Читать книгу Bolan und der Sturm auf Seattle: Ein Mack Bolan Thriller #21 - Don Pendleton - Страница 9

Kapitel 3: Persönliche Note

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Bolan hatte den Werftbereich einige Tage zuvor ausgekundschaftet, kurz nachdem das griechische Schiff angedockt hatte. Er hatte beobachtet, wie sie die Schwenkarme ausfuhren und mit dem Entladen begannen, und er hatte sich zu den Schauerleuten unten am Kai gesellt. Als das Zeug nach und nach an Land gebracht wurde, arbeitete er neben ihnen, unauffällig in Latzhose und Jeansjacke. Er hatte auch die verdächtige Ladung ausfindig gemacht und die Kiste auf ihrem Weg zum Transitlager im Lagerhaus markiert. Später hatte er hundert Dollar zwischen ein paar Lagerarbeitern aufgeteilt, damit sie die Kiste für ein paar Tage "verlegten" – und er hatte sich lange genug in der Nähe herumgetrieben, um zu sehen, wo sie sie hinstellten.

*

Er hatte da noch nicht wirklich gewusst, wieso er sich eigentlich für genau diese Sendung so interessierte, oder ob sie überhaupt irgendeine Bedeutung für die Entwicklungen rund um Seattle hatte. Es war einfach ein weiteres dieser isolierten Teilchen eines internationalen Puzzles, wie sie immer wieder in seinem Journal auftauchten. Bis dahin hatte er noch nie von Allan Nyeburg oder Langley Island gehört. Aber er hatte aus verschiedenen Quellen Gerüchte mitbekommen über "eine Menge Zeug", das via Marseille, den "heißen Hafen" Europas, unterwegs wäre, und er hatte seit der Texas-Aktion Schiffspapiere aus diesem Gebiet stichprobenartig überprüft. Es könnte also einfach ein Glücksfall gewesen sein – oder ein Wink des Schicksals –, der Bolan auf diese Ladung aufmerksam gemacht hatte, gerade als er mit seinen Nachforschungen in Seattle begann.

Die daraus resultierende Überprüfung von Nyeburg selbst hatte nichts mit Glück oder Schicksal zu tun. Es relativ einfach gewesen, ein bisschen Detektiv-Arbeit zu betreiben, Fragen an den richtigen Stellen zu stellen, Zugang zu bestimmten Akten und Aufzeichnungen zu erhalten – und eine Akte zusammenzustellen.

Sie war beeindruckend. Und sie hatte direkt nach Langley Island geführt.

Nyeburg gehörte zu den Neuesten einer neuen Generation von Strohmännern, die das Syndikat in letzter Zeit überall auf der Welt einsetzte. Er war "sauber", gut ausgebildet, relativ jung, galt in verschiedenen Bereichen des internationalen Handels und der Finanzen als brillant. In Bolans Notizbuch fungierte Nyeburg nun als eine Art Vorhut für den großen Vorstoß in Seattle.

Die Entdeckung der Machenschaften auf der Insel Langley hatte Bolans Neugier auf die Kiste mit den "Maschinen" der S.S. Piraeus noch verstärkt. Also kehrte er jetzt zu diesem Ausgangspunkt zurück, um einen Blick auf die Ladung zu werfen.

*

Diesmal war er im schwarzen Kampfanzug unterwegs, mit der .44 AutoMag offen an der rechten Hüfte, mit leichtem Gepäck – sein geliebtes Kriegermobil parkte zwei Blocks weiter, bereit für einen schnellen Rückzug.

Der Nebel beherrschte den Kai-Bereich fast vollständig, überzog die Schwärze der Nacht wie mit einer schweren feuchten Decke und umgab die Lampen der Lagerhalle mit schwachen runden Lichthöfen. Die dunkle Masse der Piräus ragte geheimnisvoll und geisterhaft über das nebelverhangene Dock, dämmrige Gangway-Lichter blinkten wie Glühwürmchen in der Düsternis .

Weiter unten, im Lagerhaus, rührte sich etwas. Die großen Tore standen offen, dumpfe Abgase quollen heraus und vermischten sich mit der feuchten Atmosphäre. Ein Lastwagen parkte mit dem Heck zur Hälfte im Lagerhaus. Gabelstapler quietschten und bewegten irgendetwas im Inneren.

Für Bolan war das keine ganz unerwartete Entwicklung, auch wenn er im Zug seiner Recherchen festgestellt hatte, dass an diesem speziellen Kai normalerweise keine Nachtschichten gefahren wurden. Tatsächlich hatte er zwölf Stunden vorher seine Lageristen-Kumpel angerufen und sie gebeten, die verlegte Sendung zu "finden" und den Empfänger zu benachrichtigen.

*

Nun rückte der Mann in Schwarz weiter vor, um sich die Situation aus der Nähe anzuschauen. Seine Sinne waren für den Kampf geschärft und richteten sich wachsam auf das Niemandsland zwischen Hafen und Lagerhaus, die AutoMag gezückt und einsatzbereit.

Eine schemenhafte menschliche Gestalt materialisierte sich direkt vor ihm, weniger als fünfundvierzig Meter entfernt. Bolan erstarrte, räusperte sich laut, hustete dann leicht und bewegte sich etwas langsamer weiter.

Eine Stimme mit schwerem Bronx-Akzent knurrte: "Wer ist da?"

"Ich bin's", antwortete Bolan, wobei er den gleichen Akzent benutzte, allerdings in weniger aggressiver Tonlage. "Wie läuft's denn so?"

"Woher soll ich das wissen? Niemand sagt mir was." Der Typ war offensichtlich ein Späher. Er war allerdings auch reif für eine kleine Abwechslung. Seine Stimme verriet, dass er da schon eine ganze Weile herumgestanden hatte, angespannt, unbehaglich, gereizt.

Und jetzt bewegte er sich vorsichtig auf Bolan zu, wahrscheinlich, um ihn besser sehen zu können.

"Geh runter und sag ihnen, sie sollen sich beeilen", befahl Bolan schroff. "Hol dir einen Kaffee, wenn du schon dabei bist. Du klingst wie im Halbschlaf."

"Schätze schon. Danke. Werd's ihnen sagen."

Der Kerl drehte sich um und schlurfte davon.

Bolan machte sich sofort leise auf dem Rückweg. Der Späher hatte die "Stimme der Autorität" allzu bereitwillig akzeptiert. Das bedeutete für Bolan, dass noch andere irgendwo dort draußen in der Dunkelheit wachten. Wahrscheinlich in einem geparkten Auto. Vielleicht ein Anführer und ein paar bewaffnete Kerle. Bolan konnte nicht riskieren, so etwas im Rücken zu haben.

Er zog sich auf dem selben Weg zurück, den er gekommen war, dann ging er schnell und vorsichtig oben herum und näherte sich von der anderen Seite – und fand sie dort, nur die Straße vom Dock der Piräus hoch, zwei Männer in einem großen Auto auf einsamem Posten.

Das Fahrzeug stand schon eine Weile, wie die gleichmäßige Ansammlung von Nebeltröpfchen bewies. Die Scheibenwischer liefen, um wenigstens die Sicht nach vorn zu gewährleisten – drinnen hatten sie allerdings auch ein Nebelproblem. Die beiden vorderen Fenster standen zwar ein paar Zentimeter offen, doch auch die waren von außen mit den feinen Tropfen angesammelter Feuchtigkeit beschlagen, und von innen mit Kondenswasser.

Beide Männer rauchten. Als Bolan näher kam, hörte er leise Radiomusik. Die Jungs hingen entspannt in ihren Sitzen und langweilten sich. Er schlich am Heck vorbei, riss eine der hinteren Türen auf und glitt auf die Sitzbank hinter ihnen.

Der Kopf des Mannes am Steuer schnellte herum, mit offenem Mund und flackernden Augen.

Bolan machte warnend "uh-uh" und ließ ihn einen Blick auf die große silberne Pistole werfen.

Der andere saß einfach nur da wie erstarrt, die Augen auf den Rückspiegel fixiert. Aber er war der erste, der seine Stimme wiederfand. "Was zum Teufel soll das werden?", schimpfte er.

"Vielleicht der Jüngste Tag", teilte ihm Bolan mit. Er warf ein Scharfschützen-Abzeichen nach vorne. Es traf die Windschutzscheibe und fiel auf das Armaturenbrett. "Schau dir das mal an", befahl er kühl.

Der Fahrer gehorchte, mit langsamen und vorsichtigen Bewegungen. Er drehte das silberne Fadenkreuz zwischen den Fingern hin und her, ansonsten reg- und sprachlos.

Der Typ neben ihm knurrte: "Was is'n das?"

"Ein Fadenkreuz", erklärte der Fahrer in einer Art Bühnenflüstern.

"Oh Mist", sagte der andere Kerl, die Stimme kläglich und demoralisiert. "Das da hinten ist nicht Mack Bolan."

"Ist er doch", versicherte ihm der Vollstrecker. "Und wer bist du?"

Der Kerl versuchte es auf die kumpelhafte Tour. "Danny Trinity. Du hast nie von mir gehört, nehme ich an. Ich habe viel von dir gehört, Mann. Der große Dummkopf zu meiner Linken ist Ontario Charlie Flora, mein Fahrer."

Damit war die Vorstellung erledigt, und Danny Trinity fiel nichts mehr ein. Bolan hingegen wollte das Gespräch fortführen. "Ihr Jungs werdet vielleicht noch ein Weilchen leben, wenn ihr anständig mitspielt."

Sie verstanden natürlich, was das bedeutete. Nur wenige Mafiosi konnten sich rühmen, einmal mit dem Vollstrecker geplaudert zu haben und noch am Leben zu sein. Wenn er also sprach, anstatt zu schießen, bedeutete das rein rechnerisch doppelt so viel Hoffnung wie üblich.

"Wir wollen keinen Zoff mit dir, Mann", versicherte Danny Trinity, der sich anscheinend an genau diese Hoffnung klammerte – mit sehr offensichtlich gespielter Tapferkeit.

"Dabei solltet ihr es belassen", riet ihm Bolan. "Für wen arbeitet ihr?"

Die beiden Gangster wechselten einen Blick.

Bolan sagte warnend: "Bleib bei der Wahrheit. Du sprichst mit einem, der weiß, wann du es nicht tust."

Ontario Charlie holte tief Luft, schluckte und entschied sich für die Hoffnung. "Wir kommen von Augie Marinello."

Okay, das klang glaubwürdig. Marinello, der bei einem Zusammenstoß mit Bolan während der Jersey-Auseinandersetzung ziemlich was abgekriegt hatte, klammerte sich immer noch an sein Leben und seine Position als mächtigster New Yorker Boss.

Kalt fragte Bolan: "Wie geht es Augie?"

"Dem, was von ihm übrig ist, soweit gut", schniefte Danny Trinity. "Viel hast du ja nicht übrig gelassen, Mann."

"Von dir könnte ich sogar noch weniger übrig lassen", erinnerte Bolan den Gangster. "Welchen Rang hast du?"

"Gar keinen", antwortete der Mafioso, nicht mehr ganz so gereizt. "Ich arbeite in einer Crew unter Tony Vale ..."

"Leute fertigmachen", konstatierte der Eismann.

"Ja, schon. Hör mal ... willst du meinen Lebenslauf? Ich komme aus ..."

Bolan knurrte: "Lass stecken. Du bist weit weg von deinem Territorium, Danny."

Der Kerl zuckte die Achseln und warf seinem Partner einen verzweifelten Blick zu. "Wir sind im Urlaub", murmelte er.

Bolan zog ihm mit der Mündung der Big Thunder sanft eine Furche über den Hinterkopf . "Dieses Ding hier ist ein schweres Geschütz", erklärte er dem Kerl kalt. "Die Kanone spuckt Hohlmantelgeschosse mit einer Mündungsenergie von mehr als tausend Joule. Der Abzug ist außerdem sehr empfindlich. Ich muss nur ein bisschen heftig seufzen, und dein Schädel verhält sich wie eine Eierschale. Und jedes Mal, wenn du etwas Dummes sagst, Danny, muss ich seufzen."

"Okay, okay", sagte der Mafioso, und seiner Stimme konnte man anhören, dass er aufgegeben hatte. "Es ist wirklich eine Art Urlaub. Wir wurden praktisch ausgeliehen. Wir sind jetzt drei Wochen in der Gegend, und das ist jetzt unser erster Job."

"Wie viele Jungs sind dabei?"

"Ich habe sechs Leute, mich und Charlie Boy hier eingeschlossen."

"Was ist das für ein Job?"

"Das hier? Zum Teufel, nur ein Spaziergang, dachten wir. Die örtlichen Jungs holen ein paar Sachen aus einem Lagerhaus. Wir sind die Wachen, sonst nichts."

"Wohin soll's gehen?"

"In ein anderes Lagerhaus."

"Ein Lagerhaus wo? ”

"Oben in der Nähe von Everett. Weißt du, wo das ist? Ein Stück die Küste hoch."

Na klar wusste Bolan, wo das war. Langley Island lag in diesem Gebiet.

"Gebt mir eure Knarren", sagte er. "Ich will nicht mehr als zwei Finger auf einmal sehen. Du zuerst, Danny. Halt sie vorsichtig und reich sie mir nach hinten."

Es gab keinerlei Widerstand. Die Ganoven schienen fast froh darüber zu sein, als ob ihre Rettung damit gesichert wäre. Bolan hatte nicht den Ruf, Unbewaffnete zu töten. Sie trennten sich also behutsam von ihren Waffen und händigten sie ihm aus. Bolan warf sie auf die Straße und sagte zum Fahrer: "Okay, Charlie, fahren wir."

Der Typ startete den Motor und erkundigte sich: "Wohin?"

"Auf den Kai, runter zum Lagerhaus."

Die beiden Männer vorne tauschten Blicke aus, dann zuckte Ontario Charlie die Achseln und setzte den Wagen in Bewegung. "Licht an oder aus?" fragte er.

"Aus, bis ich etwas anderes sage. Und schön langsam."

"Jetzt mal einen Moment", protestierte Danny Trinity. "Weißt du, wie viele Leute da unten auf dich warten? Da sind meine vier Jungs plus vier von den Örtlichen. Keiner von ihnen ist das, was ich friedliche Bürger nennen würde. Die alle stehen auf eine nette Ballerei und halten sich nicht mit Formalitäten auf, wenn's drauf ankommt. Du kannst doch nicht einfach ..."

Bolan unterbrach die Tirade: "Machst du dir Sorgen um mich, Danny?

"Teufel, nein, ich mach mir Sorgen um mich selbst. Ich möchte nicht ins Kreuzfeuer zwischen euch geraten."

"Dann machst du es so, wie ich es dir sage", schlug Bolan vor. "Runter zum Kai, Charlie, langsam und gemütlich. Bewegung."

Der Fahrer setzte das Auto in Bewegung. Sie rollten auf den Kai und näherten sich tastend den gedämpften Lichtern am anderen Ende. Danny Trinity sank im Sitz zusammen und starrte reglos und angespannt durch den alles einhüllenden Nebel nach vorn. "Manche Kerle haben eben einen Hang zum Selbstmord", knurrte er; die Angst hatte ihn wieder erfasst und ließ seine Stimme brüchig werden. "Hätte mehr von dir erwartet, Bolan."

Das galt für Bolan ebenso; Selbstmord käme ihm nicht in den Sinn. Aber zu seinen Gefangenen sagte er: "Jeder stirbt irgendwann, Jungs. Ich schätze, es liegt an euch, ob es diesmal für uns so weit ist. Bleibt cool, dann sind vielleicht sie dran. Komm mir nur für eine Sekunde blöd, und ich fürchte, wir sind alle fällig, wir verrückten Bastarde."

"Ich bin kein verrückter Bastard", protestierte der Fahrer schaudernd.

"Na, dann beweise es mir", schlug Bolan vor. "Du auch, Danny. Beweis mir, wie zurechnungsfähig du bist."

Bolan wettete allerdings keinen müden Cent auf die Zurechnungsfähigkeit der beiden. Er setzte ausschließlich auf sich selbst.

Bolan und der Sturm auf Seattle: Ein Mack Bolan Thriller #21

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