Читать книгу Der Anfang vom Rest des Lebens - Dominique Haring - Страница 8
ОглавлениеKapitel 4
Isabell wurde von einem leisen Klicken wach und öffnete langsam die Augen. Es war Morgen. Sie hatte die ganze Nacht auf der Couch verbracht. Sie musste wie ein Stein geschlafen haben, da sie sich nicht erinnern konnte, aufgewacht zu sein. Dann hörte sie Motorengeräusche und schaute aus dem Fenster. Sie sah Nick, wie er wegfuhr.
»Wo fährt Nick denn jetzt hin? Und warum hat er mich nicht geweckt?«, fragte sich Isabell laut und etwas verärgert.
Isabell beschloss, unter die Dusche zu gehen und dann nochmal genau zu überlegen, was mit Nick los sein könnte. Denn irgendwie war er in den letzten Tagen und Wochen doch etwas seltsam.
Als sie mit einem Handtuch auf dem Kopf und einem weiteren Handtuch fest um ihren Körper gewickelt aus dem Bad ins Schlafzimmer kam, sah Isabell ihr Handy aufleuchten. Sie nahm es in die Hand und schaute nach. Sie hatte eine neue Nachricht, nein, zwei Nachrichten!
Die erste Nachricht war von Eve:
10:02
»Wie hat Nick der Inhalt der kleinen Tüte gefallen? «
Ein wenig genervt und die Augen rollend, wischte Isabell die Nachricht weg und nahm sich vor, darauf später oder gar nicht zu antworten.
Dann noch eine Nachricht. Diese war von Nick:
10:13
»Kommst du frühstücken? Der Tag ist viel zu schön, um sich zu streiten. Ich habe auch deine Lieblingsbrötchen geholt und Kaffee ist auch schon fertig.«
»Da war er also vorhin hingefahren«, dachte Isabell und konnte sich jetzt ein kleines Lächeln nicht mehr verkneifen. »Also doch alles gut und Nick ist nur ein wenig überarbeitet.«
Nick und Isabell frühstückten ganz in Ruhe. Danach beschlossen sie, dass trockene und sogar leicht sonnige Wetter auszunutzen. Nick ließ die Arbeit Arbeit sein und so machten Nick und Isabell zuerst einen ausgiebigen Spaziergang an der Küste. Nach fast fünf Kilometern an der frischen Luft wollten beide dann nur noch auf die Couch. Dort verbrachten sie den restlichen Nachmittag und schauten gemütlich einen Film bei einer leckeren Tasse Kaffee für Nick, einem heißen Tee für Isabell und ein wenig Gebäck, das Nick ebenfalls morgens vom Bäcker mitgebracht hatte. So ließen sie den Tag langsam ausklingen und gingen nicht all zu spät schlafen.
Es war Montag und Isabell wachte in dem Wissen auf, dass sie wieder ein Jahr älter geworden war. Sechsunddreißig Jahre waren für sie alt. Wo war die Zeit geblieben? Wo waren die letzten sechsunddreißig Jahre nur hin? Sie drehte sich zu Nick um und musste zum Erstaunen feststellen, dass er gar nicht mehr im Bett war. Isabell schaute auf den Wecker. Es war 09:52 Uhr. Nick musste schon lange zur Arbeit aufgebrochen sein. Isabell hatte sich heute extra freigenommen, weil sie keine Lust hatte, sich im Büro feiern zu lassen. Der erste Gedanke, den Isabell hatte, war Kaffee. Also zog sie sich ihren Bademantel an und ging runter in die Küche. Auf der Küchentheke stand ein Strauß mit weißen und rosa Rosen. Darunter lag auf einem Teller ein Cupcake mit der Aufschrift »Alles Gute». Daneben lag eine Karte.
Morgen Geburtstagskind
Ich wollte Dich nicht wecken.
Genieß den Tag voller Ruhe. Ich versuch nicht so spät zu Hause
zu sein. Ich habe für 19 Uhr einen Tisch reserviert.
Happy Birthday!
»Das werde ich«, sagte Isabell.
Sie wollte den Tag für sich haben und ihn in Ruhe ohne Stress verbringen. Schließlich war es nicht nur ihr Geburtstag, sondern auch der Todestag ihrer Mutter. Dadurch, dass sie kurz nach ihrer Geburt verstorben war, war der 23.09. umso bedeutender für Isabell. Dieser Tag schnürte ein enges gedankliches Band zu ihrer Mutter.
Nach dem Kaffee wollte Isabell als erstes ihre Mutter besuchen fahren. Brian, Isabells Vater, hatte sich damals für eine Verbrennung entschieden und so den Wunsch seiner Frau akzeptiert. Sie wollte, anders als Brian, nicht in einem Grab verrotten, sondern lieber Eins werden mit dem Meer. Da es kein Grab gab, an dem Isabell ihre Mutter hätte besuchen können, folgte sie an dem Tag immer einer alten Tradition, die sie früher zusammen mit ihrem Vater und später alleine durchführte. Isabell kaufte die Lieblingsblumen ihrer Mutter, weiße Chrysanthemen, und fuhr damit zur Küste. Genau an die Stelle, an der die Asche ihrer Mutter verstreut wurde. Isabell hatte immer ein Foto dabei, auf dem ihr Vater und ihre schwangere Mutter abgebildet waren. Sie hielt das Foto fest in der Hand, gedachte ihrer und gleichzeitig ihrem Vater und warf die Blumen ins Meer. Dann atmete Isabell die Küstenluft noch einmal ganz intensiv ein und verabschiedete sich mit den Worten: »Ich denke an euch. Ich liebe euch. Ich trage euch in meinem Herzen.«
Wieder zu Hause angekommen, machte sich Isabell einen schönen Tag. Sie ging erst einmal gemütlich in die Badewanne und verwöhnte anschließend ihren Körper mit einer neuen Lotion, machte sich danach die Fuß- und Fingernägel und ihre Haare bekamen auch endlich mal wieder so viel Aufmerksamkeit, wie sie schon lange dringend nötig hatten. Im Anschluss an die Körperpflege folgte ein ausgedehntes Frühstück, wobei der Cupcake nur eine Nebenrolle einnahm. Ein kleiner Prosecco durfte auch nicht fehlen. Ans Telefon ging Isabell nur bei Eve und Peter. Alle anderen waren ihr an diesem Tag egal. Sie würde sich einfach am nächsten Tag zurückmelden und sich entschuldigen, dass sie das Handy nicht gehört hat.
Pünktlich um 18:30 Uhr saß Isabell mit einem Glas Weißwein auf einem der Barhocker in der Küche. Sie hatte sich ihr Haar locker hochgesteckt und sich ein langes, enges schwarzes Kleid angezogen. Für darunter hatte sich Isabell für die aufreizende Wäsche von Victoria’s Secret entschieden. Sie schaute langsam ungeduldig auf ihre goldene Armbanduhr. Es war bereits zehn vor sieben. Isabell versuchte, cool zu bleiben und trank noch einen Schluck Wein. Endlich konnte Isabell Scheinwerferlichter in der Einfahrt erkennen und hörte Nicks Wagen vorfahren. Dann knallte eine Autotür und hastig drehte sich der Schlüssel in der Eingangstür.
»ISSI?«, rief Nick, als er noch nicht ganz im Haus war.
»Ja Nick?«, antwortete Isabell fragend.
Nick schaute etwas verdutzt, als er seine Frau fertig angezogen und wartend in der Küche erblickte.
»Oh, du bist schon fertig?«
Isabell zeigte mit dem Kopf auf die große Wanduhr in der Küche und erwiderte nur: »Wir haben kurz vor sieben, Nick. Hattest du nicht einen Tisch für 19 Uhr reserviert?«
»Ja, das habe ich auch, Isabell. Ich habe bei Toni schon angerufen, dass wir ein paar Minuten später kommen. Es tut mir leid, dass ich so knapp dran bin.«
Nick ging auf Isabell zu, küsste sie auf den Mund und nahm sie in den Arm.
»Ich wünsche dir alles Gute zum Geburtstag, Issi. Happy Birthday, meine Liebe.«
Isabell konnte Nick nicht mehr böse sein und genoss einfach nur die Umarmung ihres Mannes.
»Toll siehst du aus«, sagte Nick, als er seine Frau betrachtete. »Jetzt ist es mir etwas unangenehm, dass ich dich nur zu Toni ausführen will. Bis Preston reinzufahren, hätte ich heute einfach zeitlich nicht geschafft.«
»Ich dachte, ich hätte mich gerade verhört, Nick, als du sagtest, dass du bei Toni angerufen hast.«
Isabells Blick drückte Enttäuschung aus und sie schaute zu Boden.
»Ich mach es nächstes Jahr wieder gut, Issi. Nächstes Jahr werde ich dich wieder ganz schick ausführen. Ich verspreche es!«
»Na, dann bin ich ja mal gespannt. Das muss aber dann ein ganz schicker Laden sein. Ich erwarte großes für nächstes Jahr!«
Nach einem einfachen, aber leckeren Essen bei dem besten und einzigen Italiener in Fleetwood kamen Isabell und Nick am späten Abend wieder nach Hause.
Während Nick bereits im Bett lag, war Isabell noch einmal im Bad verschwunden, um nachzusehen, ob die neue Wäsche überall am richtigen Platz saß. Die Wäsche sah echt gut aus, allerdings war sie nicht unbedingt bequem. Nach einem letzten Blick in den Spiegel und einem kontrollierten Ein- und Ausatmen fasste sich Issi ein Herz und machte die Badezimmertür auf. Sie trug einen BH aus schwarzer Spitze und den dazu passenden String. Beides war verbunden mit mehreren dünnen Bändern aus roter Spitze. Dazu trug Isabell Nicks Geburtstagsgeschenk. Im Restaurant überreichte Nick Isabell eine kleine, längliche, schwarze Schachtel. In der Schachtel lag eine wunderschöne, silberne Kette. An der Kette hing ein Blütenanhänger, besetzt mit ein paar funkelnden Steinen.
»Du bist wunderschön, Issi«, flüsterte Nick fast, als Issi aus dem Badezimmer ins Schlafzimmer eintrat.
Endlich, nach so langer Zeit, liebten Nick und Isabell sich wieder, als wenn es die letzten Wochen der Unstimmigkeiten nie gegeben hätte.
Nick lag auf dem Rücken, so dass Isabell in seinen Armen liegen konnte, mit dem Kopf auf seinem Oberkörper.
»Ich liebe dich, Nick.«
Nick drückte Isabell fest an sich und sagte: »Ich habe dich immer geliebt, Issi, und ich werde dich immer lieben. Egal, wie unsere Geschichte ausgeht. Ich hoffe, du wirst das nie vergessen!«
Etwas verwundert über die Art der Wortwahl, gab Isabell Nick noch einen Gutenachtkuss und drehte sich dann auf die rechte Seite, um in den Schlaf zu finden.
Isabell und Nick schliefen sofort ein.