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Pädagogischer Eros
ОглавлениеHeute ist die Legitimationsfrage seitens der Lehrer gegenüber ihren Schülern »Warum machen wir das?« stets präsent. Lehrkräfte müssen ihre Auswahl der Unterrichtsinhalte vor den Schülern nicht nur legitimieren bzw. begründen, Schülern wird darüber hinaus suggeriert, sie hätten ein Recht, an der Auswahl der Unterrichtsinhalte beteiligt zu sein. Und nun wird es für die Lehrkraft problematisch (im Folgenden beziehe ich mich auf Schirlbauer, 1996, S. 49 ff.). Inhaltliche oder auch methodische Schritte sind zu begründen. Und für jedes Plausibilitätsargument gibt es mindestens ein Gegenargument. Der Lehreraufwand wird erheblich. Schirlbauer wörtlich (S. 50): »Der Lehrer muß also die Verflüchtigung von kulturell eindeutigem Sinn (von kulturellen Standards) durch ›gute Beziehungen‹ wettmachen, durch psychodynamisch aufwendige Beziehungsarbeit einen zumindest situativ bleibenden Handlungssinn immer wieder ermöglichen/erzeugen.« Mit dem Wegfall der Autorität der kanonisierten Lehrplaninhalte fällt auch »die fraglose Autorität des Lehrers als Aura dessen, der ›das Sagen hat‹ … Die Schüler arbeiten für den Lehrer, weil er es ist, also ihm zuliebe. Die Macht der Position wird ersetzt durch die Macht (den Reiz) der Person. Man nannte das einmal Eros, milder: Charisma, eine (Ver)führungsqualität« (S. 51). Heute spricht man von guten Beziehungen, als Lehrkraft will man diese pflegen, man will gemocht, beliebt sein. Das ist machbar, doch anstrengend.
Eros war kein guter Begriff, wie Schirlbauer nachweist: »Eros trifft nicht alle. Das Charisma zieht nicht bei allen. … Eros will gar nicht alle bezaubern, verführen. Da bleiben allemal einige auf der Strecke der Unerwähltheit. – Für die moderne Schule ein unerträglicher Gedanke« (S. 51).
Deutlich sollte in diesem ersten Kapitel geworden sein, dass Lehrersein mehr bedeutet als ein Agent guten Unterrichts zu sein, mehr als ein Wissensvermittler zu sein. Bei der Verwendung des Begriffes der Klassenführung darf das »Mehr« mitschwingen.