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Ich bin ein autistischer Mensch, ein Mensch mit frühkindlichem Autismus. Was ist das? Mit einer sicheren Diagnose kommt auch ein normaler Mensch nicht zurecht. Ich habe Autismus dritten Grades. Das ist stark. So benehme ich mich vielmals auch. Ich spreche nicht und gebe sabbernde Laute von mir. Das passt gut vom Ausdruck her, denn ich empfinde es so. Ich verstehe nach vielen Jahren ABA – das ist eine Verhaltenstherapie aus Amerika2 – viel mehr als früher. Ich habe so lesen gelernt und Schuhe binden. Auch viele Wörter verstehe ich dadurch und begreife Ausdrücke. Das war harte Arbeit. Anfangs musste ich lernen, mich auf Befehl an den Arbeitstisch zu setzen und ruhig zu sein. Wenn ich das dann gekonnt habe, ging es weiter mit Füße stillhalten und Hände verschränkt auf den Tisch legen. Das brauchte Zeit und Nerven von mir und von meinen Therapeutinnen und war eine happige Zeit für alle. Wenn ich gut war, gab es eine Belohnung. Das war stark und obercool. Was ich am liebsten habe, sind Chips. Sicher war die Belohnung nur bei guter Arbeitshaltung und einem entsprechenden Arbeitsresultat. Manchmal ging das die ganzen drei Therapiestunden super. Aber Sicherheit gab es nie, dass es so verflixt optimal gut klappte. Sicherheit ertrage ich gut, aber mein Autismus Jonas – den Namen gebe ich ihm – legte mir Falle um Falle, die dann gottlos brutal zuschnappt. Scheiße, echt scheiße war und ist das manchmal. Ich will immer alles richtig machen. Dazu zwingt mich mein Autismus. Wenn es nicht klappt, bringt das eine große Unruhe in mich und ich muss schreien, meine Sprechorgien durchziehen und kann damit nicht aufhören. In der Nase bohren, Lippen ziehen, mich seitwärts in die Wange klemmen und so vieles mehr kann dann passieren. Ich bin aber ein Glückskind. Meine Eltern, vor allem meine Mami, ist eine grandiose Kämpferin, denn sie ist immer auf der Suche nach neuen Sachen. Sei das auf spiritueller Ebene, Ernährung, Alternativmedizin und eben immer noch ABA.

Ich bin während der Woche im Behindertenwohnheim und darf zweimal in der Woche nach Hause, um Therapie zu machen. Zu Hause ertrage ich es fabulös und gebe mir fast immer Mühe in der Therapie. Wenn ich Mami auf den Sack gehe, dann droht sie mir immer, dass ich jetzt dann in Meiringen3 bleiben könne. Sie geht mir ja manchmal auch auf den Sack, aber ich weiß auch, dass ich sie brauche. Aber auch großartig sind meine Schwestern. Sie sind verständnisvoll und verstehen mich gut. Melanie und Nathalie machen vieles mit mir, ertragen vieles und setzen sich auch für mich ein. Sicher zicken sie auch rum, aber das machen alle Frauen. Eine Sache ist klar: wir brauchen das weibliche Geschlecht, sonst wären wir einsam.

Ich arbeite gerne etwas, und wenn ich etwas gut kann, dann umso lieber. Aber nichts tun ist auch nicht ohne. Ich arbeite nur auf Aufforderung hin. Das ist auch nicht so toll, aber es geht auch nicht so gut ohne Aufsicht. Ich habe manchmal den Drang abzuhauen und mal alleine wegzubleiben. Sie haben dann ein paarmal die Polizei angefordert, um mich zu suchen. Das war, glaube ich, immer eine große Aufregung. Ich wäre noch immer zurückgekommen. Die mochten einfach nicht lange genug warten. So gesehen kann ja die Polizei schon mal was tun für mich, ich bezahle ja auch Steuern. Auch bringe ich etwas Schwung in den Alltag meiner Mitmenschen und halte sie auf Trab. Manchmal macht das Spaß und manchmal bin ich auch traurig und muss weinen, weil ich wieder mal nicht so funktioniere, wie die lieben Mitmenschen es von mir erwarten. Ich weiß nicht, ob sie sich wirklich bewusst sind, ob das immer das Beste ist für mich. Aber ich weiß, dass sie nur das Beste wollen für mich.

Ich bin so wie ich bin

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