Читать книгу Sammy, das kämpfende Herz - Doris Bolten - Страница 6
Endlich ist es so weit –
ОглавлениеBei einem unserer letzten Besuche hatten wir ein Frotteehandtuch mitgenommen und beim Züchter gelassen. Er hatte uns erklärt, dass es dem Welpen einfacher fallen würde, von seiner Mutter getrennt zu werden, wenn so ein Handtuch in seinem Körbchen vorhanden sei.
Am 1. Oktober 1999 fuhren wir mit unserem Flitzer die etwa vierzig Kilometer bis zu unserem Züchter. Die Rückfahrt hatten wir auf Landstraßen geplant.
Ganz vorsichtig nahm ich den kleinen Schatz in Empfang. Ich legte das Handtuch auf meinen Schoß und bettete ihn vorsichtig darauf.
Wir hatten erfahren, dass die erste Autofahrt besonders wichtig sei. Dieses Erlebnis würde den Hund im Hinblick auf die Frage prägen, ob er Autofahrten mögen oder nicht mögen würde. Da wir viel unterwegs waren, sollte unser Hund sinnvollerweise autotauglich sein.
So fuhren wir mit – ungelogen! – dreißig Stundenkilometern nach Hause, immer darauf bedacht, dass sich der Welpe nicht vielleicht übergeben müsste. Wie die anderen Verkehrsteilnehmer auf unseren »Geschwindigkeitsrausch« reagierten, muss ich nicht erwähnen – das war uns aber damals völlig gleichgültig.
Zu Hause angekommen stellten wir Sammy erst einmal bei meinen Schwiegereltern vor. Der kleine Kerl wirkte in der riesigen großen Küche dort völlig verloren. Ein dunkler Fleck auf weißen Fliesen. Er schaute in alle Richtungen, um herauszufinden, wo er denn hier gelandet sei.
Ich nahm ihn schnell wieder auf den Arm und sprach leise mit ihm. »Hier wohnen nur Oma und Opa, du wohnst gleich nebenan.«
Dort setzte ich Sammy in der Diele ab und ließ ihn erst einmal die Umgebung erschnüffeln. Ich zeigte ihm, wo das Wasser stehen würde. Und dann kam auch der große Augenblick, dass ihn in sein neues Körbchen setzte. Das Handtuch lag dort schon bereit.
Er setzte sich auf und begutachtete seine neue Umgebung. Sie schien ihm zu gefallen – denn als erstes markierte er mal sein neues Revier.
Tja, mein Fehler. Wäre ich eben mit ihm rausgegangen. Aber das würde ich schon hinbekommen …
Ich hatte drei Wochen »Erziehungsurlaub« genommen, um meinem neuen »Baby« Manieren beizubringen. Die ersten Nächte, so war das mit meinem Mann Ralf vereinbart, würde ich im Wohnzimmer auf dem Sofa schlafen. Ich wollte da sein, wenn Sammy wach würde und raus müsste. Ich hatte auch wildeste Befürchtungen, er würde seine Mama vermissen und weinen. Aber das war völlig unnötig – er fühlte sich von Anfang an wohl bei uns.
Um Mitternacht gab es die letzte Runde, dann erst wieder um sechs Uhr. Dazwischen schlummerte Sammy wie ein kleines Baby. Er vermisste seine Mutter nicht ein einziges Mal. Das Handtuch entsorgte ich bereits nach drei Tagen.
Ich schlief auf dem Sofa, Sammy in seinem Körbchen. Manchmal nahm ich ihn auch zu mir mit aufs Sofa. Dann lag er in meinem Arm und schlief tief und fest. Sobald er wach wurde, lief ich mit ihm auf dem Arm hinaus, damit er dort seine Geschäfte erledigen konnte.
Nach etwa drei Wochen war er – bis auf seltene Ausnahmen – stubenrein. Und es gab von Anfang an »feste Zeiten«.
Damals arbeitete ich noch ganztags, und so sprachen wir uns mit meinen Eltern ab, dass ich Sammy morgens bringen und Ralf ihn mittags abholen würde. Ralf war im Kundendienst tätig und den ganzen Tag mit dem Auto unterwegs. Dank unserer Schleichfahrt, nachdem wir Sammy beim Züchter abgeholt hatten, gab es keine Probleme, mit ihm Auto zu fahren.
Aber nach einigen Wochen ging mir das Arrangement irgendwie gegen den Strich. Immerhin war ich jetzt Hundemama und sollte mich um mein Baby kümmern. Aber wie, wenn ich den ganzen Tag arbeitete?
Es war schnell klar – eine Halbtagsstelle musste her. Ich besprach dies mit meinem Mann, der mich sehr bei dieser Idee unterstützte, und nach nicht allzu langer Zeit wurde ich auch fündig: sechs Stunden täglich, jeweils wechselnd vormittags oder nachmittags.
Die neue Zeiteinteilung mit der Versorgung unseres Hundebabys in Einklang zu bringen, war schnell geregelt. Wir wohnten ja in direkter Nachbarschaft zu meinen Schwiegeraltern: diese bewohnten das Haupthaus – gemeinsam mit meiner Schwägerin und deren Labrador –, im Anbau lebten wir. Der Garten wurde gemeinsam genutzt. – Auch wenn manch einer Zweifel daran haben mag: es klappte wirklich ausgezeichnet. Immerhin hatte ja jeder seine eigenen vier Wände und eine Haustüre, die man hinter sich schließen konnte. Es gab also keinen Grund, warum es nicht prächtig funktionieren sollte.
Nur mir ging es nicht wirklich gut dabei, weil ich meinen Schatz doch immer wieder zu Hause lassen musste. Aber mitnehmen ging nun mal nicht – leider.