Читать книгу Bolan und der Dixieland-Konvoi: Ein Mack Bolan Thriller #27 - Don Pendleton - Страница 9

Kapitel 3: In die Hölle

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Der Name des Mannes war Grover Reynolds; er war etwa dreißig, intelligent und sympathisch – und er hatte offensichtlich eine Geschichte zu erzählen, wusste aber nicht so recht, wie er anfangen sollte. Zufällig war er auch eine Art Bürgerkriegs-Fan und kannte dieses spezielle Gebiet wie seine Westentasche.

Bolan war nicht der gesprächige Typ, besonders nicht zu einem Zeitpunkt wie diesem. Im Führerhaus der "nackten" Zugmaschine herrschten daher langen Perioden des Schweigens – die Bolan gut passten, dem anderen aber offensichtlich etwas unangenehm waren. Er füllte sie, indem er auf Orientierungspunkte hinwies, während sie mit ausgeschalteten Scheinwerfern über die Feldwege des Hinterlandes rumpelten, um sicherem Boden zu erreichen.

"Der niedrige Kamm dort drüben. Da hat Sherman seine rechte Flanke für den Angriff auf Kennesaw aufgestellt."

"Aha."

"Dachte, du findest das interessant."

"Tu ich ja."

Einige stille Momente später: "Dort begann er den Angriff. Hätte er nicht machen sollen. Kostete ihn zweitausendfünfhundert Männer, einschließlich Fighting Dan McCook."

Bolan fühlte sich verpflichtet zu fragen: "Wer hat die Schlacht gewonnen?

"Niemand, im Grunde. Johnston zog sich nach Atlanta zurück. Sherman erwischte ihn am Chattahoochee mit heruntergelassener Hose, umging ihn und überquerte den Fluss hinter ihm. Zum Teufel, Sherman hatte drei Armeen. Man könnte es schon als Sieg für Joe Johnston bezeichnen, dass er den Kerl so lange von Atlanta fernhalten konnte. Er lieferte ihm eine verdammt ordentliche Verfolgungsjagd, das sag ich dir. Sie spielten von Anfang Mai bis zum Sommer überall in diesen Hügeln von Georgia Schach gegeneinander. Dann, zum Teufel, wurde es... äh, dir ist das alles scheißegal, richtig?"

"Zu jeder anderen Zeit, Cowboy, würde ich gern mehr davon hören. Im Moment ... also, im Moment frage ich mich eigentlich eher, woher du wusstest, wo du mich findest."

"Keine Zauberei", versicherte ihm der Mann. "Wie gesagt, hier war ich die ersten zwanzig Jahre daheim. Hab als Kind und Erwachsener mein ganzes Leben hier verbracht, bis auf ein paar Jahre in 'Nam, und bis ich dann beschlossen hab, auf der Straße reich zu werden."

"Beide Erfahrungen scheinen dir nicht so toll gefallen zu haben", kommentierte Bolan ruhig.

"Nicht wirklich. Wir haben in 'Nam verloren, und seitdem verliere ich wieder und wieder. Keine Ahnung, manchmal frag ich mich schon, was das alles eigentlich soll."

"Gib Bescheid, wenn du es herausfindest", murmelte Bolan. "Aber jetzt erzähl, wie du mich gefunden hast."

"Ist so simpel, ich schäm mich fast, es dir zu sagen." Der Typ lachte leise vor sich hin. "Mir wär's lieber, du würdest mich für ein Genie halten. Aber nee, ich hab gesehen, wie die Smokies Gummi gaben, um schnell da runter zu kommen, und ich hab die verdammten Feuerwehrautos und den ganzen Tumult gesehen. Ich dachte, die schneiden dir in diesem Tal den Rückweg ab. Also bin ich obenrum auf den Feldweg gefahren. Ich kenn die Gegend, Big B. Ich hab mich in deine Lage versetzt. Mir war sofort klar, welchen Weg du nehmen würdest. Aber ich schwör, der Schreck hat mich ein Jahr meines Lebens gekostet. Du warst viel schneller und viel unsichtbarer, als ich erwartet hatte. Verdammt, ich war eben erst angekommen und schau mich nach einem guten Beobachtungspunkt um, und da lauf ich dir praktisch vor die Füße.“

"Gute Arbeit", lobte Bolan. "Bin froh, dass du kein Cop bist."

"War ich."

Bolan hob dabei die Augenbrauen. "Ach ja?"

Der Georgia-Cowboy grinste und zwinkerte seinem Passagier gutgelaunt zu. "Ja. Cobb County Hilfssheriff. Ist 'ne gute Truppe."

"Warum bist du dann nicht mehr dabei?"

"Zog in den Krieg", antwortete Reynolds, plötzlich ernst. "Als ich zurückkam, hatte ich die Schnauze voll. Ging für eine Weile in die Landwirtschaft. War verdammt schnell pleite. Hatte grade noch genug Kohle, den ersten Laster zu kaufen. Naja, eine Hälfte davon. Ich hab einen Partner."

Bolan bemerkte: "Können aber nicht zwei davon leben".

"Nicht mal einer kann davon leben, so sieht's aus. Mein Partner ist – also, Shorty ist fast wie ein Bruder, so nahe stehen wir uns. Wir kommen gut miteinander klar. Normalerweise fahren wir zusammen, einer am Lenkrad, der andere in der Koje. Auf Langstrecken wechseln wir uns ab, verstehst du. So können wir mit den gleichen Grundkosten mehr Strecke zurücklegen. Wusstest du, dass Maut und Genehmigungen fast fünftausend pro Jahr kosten? Bis Versicherung und Unterhaltskosten bezahlt sind, sehen wir keinen Penny von den ersten Zehntausend. Also haben wir mit Vertragstransporten angefangen. Wir..."

"Wo ist dein Partner jetzt?"

"Also, äh ... dazu wollte ich gerade kommen."

"Was ist so schwierig daran?"

"Ich möchte nicht, dass du denkst, ich wäre auf ein Gegengeschäft aus. Verstehst du? Ich mein, ja, ich habe dieses Problem, auf jeden Fall, aber das ist nicht der Grund, warum ich dich gesucht hab. Nicht der einzige Grund."

"Okay", sagte Bolan und sah den Mann scharf an, "das wäre das. Also, was ist das für ein Problem?"

"Wie gesagt, wir fahren normalerweise zusammen. Ein paar Mal im Monat macht jeder von uns eine Solotour – verstehst du, damit der andere 'n bisschen Zeit zu Hause hat. Kurze Touren fahren wir immer solo. Also, ich sollte diese Fahrt heute Abend eigentlich gar nicht machen. Shorty hatte sie. Zum Teufel, es war nur 'n Quickie nach Savannah, und ich war um acht daheim, bereit für eine ruhige Nacht. Um halb elf ruft der Dispatcher an und sagt, die Ladung ist fertig für die Waage, die Zugmaschine ist da, aber wo zum Teufel steckt der Fahrer? Nicht aufzufinden. Und das sieht Shorty einfach nicht ähnlich. Er ist ein sehr verantwortungsbewusster Typ. Zuerst dachte ich, es könnte vielleicht dieser neue Biber sein, aber dann..."

"Was ist ein Biber?"

"Ehrlich, ich benutz den verdammten Funk zu oft, schätz ich ... äh, eine Frau, du weißt schon, ein echter weiblicher Zerstörer."

"Klingt wie eine Beleidigung", kommentierte Bolan.

"Ist nicht so gemeint. Und die hier ist wirklich ein Biber – ich mein, 'ne Herzensbrecherin."

Die lebten schon in einer ganz eigenen Welt, diese CB-Funker. "Zerstörer", so viel kapierte Bolan, war jedem ein Begriff, der regelmäßig CB-Kanäle nutzte.

Reynolds fuhr mit der Erklärung fort und hatte offensichtlich immer noch Schwierigkeiten, auf sein "Problem" zu sprechen zu kommen .

"So hat Shorty sie überhaupt erst kennen gelernt. Sie ist, äh, 'n bisschen eigenartig, würd ich mal sagen. So der Schulmädchen-Typ, aber schon ungefähr zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig, würd ich sagen, flitzt in einem roten Superskate 'rum und..."

"Was ist das jetzt wieder?"

"Sportwagen, sorry. Ich denk, es ist eine Corvette. Für mich sehen diese kleinen Schlitten alle gleich aus. Also, sie fährt in dieser roten Kiste rum, immer zwischen Atlanta und Marietta hin und her, und ich denke, sie hat Spaß dran, die Fahrer wahnsinnig zu machen. Funkt mit ihnen in dieser Schlafzimmer-Stimme, weißt schon, und treibt die armen Kerle die Wände ihrer Kabinen hoch. Und manchmal überholt sie sie und zieht dabei blank, verstehst du?"

Bolan nahm an, dass er verstand. Er fragte trotzdem nach: "Was genau ist dann blank?"

Der Mann grinste und zuckte die Achseln. "Was immer am praktischsten und inspirierendsten ist, schätz ich. Manchmal ist sie oben ohne, manchmal unten ohne. Shorty schwört, dass sie einmal am hellen Tag neben ihm her gefahren ist, ohne einen verdammten Faden am Leib. Kannst du dir das vorstellen? In einem Cabrio, mit offenem Verdeck?"

"Klingt nach ziemlich viel Spaß", sagte Bolan. "Wie viele Lastwagen verliert ihr zwischen Atlanta und Marietta?"

"Glaub bloß nicht, dass es nicht schon ein paar Mal ziemlich knapp war."

"Du wolltest mir von Shorty erzählen", erinnerte Bolan ihn.

"Mach ich doch. Er kommt also eines nachts an, völlig aus dem Häuschen. Er hätte die Miss Superskate von der I-75 tatsächlich getroffen. Behauptet, sie sei ihm bis zum Terminal gefolgt und ..."

"Ins Bluebird?"

"Ja, genau. Wir haben seit letztem Jahr einen Vertrag mit denen. Zum Teufel, ich wusste nicht, dass sie Dreck am Stecken haben. Also, jedenfalls waren Shorty und Miss Superskate in den letzten Monaten zusammen. Ich mein, richtig heftig, verstehst du? Sie hat ihn auf die Solo-Touren begleitet, und ich schätze, er ist während meiner Fahrten bei ihr gewesen. Das weiß ich aber nicht sicher. Shorty wurde beim Thema Miss Superskate verdammt schnell sehr schweigsam. Wurde recht empfindlich bei diesem Thema, hatte sogar ein paar Schlägereien mit den Straßenkumpels wegen ihr. Kannst dir ja vorstellen, wie die Jungs über so eine reden."

"Ich habe keine Ahnung, wo zum Teufel du mich hinführst, Cowboy."

"Wir kommen über Kennesaw auf dem Highway 41 raus. Von dort kannst du ..."

"Nein, ich rede von der Story mit deinem Partner."

"Ach so. Also, ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll. Ich habe hin und her überlegt wegen heute Abend, und versucht zu irgendeinem logischen Ergebnis zu kommen. Es sieht Shorty einfach nicht ähnlich, dass er zu einer Tour nicht auftaucht. Ich habe überall angerufen und nach ihm gefragt. Ich bin sogar seine Sachen durchgegangen und hab die Telefonnummer von Miss Superskate gefunden. Und da wurde das Ganze definitiv seltsam, ich mein, wirklich definitiv. Er ist dran mit der Solo-Tour, richtig? Er nimmt sie immer mit auf diese Fahrten, richtig? Also dachte ich ... ich weiß nicht, was ich dachte. Außer, dass irgendetwas verdammt seltsam ist."

"Du versuchst, es mit dem in Verbindung zu bringen, was heute Nacht da unten passiert ist."

"In gewisser Weise, ja. Sieh mal, zuerst war es nur das Ding zwischen Shorty und dem Biber. Ist ja an sich schon verrückt genug. Dann bist du mit dieser Sache mit dem Schmuggel dahergekommen, und verdammt, jetzt frag ich mich natürlich, was da wirklich läuft."

"Das ist der Polizist in dir", vermutete Bolan.

"Von dem ist nicht mehr viel übrig", sagte der Typ und lächelte seinen Passagier düster an. "Bolan ... ich mach mir Sorgen. Ich fürchte, Shorty hat sich mit diesem Rattenpack eingelassen."

"Wie kommst du darauf?"

"Sagt dir der Name Sciaparelli was?"

Bolan blickte ernst zu ihm hinüber und antwortete: "Darauf kannst du wetten. Das ist der schweigsame Mann hinter Bluebird. Woher wusstest du es?"

Reynolds seufzte tief und zündete sich eine Zigarette an. Er sagte: "Nennen wir's eine Vermutung. Ich wusst es nicht sicher, bis du's eben bestätigt hast".

"Woher kam die Vermutung?"

"Von der Telefonnummer von Miss Superskate. Ich hab da angerufen, als ich Shorty suchte. Ein Typ geht ran. Er sagt, dies wäre die Residenz von Mr. Sciaparelli. Das hat mich verwirrt. Der Name des Bibers soll Rossiter sein – Jennifer Rossiter. Ich dachte, da bin ich vielleicht in was 'reingeraten. Weißt schon, so eine Geschichte mit der typischen untreuen Ehefrau, so in der Art. Ich sag dem Typ also, ich hätt mich verwählt. Dann bin ich zum Terminal und hab die Fracht selbst angenommen. Dann kamst du mit deinem kleinen Feuerwerk. Jetzt fing das an mit den Vermutungen, ich hab mir Sorgen gemacht. Hör zu, die Sache ist die. Ich möchte einfach nur, dass du die Umstände in Betracht ziehst. Wenn du das nächste Mal auf diese Jungs ballerst – falls du zufällig meinen kleinen Partner im Visier hast, versuch dran zu denken, wozu so ein Wahnsinns-Biber einen Kerl bringen kann. Ich will damit nur sagen ..."

"Ich weiß, was du sagen willst", unterbrach Bolan ruhig, "aber ich glaube, du bist auf dem falschen Dampfer".

"Ich hoff's ja. Lieber Gott, ich hoff es."

"Es könnte allerdings viel schlimmer sein."

"Was könnte noch schlimmer sein?"

Bolan reichte dem Georgia-Cowboy schweigend eine Brieftasche, ein Klappmesser und siebenunddreißig Cent in Münzen. "So schlimm könnte es sein", sagte er.

Die Zugmaschine kam zum Stehen und hustete einmal, als Reynolds das Vermächtnis eines erbärmlichen Gespenstes untersuchte, das Mack Bolan zu seiner Folterkammer gerufen hatte.

"Wo hast du das her?" flüsterte Reynolds.

"Gehört ihm, hm?"

"Ja. Wo hast du's her?"

"Von einem Logenplatz in der Hölle", sagte Bolan. "Dein Partner ist tot, und glaub mir, du solltest verdammt dankbar sein, dass es so ist. Frag nicht weiter, außer du bist bereit für einen Blick in diesen Höllenschlund. Ich mein's ernst, Cowboy. Frag nicht."

Der Cowboy fragte nicht. Ein Blick in Bolans Augen sagte ihm genug, zumindest für den Moment. Er startete den Motor und setzte die Fahrt schweigsam fort.

*

Erst als die Lichter der Zivilisation sich auf der Windschutzscheibe spiegelten, wurde die Stille unterbrochen, diesmal von Bolan.

"Ich helf dir, die Sache in Ordnung zu bringen, wenn du das willst", sagte er.

"Ja. Danke. Das ist genau, was ich will. Wie geht es jetzt weiter?"

Der Mann war bereit, in den Höllenschlund zu blicken.

"Willkommen im Club", sagte Bolan nüchtern. "Fahren wir nach Acworth. Ich hab da am See ein Basislager."

In die Hölle, das wusste er, führten viele Wege.

Und, ja, Bolan kannte jeden einzelnen davon wie seine Westentasche.

Bolan und der Dixieland-Konvoi: Ein Mack Bolan Thriller #27

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