Читать книгу Mein Wunscherbe. Teil 2: Im Land meiner Träume - Dietlinde Hachmann - Страница 7
VORWORT
ОглавлениеIch habe das Buch „MEIN WUNSCHERBE“ geschrieben, um das Andenken und das Schicksal von drei Menschen zu ehren, nämlich das meiner Mutter Lieselotte, meines Vaters Hans und das Onkel Deboos, den ich selbst leider nie kennen gelernt habe. Er entstammte einer indischen Brahmanenfamilie und studierte gemeinsam mit meiner Mutter in Schottland. Später wurde er in Kalkutta, Indien, angesehener Leiter des berühmten, riesigen Botanischen Gartens.
Außerdem habe ich es geschrieben, damit meine Geschwister und unsere Kinder davon erfahren, welch außergewöhnliches Leben unsere Eltern, ihre Großeltern, vor allem aber ihre Großmutter, gelebt haben, denn Frauen gingen im Jahre 1938 normalerweise nicht ins Ausland, um zu studieren, und die Wenigsten von ihnen hatten die Gelegenheit, sich in einen Inder zu verlieben.
Aber ich will der Reihe nach erzählen.
1938 lernte meine Mutter Lieselotte, als 19-jährige Studentin, in Schottland einen indischen Studenten kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick – und das von beiden Seiten. Der Krieg trennte die Beiden jedoch, noch bevor „es“ richtig angefangen hatte. Zurück in Deutschland erlebte Lieselotte die mannigfachen Schrecken des Krieges und heiratete schließlich Hans. Bis 1951 bekamen sie vier Kinder. Ihrem Mann hatte meine Mutter vor der Hochzeit von der Liebe zu dem Inder, der Liebe ihres Lebens, erzählt. Da er sich jedoch unsterblich in sie verliebt hatte und wahrscheinlich nicht damit rechnete, dass sich Lieselotte und dieser Inder je wieder begegnen würden, machte er ihr ein folgenschweres Angebot: Sollte Lieselotte „ihren Inder“ wiedersehen und feststellen, dass sie ihn immer noch mehr liebte als Hans, dann würde er sie freigeben.
Jahre vergingen. Die Familie fand sich zwar nach der Flucht vor den Russen wieder, sie hatte jedoch die gesichert scheinende Existenz und das vertraute Zuhause verloren. Sie kämpfte ums Überleben. Dieser Kampf ging nicht spurlos an dem Paar vorüber. Als sich das dritte Kind ankündigte, spürten sie beide keine Freude darüber, sondern machten sich gegenseitig Vorwürfe.
Zudem hatte sich Hans der Entnazifizierung durch die Briten entzogen, wodurch es für ihn fast unmöglich wurde, so eine adäquate Anstellung wie vor dem Krieg zu bekommen, um den Unterhalt der Familie zu gewährleisten. Schließlich erhielt er aber die Chance, sich als selbständiger Vertreter einer Bausparkasse zu bewähren, womit sich die Familie über Wasser halten konnte, und das Leben scheinbar wieder lebenswerter wurde. Die Tatsache, dass Lieselotte ein viertes Mal schwanger wurde, stürzte sie, und damit die Ehe, in eine tiefe Krise.
Aus dieser depressiven Situation entkam sie erst nach der schweren Geburt ihrer jüngsten Tochter, und nachdem das Schicksal sie junge, indische Studenten kennen lernen ließ, die sich in Deutschland sehr einsam und allein fühlten, was sie sehr gut nachvollziehen konnte. In den fünfziger Jahren gab es in Hamburg und Umgebung nur eine unerhebliche Anzahl von Indern. Sie wollte diese Wenigen zusammenführen und sie mit anderen deutschen Familien in Kontakt bringen, um ihnen damit Wärme, Nähe und Vertrautheit zu geben und ihnen zu vermitteln, dass sie sich in Deutschland wohlfühlen könnten. Das war der Anstoß zur Gründung der Deutsch-Indischen Gesellschaft.
Durch die Organisation von verschiedenen Veranstaltungen für die Studenten und deren Familien kam sie in Kontakt mit dem indischen Generalkonsul in Hamburg und dem indischen Botschafter in Bonn, die ihre Pläne stets unterstützten. Gleichzeitig war sie erfüllt von dieser Aufgabe und suchte nach immer neuen Herausforderungen. Die Liebe zu Indien wuchs und damit auch die Erinnerung an ihren indischen Freund Deboo.
Einer Eingebung folgend wusste sie plötzlich, an wen sie sich wenden musste, um seine Adresse in Indien zu erfahren. Nach Wochen des Wartens hielt sie seine überglückliche Antwort in den Händen. Daraufhin entstand ein reger Briefwechsel, in dessen Verlauf die Sehnsucht nach der Jugendliebe immer größer wurde. Lieselottes Ehe bestand mehr oder weniger nur noch auf dem Papier. Gemeinsamkeiten gab es fast ausschließlich durch die Deutsch-Indische Gesellschaft. Kinder und Haushalt wurden „nebenher“ versorgt.
Hans bemerkte zu spät, dass er eine Wende hätte herbeiführen können, und dass es ihm vielleicht an Verständnis mangelte, um seine Frau nicht gänzlich zu verlieren. Er spürte nur das Glück, das sie jedes Mal ausstrahlte, wenn wieder ein Brief aus Indien angekommen war. Schließlich sprachen sie miteinander und er erinnerte an sein Versprechen von einst: Er würde sie freigeben, wäre ihre Liebe zu Deboo größer als zu ihm. Um das festzustellen, ermöglichte und erlaubte er ihr die Reise nach Indien.
Keine zwei Wochen bevor das Schiff, mit Lieselotte an Bord, nach Bombay ablegte, besuchte der indische Ministerpräsident, Jawarhalal Nehru, die Stadt Hamburg. Als Präsidentin der Deutsch-Indischen Gesellschaft hatte sie die Gelegenheit, ein sehr privates Gespräch mit ihm zu führen. Nehru verabschiedete sich herzlich von ihr mit dem Versprechen, sie würden sich in Delhi noch einmal begegnen.
Sie war 37 Jahre alt, als sie von Hamburg mit dem Zug nach Genua aufbrach, um an Bord der „Victoria“ nach Bombay zu reisen. Dort wurde sie von Wilhelm von Pochhammer erwartet, dem deutschen Generalkonsul.
Sie wohnte bei einer sehr reichen Familie an dem legendären Marine Drive in Bombay. In langen Briefen berichtet sie Hans von einer Hochzeit, die unvorstellbar schien. Derart viel Geschmeide und Kostbarkeiten hatte Lieselotte noch nie gesehen. Aber sie erzählte auch von Einladungen, dem alltäglichen Leben reicher, indischer Familien und natürlich von vielen interessanten Sehenswürdigkeiten.
Ausführlich wird darüber im Buch:
„MEIN WUNSCHERBE.
Band I: Zwischen zwei Welten
Eine biografische Liebes-Reise-Dokumentation über die Gründerin der Deutsch-Indischen-Gesellschaft in Hamburg e.V.“,
ISBN 978-3-941404-12-0
das 2010 im ACABUS Verlag in Hamburg erschienen ist, berichtet.