Читать книгу German Cop - Dieter Jandt - Страница 6

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2.

Wagner lag mit nacktem Oberkörper quer auf dem breiten Bett, auf dem er eigentlich mit Nok hatte liegen wollen. Allein die Vorstellung, mit einer Mörderin zu schlafen, fand er faszinierend. Genau genommen hatte er ja schon vor Jahren mit ihr geschlafen, aber damals hatte er nicht gewusst, dass sie ihren Lover Lochner, seines Zeichens zwielichtiger Edelsteinhändler, erschossen hatte. Wagner sah sich also, da er mittlerweile wusste, was sie seinerzeit angestellt hatte, um diese Erfahrung betrogen. Er schaute am eingeschalteten Fernseher vorbei auf die in der Ferne blinkende Skyline von Bangkok bei Nacht. Dagegen waren die siebeneinhalb Hochhäuser von »Mainhattan« eine Miniaturausgabe, Legoland. Unablässig funkelte und blinkte es in allen möglichen Farben herüber, verblasste, schien wieder grell auf. Da lockte das Leben.

Wagner nuckelte missmutig an einer Bierflasche und betrachtete seinen Bauch. Das Zeug würde vermutlich noch mehr ansetzen als Weizenbier. Es hatte 6,0% Alkohol und konnte locker eine Mahlzeit ersetzen.

Warum war er nicht mitgegangen, als Nok vor einem der unzähligen Department Stores Bangkoks vorgab, dringend, aber ganz dringend zur Toilette zu müssen, sofort. Nein, stattdessen hatte er den Taxifahrer anhalten lassen, sich zurückgelehnt und die Krawatte gelockert. Der Wind der Air-Condition-Anlage umwehte ihn angenehm. »Bis gleich«, versicherte Nok und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Allein das!

Wo war seine journalistische Spürnase? Zwanzig Minuten später irrte Wagner durch die labyrinthisch verzweigten Gänge des Konsumtempels und wusste bald, dass Nok ihn geleimt hatte. Auf Nimmerwiedersehen. Vermutlich. Wie sollte er Nok jemals hier in dieser riesigen Stadt wiederfinden, in diesem Land, das ihm fremd war wie nur was? Sie im Gefängnis aufzuspüren war dagegen beinahe eine Kleinigkeit gewesen. Vor nicht einmal zwei Wochen hatte er aus der Zeitung erfahren, dass sie Lochner erschossen hatte und nicht ihr eifersüchtiger Ehemann. Dass man sie in Thailand verhaftet hatte.

Wagner schaute verständnislos auf die schrille TV-Show, die ihm noch alberner und gehaltloser vorkam als eine in Deutschland, obwohl er das gar nicht beurteilen konnte, da er nie eine anschaute. Er zog seine Shorts, die eher an eine formfreie Turnhose erinnerte, ein wenig hoch, um nicht seinen Bauch betrachten zu müssen.

Nok hatte Lochner getötet. Irre! Wagner bewunderte sie dafür, wie alles an ihr. Und als er sich vorgestellt hatte, wie sie da völlig schutzlos in Auslieferungshaft saß und darauf wartete, anschließend jahrelang in einem deutschen Gefängnis zu verbringen, war in ihm die Überzeugung gereift, dass man ihr helfen müsse, bevor sie wirklich ausgeliefert würde – und dass das vielleicht gar nicht so schwer war. Er erinnerte sich an diesen Polizisten vom BKA, der ihm eine Menge schuldig war, weil Wagner ihm einmal mit einem Zeitungsartikel aus der Patsche geholfen hatte, als es um Amtsmissbrauch und Bestechung ging. So gesehen konnte der Wagners Ansinnen, ihm seinen Dienstausweis zu leihen – »Nur für ein paar Wochen, garantiert nicht länger« –, kaum zurückweisen. Wagner wusste von Nok, dass wie für Westler die Gesichter von Thailändern umgekehrt ebenso für Thailänder die Gesichter von Westlern anfangs kaum auseinanderzuhalten waren. Irgendwie sahen sie zunächst alle ziemlich gleich aus, und der Polizist auf dem Foto des Dienstausweises war ja auch blond wie Wagner und hatte blaue Augen. Das musste reichen. Und das traf ja auch zu. Mit dem Ausweis war er glatt durchgekommen, niemand hatte ihn prüfend gemustert, weder bei den Auslieferungsbehörden in Bangkok und schon gar nicht, als er die Haftanstalt betrat. Dort war er ja angekündigt worden. Und so schaute niemand genau hin. Schon zuvor schien es ihm, dass er unter Umständen leichtes Spiel haben würde. Und gleich nachdem er im Hotel eingecheckt hatte, ließ er sich mit dem Taxi nach Phaya Thai, einem Stadtteil Bangkoks, kutschieren und legte einem akkurat gescheitelten Mann in einer blauen Anzugjacke mit gestärktem Kragen als Beweis seiner Zuständigkeit das Auslieferungsersuchen vor. Kommissar Bärhalter, der seinerzeit als Leiter der Mordkommission mit dem Fall beschäftigt war, hatte ihm das Dokument auf seine Bitte hin gezeigt, weil Wagner vorgab, eine letzte abschließende Reportage zu diesem Fall schreiben zu wollen. Wagner hatte sogleich, da Bärhalter dringend zu einem neuen Tatort musste, in einem nahe gelegenen Kopierladen ein täuschend echtes Duplikat angefertigen lassen, das er sodann auf Bärhalters Schreibtisch legte. Das echte Dokument nahm er mit und kontaktierte sogleich die thailändischen Behörden, um den echten Beamten vom BKA zuvorzukommen. Im Übrigen würde er von Bärhalter nicht viel zu befürchten haben. Immerhin hatte Wagner damals als Schreiberling der »Rundschau« in weiten Teilen den Fall um die drei Morde und die krummen Edelsteingeschäfte aufgeklärt und nicht Bärhalter, außer dass er mit dem Mord Noks schief lag, und das vermutlich auch so gewollt hatte, ganz einfach, weil er sie liebte. Aber das nutzte ihm jetzt auch nichts.

Was tun? Mit dem nächsten Flieger zurück? Däumchen drehen, wo er doch momentan als freier Journalist keine Aufträge hatte und Lokalredaktionen »unter dem Schirm« großer Verlage zusammengelegt wurden? Lieber Nok suchen, bei der Shiny Gem, diesem windigen Edelsteingroßhandel irgendwo in diesem Moloch Bangkok?

German Cop

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