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2.4.1 Zu- und Abwanderung

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In der öffentlichen Debatte wird oft der Eindruck vermittelt, dass Deutschland „schlecht tauscht“; dass also vor allem Hochqualifizierte das Land verlassen, während Geringqualifizierte zu uns kommen. In der Tat ist seit vielen Jahren ein stetiger Abfluss von Spitzenforschern in die USA sowie z.B. eine Abwanderung von Ärzten nach Skandinavien, in die Schweiz (und vor dem Brexit-Referendum auch nach Großbritannien) zu beobachten. Deutschland zieht allerdings wiederum Ärzte, aber auch zahlreiche Ingenieure und weitere nicht nur Geringqualifizierte, nicht nur aus Osteuropa an.

Abb. 2.4 vermittelt Ihnen eine Vorstellung über Zu- und Fortzüge und den korrespondierenden Migrationsüberschuss, der die Bevölkerung in Deutschland seit vielen Jahren über der Grenze von 80 Millionen hält. (Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kamen allein insgesamt etwa 2 Millionen sogenannte Russlanddeutsche in die Bundesrepublik Deutschland.)1

Abb. 2.4:

Wanderungssaldo von Ausländern für Deutschland (Quelle: Demografie-Portal[27])

Auch hier handelt es sich wiederum um Stichtagsbetrachtungen, die regionale Besonderheiten außer Acht lassen. Die Betrachtung ändert sich indes, wenn nach dem Migrationshintergrund gefragt wird. Die nächste Frage lautet also, woher die Ausländer in Deutschland kommen.

Abb. 2.5:

Ausländer in Deutschland (Quelle: Statistisches Bundesamt[28])

Bemerkung:

Seit Beginn der Flüchtlingskrise Mitte 2015 wird die in Abb. 2.5 dargestellte Verteilung von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien, Somalia, Eritrea und Afghanistan mitgeprägt.

Hier sei noch einmal auf die Abschiedsvorlesung von Hans-Werner Sinn verwiesen, in der er eingangs mit dem deutschen „Wirtschaftswunder“ der 1950er Jahre den Zuzug von Gastarbeitern nach Deutschland erwähnt.

Die tatsächliche Integration von Ausländern (abhängig von Zugehörigkeit nach Nationalität, Einwanderergeneration, Religion u.v.m.) wird indes sehr kontrovers und oft emotional vergiftet diskutiert. Beachten Sie in diesem Zusammenhang, dass es keine allgemein akzeptierte Definition von „Integration“ gibt.

Ob die Integration der seit Sommer 2015 nach Deutschland gekommenen und noch kommenden Flüchtlinge wie die der Russlanddeutschen ca. 20 Jahre früher gelingen wird, hängt sowohl ab von der Empfängergesellschaft, also von uns, und der Bereitschaft der Neuankömmlinge, sich und ihre Kinder in die deutsche Gesellschaft einzufügen. Den entscheidenden Punkt dürfte dabei darstellen, inwieweit es der Politik und den Unternehmen gelingen wird, die zumeist gering qualifizierten Zuwanderer rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dass ein MindestlohnMindestlohn in heutiger Höhe und eine massive zusätzliche Ausweitung des Angebots an gering qualifizierter Arbeit kompatibel sind, kann aufgrund ökonomischer Grundprinzipien ausgeschlossen werden.

Ein Jahr nachdem er den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft verliehen bekommen hatte, hielt Milton Friedman im Jahre 1977 einen Vortrag an der University of Chicago zum Thema „What is America?“

Stark gekürzt kommt Friedman nach einem historischen Abriss der Einwanderung in die USA zu den Schlussfolgerungen, dass freie Einwanderung in die USA bis 1914 gut gewesen sei, dass sich aber offene Grenzen und ein Wohlfahrtsstaat wechselseitig ausschließen.[29]

Dies gilt meines Erachtens 40 Jahre später in Deutschland wie überall. Es ist somit wieder eine Frage der Werte (und der Gesetze), wie praktische Politik gemacht wird.

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