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ОглавлениеKapitel 2
23. Juni 2013
Wider Erwarten bin ich gestern doch recht schnell eingeschlafen. Als ich am Morgen das erste Mal zur Uhr sehe ist es erst kurz nach fünf! Das Schönste zuhause ist doch dass man am Sonntagmorgen aufstehen kann wann man will! Auch wenn das Frühstück mir hier nicht ans Bett gebracht wird bevorzuge ich doch diese Version. Ach, ist das schön!
Ich drehe mich noch einmal ganz genüsslich auf die andere Seite und bin im Handumdrehen auch schon wieder eingeschlafen!
Das penetrante Klingeln des Telefons reißt mich aus einem schönen Traum! Von einem faszinierendem Augenpaar! Einem leuchtend blauen! In deren Tiefen ich schon oft versunken bin!
Noch immer lächelnd melde ich mich.
„Doro, bist du zuhause?“
„Natürlich nicht, Hanna, wie kommst du nur darauf?“ lache ich.
„Ach Mensch, ich merke gerade erst dass ich nicht das Handy genommen habe wie ich wollte! Ich dachte du bist vielleicht doch noch im Krankenhaus.“
„Nee, bin doch gestern termingerecht entlassen worden! Was gibt’s denn so früh schon?“
„Wieso früh? Es ist gleich elf! Ich will dich jetzt besuchen kommen!“
„Dann gib mir vorher wenigstens noch Zeit zum Zähne putzen und Kaffee aufsetzen, okay?“
„Bist du denn etwa noch nicht aufgestanden?“
Meine Hanna! Ich kann ja schon froh sein dass sie vorher angerufen hat! Normalerweise steht sie immer gleich direkt vor der Tür. Sie wohnt ganz in der Nähe und kommt gern mal auf einen Sprung bei mir vorbei.
Der Kaffee ist gerade fertig als es auch schon Sturm klingelt, wenig später steht Hanna in meiner plötzlich vollen Küche! Meine liebe Freundin hat nicht nur eine große Schale mit frischen Erdbeeren und eine fast noch größere Schale mit Kartoffelsalat mitgebracht, auch ein großer Kuchenteller steht auf meinem Herd.
„Ja sag mal, wer soll denn das alles essen?“ frage ich lachend.
„Du hast doch die ganze Woche nichts einkaufen können! Du musst doch was zu essen haben!“
„Aber doch nicht solche Mengen, Schatz“, und ich nehme sie erst einmal in den Arm und bedanke mich bei ihr.
„Stell den Salat in den Kühlschrank und den Kuchen kannst du einfrieren, ist alles frisch“, ordnet sie an, „dann reicht es auch noch ein paar Tage!“
Wir trinken unseren Kaffee, ich esse dazu ein Stück Apfelkuchen, dann rauchen wir noch eine bevor sie sich schon wieder auf den Weg macht.
„Danke Hanna, du bist die Beste“ gebe ich ihr noch mit auf den Weg, dann gehe ich ins Badezimmer und nehme eine erfrischende Dusche.
Den Rest des Tages bin ich einfach nur faul! In der ganzen vergangenen Woche habe ich nicht wirklich gut schlafen können, hier in meiner kühlen Wohnung kann ich mich endlich entspannen und den Schlaf nachholen.
Gegen Abend mache ich einen kleinen Spaziergang, besonders weit komme ich nicht, es ist richtig schwül geworden. Mit etwas Glück gibt es heute Nacht mal ein Gewitter, dann würde die Luft wenigstens etwas abkühlen können! Aber leider kommt später nur etwas Wind auf, viel bringt der nicht.
3. Juli 2013
Fast 2 Wochen bin ich jetzt schon wieder zuhause. Auch wenn es mir im Krankenhaus super ging. so allein zuhause ist es doch nicht ganz so einfach! Aber hier kann ich wenigstens machen was ich will! Und ganz besonders schlafen solange ich will! Und essen wann und was ich will!
Doch immer wieder komme ich an meine Grenzen, nicht nur, dass ich mich nicht bücken soll, ich kann es auch gar nicht ohne Schmerzen. Allein das Staub saugen ist eine Herausforderung, aber irgendwie schaffe ich auch das. Termine für die Physiotherapie habe ich jetzt auch endlich bekommen, morgen geht es los. Ich hoffe, durch die richtigen Übungen werde ich bestimmt auch wieder etwas beweglicher.
Der Bandscheibenvorfall saß in der Lendenwirbelsäule, und genau da tut es auch immer noch ganz schön weh, auch wenn ich mich nur andeutungsweise bücke.
Als ich mich heute Morgen im Spiegel sehe fällt es mir wieder ein! Hallo Schönheit! Und dabei hatte ich diesen Liebesbrief fast vergessen! „Ja, hallo Schönheit, wie geht es dir denn?“ Und noch ein Blick in den Spiegel! Gut, hässlich bin ich für meine guten 61 Jahre nun wirklich nicht, aber Schönheit! Da hat er doch mächtig übertrieben! Wie ist der bloß gerade ausgerechnet auf mich gekommen? Ob er Engländer ist? Ich muss mir bei Gelegenheit endlich einmal seine Seite etwas genauer ansehen! Aber kaum habe ich es gedacht habe ich es auch schon wieder vergessen!
Ich hole mein Bügelbrett aus der Ecke und mache mich daran, meine Wäsche endlich fertig zu machen, die letzten Tage hatte ich einfach keine Lust dazu. Und es sind inzwischen zwei weitere Maschinen dazu gekommen. Dann räume ich noch etwas auf, spüle das Geschirr ab und fertig! Mehr muss heute nicht sein.
Danach setze ich mich mit meinem Buch nach draußen bis die Sonne um die Ecke kommt und es auch auf meiner Terrasse wieder viel zu warm wird, also Fernseher an und aufs Sofa, den Rücken strecken.
Doch heute Abend muss ich wieder an diesen mysteriösen Mailschreiber denken! Was denkt der sich eigentlich dabei, fremden Frauen einfach so etwas zu schreiben? Diesen Mann muss ich jetzt doch endlich mal etwas genauer unter die Lupe nehmen! So ganz aus dem Kopf bekomme ich ihn ja doch nicht!
Doch kaum bin ich auf meiner Seite, um mir zuerst noch einmal diese Mail durchzulesen, als mein Telefon klingelt. Mein lieber Neffe Florian, mit dem ich seit seiner Geburt ein Herz und eine Seele bin, möchte doch endlich mal wieder hören, wie es mir mittlerweile ergeht!
„Florian, du kannst dir mit Sicherheit nicht vorstellen was ich gerade mache!“
„Los, erzähl! Was treibst du denn Schönes?“
Und so lese ich ihm diesen „Liebesbrief“ vor! „Ehrlich, Florian, ich überlege gerade ernsthaft, ob ich ihm darauf antworten soll oder ob ich diese Mail jetzt einfach lösche und für immer vergesse!“
„Ach Mensch, Doro, ich finde das richtig süß! Und das ist doch eigentlich auch ganz nett geschrieben! Gib dem Mann doch mal eine Chance! Was kann dir passieren? Solange er nicht weiß wo du wohnst.... lass ihn doch mal! Vielleicht ist er ja wirklich nett, und wer weiß? Möglicherweise entpuppt er sich als dein Traummann! Hast du dir denn seine Seite schon angesehen? Wie alt ist er denn?“
„Genau das wollte ich auch gerade prüfen! Also, bleib am Ohr, seine schönen Augen sind mir ja schon auf dem Foto aufgefallen, das vor jeder Mail steht!“
Und dann bin ich auf seiner Seite und lese vor und staune!
„Also, pass auf! Er lebt in London, hat studiert in London, und... du wirst es nicht glauben, er ist geboren am 8. April 1963!“
„Wow! Der ist ja kaum älter als ich“, höre ich verblüfft aus dem Hörer! „Aber... na ja, er hat dir doch geschrieben dass Alter und Entfernung für ihn keine Rolle spielen! Und dein Geburtsdatum steht doch auf deiner Seite, oder?“
„Klar steht das da, da mache ich doch kein Geheimnis draus!“
„Na los, was überlegst du noch? Antworte ihm und lass dich überraschen was dabei raus kommt! Aber halte mich auf jeden Fall auf dem Laufenden, ja? Und weißt du was? Antworte ihm doch gleich auf Englisch!“
„Bist du verrückt? Ich und Englisch! Das habe ich in der Schule gelernt und seit dem so gut wie gar nicht mehr gebraucht! Er hat Deutsch geschrieben und wenn überhaupt wird er auch eine deutsche Antwort bekommen!“
Da lacht mich der Bursche doch tatsächlich aus! „Wenn du willst wirst du auch können! Ich kenne dich doch!“
„Ja ja, ich bin ja auch ein Sprachgenie! Jetzt grüß mir deine Lieben und habt noch einen schönen Abend! Ich habe jetzt etwas vor!“ Und lachend verabschieden wir uns voneinander!
Ich bleibe an meinem PC sitzen und verfasse, nach langem Überlegen, folgende Antwort:
21:43
Doro Döppner
Hallo charmanter Mann,
Dankeschön für Ihre lieben Worte und Komplimente, die ich leider erst gestern rein zufällig unter *Sonstiges*
gefunden habe. Ich war so verblüfft, dass ich anfangs nicht wusste, wie oder ob ich überhaupt darauf reagieren soll!
Aber eine so nette Nachricht verdient zumindest eine nette Antwort!Obwohl ich von meinem Mann schon sehr lange
geschieden bin hat diese Ehe doch sehr tiefe Wunden in mir hinterlassen, eine neue Beziehung ist für mich nie in
Frage gekommen! Doch wie heißt es so schön "man soll niemals nie sagen"! Wer weiß, vielleicht sollten wir uns
wirklich besser kennen lernen!Eine christliche Einstellung ist auch mir wichtig, eine Beziehung, gleich welcher Art, ohne
Humor geht gar nicht! Wenn man nicht miteinander lachen kann hat nichts wirklich Sinn! Ein Treffen in absehbarer
Zeit möchte ich allerdings nicht so auf die Schnelle verabreden, okay?
Herzliche Grüße, Doro
Ich lese alles noch einmal durch, doch, ja, ich glaube, das kann ich so lassen! Da bin ich ja jetzt mal gespannt ob ich auch noch eine Antwort bekomme! Vielleicht hat er sich inzwischen ja längst mit einer anderen getröstet! Tja, dann habe ich eben Pech gehabt, dann wird es wohl nicht mein Traummann gewesen sein!
Dann gehe ich ins Bett, schnappe mir meinen Krimi und lese noch die halbe Nacht!