Читать книгу Akte Null - Джек Марс - Страница 7
KAPITEL EINS
ОглавлениеIch bin Agent Null.
Er hatte es schon gewusst, wenigstens während der letzten paar Monate, seitdem der Gedächtnishemmer von den drei iranischen Terroristen, die für Amun arbeiteten, gewaltsam aus seinem Schädel gerissen wurde. Doch dies... dies hier war etwas ganz anderes, als es nur zu wissen. Es war ein Bewusstsein, ein Sinn für Sein und Zugehörigkeit, der ihn so schnell und plötzlich wie ein Herzinfarkt überkommen hatte.
„Agent Null?” fragte Präsident Eli Pierson. „Müssen Sie sich setzen?”
Reid Lawson stand im Oval Office. Ihm gegenüber war der Präsident der Vereinigten Staaten und trug zwar ein Lächeln auf den Lippen, doch Verwirrung stand in seinen Augen. In seinen Händen hielt der Präsident eine polierte Kiste aus dunklem Kirschholz. Ihr Deckel stand offen und auf einem kleinen Samtkissen lag das Hochrangige Geheimdienstkreuz, die höchste Auszeichnung, welche die CIA verleihen konnte.
Nur eine Minute zuvor konnte sich Reid nicht daran erinnern, jemals das Weiße Haus zuvor betreten zu haben. Doch jetzt erinnerte er sich an alles. Er war mehrmals hier gewesen, auf geheimen Treffen, genau wie diesem, damit der Präsident ihn für erfolgreiche Arbeit loben konnte.
Weniger als eine Minute zuvor hatte der Präsident gesagt: „Entschuldigung. Direktor Mullen, ist dies das Geheimdienstkreuz oder -stern? Ich kann die zwei nicht auseinanderhalten. Sie liegen so eng beisammen.”
Und da war es geschehen. Ein einzelnes Wort hatte alles ausgelöst:
Eng.
Das Wort setzte sich in Reids Gehirn fest und sandte ein elektrisches Kribbeln seine Wirbelsäule hinauf. Meeresenge.
Dann öffneten sich die Schleusen plötzlich und ohne Vorwarnung. Es spürte sich an, als ob ein Eindringling die Tür zu seinem Gehirn eingetreten hätte, dort eingedrungen wäre und es sich zu seinem neuen Zuhause gemacht hätte. So schnell wie ein Blitz kam seine Erinnerung zurück.
Er erinnerte sich an alles.
Die Jagd auf Terroristen im Gazastreifen. Die Festnahme von Bombenherstellern in Kandahar. Mitternächtliche Razzien in Lagern. Einweisungen, Nachbesprechungen, Waffentraining, Kampftraining, Flugstunden, Sprachen, Verhörtechniken, blitzschnelle Interventionen... Binnen einer halben Sekunde zerbarst der Damm in Reid Lawsons limbischem System und Agent Null strömte hervor. Es war zu viel, viel zu viel, um es so schnell zu verarbeiten. Seine Knie drohten, nachzugeben und seine Hände zitterten. Er sackte zusammen, doch Marias Arme fingen ihn auf, bevor er auf den Teppich fiel.
„Kent”, sagte sie leise doch eindringlich. „Alles in Ordnung?”
„Ja”, murmelte er.
Ich muss hier raus.
„Alles in Ordnung.”
Doch es ist nicht in Ordnung.
„Es sind nur...” er räusperte sich und zwang sich wieder auf die Beine, auch wenn sie zittrig waren. „Es sind nur die Schmerzmittel für meine Hand. Die machen mich ein wenig benommen. Mir geht’s gut.” Sein rechte Hand war mit mehreren Schichten Metallschienen, Mull und Klebeband umwickelt, nachdem der Terrorist Awad bin Saddam sie mit dem Anker eines Motorbootes zerschlagen hatte. Neun der siebenundzwanzig Knochen in seiner Hand waren gebrochen.
Vor nur einer Minute war da noch ein pulsierender Schmerz, doch jetzt spürte er nichts.
Präsident Pierson lächelte. „Ich verstehe. Niemand hier ist beleidigt, wenn Sie sich setzen.” Der Präsident war ein charismatischer Mann. Mit nur sechsundvierzig Jahren ging er auf das Ende seiner ersten Amtszeit zu und war jung für das Amt. Er war ein hervorragender Redner, wurde von der Mittelklasse geliebt und war ein Freund für Null gewesen. Jetzt wusste er, dass es wahr war: seine Erinnerungen sagten es ihm.
„Wirklich. Mir geht’s gut.”
„Gut.” Der Präsident nickte und hob die dunkle Kirschholzkiste in seinen Händen an. „Agent Null, es ist mir eine große Ehre und aufrichtige Freude, Ihnen dieses Hochrangige Geheimdienstkreuz zu überreichen.”
Reid nickte, zwang sich dazu, gerade und still zu stehen, als Pierson ihm die goldene Medaille mit acht Zentimetern Durchmesser verlieh. Er übergab sie sanft an Reid und Reid nahm sie an.
„Ich danke Ihnen.. Äh, Mister Präsident.”
„Nein”, antwortete Pierson. „Danke Ihnen, Agent Null.”
Agent Null.
Leichter Applaus brach im Zimmer aus und Null blickte schnell und verwirrt auf. Er hatte fast vergessen, dass da noch andere Leute im Oval Office waren. Links neben Piersons Schreibtisch stand Vizepräsident Cole und neben ihm waren die die Sekretäre für Verteidigung, Innere Sicherheit und Staat. Ihnen gegenüber stand Christopher Poe, Vorstand des FBI, Gouverneur Thompson aus New York und der Direktor für nationalen Geheimdienst John Hillis.
Neben dem Direktor des nationalen Geheimdienstes stand Nulls eigener Chef, CIA Direktor Mullen. Seine Hände holten weit zum Klatschen aus, doch gaben kaum einen Laut von sich. Seine von grauem Haar umrahmte Glatze glänzte im Schein des Lichtes. Deputy Direktorin Ashleigh Riker war neben ihm, in ihrer gewöhnlichen Uniform aus kohlgrauem Bleistiftrock und passendem Blazer gekleidet.
Er wusste über sie Bescheid. Er hatte über fast jeden, der ihm hier applaudierte, Informationen, die auf eine Verwicklung in die Verschwörung hinwiesen, gesammelt. Das Wissen überkam ihn, als ob es immer dagewesen wäre. Der Verteidigungssekretär, der zur Ruhe gesetzte General Quentin Rigby, Vizepräsident Cole, selbst der Direktor des nationalen Geheimdienstes Hillis, Mullens einziger Vorgesetzter abgesehen vom Präsidenten. Keiner von ihnen war unschuldig. Man konnte ihnen nicht vertrauen. Sie waren alle darin verwickelt.
Vor zwei Jahren hatte Null die Verschwörung, oder zumindest einen Teil davon, entdeckt und daran gearbeitet, einen Fall aufzubauen. Während er einen Terroristen im geheimen Lager H-6 in Marokko verhörte, war Null über eine Verschwörung der Vereinigten Staaten gestolpert, in der ein Krieg im Nahen Osten ausgelöst werden sollte.
Die Meeresenge - das war der Auslöser. Die USA wollte die Kontrolle über die Meeresenge von Hormus erlangen. Sie war ein enger Wasserweg zwischen dem Golf von Oman und Iran, eine weltweite Durchgangsstraße für Ölverschiffung und einer der strategischsten Meeresengpässe auf der ganzen Welt. Es war kein Geheimnis, dass die Vereinigten Staaten mit einer ganzen Flotte sehr präsent im Persischen Golf waren. Sie war nur aus einem Grund dort: um ihre Interessen zu schützen. Und ihre Interessen beschränkten sich letztendlich auf ein einen einzelnen Rohstoff.
Öl.
Darum ging es. Darum war es schon immer gegangen. Öl bedeutete Geld, und Geld bedeutete, dass die Menschen an der Macht weiterhin an der Macht blieben.
Der Anschlag der Brüderschaft auf New York war der Auslöser. Ein groß angelegter Anschlag durch Terroristen war genau die Provokation, welche die Regierung brauchte, um nicht nur einen Krieg zu rechtfertigen, sondern auch, um das amerikanische Volk zu extremem Patriotismus zu treiben. Es hatte schon bei dem Attentat des elften Septembers funktioniert und sie hatten sich dieses Ass im Ärmel aufbewahrt, bis sie es erneut bräuchten.
Awad bin Saddam, der junge Anführer der Brüderschaft, der geglaubt hatte, dass er das Attentat arrangiert hatte, wurde nur ausgenutzt. Man hatte ihn zu den Entscheidungen geleitet, von denen er dachte, dass er sie selbst getroffen hätte. Der libysche Waffenhändler, der die Terroristen mit Unterwasserdrohnen ausgestattet hatte, war zweifellos eine Verbindung zwischen den USA und der Brüderschaft. Doch es gab keinen Weg, das jetzt zu beweisen, denn der Libyer war tot. Bin Saddam war tot. Jeder, der Nulls Vermutungen hätte bestätigen können, war tot.
Jetzt war der Auslöser geschehen. Auch wenn Null und sein kleines Team den großen Verlust an Menschenleben, den bin Saddam sich erhofft hatte, vermeiden konnten, so wurden doch Hunderte getötet und der Midtown Tunnel war zerstört. Das amerikanische Volk war außer sich. Fremdenhass und Feindschaft gegenüber Menschen aus dem Nahen Osten breiteten sich hemmungslos aus.
Vor zwei Jahren dachte er, dass er Zeit hätte, um einen Fall aufzubauen, Beweise zu sammeln - doch dann kamen Amun, Rais und der Gedächtnishemmer. Jetzt war ihm die Zeit ausgegangen. Die Männer um ihn, die ihm applaudierten, diese Staatsoberhäupter und Regierungschefs standen kurz davor, einen Krieg zu beginnen.
Doch dieses Mal war Null nicht allein.
Links neben ihm waren die Menschen, die er zu seinen Freunden zählte, vor dem Schreibtisch des Präsidenten aufgereiht. Jene, denen er vertrauen konnte, oder von denen er zumindest glaubte, ihnen vertrauen zu können.
John Watson. Todd Strickland. Maria Johansson.
Watsons eigentlicher Name ist Oliver Brown. Geboren und aufgewachsen in Detroit. Sein sechsjähriger Sohn starb vor drei Jahren an Leukämie.
Marias wirklicher Name ist Clara. Sie erzählte dir das nach eurer ersten gemeinsamen Nacht. Nachdem Kate gestorben war.
Nein. Nachdem Kate ermordet wurde.
Mein Gott. Kate. Die Erinnerung schlug wie ein Hammer auf seinem Kopf ein. Sie wurde mit einem starken Toxin vergiftet, das Atem- und Herzversagen auslöste, als sie nach einem Arbeitstag auf ihr Auto zuging. Null hatte immer geglaubt, dass Amun und ihr schlimmster Attentäter dafür verantwortlich waren, doch Rais’ letzte Worte waren nur drei Buchstaben.
C-I-A.
Ich muss hier raus.
„Agenten”, sagte Präsident Pierson, „erneut danke ich Ihnen im Namen des amerikanischen Volkes für Ihren Dienst.” Er strahlte ein gewinnendes Lächeln in Richtung der vier, bevor er sich an den ganzen Raum wandte. „Jetzt haben wir ein hervorragendes Mittagessen im State Dining Room vorbereitet, wenn Sie alle so nett wären, mich zu begleiten. Hier entlang -”
„Sir”, unterbrach ihn Null. Pierson drehte sich zu ihm um, das Lächeln immer noch auf seinen Lippen. „Ich bin Ihnen sehr dankbar für die Einladung, doch, äh, ich glaube, ich sollte wirklich etwas ausruhen.” Er hielt seine rechte Hand hoch, die so dick wie ein Baseballhandschuh eingewickelt war. „Mein Kopf ist ganz verwirrt von den Schmerzmitteln.”
Pierson nickte tief. „Selbstverständlich, Null. Sie haben sich etwas Ruhe verdient, Zeit mit ihrer Familie. Es fühlt sich zwar etwas seltsam an, einen Empfang ohne den Ehrengast abzuhalten, doch ich zweifle daran, dass dies die letzte Gelegenheit ist, bei der wir uns begegnen.” Der Präsident grinste. „Das muss wohl jetzt schon das vierte Mal sein, dass wir uns so treffen?”
Auch Null zwang sich zu einem Lächeln. „Das fünfte, wenn ich nicht ganz falsch liege.” Er schüttelte noch einmal die Hand des Präsidenten, eher ungelenk, mit seiner unversehrten Linken. Als er, begleitet von zwei Geheimdienstagenten, das Oval Office verließ, bemerkte er den Ausdruck auf Rigbys und Mullens Gesichtern.
Die sind misstrauisch. Wissen sie, dass ich Bescheid weiß?
Du bist paranoid. Du musst hier raus und dich konzentrieren.
Er war nicht paranoid. Als er den zwei Agenten in schwarzen Anzügen den Gang entlang folgte, klingelte ein Alarm in seinem Kopf. Er bemerkte, was er gerade getan hatte. Wie konntest du nur so unvorsichtig sein! rügte er sich selbst.
Er hatte gerade vor dem ganzen Oval Office voller Verschwörer zugegeben, dass er sich genau daran erinnerte, wie oft er schon von Pierson persönlich gelobt wurde.
Vielleicht haben die es nicht gemerkt. Doch natürlich hatten sie das. Indem er die Brüderschaft stoppte, hatte Null deutlich gemacht, dass er das hauptsächliche Hindernis war, das ihnen im Weg stand. Sie waren sich dessen bewusst, dass Reid etwas wusste. Und wenn sie auch nur für einen Moment befürchteten, dass seine Erinnerungen zurückgekehrt waren, dann achteten sie noch genauer auf alles, was er tat.
Das bedeutete für ihn nur, dass er schneller als sie sein müsste. Die Männer, die er im Oval Office hinterlassen hatte, führten ihren Plan schon aus und Null war die einzige Person, die genug wusste, um sie aufzuhalten.
*
Draußen war ein wunderschöner Frühlingstag. Das Wetter wurde endlich besser. Die Sonne spürte sich warm auf seiner Haut an und an den Hartriegelbäumen auf dem Rasen des Weißen Hauses sprossen gerade die ersten kleinen weißen Blüten. Doch Null bemerkte das kaum. In seinem Kopf drehte sich alles. Er musste sich vor dem Einströmen der Stimuli zurückziehen, damit er diese plötzlichen Informationen verarbeiten konnte.
„Kent, warte mal”, rief Maria hinter ihm. Sie und Strickland eilten hinter ihm her, als er auf die Tore zuging. Er lief nicht in Richtung Parkplatz oder zu seinem Auto. Er wusste nicht, wo er gerade hinging. Er war sich überhaupt nichts sicher. „Ist bei dir wirklich alles in Ordnung?”
„Ja”, murmelte er, ohne langsamer zu gehen. „Ich brauche nur ein wenig frische Luft.”
Guyer. Ich muss Dr. Guyer kontaktieren und ihm mitteilen, dass die Prozedur verspätet funktionierte.
Nein. Das kann ich nicht tun. Die könnten unsere Telefone abhören. Auch dein E-Mail.
War ich schon immer so paranoid?
„Hey.” Maria hielt ihn an der Schulter fest und er drehte sich um. „Sprich mit mir. Sag mir, was los ist.”
Null starrte in ihre grauen Augen, bemerkte, wie ihr blondes Haar in Wellen um ihre Schultern fiel, und die Erinnerung daran, wie sie zusammen waren, stürmte erneut durch seinen Kopf. Wie sich ihre Haut anfühlte. Die Form ihrer Hüften. Der Geschmack ihres Mundes auf seinem.
Doch da war noch etwas anderes. Er spürte es als ein stechendes Gefühl von Schuld. Kate war noch nicht ermordet worden. Haben wir... habe ich...?
Er schüttelte den Gedanken aus seinem Kopf. „Wie schon gesagt. Die Medikamente. Die treiben wirklich Unfug in meinem Kopf. Ich kann nicht richtig denken.”
„Ich fahre dich heim”, bot ihm Strickland an. Agent Todd Strickland war erst siebenundzwanzig, doch er hatte eine einwandfreie Erfolgsgeschichte als ein Army Ranger und war schnell zur CIA übergewechselt. Er trug immer noch eine militärische Frisur auf seinem dicken Nacken und muskulösen Oberkörper, doch er war gleichzeitig auch sehr sanft und ansprechbar, wenn die Situation danach verlangte. Er hatte sich mehr als einmal als wahrer Freund erwiesen.
Null war sich dessen zwar bewusst, doch jetzt musste er etwas allein sein. Es war unmöglich, richtig zu denken, während jemand mit ihm sprach. „Nein. Es geht schon. Danke.”
Er versuchte, sich wieder umzudrehen, doch Maria ergriff erneut seine Schulter. „Kent -”
„Ich habe gesagt, mir geht’s gut!” schnappte er.
Maria zog sich bei seinem Ausbruch nicht zurück, doch verengte ein wenig die Augen, als ihr Blick den seinen traf und versuchte, zu mehr Verständnis zu gelangen.
Die Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht kam unwillkürlich wieder hoch und er spürte, wie sein Gesicht sich erhitzte. Wir waren auf einem Einsatz. In irgendeinem griechischen Hotel untergebracht. Warteten auf Anweisungen. Sie verführte mich. Ich war schwach. Kate lebte noch. Sie fand es niemals heraus...
„Ich muss los.” Er ging ein paar Schritte rückwärts, um sicherzustellen, dass keiner seiner Agentenkollegen versuchte, ihm erneut zu folgen. „Folgt mir nicht.” Dann drehte er sich um und ging weg, hinterließ die beiden auf dem Rasen des Weißen Hauses.
Er hatte fast die Tore erreicht, als er jemanden hinter sich spürte, Schritte hörte. Er drehte sich schnell um. „Ich habe dir doch gesagt, dass du -”
Eine kleine Frau mit schulterlangem, braunen Haar blieb stehen. Sie trug einen dunkelblauen Blazer mit passenden Hosen und Absatzschuhen und zog eine Augenbraue hoch, als sie Null neugierig anblickte. „Agent Null? Mein Name ist Emilia Sanders”, stellte sie sich vor. „Hilfskraft von Präsident Pierson.” Sie hielt eine weiße Visitenkarte mit ihrem Namen und ihrer Nummer hoch. „Er möchte wissen, ob Sie sein Angebot nochmal überdacht haben.”
Null zögerte. Pierson hatte ihm zuvor einen Platz auf dem nationalen Sicherheitsrat angeboten, was ihn misstrauisch bezüglich der Mitwirkung des Präsidenten gemacht hatte, doch es schien, als wäre das Angebot aufrichtig.
Nicht, dass er es annehmen wollte. Er nahm dennoch ihre Karte.
„Falls Sie irgendetwas brauchen, Agent Null, dann zögern Sie bitte nicht, mich anzurufen”, sagte Sanders. „Ich bin ziemlich einfallsreich.”
„Eine Fahrt nach Hause wäre jetzt von großer Hilfe”, gab er zu.
„Selbstverständlich. Ich rufe sofort jemanden für Sie.” Sie zog ein Handy hervor und tätigte einen Anruf, während Null ihre Visitenkarte in seine Tasche steckte. Piersons Angebot war das Letzte, woran er jetzt dachte. Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit ihm blieb, um zu handeln.
Was mache ich nur? Er kniff die Augen zu und schüttelte seinen Kopf, als ob er versuchte, eine Antwort loszulösen.
726. Die Nummer drehte sich in seinem Gehirn. Es war das Sicherheitsfach einer Bank in der Innenstadt Arlingtons, wo er die Aufzeichnungen seiner Nachforschungen aufbewahrte - Fotos, Dokumente und Transkripte der Telefonate jener, die diese geheime Intrige anführten. Er hatte das Sicherheitsfach für fünf Jahre im Voraus bezahlt, damit es nicht inaktiv wurde.
„Hier entlang, Agent.” Die Hilfskraft des Präsidenten, Emilia Sanders, machte ihm ein Zeichen, ihr zu folgen, während sie ihn rasch auf eine Garage und ein wartendes Auto zuführte. Auf dem Weg dorthin dachte Null erneut über die misstrauischen Blicke von General Rigby und Direktor Mullen nach. Es war nur Paranoia, nichts weiter - zumindest versuchte er, sich das einzureden. Doch hätten sie auch nur den kleinsten Verdacht, dass er über sie Bescheid wusste, so würden sie ihn sicherlich mit allen Mitteln verfolgen, die ihnen zur Verfügung ständen. Und nicht nur ihn.
Null bereitete eine mentale Checkliste vor:
Die Mädchen in Sicherheit bringen.
Den Inhalt des Sicherheitsfaches abholen.
Den Krieg aufhalten, bevor er beginnt.
Null musste nur einen Weg finden, eine Gruppe der mächtigsten und reichsten Männer der Welt aufzuhalten, die dieses Ereignis seit mehr als zwei Jahren planten, die Unterstützung fast jeder Regierungsabteilung der Vereinigten Staaten hatten und die viel verlieren konnten.
Nur ein weiterer Tag im Leben von Agent Null, dachte er bitterlich.