Читать книгу GEOCACHING 2.0 - Der neue Freizeitpark in Oberstdorf - Dieter Krampe - Страница 6
Kapitel 2 - Telefonat mit Münster 01.02., 10:00
ОглавлениеRobert hat nach dem Frühstück einen neuen Verband an der rechten Hüfte erhalten. Er hat sehr unruhig geschlafen, da er nach dem Besuch Siggis immer wieder an die beiden Frauen denken musste, die den Tod des jungen Kaplans Marc Teuffel der Oberstdorfer katholischen Gemeinde St. Johannes Baptist mit auf dem Gewissen hatten. Eine der beiden soll fest mit dem Mörder verbandelt gewesen sein. Mindestens eine von ihnen war auf dem kompromittierenden Nacktfoto des Kaplans abgebildet. Hatten die beiden auch etwas mit der Ermordung durch diesen Bobo Babayigit zu tun. Könnten sie eventuell seinen Tod rächen wollen?
Er greift zu seinem dreizehn Jahre alten Handy, dem Nokia 3310, das seine Enkel Sebastian und Britta despektierlich als Relikt aus der Dinosaurier-Zeit bezeichnen. Siggi hat ihm die Privatnummer von Frank Thiel, dem zuständigen Kriminalhauptkommissar in Münster aufgeschrieben.
Nach dreimaligem Läuten switcht der Ton um. Dann meldet sich eine sonore Stimme: „Professor Dr. Karl-Friedrich Boerne, wir wünschen einen schönen guten Tag!“
Schibulsky zuckt zusammen. „Oh, Verzeihung, da muss ich mich verwählt haben.“ So schnell wie möglich beendet er das Gespräch. Er kontrolliert noch einmal die Ziffernfolge auf der Wahlwiederholung. „Mmmh, das verstehe ich nicht“, murmelt er in seinen Stoppelbart. „Die Nummer muss doch stimmen.“ Daher wählt er nochmals dieselbe Nummer.
„Professor Dr. Karl-Friedrich Boerne, wir wünschen einen schönen guten Tag. Was können wir für Sie tun?“
„Entschuldigen Sie die Störung. Hier spricht Robert Schibulsky aus Bielefeld. Ich wollte eigentlich Hauptkommissar Thiel sprechen.“
„Natürlich, ich verstehe“, antwortet der Rechtsmediziner. Sie wollen meinen Nachbarn sprechen. Wissen Sie, wir haben eine Telefonschaltung zwischen unseren benachbarten Wohnungen. Wenn die gewünschte Person gerade nicht da ist, schaltet unser Computer zum jeweils anderen Apparat um.“
„Ach ja, ich verstehe“, erwidert Robert, obwohl er eigentlich nichts verstanden hat. Also ist Ihr Nachbar nicht zu Hause, oder?“
„Das würde ich so nicht sagen. Ich glaube, es ist gestern Nacht wieder mal sehr spät bei ihm geworden. Sein Fußballklub FC St. Pauli hat wohl nach langer Zeit wieder mal gewonnen. Dann kommt der Herr Hauptkommissar immer schlecht aus den Federn, wenn Sie verstehen. – Worum geht es denn eigentlich?“
„Wissen Sie, Herr Professor, ich bin auch Hauptkommissar der Mordkommission Bielefeld gewesen. Und ich habe eine eher inoffizielle Frage zu den Ermittlungen der Kripo Münster.“
„Ja, aber, lieber guter Mann, da können Sie doch auch mich fragen. Wir arbeiten immer sehr eng zusammen, Thiel und ich.“
In diesem Augenblick öffnet sich die Tür zu Boernes Wohnzimmer. Verschlafen schaut Frank Thiel um die Ecke. Trotzdem schließt er blitzschnell, dass sein Nachbar sich wie immer in Sachen einmischt, die ihn nichts angehen.
„Mensch, Boerne, halten Sie sofort den Mund und kümmern Sie sich lieber um Ihre Angelegenheiten. Wollten Sie nicht heute Morgen schon die Leiche der jungen Studentin obduzieren, die wir gestern Nacht aus dem Aasee gefischt haben?“
Der Professor wiegelt mit dem linken Arm ab. „Sie nun aber auch wieder. Ist wohl gestern wieder etwas später geworden? Und die Luft war so trocken, nicht?“
Thiel geht ärgerlich auf seinen Nachbarn zu, deutet mit der rechten Faust auf dessen Kinn und reißt ihm den Telefonhörer aus der Hand. „Ja, hier spricht Hauptkommissar Thiel, heute ist Wochenende. Was wollen Sie denn?“, blafft Thiel mürrisch in den Hörer.
„Entschuldigen Sie, Herr Thiel. Hier spricht einer Ihrer Ex-Kollegen aus Bielefeld. Ich wollte Sie etwas fragen. Es geht um Mord und Erpressung, verübt von Tätern aus Münster. Vielleicht haben Sie von dem Fall aus Oberstdorf im Dezember gehört?“
„Hmmm, mal überlegen. Wenn, dann aber eher beiläufig, Herr …?“
„Robert Schibulsky.“
„Herr Schibulsky. Ich erinnere mich, dass wir einige Anfragen bezüglich einer Bande von Jugendlichen aus Bielefeld erhalten haben.“
„Genau, Herr Thiel, die kamen von meinem Kollegen KHK Siegfried Baranowski aus Bielefeld. Der Anführer, namens Nasreddin Babayigit, konnte als Täter bei drei Mordfällen überführt werden. Er wurde übrigens auf der Flucht mit seinem Motorrad in den Bergen bei Oberjoch erschossen. Sein Freund Steffen Herbst wurde wegen Entführung und Erpressung und wahrscheinlich auch wegen Beihilfe zum Mord gefasst. Mich interessieren allerdings auch noch die beiden weiblichen Mitglieder der Bande: eine Charlotta Bernaschek und eine Agneta Kubulus. Alle haben in Münster gewohnt.“
Frank Thiel hat aufmerksam zugehört, aber nicht sogleich alles aufgenommen. Daher fragt er vorsichtig nach: „Ist denn Ihr Fall noch nicht abgeschlossen?“
„Die Morde von Oberstdorf hat die Kripo Kempten aufgeklärt. Von daher gibt es keinen weiteren Bedarf. Ich habe allerdings das Gefühl, dass die beiden Frauen mit zu den Tätern gehören und sich rächen könnten.“
„Hören Sie, Herr Schibulsky, im Moment bin ich da überfragt. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich mich nochmals um die Sache kümmern werde.“
„Das wäre schön.“ Robert zögert einen kurzen Augenblick. Dann wechselt er das Thema: „Herr Thiel, ich habe von Ihrem Nachbarn gehört, dass Sie eingefleischter St. Pauli-Fan sind. Ich bin alter Bielefelder Armine. Was halten Sie davon, wenn ich Sie zum Spiel Bielefeld gegen St. Pauli einlade. Ich glaube, die spielen in der nächsten Woche hier in Bielefeld gegeneinander.“
Frank Thiel schießen Tränen in die Pupille. Er muss augenblicklich an seinen alten Heimatort denken. An sein geliebtes Hamburg und seine geliebten Kiez-Kicker. Deshalb stimmt er spontan zu: „Alte Fußball-Fans müssen zusammenhalten. Ich melde mich bestimmt: wegen der Damen und wegen des Spiels.“
„Wunderbar! Rufen Sie mich an!“
Langsam legt Robert sein Nokia auf den Nachttisch. Irgendwie hat er das Gefühl, einen neuen Freund gewonnen zu haben. Jetzt muss er nur noch schleunigst aus diesem Krankenhaus herauskommen.