Читать книгу Dreh den Schubkarren um! - Dieter M. Hörner - Страница 7

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Kapitel 3

Öl, richtig viel Öl


Der Schubkarrenmann schiebt seinen Schubkarren und wundert/ärgert sich, dass andere Menschen Steine hineinwerfen. Er versucht zwar seine Hand schützend über seinen Schubkarren zu halten, kann aber nicht verhindern, dass Steine in seinem Schubkarren landen.

Nach meiner Gesellenprüfung heirate ich und werde Vater eines wunderbaren Sohnes. Leider klappt es nicht mit dem Eheleben und so stehe ich mit meinen 23 Jahren vor der Scheidung. Eine spannende Zeit beginnt. Unterhaltsverpflichtungen kommen auf mich zu, sodass mir lediglich fünfhundert Mark monatlich zum Leben bleiben. Also erst mal wieder heim zu Mama und Papa. Ins ehemalige Kinderzimmer.

„Hallo Mama, ist meine Matratze noch auf dem Speicher?“

„Ja, mein Junge, warum?“

„Ich glaub‘, ich hab‘s verkackt. Kann ich ein paar Wochen wieder ins Kinderzimmer einziehen?“

„Jetzt gleich?“, fragt meine liebe Mama und schaut mich mit traurigen Augen an.

„Ja, wenn es geht. Und Mama, es ist alles ok, ich pack‘ das schon. Brauche einfach ein bisschen Ruhe, muss wieder auf die Beine kommen und schauen wie es weitergeht.“

„Ja, dann lass mich mal machen. Da muss ich erst mal alles putzen. Und das mit der Matratze geht gar nicht. Da bauen wir heute Abend das Bett auf. Dann muss ich das Bettzeug frisch waschen, das ist doch ganz verstaubt. Und deine Kleider, die kommen in den Schrank. Den räume ich dir aus. Hast du schon was gegessen? Geh erst mal in die Küche, da gibt es was Feines. Schau in die Töpfe, esse erst mal was.“

Meine Mama hat die Einstellung, dass es sich mit vollem Bauch viel besser leben lässt. Womit sie ja irgendwie Recht hat. Also gehe ich in die Küche und entdecke, wie erwartet, ein tolles Mama-Essen in den Töpfen.

Während ich am Küchentisch sitze, denke ich mir: So, du hast was zum Essen, ein Dach über‘m Kopf, Arbeit, ein Auto, es geht weiter. So schlimm wird‘s schon nicht werden.

Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie nicht viel danach fragen, was passiert ist, sondern einfach für mich da sind.

Was steht als nächstes an?, überlege ich mir am Abend, während ich in meinem ehemaligen Kinderzimmer auf meinem alten Bett liege. Das Finanzielle klären. Denn mit den fünfhundert Mark im Monat kannst du dir keine eigene Wohnung leisten. Hmmm, jetzt wäre eine bessere Schulbildung schon von Vorteil. Doch es ist wie es ist, also bringt es nichts, darüber allzu lange nachzudenken, zu jammern oder Schuldige zu suchen. Es muss was passieren, nur was?

Mir ist klar, dass ich etwas unternehmen muss. So etwas wie Hartz IV gibt es noch nicht und der Gedanke, zum Sozialamt zu gehen, kommt nicht mal auf. Ich bin clever genug, all meine negativen Gedanken nicht immer wieder durchzukauen oder endlos darüber zu lamentieren. Ich spüre, das würde mich endgültig fertigmachen und gehe in die Aktion.

Seltsamerweise belastet mich die finanzielle Situation nicht besonders, es ist eher so, dass ich spüre, da kommt noch was. Denn das kann ja nicht mein Leben in den nächsten Jahren sein, da passiert sicher was Gutes, denke ich mir.

Da ich aus einem finanzschwachen Elternhaus komme, habe ich schon früh gelernt mit sehr wenig Geld über die Runden zu kommen. Ich weiß, dass es möglich ist, auch mit wenig glücklich zu sein. Zumal in dieser Zeit mein größtes Glück, mein Sohn, der kleine Mike-Oliver, mein Leben unendlich bereichert. Ich packe es, ganz sicher! Ich gehe also frohen Mutes weiter arbeiten, richte mich erst mal so ein, dass es finanziell irgendwie geht, freue mich auf die Wochenenden mit meinem Sohn und mache mir ansonsten keine großen Gedanken.

Eines Tages werde ich von einem Bekannten darauf angesprochen, ob ich viel Geld verdienen und mein Leben verändern wolle. Klar doch, was Neues anpacken, denn das Alte hat nicht funktioniert. Und so lande ich an diesem, für mich besonderen Wochenende in einem Business-Hotel in Frankfurt. Alle in Anzügen, große Autos auf dem Parkplatz, teures Hotel, sehr beeindruckend.

Ich muss gestehen, ich kapiere absolut nichts von dem, was der Sprecher auf der Bühne referiert. Plötzlich liegt ein Vertrag vor mir, ich schaue mir das an und denke: Na, schlimmer kann es ja nicht werden, dann unterschreibe ich spontan.

„Herzlichen Glückwunsch, Herr Hörner, sie haben gerade eben ein spektakuläres Produkt eingekauft. Ein revolutionäres Produkt. Dieses Produkt, Herr Hörner, das wird nicht verkauft. Sie müssen es nicht verkaufen, Herr Hörner, denn es wird gekauft! Da warten Tausende Menschen förmlich darauf, von Ihnen angesprochen zu werden! Sie erhalten die unglaubliche Provision von 22% pro verkauftem Liter! Die Kunden werden es Ihnen aus der Hand reißen. Denn das ist kein normales Öl! Die Wirksamkeit dieses Produktes beruht auf einer Beschichtung mit Polytetrafluoräthylen der vom Motoröl erreichten Metalloberflächen. Die Beschichtung konnte durch raster-elektronenmikroskopische Untersuchungen bestätigt werden. Eine mikroanalytische Auswertung beweist den Fluorgehalt des Schichtmaterials. In einem Vollmotorentest wurde mit Hilfe der Radioisotopenmethode eine Verschleißminderung von 54% an einer Kolbenringlauffläche nachgewiesen!“

Ok, denke ich, dann kann ja nichts mehr schiefgehen.

Ich gehe am nächsten Morgen zur Bank, um einen Kredit für das Öl aufzunehmen. Mir wird empfohlen, der Bank zu sagen, ich wolle Möbel kaufen, denn die haben ja keine Ahnung von der Wirksamkeit und den Erfolgsaussichten dieses revolutionären Produktes. Zum Zeitpunkt des Bankbesuches weiß meine Bank noch nichts von meinen Unterhaltsverpflichtungen, so dass ich anstandslos den Kredit bekomme. Mit einer Rate von zweihundertfünfzig Mark hat sich mein monatlicher Betrag, den ich zur Verfügung habe, nun um die Hälfte reduziert. Es geht aufwärts!

Meine Kartons mit dem Öl werden mir von meinem Verkaufsleiter direkt in den Kofferraum sowie auf den Rück- und den Beifahrersitz geladen. Also heim damit.

Mein Vater und mein Bruder sitzen beim Essen. Gut, so kann ich leise Kiste um Kiste in den Keller tragen. Bei der letzten Kiste steht mein Vater auf, um nachzuschauen, was ich da in den Keller schleppe.

„Was ist denn das?“

„Papa, ich habe Öl gekauft. Das ist eine tolle Sache, das ist ein revolutionäres, neues, weltweit patentiertes Produkt, eine Motorinnenbeschichtung auf Polytetraflur….. Ähhh, auf Teflonbasis, also so wie die Pfannen, du verstehst schon, sozusagen ein Teflon-Pfannen-Öl, was ganz Tolles...!“

„Aha, wie viel hast du denn davon?“

„Weiß nicht genau, einige Liter!“

„Wie viel du hast? Das musst du doch wissen, Junge!“

„Sechzig Liter.“

„Ahja, nur sechzig, na dann. Und was kostet so ne Dose Öl?“

„Papa, das ist kein Öl, das ist eine ganz spezielle Motorinnenbeschichtung!“

„Junge, was hast du bezahlt?“

„Sechstausendsechshundertvierundsechzig Mark und vierzig Pfennig.“

Mein Vater schaut mich nur an, schüttelt den Kopf und geht wieder nach oben. Meine Mutter blickt nur traurig, nimmt mich in den Arm und füllt meinen Teller besonders voll.


Die 3. Botschaft des Schubkarrenmanns

Manchmal lässt es sich einfach nicht verhindern, dass Probleme bei uns landen, selbst wenn wir versuchen, uns davor zu schützen. Dann werfen die anderen ihre Sorgen, Ängste und Vorurteile in unseren Schubkarren. Auch Neid und Missgunst landen bei uns, wenn wir nicht achtsam bleiben. Vor allem achtsam mit uns selbst und unseren Gedanken. Denn genau genommen sind die Dinge, die wir in unserem Schubkarren wiederfinden, Resonanzen unserer eigenen Gedanken.

Ich verstehe die Reaktionen meiner Familie auf der einen Seite sehr gut, mir war ja selbst bewusst, dass ich mich da vielleicht in etwas hineingeritten hatte. Doch meine Ausgangssituation vor diesem Öleinkauf war ja auch nicht viel besser! Meine Eltern waren nicht in der Lage mich langfristig finanziell zu unterstützen und in meinem Beruf kam ich auch nicht weiter, da fehlte mir schlicht und einfach die entsprechende Ausbildung. Ich stand mit dem Rücken zur Wand. Also nutzte ich diese Chance. Klar hatte ich Zukunftsängste, schlaflose Nächte und diesen unangenehmen Druck im Bauch und im Solarplexus.

Und was meinst du, wie viele meiner Bekannten mich auslachten und mich nicht ernst nahmen? Doch ich ließ es nicht zu, dass meine Ängste und die Stimmen der anderen mich lähmten. Ich sah eine Chance, die ich nutzte. Mit allem, was dazugehörte! Dieser Öleinkauf war mein Einstieg in eine neue Welt, in der ich in den ersten Jahren enorm erfolgreich war. Ich lernte zu mir zu stehen und ich verdiente eine Unmenge Geld.

Der damalige Öleinkauf war der Beginn meiner Selbstständigkeit, es war die beste Sache, die mir damals passieren konnte. Ich bin den Menschen, die mir dieses Öl verkauften, heute noch dankbar.

Ich habe damals meinen Lebens-Schubkarren „in Besitz“ genommen, nicht mehr zugelassen, dass andere mir die Sache mies machen und mich auf jene Menschen in meinem Umfeld konzentriert, die erfolgreich waren, Freude am Verkaufen hatten und mich unterstützten.

Fast exakt ein Jahr nach dem Öleinkauf ging ich ins Ausland. Hier war ich in der Mode- und Kosmetikbranche tätig. Ein sehr intensiver, lebendiger und spannender Lebensabschnitt. Ich heiratete nochmals und wurde vom Leben mit drei wunderbaren Jungs beschenkt.

Ich war finanziell erfolgreich und hatte meine Wünsche fest im Blick. Nur mich selbst verlor ich aus den Augen.

Ich vergaß meinen Kern und den Grund, warum ich in dieser Welt lebe.

Ich vergaß innezuhalten, auf mein Herz zu hören und dem Ruf meiner Seele zu folgen. Ich benutzte meine Gabe, mein Talent der Sprache, dazu, irgendwelche Luxusprodukte zu verkaufen.

Ich fiel in die alltägliche Trance hinein und erkannte nicht, dass das Hamsterrad nur von innen wie eine Karriereleiter aussieht.

Ich rannte, rannte, rannte, bis zu jenem Moment auf einem Autobahnrastplatz, als meine Seele anfing zu weinen.

Ich war 35 Jahre alt und stand erneut vor den Trümmern meines Lebens. Auch die zweite Scheidung kam auf mich zu. Das Einzige, was sich verändert hatte, war mein Kontostand. Doch auch dieser passte sich den Gegebenheiten an, sodass ich nach einiger Zeit wieder an der gleichen Stelle stand wie damals, als ich meine Mama fragte, ob die Matratze noch auf dem Speicher sei.

Doch dieses Mal nahm ich mir die Zeit, genau zu reflektieren. Ich richtete mich vollkommen auf das aus, was „meins“ ist.

Ich hörte auf mich zu verbiegen, ging in die Selbstliebe. Und es funktionierte wunderbar. Ich gründete mit meiner Petra, die ich kurz darauf kennenlernte, und meinem Freund Wolfi die Positiv Factory und meine wunderbare Tochter Tashina kam in mein Leben.

Ich verpflichtete mich selbst dazu, es nie mehr zuzulassen, dass mein Schubkarren so voll wird, bis ich daran zerbreche!

Natürlich es gab auch später immer wieder Momente, in denen ich meinen Lebens-Schubkarren anhalten und leichter machen musste. Doch ich ließ es nie mehr soweit kommen, dass er mir zu schwer wurde. Ich lernte aus meinen Erfahrungen. Ich lernte, dass ich den Inhalt meines Schubkarrens zum größten Teil selbst kreiere und dass ich entscheiden kann, wer was hineinwirft und was ich darin lassen will. Welch schöne, kraftgebende Erkenntnis!

 Ist dir bewusst, dass der Inhalt deines Lebens-Schubkarrens ganz allein in deiner Verantwortung liegt?

 Was befindet sich aktuell in deinem Schubkarren? Welche Wünsche, Freuden, Ängste und Sorgen beschäftigen dich?

 Wer hat deinen Lebens-Schubkarren gefüllt? Du oder andere?

 Ist dir bewusst, dass es gleichgültig ist, wer das war?

 Ist dir bewusst, dass es ebenso in deiner Verantwortung liegt, das zu entfernen, was dir nicht gefällt?

 Wem gestattest du Dinge hineinzuwerfen? Wem hörst du zu? Wer beeinflusst dich? Wer tut dir gut? Wer eher nicht?

 Ist dir bewusst, dass all die Dinge in deinem Lebens-Schubkarren etwas mit deinen Gedanken, Emotionen und Lebensentscheidungen, also mit deinen Handlungen, aber auch deiner Inaktivität zu tun haben?

 Wer entscheidet eigentlich, was in deinem Schubkarren landet und was nicht?

 Gibt es Menschen, die dich beim Befüllen oder Entleeren deines Schubkarrens unterstützen können?

 Weißt du, was dir fehlt oder wovon du zu viel hast und wann es Zeit ist „Stopp“ zu sagen?

 Ist dir klar, wie du etwas stoppen kannst, damit dein Umfeld auch eine Chance hat, es zu verstehen?

 Bist du auch bereit zu dir zu stehen und dein Ding zu machen, auch wenn andere es nicht verstehen oder du jemanden verletzen könntest?

 Weißt du, wie es sich anfühlt, sich in Selbstliebe um den Inhalt seines Lebens-Schubkarrens zu kümmern?

 Glaubst du, dass es sich lohnt, sich selbst um seinen Schubkarren zu kümmern?

Dreh den Schubkarren um!

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