Читать книгу Familienglück im zweiten Anlauf - Dorothee Döring - Страница 8

Sachliche Romanze1

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Als sie einander acht Jahre kannten

(und man darf sagen: sie kannten sich gut),

kam ihre Liebe plötzlich abhanden.

Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,

versuchten Küsse, als ob nichts sei,

und sahen sich an und wussten nicht weiter.

Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.


Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.

Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier

und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.

Nebenan übte ein Mensch Klavier.


Sie gingen ins kleinste Café am Ort

und rührten in ihren Tassen.

Am Abend saßen sie immer noch dort.

Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort

und konnten es einfach nicht fassen.


Frauen haben ein sensibler ausgeprägtes Frühwarnsystem als Männer und merken frühzeitig, wenn etwas aus dem Lot geraten oder nicht mehr zu retten ist. Wenn man es dann nicht mehr schafft, wieder zueinanderzufinden, ist eine Trennung unausweichlich.

Es ist für uns Menschen sehr wichtig, dass wir uns in einer Familie aufeinander verlassen können. Dazu gehört auch eine Strukturierung unseres Tagesablaufs, dass wir wissen, morgens werden die Kinder in die Schule gehen, wir unserer gewohnten Arbeit nachgehen, das Abendessen wird wie immer gemeinsam eingenommen usw.

Sich auf Gewohntes verlassen zu können, erhält uns die Kraft, mit den Unwägbarkeiten, den Widrigkeiten, den ungeplanten Ereignissen unseres Lebens fertig zu werden. Wir handeln in und aus einem Zustand des Gleichgewichts von Anforderungen und Kräften. Im Falle einer Trennung existiert dieses Gleichgewicht nicht mehr. Das bisherige Leben wird völlig auf den Kopf gestellt und plötzlich sind ganz neue Dinge wichtig: Es sind allein Entscheidungen zu treffen, die zuvor gemeinsam getroffen wurden. Es machen sich Gefühle von Unsicherheit und Ausweglosigkeit und vor allem die Angst vor dem Alleinsein breit. Der Betroffene stellt sich die Frage: „Wie soll es weitergehen? Werde ich es allein schaffen?“

Sicher ist, dass mit dem Alleinleben ein neuer Lebensabschnitt mit neuem Rhythmus und neuen Inhalten beginnt. Wer sich vorher eingeengt fühlte, spürt Nachholbedarf und genießt die positiven Seiten des Alleinlebens: Keine falsche Rücksichtnahme mehr! Niemand nörgelt über Unordnung, niemand kritisiert unnötige Einkäufe, keine Auseinandersetzung mehr z. B. über Freunde. Viele Betroffene erleben einerseits große Erleichterung, andererseits eine Reduzierung, quasi eine Halbierung ihres Lebens, denn es fehlen die Lebensanteile des Partners. Diese enorme Lebensumstellung bewirkt bei den Betroffenen starke Stimmungsschwankungen.

Seien Sie sich bewusst, dass Sie sich noch in einem schmerzhaften Trauerprozess befinden, in dem Trauerarbeit zu leisten ist, denn es ist unmöglich, einfach nicht an den Partner zu denken. Es wird Sie vielleicht überraschen, aber auch bei einer selbst gewählten Trennung ist Trauerarbeit zu leisten, der Kopf hat zwar die Entscheidung getroffen, aber das Gefühl hinkt hinterher! Und deshalb ist es wichtig und richtig, Trauer zuzulassen.

Zu den Stimmungsschwankungen tragen auch die immer wiederkehrenden schmerzhaften Erinnerungen an Verletzungen und Enttäuschungen bei.


Sabine, 38:

„Ich habe lange Zeit alles Negative negiert und war auf dem Trip des „positiven Denkens“. Natürlich hilft es, sich durch positives Denken in eine bessere Stimmungslage zu bringen, aber verarbeitet wird die Ursache für meine negativen Gefühle nicht. Ich trete auf der Stelle.

Als mein Mann mich nach acht Jahren verlassen hat, hat mich das sehr verletzt. Trotzdem spielte ich meiner Umwelt immer die souveräne, starke Frau vor, die durch nichts zu erschüttern ist. Ich wollte meine Trauer, Enttäuschung und Wut nicht zulassen, weil ich dachte, wenn ich durchhänge und schlecht drauf bin, verliere ich womöglich auch noch meine Freunde. Meine verdrängten negativen Gefühle suchten sich auf körperlicher Ebene ein Ventil: Nervosität, Schwindelgefühl, Schlaf- und Essstörungen zeigten mir, dass ich aus dem Lot geraten war. Ich habe irgendwann versucht, die Wut zuzulassen, auszuleben, wie z. B. beim Joggen, dann ging es mir anschließend wesentlich besser.“


Nach Jahren gemeinsamen Lebens nehmen wir den anderen oft nicht mehr richtig wahr, weil wir glauben, ihn mit seinen Einstellungen und Reaktionen zu kennen. So kommt es, dass wir uns im Laufe der Jahre von unserem Partner ein besonderes Bild machen: Gleichsam haben sich zwischen ihm und uns mehrere „Filter“ geschoben und wir sehen größtenteils nur noch das, was wir sehen möchten. Nach Jahren der Gemeinsamkeit sind wir nicht mehr – wie in der Anfangszeit der Beziehung – neugierig aufeinander oder fasziniert voneinander. Vieles ist zur Selbstverständlichkeit geworden und hat dadurch seinen Reiz verloren. Und plötzlich zeigt sich uns ein ganz anderer Mensch!

Oft will oder kann aber der Verlassene nicht einsehen, dass ein Festhalten an der Beziehung längst sinnlos geworden ist. Bei einer so unterschiedlichen Wahrnehmung kommt es zwangsläufig zu Konflikten.

Trennung und Scheidung sind sehr belastende Lebenskrisen, denn es zerbricht die Hoffnung auf einen gemeinsamen Weg bis zum Lebensende. Die Folge ist ein Gefühlschaos mit entsprechender Verunsicherung. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, um das eigene Leben neu zu gestalten. Häufig wird aber gerade während dieser anstrengenden Zeit, die besondere Aufmerksamkeit verlangt, am Alten festgehalten. Man klammert sich an etwas, das es nur noch in der Illusion gibt.

Jede Trennung ist von Trauer, Enttäuschung und Schmerz begleitet. Wer verlassen worden ist, fühlt sich in seinem Selbstwertgefühl gekränkt. Unverarbeitete Trauer und Wut suchen sich ein Ventil und richten sich entweder gegen uns selbst – die Folgen sind oft psychosomatische Beschwerden bis hin zu Depressionen – oder gegen denjenigen, der uns verlassen hat, in Form von vielfältigen Aggressionen wie Stalking, Verleumdung, Sachbeschädigungen usw.

In Aggression umgesetzte, unverarbeitete Trauer ist leider der Grund für viele gerichtliche Auseinandersetzungen. Das Bedürfnis, den anderen, der uns verlassen hat, zu bestrafen, kann so ausgeprägt sein, dass selbst ökonomische Interessen in den Hintergrund treten und man wirtschaftliches Harakiri betreibt. Der verschmähte Partner erinnert sich seines Einsatzes und verlangt Ersatz. Leider kann man aber veränderte oder „gekündigte“ Gefühle nicht mit Geld ausgleichen.

Liebeskummer und Trennungsschmerz werden in unserer Gesellschaft fast nur mit jungen Menschen in Verbindung gebracht. Doch auch reifere Menschen wirft eine Trennung vom langjährigen Partner oft aus der Bahn. Die eigene Identität und das Selbstwertgefühl werden zutiefst erschüttert.


Frauke, 52:

„Mein Mann hat mich vor zwei Jahren aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen verlassen. Er wollte noch einmal ein anderes Leben ausprobieren. Für mich brach von einer Sekunde auf die andere finanziell und seelisch alles zusammen. Ich litt unter Panikattacken und unter Depressionen, Appetitlosigkeit oder Essattacken, konnte nicht schlafen und war von wilden Rachephantasien geplagt. Weil ich allein meine Desorientierung nicht in den Griff bekam, machte ich eine Gesprächstherapie, um unter professioneller Anleitung meine Gedanken zu ordnen, Kraft und Motivation aufzubauen und mein desolates Selbstwertgefühl wieder zu stärken.“


Die Reaktionen von Menschen, die die Liebe eines anderen verlieren oder enttäuscht über die Unerfüllbarkeit ihrer Sehnsucht sind, schwanken von leichten, kurzen Formen des Liebeskummers bis hin zu lang anhaltender tiefer Verzweiflung. Wird der Leidensdruck so groß, dass jede Lebensfreude erlischt, man seinen Alltagspflichten nicht mehr nachkommen kann, sich abschottet und zu Alkohol oder Medikamenten greift, ist professionelle Hilfe angesagt (s. Adressen im Anhang).

Familienglück im zweiten Anlauf

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