieder im Saloon auf. Bei seinem Anblick verstummt jedes Gespräch. In den Gesichtern der Gäste malt sich widerstrebende Achtung vor dem Fremden. Der bestellt sich einen Whiskey, lehnt sich an die Theke und sagt: „Übrigens, morgen ist Sonntag, da will ich euch in der Kirche sehen, und zwar alle, ohne Ausnahme. Ich bin euer neuer Pastor!“

Wohin gehört der nun folgende Witz? Er ist typisch für Gottes Bodenpersonal; aber er könnte auch unter dem Titel „Tod, Himmel und Hölle“ stehen. Dort stand er zunächst auch; aber dann wurde mir bewusst: Es handelt sich ja nur um Träume. Und Tod, Himmel und Hölle sind keine Träume.

Der Organist und der Pastor des Ortes pflegen eine herzliche Abneigung gegeneinander, wie das wohl öfters einmal vorkommt. Bei einer Hochzeit zieht der Pastor den Organisten auf: „Ich träumte, ich sei gestorben und komme an die Himmelstür. Ja, alles ist so, wie wir das glauben: Petrus lässt mich rein. Es ist auch alles ganz herrlich und wunderbar. Aber je weiter wir in den Himmel kamen, desto lauter wurde es. Schließlich kamen wir vor eine Tür, dahinter war es so laut, dass man sein eigenes Wort fast nicht verstehen konnte. Ich fragte: „Wer macht denn hier so einen Krach?“ Petrus antwortete: „Das sind die Organisten, die hören nicht auf, sich gegenseitig zu verprügeln.“ Die Hochzeitsgesellschaft lacht, der Organist nicht. Bei der nächsten Hochzeit sitzt er wieder neben dem Pastor. „Ach übrigens“, eröffnet er das Gespräch, „ich habe letztens dasselbe geträumt wie Sie. Ich starb und kam in den Himmel. Ja, ganz recht, es wurde immer lauter. Wir kamen auch an die Tür mit den Organisten. Aber wir gingen noch weiter. Und je weiter wir kamen, desto ruhiger wurde es. Schließlich kamen wir an eine Tür, dahinter war es so still, dass man seinen Atem hören konnte. Ich fragte Petrus, wer denn hinter dieser Tür sei. Er antwortete: „Das ist der Saal für die Pastoren.“ Ich fragte weiter: „Und warum ist es da so still?“ Petrus antwortete: „Bis jetzt ist noch keiner hineingekommen.“


Evangelische und katholische Geistliche verstehen sich nicht immer als Konkurrenten, sondern sind einander oft recht zugetan. Vor allem mit zwei katholischen Pfarrern hatte ich als Methodist ein geradezu freundschaftliches Verhältnis. Der eine druckte meinen Gemeindebrief und der andere trank meine Weine. Der eine war mir so lieb wie der andere.

Ein evangelischer und ein katholischer Pfarrer unterhalten sich über die Unterschiede ihrer Glaubenslehren, in aller Freundschaft, versteht sich, aber heftig. Am Ende erzählt der Katholik seinem Bischof: „Wir haben uns geeinigt. Wir dienen beide demselben Herrn, er auf seine Art und ich auf die Seine.“ Und zeigt dabei nach oben.

Manchmal fragen sich die Gemeindeglieder, ob ihr Pastor das alles auch lebt und glaubt, was er verkündigt. Gerade die Intellektuellen finden Möglichkeiten, den Verkündiger auf die Probe zu stellen – sehr zu Recht. Glauben und Leben sollen eine Einheit sein.

Der Dorfschulmeister trifft den Pastor am Rande einer dörflichen Kirmes. Er sagt: „Sie haben letzten Sonntag gepredigt, dass, wer auf die rechte Wange geschlagen wird, dem Täter auch die linke hinhalten soll (Matthäus 5,39). Stimmt das?“ Der Pastor bejaht die Aussage, und sofort schlägt ihn der Lehrer auf die rechte Backe. Der Pastor reibt sich überrascht die schmerzende Stelle, doch dann hält er dem Lehrer die andere Backe hin, die dieser ebenfalls mit einer kräftigen Ohrfeige versieht. „So“, sagt der Pastor, „das ist die eine Seite.“ Dann holt er weit aus und zahlt es dem Lehrer mit gleicher Münze heim. „Desgleichen steht geschrieben“, kommentiert er seine kraftvollen Schläge, „mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden (Matthäus 7,2b).“ Inzwischen haben sich Zuschauer eingefunden. Auch der Dorfpolizist erscheint und fragt: „Was tun die beiden da? Prügeln die sich etwa?“ – „Nein, nein“, beruhigt ihn einer der Zuschauer, „sie legen sich nur gegenseitig die Heilige Schrift aus.“

Zu Gottes Bodenpersonal gehören auch die Heerscharen von Diakonissen und Nonnen, die oft in entsagungsvoller Schwerstarbeit Gott und den Nächsten dienen. Einige von ihnen waren und sind als Gemeindeschwestern tätig und fahren von Krankenlager zu Krankenlager, um den Menschen ihr trauriges Schicksal ein wenig zu erleichtern.

Eine Krankenschwester war mit ihrem alten Dieselmercedes unterwegs, als der Motor plötzlich streikte. Ein Blick zur Tankuhr offenbarte ihr den Grund: Sie hatte vergessen zu tanken. Aber das war halb so schlimm, dachte sie, ein Bauernhof war in Sichtweite, und Bauern, das wusste sie, haben meistens einen Öltank auf ihrem Hof, um ihren Traktor betanken zu können. In wenigen Minuten war sie dort und brachte ihr Anliegen vor. Gern wollte der Bauer ein paar Liter von seinem Treibstoff abgeben; aber womit sollte der transportiert werden? Nun war guter Rat wirklich teuer. Aber man darf keine Diakonisse sein, wenn einem nicht doch etwas einfallen soll. „Für alle Fälle“, sagte sie und schmunzelte, „habe ich noch ein Nachtgeschirr im Auto.“ – „Ein was?“, fragte der Bauer entgeistert. „Einen Nachttopf. Einen Pisspott, wenn Sie es nun schon so genau wissen wollen.“ Sie ging die paar hundert Meter zu ihrem Wagen zurück und kam mit dem Nachtgeschirr in der Hand zurück. Der Bauer füllte es, und die Diakonisse trug das kostbare Nass zu ihrem Wagen. Aus einer alten Zeitung, die sie noch im Wagen hatte, rollte sie eine Art Einfüllstutzen, und los ging es. Da hielt neben ihr ein Lastwagen. Der Fahrer beugte sich heraus und rief lachend: „Schwester, Ihren Glauben möchte ich haben!“

Beim Schreiben merkt man, dass diese Geschichte konstruiert ist. Ich habe schon statt der Tankstelle den Bauernhof erfunden; denn welche Tankstelle hätte kein Gefäß, um Benzin beziehungsweise Diesel zu transportieren? Aber auch dass es auf dem ganzen Bauernhof keine Flasche und keinen Kanister geben sollte, womit man den Diesel hätte transportieren können, ist äußerst unwahrscheinlich. Und dass der Lastwagenfahrer sich aus dem Wagen herauslehnt hin zu dem am rechten Straßenrand stehenden Auto ist ebenso unglaubwürdig; er müsste sich ja über beide Beifahrersitze hinüber beugen. Trotzdem erzähle ich diesen Witz gern.

Es ist aber ein Irrtum, wenn man glaubt, nur Vollzeitbeschäftigte, sozusagen Profis, gehörten zu Gottes Bodenpersonal. Nicht ohne Grund spricht die Reformation vom Priestertum aller Gläubigen. Oft sind es die ganz einfachen Christen, die durch Wort und Tat das Evangelium verkündigen, und das manchmal wirkungsvoller als ausgebildete Theologen – wobei nichts gegen eine gute Ausbildung von Theologen spricht! Aber die persönliche Überzeugungskraft kann man nicht erlernen, sie ist Geschenk und Gabe. Auch Behinderungen bedeuten keineswegs, dass man nicht zu Gottes Bodenpersonal zählen kann. Manchmal ist es sogar die Behinderung selbst, die zu einer wirksamen Verkündigung beiträgt.

Bei der württembergischen Bibelgesellschaft in Stuttgart meldet sich ein Mann und bietet sich an, als sogenannter Bibelkolporteur zu arbeiten. Das ist so etwas wie ein Vertreter, der seine Ware an der Haustür verkauft, nur, dass es sich in diesem Fall um Bibeln handelt. Der Bewerber wäre an sich willkommen; er hat nur einen Fehler, der ihn in den Augen des Personalchefs völlig ungeeignet macht: Er stottert stark. Er bekommt kaum ein Wort ohne seine Sprachhemmung heraus. Die Bibelgesellschaft lehnt strikt ab. Aber der Mann bittet so hartnäckig um diese Arbeit, dass man ihm schließlich, nur, um ihn loszuwerden, zwanzig Bibeln gibt, die er an den Haustüren nicht verkaufen wird. So wird er vielleicht von seiner Leidenschaft geheilt. Am Abend kommt der Mann zur Abrechnung in die Bibelanstalt und verkündet stolz, er habe alle zwanzig Exemplare verkauft. Man mag es kaum glauben, aber der Mann zählt das Geld dafür auf Heller und Pfennig auf den Tisch. Man fragt ihn, wie er denn das gemacht habe. Der Kolporteur antwortet: „Ggganz aaainffach. Iiich b…bin an ddddie Tütür und hhhabe gegegeffragt: Kkkaufen Sisiesie mmmir einnne Bbibel aaab, oooder ssssoll iiich Ihnenen dddaraus v…vorllesen? Uuund ddie Llleutte hahahaben gg…gekauft.“


Der ernsthafte Hintergrund dieses Witzes: In Köln gab es tatsächlich einmal einen Jugendpriester, der stotterte. Er nutzte ebenfalls seine Behinderung als Instrument der Verkündigung. Wenn er etwas Wichtiges zu sagen hatte, aber die Sprechwerkzeuge wieder einmal ihren Dienst versagten, bat er seine Jugendlichen, ihm zu helfen, die schwierigen Worte zu finden und auszusprechen. Wenn sie mit dem Wort auch die Sache erkannt hatten, vergaßen sie sie meistens nicht wieder. Seine Jugendlichen hielten große Stücke auf ihn. Sie wussten, er braucht sie; und das gab ihnen ein Gefühl für ihren Wert.

Es gibt auch Menschen, die zu Gottes Bodenpersonal gehören, ohne dass ihnen das vielleicht bewusst ist. Sie legen einfach dort Hand an, wo es nötig ist, helfen, wo Hilfe gebraucht wird und verhelfen der inneren Ordnung von Menschen zu ihrem Recht. Ein ostfriesischer Bauer gehörte sicherlich zu diesen Menschen. Die folgende Geschichte ist authentisch.

Es war während des Zweiten Weltkrieges. Die Bauern hatten es in der Lebensmittelknappheit immer noch ganz gut getroffen; aber manche Menschen waren schon nahe am Verhungern. So erging es auch einer Familie, die in der Nachbarschaft eines Bauern lebte. Der Bauer jedenfalls sah, dass hier Hilfe nötig war. Er brachte den Leuten eine Milchziege. Er habe keinen Platz mehr für sie, sagte er, und wolle das Tier deshalb bei den Nachbarn einstellen. Als Miete sollten sie die täglich anfallende Milch erhalten. Das hatte sich der Bauer so ausgedacht, um die Nachbarn nicht zu beschämen. Die Nachbarn nahmen die Ziege mit Freuden an. Eines Abends aber ging es ihnen so schlecht, dass sie in ihrer Not die Ziege schlachteten, um wenigstens einmal etwas Fleisch in den Kochtopf zu bekommen. Dies bemerkte aber ein dritter Nachbar. Der hatte nichts besseres zu tun, als eilig den Besitzer der Ziege über das Schicksal des Tieres in Kenntnis zu setzen. Da sagte der Bauer zu dem Denunzianten: „Ach, die armen Leute, dann haben sie ja gar keine Milch mehr. Hier ist eine Kanne Milch, bring sie schnell mal eben hinüber.“ Mit welchen Worten der Denunziant die Milch überbrachte, ist nicht überliefert; es muss wohl eine peinliche Angelegenheit gewesen sein.

Wie sehr auch Gottes Bodenpersonal aus Menschen besteht, musste ein katholischer Architekt erfahren.

Ein Architekt reichte die Pläne für den Neubau eines Priesterseminars ein. Wenige Tage später erhielt er sie zurück mit der lateinisch gestellten Frage: „Suntne angeli?“ Er musste erst seinen Priester um die Übersetzung bitten: „Handelt es sich um Engel?“ Er hatte vergessen, die Toiletten einzuplanen.

Selig sind die Lachenden

Подняться наверх