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Montag, 19.01. Das Internet-Date

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Ich traf mich mit „HeißeBiene83“.

Bis zum Aufeinandertreffen in der „Echt-Welt“ dachte ich, dass das „83“ in ihrem Namen für ihr Geburtsjahr stünde. Doch innerhalb der ersten fünf Minuten wurde mir klar, dass „83“ für die Anzahl der Dinge stand, die sie in ihrem Online-Profil verschwiegen und auf den Fotos erfolgreich wegretuschiert hatte. Zum Bearbeiten ihres Profilbildes hatte sie mehr Filter benutzt als der Melitta-Mann.

Ihre Online-Profil-Selbstbeschreibung: „spontan, verlässlich, naturgeprägt“ hat sie wohl verwechselt mit:

„spontan verlassen und ungepflegt“.

Ihr Motto: „Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß, wie Wolken schmecken.“

Das sei „voll lyrisch und so“.

Lyrisch? Hätte ich das früher im Deutschunterricht genau so kundgetan, hätte mein Lehrer gesagt: „Nimm die Finger vom Klebstoff!“

Als ich sie kurz darauf mit ihrem Namen „Steffi“ ansprach, so wie sie sich tags zuvor telefonisch vorstellte, erwiderte sie, dass sie zwar gerne „Steffi“ heißen wollen würde, aber eigentlich „Erika Astrid Braun“ hieß. Ich wollte den Small Talk nicht unterbrechen und fragte:

„Braun? Wie die Farbe?“ Sie entgegnete: „Nein, wie die Gesinnung!“

Des Weiteren habe sie keine zwei Golden Retriever, sondern lediglich einen Goldfisch. Wolfgang.

Auch zog sie nicht von Frankfurt in den Harz mit 4. Sondern bezog in Frankfurt Hartz IV.

Weiterhin habe sie bereits 4 Kinder, doch noch eines möchte sie auf keinen Fall, da sie gelesen habe, dass in Deutschland jedes fünfte Kind geschlagen wird.

Was soll ich sagen? Ein IQ von 8 – und bei 9 fängt Wurst an zu riechen und bei 10 fällt die Walnuss vom Baum!

Wäre Ignoranz eine Geschlechtskrankheit, würde sie beim Pinkeln brüllen.

Ihre angegebene Körpergröße von einzweiundsiebzig wurde vermutlich von jemandem gemessen, der das Maßband quer hielt, das Ergebnis mit ihrem IQ multiplizierte und so lange verdoppelte, bis einszweiundsiebzig dabei herauskam.

„HeißeBiene83“ – treffender wäre wohl gewesen:

„HohleHummel3000“!

Die Aufzählung der Lebensmittel, die sie nicht esse, entsprach etwa der Jahresinventurliste von Edeka. Daher änderte ich mein Vorhaben „3-Gänge-Menü bei Antonio“ spontan in: „Uschis Wurst-Bude“. Currywurst mit Pommes, Erika Astrid lächelte zufrieden.

Auf einmal fing sie jedoch an, mit ihren langen künstlichen Fingernägeln nervös an ihrer Wurst herumzupfriemeln. Als ich neugierig nach dem Hintergrund jener Handlung frug, sagte sie: „Ich mache die Haut ab, die schmeckt mir nicht!“

Ich entgegnete ihr: „Das ist keine Haut, das ist Darm! Da war mal Kacke drin!“

Ihrem Blick entnahm ich, dass ihr Humor-Sumpf bereits erfolgreich trockengelegt wurde.

Weniger trocken, dafür umso feuchter war ein plötzliches und durch die ganze Wurst-Bude hallendes Rülpsen – von Erika Astrid. An der Stelle, an der ich nun ein zutiefst beschämtes „Entschuldigung“ erwartete, rief sie jedoch nur laut: „Schulz!“, fasste sich an die eigene Stirn, und als ich dies nicht erwiderte, schlug sie mir auf selbige.

Ich möchte ja per se nichts Schlechtes über das Online-Dating sagen, aber nach knapp einem halben Jahr kann ich zusammenfassend zusammenfassen: Die Wahrscheinlichkeit, beim Wasserkochen etwas anbrennen zu lassen, liegt weit, ganz weit über der Wahrscheinlichkeit, beim Online-Dating eine Frau zu treffen, die ihre Sätze nicht nach dem Prinzip aufbaut: „Subjekt, Provokation, Objekt“ oder bei der du nicht das Gefühl loswirst: Die hat doch im Spiegellabyrinth laufen gelernt!

Nächste Woche treffe ich mich mit „HoneyBunny69“. Ich bin gespannt, für was die Zahl diesmal steht.

Mein Klagebuch

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