Читать книгу Der Anfang vom Rest des Lebens - Dominique Haring - Страница 7

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Kapitel 3

Als Isabell sich auf den Heimweg machte, war es schon halb sechs. Sie entschloss sich aber, trotz der vorangeschrittenen Uhrzeit den etwas längeren Weg an der Küste entlang zu nehmen. Isabell fuhr diesen Weg am liebsten und immer, wenn es die Zeit nur irgendwie zuließ, nahm sie den Umweg von zehn bis fünfzehn Minuten gerne in Kauf. Die Straße führte an Blackpool vorbei und über mehrere kleine Ortschaften nach Fleetwood. Fleetwood war jetzt seit mehr als fünf Jahren ihr und Nicks Zuhause.

Anfang des 20. Jahrhunderts war Fleetwood als einer der größten Fischereihäfen der Region bekannt. Eine echte Sehenswürdigkeit ist der charakterstarke Hafen der Stadt. Eine kleine Promenade schlängelt sich entlang des Hafens, die zum Spazierengehen einlädt, um sich die zahlreichen kleinen Boote anzuschauen, die im Hafen vor Anker liegen. Aber das besondere Merkmal des Hafens sind seine zwei unterschiedlichen Leuchttürme. Das Beach Lighthouse liegt direkt am Strand und erinnert an einen kleinen roten Eifelturm, wo hingegen das Pharos Lighthouse fast zweihundert Meter von der Küste entfernt aus braunem Stein in einer traditionellen Bauweise errichtet wurde. Wieso gerade in Fleetwood zwei Leuchttürme ihren Platz gefunden haben, kann heute keiner mehr so richtig nachvollziehen. Nur eins ist sicher, dass beide Leuchttürme bereits vielen tausend Schiffen halfen, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Doch der Hafen und der damit verbundene Warenverkehr verloren an Bedeutung durch den Bau des Manchester Schiffskanals. Warum hier die Ware entladen, wenn man doch viel weiter ins Landesinnere fahren kann? Was nicht an Wert verloren hatte, war die besondere Lage der Stadt. Diese lockte immer noch Touristen an. Fleetwood lag nördlich von Blackpool am Ende der Fyld-Halbinsel an der Mündung des Flusses Wyre in die Morecambe Bay. Auch wenn das Wetter eher stürmisch und nicht wirklich freundlich war an der Westküste Englands, so konnte ein Blick auf diese Bucht unvergesslich schön sein. Bei klarer Sicht konnte man von der Morecambe Bay bis hin zu den Bergen des Lake Districts schauen, die am Ende der Bucht wie aus dem Nichts plötzlich in den Himmel ragten. Wenn sich das Wasser zurückgezogen hatte, bot die Natur dem Beobachter einen Blick auf eine kilometerlange Wattlandschaft. Touristen schauten sich diese wundervolle Aussicht zwar immer noch gerne an, doch leider waren es lange nicht mehr so viele wie noch vor einigen Jahren. Und da, wo keine Touristen sind, bleiben Hotels, Restaurants und Ausflugsboote immer öfter leer. Eine weitere Einnahmequelle der Stadt war seit jeher die Fischerei. Aber die Glanzzeiten der Fischereibetriebe waren auch seit einigen Jahren vorbei. So sanken die Erträge immer weiter und nach und nach mussten die Fischereibetriebe schließen. Viele verloren so ihre festgeglaubten Jobs. Fleetwood war ein schöner Ort zum Leben, aber nicht mehr zum Arbeiten.

Warum Isabell und Nick vor über fünf Jahren nach Fleetwood gezogen waren? Eine sehr gute Frage. Aber leicht zu beantworten. Nick war der Grund! Isabell erinnerte sich immer wieder gerne an den Tag, an dem Nick und sie sich entschieden hatten, ihre kleine Zweieinhalbzimmerwohnung in Preston zu kündigen. Finanziell gesehen hätten Nick und Isabell sich schon lange eine drei Mal so große Wohnung leisten können, aber sie waren auf der Suche nach etwas Besonderem.

Es war ein wirklich schöner Sommertag im Juni. Isabell hatte von Nick die Augen verbunden bekommen und musste sich auf den Beifahrersitz ihres gerade erst gekauften Austin Healeys setzen. Dies passte ihr gar nicht, da sie selber noch nicht viel mit dem Wagen gefahren war. Nick war zwar immer schon ein sehr sicherer Fahrer, aber ein neuer Wagen, vor allem in dieser Preiskategorie, führte doch ein wenig zu Unruhe in Isabells Magengegend.

»Komm Nick, lass mich bitte fahren. Ich habe den Wagen doch gerade erst bekommen. Bitte!«, wimmerte Isabell vor sich hin. Aber Nick blieb eisern.

»Jetzt stell dich nicht so an, Issi. Du kannst mit dem Wagen noch genug selber fahren. Es soll doch eine Überraschung werden. Also lehn dich bitte zurück, genieß die Fahrt und den Wind, der dir gleich um deine Nase wehen wird.«

Isabell musste sich sehr zusammenreißen, aber sie wollte Nick die Überraschung nicht kaputtmachen und einen Streit provozieren. Schließlich waren sie gerade einmal einen Monat verheiratet. Nach einer gefühlten Ewigkeit hielt er den Wagen endlich an. Isabell hätte es auch nur noch wenige Minuten ausgehalten, bis sie Nick gezwungen hätte, links ranzufahren. Ihr war so schlecht geworden und sie war kurz davor, sich ihr Frühstück noch einmal ganz genau durch den Kopf gehen zu lassen. Das lag wahrscheinlich an den verbundenen Augen und dem zügigen Fahrstil von Nick.

»Jetzt mach es nicht mehr so spannend, Nick. Darf ich die doofe Augenbinde jetzt bitte endlich abmachen?«, fragte Isabell ungeduldig. Zum Glück überwog langsam die Vorfreunde der noch anhaltenden Übelkeit.

»Ok, ok. Aber du musst mir was versprechen.«

»Und das wäre?«

»Lass es erst einmal auf dich wirken und schau dir alles an … Aber ich weiß, dass es dir gefallen wird.«

Nick stellte sich hinter Isabell und nahm ihr sichtlich nervös die Augenbinde ab. Isabells Augen mussten sich erst einmal wieder an die Helligkeit gewöhnen und sie blinzelte ein paar Mal mit ihren Augenlidern, bis sie nach und nach mehr erkennen konnte.

Isabell und Nick standen vor einem kleinen weißen Gartenzaun aus Holz, der ungefähr so hoch wie Isabells Hüfte war. Hinter dem Gartenzaun war ein kleiner, gepflasterter Innenhof. Die linke Seite des Gartenzauns wurde nach ein paar Metern durch ein Gartentor unterbrochen. Hinter dem Tor erkannte man eine Einfahrt, auf der zwei Autos nebeneinander Platz finden würden. Auf der rechten Seite des Innenhofes war ein kleiner, aber liebevoll angelegter Kräutergarten. Man konnte an dem guten Zustand und der Menge der verschiedenen Kräuter sehen, dass jemand diesen Garten liebte. Am Ende des Innenhofes stand ein wunderschönes Haus. Der Zaun, der Innenhof, der Garten und dieses Haus sahen einfach nur perfekt aus. Es hätte gemalt nicht schöner aussehen können. Das komplette untere Geschoss war aus einem grauweißen Stein erbaut. In der Mitte befand sich eine kleine Eingangstür aus weißem Holz. Auf beiden Seiten neben der Tür waren jeweils zwei bodentiefe Fenster eingelassen, die ebenfalls von weißem Holz umrahmt waren. Zur Zierde waren rechts und links neben den Fenstern große weiße Holzfensterläden angebracht.

Unmittelbar vor dem Eingangsbereich waren rosaweiße Rosensträucher gepflanzt, deren Blüten so prachtvoll aussahen, als wenn sie selber rufen wollten: »Schaut uns an. Wir sind die schönsten Rosen weit und breit.«

Bei dem Dach handelte es sich um ein ausgebautes Spitzdach aus schwarzem Schiefer. Im gleichen Abstand zu den Fenstern im Untergeschoss befanden sich in der oberen Etage die Fenster, die wie kleine Türme aus dem Dach ragten.

Isabell war sprachlos und starrte bewegungslos auf dieses wundervolle Haus, das sie sich nicht besser hätte erträumen können.

»Nick. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Das Haus … es ist so wunderschön!!«

»Dir gefällt es?«

»Nein, mir gefällt es nicht. Ich liebe dieses Haus. Es ist genauso, wie ich es mir vorgestellt habe.«

»Puhhh, na da habe ich ja Glück gehabt«, brach aus Nick erleichtert hervor.

»Wieso?«, fragte Isabell etwas skeptisch.

»Na ja. Es gab so viele Interessenten und bei dem Angebot wäre es wahrscheinlich schnell verkauft gewesen. Also habe ich sofort zugeschlagen«, grinste Nick Isabell an und hob seine rechte Hand in die Höhe, so dass Isabell den Schlüssel sah, der an Nicks Ringfinger baumelte.

»Du hast es gekauft? Nick, bist du verrückt?!«

»Ja. Sonst hätte ich dich doch nicht geheiratet, oder Schatz? Ich musste sofort zuschlagen. Sonst wäre es weg gewesen! Du hast gerade gesagt, dass du es liebst, oder?«

»Ja das habe ich! OH MEIN GOTT!! Das ist unser Haus? Unser eigenes Haus?«

»Ja, das ist es. Wollen wir reingehen, Mrs. Johnson?«

»Unbedingt«, strahlte Isabell Nick an, schnappte sich mit einem Satz den Schlüssel von Nicks Finger und ging schnurstracks zur Haustür.

Doch nach einigen Malen des wilden Hin- und Herdrehens des Schlüssels im Schloss gab Isabell auf.

»Haha, Nick. Der Schlüssel passt gar nicht. Das war jetzt ein echt gemeiner Scherz von dir.«

»Natürlich passt der Schlüssel. Gibt mal her!«, sagte Nick etwas angespannt und nahm Isabell den Schlüssel aus der Hand. Nick drehte den Schlüssel nach links und zog dabei die Tür etwas zu sich und schon machte es klick und die Tür ließ sich öffnen.

»Sieht du, Issi? Es war kein Scherz! Du bist nur wieder zu ungeduldig.«

Nick blieb auf der Schwelle stehen und hob den linken Arm in Richtung Flur.

»Bitteschön, Madame.«

»Nichts da. Ich glaube, du hast was vergessen.«

»Was habe ich denn vergessen?«

»Ja jetzt, wo wir verheiratet sind und wir gerade unser erstes Eigenheim beziehen, muss du mich doch über die Schwelle tragen, oder nicht?«

»Eher oder, nicht!«, sagte Nick und schüttelte den Kopf dabei.

Isabell gab sich aber noch nicht geschlagen. Prompt setzte sie ihren süßesten Schmollmund auf, versteckte beide Arme hinter dem Rücken und schaute Nick mit großen Augen an.

»Oh Mann. Ernsthaft, Issi?«, erwiderte Nick fragend und versuchte dabei, ernst zu bleiben. Dies gelang ihm aber nicht. Es dauerte nicht lange und Nick musste lachen. Er ging in ihre Richtung und schob die Ärmel seines Pullovers an beiden Seiten bis zum Ellenbogen hoch.

»Na, dann wollen wir mal. Gut festhalten!«

Isabell streckte Nick die Arme entgegen, die sie allerdings gar nicht brauchte zum Festhalten. Mit einem großen Ruck lag Isabell über der rechten Schulter von Nick. Die Beine vor seiner Brust, fest mit seinen Armen umklammert, hing Isabell kopfüber an Nicks Rücken.

»AHHHHHH. NICK. WAS MACHST DU?«, schrie Isabell einfach nur aus sich heraus.

»Du hast doch gesagt, dass ich dich über die Schwelle tragen soll, aber nicht wie!« Dabei klopfte er Isabell noch zweimal liebevoll auf den Hintern und lachte. Dann setzte er Isabell im Hausflur ab und gab ihr einen dicken Kuss auf den Mund, um sie wieder zu besänftigen. Das funktionierte in der Regel immer ganz gut, wenn sie einen kleinen Tobsuchtsanfall hatte.

Isabell schaute sich in Ruhe um. Am Ende des Hausflures führte eine Treppe in die erste Etage. Vor der Treppe links war ein großer Raum, in dem auf der einen Seite eine große, weiße Landhausküche mit Gasherd eingebaut war und auf der anderen Seite ein langer Esszimmertisch mit Bänken auf beiden Seiten stand. An dem Tisch fanden bestimmt zehn Personen Platz. Gegenüber der Küche lag das Wohnzimmer. Der Raum war nicht wie die Küche bereits eingerichtet, sondern leer. Aber es musste das Wohnzimmer sein. In der linken Ecke befand sich ein kleiner Kamin mit ein paar Holzscheiten darunter. In der Raummitte konnte man einen klaren dunklen Abdruck an der Wand sehen. Hier musste der Fernseher oder ein großes Bild gehangen haben. Vom Wohnzimmer aus konnte man durch die bodentiefen Fenster eine kleine Terrasse erblicken. Die Räume im oberen Geschoss hatten alle die perfekte Größe. Ein Schlafzimmer mit einem kleinen Ankleideraum und angeschlossenem Bad mit schöner Badewanne und Dusche, ein Büroraum und ein weiteres Zimmer für den geplanten Nachwuchs. Isabell war begeistert. Das Haus war von innen genauso traumhaft wie von außen. Es hätte besser nicht sein können. Nur als Nick die Lage des Hauses verriet, und zwar Fleetwood, war Isabell leicht geschockt. Aber das Haus war so perfekt, dass der Schock schnell überwunden war. Sie wusste, dass sie etwas Schöneres so schnell nicht wieder finden würden.

Nick schaute Isabell an und fragte: »Und? Ist es unser Haus oder habe ich uns ins Unglück gestürzt?«

»Vielleicht tust du das noch, aber nicht mit dem Haus! Ja, es ist unser Haus! Ich liebe dich.«

Es war bereits dunkel, als Isabell zu Hause ankam, aber am und im Haus war kein Licht angeschaltet. Isabell schloss die Tür auf und rief nach Nick.

»Nick, ich bin wieder da. Wo bist du? Nick?«

Isabell überlegte, ob sie irgendeinen Termin vergessen hatte, den Nick ihr gesagt hatte. Aber auch nach längerem Überlegen fiel ihr nichts ein.

»Wahrscheinlich wieder ein Termin im Geschäft«, tröstete sich Isabell. Das Wochenende war früher für beide immer heilig. Aber in den letzten Wochen hatten sich bei Nick viele Überstunden gerade auch an den Wochenenden angesammelt. Isabell war hieran nicht ganz unschuldig. Durch die letzte persönlich von Isabell durchgeführte Marketingmaßnahme war der Umsatz der Sportswear der Firma in die Höhe geschnellt. Auf Grund der erhöhten Nachfrage hatte Nick in Nordengland in den letzten zwei Jahren ganze fünf neue Verkaufsläden mit aufgebaut. Als zuständiger Vertriebsleiter für die gesamte Region England trug Nick eine große Verantwortung. Gerade bei neuen Filialen konnte immer sehr viel schiefgehen. Aus dem Grund kontrollierte Nick alles lieber selber und war bei wichtigen Entscheidungen persönlich vor Ort.

»Na ja, er wird schon wiederauftauchen«, murmelte Isabell vor sich hin. »So habe ich wenigstens noch genug Zeit, um meine gekauften Schätze einzuräumen, ohne dass Nick etwas davon bemerkt und mein Konsumverhalten mal wieder kritisiert.«

Isabell zog sich schnell die Schuhe aus, hing ihren Mantel auf, schnappte sich die Einkaufstaschen und ging schnellen Schrittes die Treppe hoch in die Ankleide. Die Ankleide war elf Quadratmeter groß. Ein eigenes kleines Zimmer nur für Anziehsachen. Ein Traum jeder Frau! Auf der rechten Seite des Raumes waren vier große Kleiderstangen an der Wand angebracht, an denen alle Anzüge und Hemden von Nick hingen und alle Blusen, Kleider und Kostüme von Isabell. Die linke Seite bestand aus mehreren Regalen, in denen Pullover, T-Shirts und Hosen untergebracht waren und ein riesiges Regal, das bis zur Decke ging, voll mit Schuhen. Highheels, Turnschuhe, Stiefel, Stiefeletten, Pumps und, und, und …

Geradedurch am Ende des Raumes stand unter dem Fenster eine weiße Kommode. Auf der Kommode stand nur ein einziger Gegenstand. Ein silberner, mit Rosen verzierter, doppelter Bilderrahmen. In der linken Seite des Rahmens war das Hochzeitsfoto von Isabell und Nick zu sehen. Es zeigte, wie sie beide vor der Kirche standen, beide Hände in den Händen des anderen vergraben, sich tief in die Augen schauend. Isabell in ihrem enganliegenden Kleid aus feinster Spitze mit dem doch sehr gewagten freien Rücken, der nur durch den leichten, bis zum Boden fallenden Schleier verdeckt wurde. Nick hatte einen alten, aber dennoch unglaublich schicken Anzug von seinem Großvater an, der mit seinen goldenen Knöpfen und den schwarzen Stickereien auf dem blauen Stoff schon fast adelig aussah. In der anderen Seite des Bilderrahmes befanden sich beide Eheversprechen, die Nick und Isabell sich nicht wie üblich in der Kirche, sondern später auf ihrer Feier gaben. Für die Feier hatten sich Nick und Isabell den Golf Club Fairhaven, eine halbe Stunde westlich von Preston und direkt an der Küste gelegen, ausgesucht. Hier verließen sie kurz nach der Buffeteröffnung ihre Hochzeitsgesellschaft und liefen bis ganz vorne an das Kliff, wo sie sich ganz alleine ihre Versprechen gegenseitig vortrugen.

Mein Nick:

Ich liebe dich

Du bist mein Leben

Mit dir fühle ich mich ausgefüllt

Mit dir fühle ich mich geliebt

Mit dir fühle ich mich lebendig

Mit dir fühle ich mich frei

Du bist mein Leben

Ich liebe dich

Meine Issi:

Du bist alles für mich

Dein Herz gehört mir

Mein Herz gehört dir

Gemeinsam sind wir nie wieder allein

Gemeinsam werden wir zusammen sein

Ich liebe dich

Du liebst mich

Wir sind eins

Zwei Herzen für immer vereint

Wie so oft hielt Isabell inne, nahm den Bilderrahmen in die Hand und betrachtete das Foto von sich und Nick. Sie versuchte sich dann immer an den Tag und diesen Moment zu erinnern und die Gefühle von damals abzurufen. Danach las Isabell die Eheversprechen immer laut für sich vor. Irgendwie hatte sich beides zu einem festen Ritual entwickelt für Isabell.

»Nie wieder allein …, wir sind eins …, ich liebe dich«, sprach Isabell laut aus. Im gleichen Moment war sie über sich selber verwundert. Normalerweise war sie glücklich, wenn sie diese Worte las. Aber dieses Mal rollte ihr eine Träne über die rechte Wange.

»Wieso weine ich? Wieso bin ich so traurig?«, dachte Isabell verwundert.

Isabell wurde in ihren Gedanken unterbrochen, als sie die Haustür ins Schloss fallen hörte und Nick rief: »Ich bin zu Hause.«

Rasch wischte sich Isabell die Träne von der Wange und nahm die noch nicht ausgepackten Tüten und versuchte, sie hinter ihren Kleidern auf dem Boden zu deponieren, ohne dass man sie sehen konnte. Dann ging sie die Treppe runter und sah Nick in der Küche, wie er sich gerade ein Glas Weißwein einschenkte.

»Möchtest du auch?«, fragte Nick.

»Ja gerne«, antwortete Isabell mit einem Blick auf die Uhr, die bereits 19:31 Uhr anzeigte.

»Wo warst du, Nick? Ich wusste nicht, dass du noch irgendwohin wolltest. Und warum kommst du erst jetzt wieder?«

Nick drückte Isabell das Glas in die Hand und antwortete ungehalten: »Muss ich dir irgendeine Rechenschaft ablegen? Ich kann doch nach Hause kommen, wann ich will, oder? Wir haben gerade mal halb acht und nicht drei Uhr in der Früh. Außerdem bist du doch diejenige von uns beiden, die den ganzen Tag mit Eve unterwegs war, oder?«

»Sorry, Nick. War nicht so gemeint. Es sieht dir sonst nur nicht ähnlich, ohne mir eine Nachricht zu hinterlassen, wegzufahren.«

»Wenn es dich interessiert, ich war noch in Blackpool, um mir noch einmal das neue Ladenlokal für die nächste Filiale anzuschauen und dann habe ich noch was in der Stadt erledigt. Es hat ja schließlich noch jemand Geburtstag in zwei Tagen!«

»Entschuldige bitte, Nick. Sei nicht eingeschnappt«, versuchte Isabell die Situation zu retten und ging auf Nick zu, um ihm einen Kuss zu geben und somit zu signalisieren, dass es ihr leidtat.

Nick nahm den Kuss nur halbherzig an und drehte sich kurz danach weg mit den Worten: »Ich gehe jetzt duschen. War auch für mich ein langer Tag.«

Isabell schaute Nick hinterher. Dann nahm sie die offene Flasche Wein und ihr Glas und setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer, deckte sich mit ihrer kuschligen Wolldecke zu und schaltete den Fernseher an.

Der Anfang vom Rest des Lebens

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