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Kapitel 3
ОглавлениеSie werden schon erwartet, als sie zurückkehren in die Residenz des Mar’thain, ein Kurier des Thain ist angekommen. Thain Tenaro bittet sie zu kommen und teilzunehmen an der Sitzung des Kronrats, die er abhalten wird im letzten Drittteil des siebten Mondes, damit sie gemeinsam besprechen können, was eigentlich geschehen ist an dem Tag kurz vor Beginn des dritten Mondes, und welche Auswirkungen es hat auf das Leben der Menschen. Und er bringt endlich Nachricht von Danimas Familie. Sie hat jeden Abend gebetet vor der Statue in der Halle, dass es ihnen gut gehen möge, dass sie der Erschütterung und der Wolke entkommen sind. Sie ist umgefallen, sie haben sie wieder aufgerichtet, sie hat es unbeschadet überstanden, wie alle Statuen, die aufgestellt worden sind, um davor zu beten zu Melak. Bis auf eine.
Danima weint wieder in Ginjens Armen, als sie die Nachricht gelesen hat, die ihre Mutter ihr gesandt hat mit dem Kurier. Das Haus der baranischen Familie in Beth’kalar ist verloren, mit allen Erinnerungen an ihre Kindheit darin, sie wird ihren Verlust verschmerzen mit der Zeit. Aber es hat sie getroffen bis ins Mark, dass sie ihren Vater und ihren ältesten Bruder verloren hat an dem schrecklichen Tag.
Barar Metiro ist mit Daneto und Damiro aufgebrochen am Tag vor der Erschütterung, sie haben in das Dorf im Norden gewollt, in dem die irdenen Schüsseln und Becher gemacht werden. Der Dorfvorsteher hat eine Nachricht gesandt, die Grube, aus der sie den Lehm dafür holen, ist eingestürzt, es hat Verwundete gegeben, und sie sind nicht sicher, ob sie sie wieder aufgraben können, vielleicht wird es bald keine irdenen Gefäße mehr geben, die sie verkaufen können auf den Märkten. Es wäre ein schwerer Verlust für Beth’kalar, ein großer Teil der Steuern, die Barar Metiro zahlt an den Thain, kommt aus ihrem Verkauf. Und drei Tage später ist ein Pferd in den Hof eines Wollstrauchbauern gestolpert, knapp hinter der Grenze zu Beth’draket, der junge Mann auf seinem Rücken schon mehr tot als lebendig. Mit nässenden roten Stellen auf Gesicht und Händen, sie haben ihn nicht gekannt, aber sie haben sich seiner angenommen. Ihr Hof hat kaum Schaden genommen bei der Erschütterung, sie haben ihm Wasser gegeben aus ihrem Brunnen, sie haben genug, er sprudelt über seit dem Tag, an dem die Erde sich geschüttelt hat, und sie haben seine Wunden bestrichen mit dem klaren Saft aus den dicken Blättern einer Pflanze, die am Rande ihres Gartens wächst, mit dem sie auch die kleinen Verbrennungen heilen, die ihre Kinder sich manchmal holen, wenn sie unachtsam sind beim Spielen in der Küche und dem Herdfeuer zu nahe kommen. Denn so haben seine Wunden ausgesehen, als ob er übergossen worden ist mit siedend heißem Wasser. Er hat lange krank gelegen, sie haben nach einer weißen Schwester geschickt, sie hat ihn mitgenommen in ihr Haus. Und erst dort hat er ihnen sagen können, wer er ist, Damiro, der zweite Sohn des Barar von Beth’kalar. Und sie sind dreizehn gewesen am Ufer des Sees, sein Vater und sein Bruder sind bei ihm gewesen, und noch zehn Männer aus der Garde des Barar, als das Unglück sie getroffen hat, als plötzlich eine siedend heiße Wolke aufgestiegen ist und sie eingehüllt hat, wo sind die anderen? Er hat geweint, als sie es ihm gesagt haben, es war nur er, der geritten ist in den Hof des Bauern und gerettet worden.
Er ist an den Sitz des Nun’thain gebracht worden, als es ihm wieder besser ging, Sirima hat ihn erkannt und in einer Kutsche in die Feste des Thain bringen lassen. Dort ist er auf den Rest der Familie getroffen, und die Barari ist zusammengebrochen in den Armen Karimas, als sie gehört hat, dass ihr geliebter Mann und ihr ältester Sohn nicht zurückkehren zu ihr. Es ist nicht das einzige Unglück, das ihre Familie getroffen hat, Marino, ihr jüngster Sohn, er wird sich nicht mehr erheben aus seinem Bett. Er ist von dem Pfahl eines Banners in den Rücken getroffen worden, der vom Dach gefallen ist, als sie aus dem Haus gelaufen sind, sie haben ihn getragen in die Kutsche, ihr Holpern über die Brücke, als sie fast umgestürzt ist bei der zweiten Erschütterung, ihr Schlagen auf der rasenden Fahrt zur Feste fast ohne Pause, sie haben den Knochen darin vollends zerstört. Selbst die Ärzte des Thain haben ihn nicht retten können, er hat es überlebt, aber er wird nie mehr laufen können. Nicht mehr mit Danuro über die Felder jagen, als ob ihre Pferde von Beißfliegen gestochen worden sind, nicht mehr für Tenjen flache Steine über den See hüpfen lassen, nicht mehr mit seinem Bruder Damiro auf den Baum im Garten steigen, um an die letzten süßen Pirsi zu gelangen. Er liegt in einem Bett in einem der Schlafzimmer der Feste, er starrt hinauf zu der Decke über sich, und er ist kaum zu trösten in seinem Kummer. Er ist sich nicht einmal bewusst, dass er fast der nächste Barar von Beth’kalar geworden ist, und er erkennt seinen Bruder kaum, als er zu ihm kommt. Zu sehr ist sein Gesicht entstellt von den schrecklichen Wunden, die der heiße Dampf hinterlassen hat, er wird Narben behalten davon, sie sind wie einst Mirinis zu lange nicht behandelt worden. Er wird es verwinden mit der Zeit, er wird sitzen in einem Stuhl, den ein Handwerker der Feste für ihn macht, mit Rädern daran, damit man ihn schieben kann, und wenn sie zurückkehren nach Beth’kalar, als ihr neues Haus fertig gebaut ist, auf dem Balkon vor seinem Schlafzimmer und hinausschauen auf den See, der ihm so viel genommen hat.
Dieses Mal verwehrt es Ginjen Danima nicht, er lässt sie reisen mit Waniri in die Feste des Thain. Er wird ihr bald folgen, aber zuerst wird er nach Beth’lai reiten, um zu sehen, wie die Menschen dort zurechtkommen. Mit Tenjen, er ist sein Erbe, er soll sehen, dass man Verantwortung trägt für sie nicht nur, wenn es dem Land gutgeht. Mereno hat ihm gesagt, dass er keine Plättchen mehr entbehren kann für den Bau seiner steinernen Residenz, er braucht sie, um den Menschen in seiner Maran zu helfen, aber Ginjen will sie auch nicht. Er wird wohnen bleiben in seinem großen Haus aus Holz, er hat dreiundzwanzig Jahre seines Lebens in einem Zelt gelebt, Häuser und steinerne Festen hat er erst gekannt, als er nach Beth’anu gekommen ist. Schon das Fort, in das er zuerst geritten ist auf seiner Suche nach dem Mann, der Daikims Sterne in gelbe Steine schlägt, ist ihm vorgekommen wie ein Wunder, und da hat er die Nächte noch in einem Zelt verbracht, mit geraden Wänden und einem hölzernen Boden, und sich gewundert, dass es nicht zusammenfällt über ihm, weil er keine Stangen gesehen hat, die es halten. Ihm genügt sein Haus aus Holz, solange in einem der Schlafzimmer ein weiches Bett steht, in dem er liegen kann mit Danima. Er vermisst sie, aber es werden auch wieder ruhigere Zeiten kommen für Beth’lai, dann wird er es wieder haben können, wann immer ihm der Sinn danach steht. Schließlich steht nicht geschrieben, dass man nur in der Nacht liegen darf bei seiner Frau, und auch Waniri wird größer werden wie Tenjen.
Aber die Dinge stehen gut in Beth’lai, sie sind zurechtgekommen ohne ihn. Er ist ihr Marun, ihr Herrscher, aber sie verstehen, dass er auch reiten muss mit dem, der über ihm steht. Er regiert als sein eigener Herr in seinem eigenen kleinen Reich, weil Mereno keinen Anspruch darauf erhebt zu herrschen über sie, aber Beth’lai ist ein Teil der Maran Beth’narn, sie führen dasselbe Siegel, sie zeigen dasselbe Banner, und sie bekommen auch einen Teil dessen, was an Hilfe eintrifft aus den Ländern, in denen die große Erschütterung keine Auswirkungen gehabt hat. Ginjen wundert sich, als er das erste Mal in seine Küche tritt, der neue Fußboden ist gelegt in einem hübschen Muster aus rotem und dunklem Holz. Das rote stammt von den Bäumen an den Hängen des Gebirges, die Nadeln haben statt Blätter, aber woher kommt das dunkle? Der Handwerker, der ihn gelegt hat, erzählt es ihm stolz, es hat gelegen auf einem der Wagen, die der Mar’thain geschickt hat an sie, es ist ein Teil des Tributes, den der Shat’a‘drak von Tien’sa geschickt hat. Holzplanken, Säcke mit Korn mit einer Beschreibung, was sich anfangen lässt damit, das Brot, das sie daraus gebacken haben, hat allen gut geschmeckt, Fässer mit süßem Saft, dick wie Honig, und er lässt sich auch so verwenden, Schälchen aus weißem Ton, genug, dass sie lange keine werden machen müssen, und Steine, die brennen, die den Ofen wärmen, in dem sie ihr Brot backen. Einer der Wagen ist ein Boot auf Rädern gewesen, damit haben sie nichts anfangen können, sie haben es in den Fluss gesetzt und mit Seilen an Bäume am Ufer gebunden, die Kinder lieben es, weil es so schön schaukelt im fließenden Wasser. Und all das ist gekommen im letzten Drittteil des sechsten Mondes, weil ein Vogel den Weg gefunden hat in sein Zuhause.
Der Botschafter von Tien‘sa, wie sie selbst sich nennen, der bei Mar’thain Mereno in Beth’narn lebt, in einem Haus nicht weit von der Residenz entfernt, hat einen Käfig voller Vögel bei sich getragen, als er angekommen ist, sie haben gelebt im Dach seines Hauses. Seltsame Tiere, weiß wie Hühner, aber sie scheinen keinen Nutzen zu haben, sie sitzen nur auf ihren Stangen und machen seltsame Geräusche. Der Botschafter, und auch seine Vögel, haben die Erschütterung unbeschadet überstanden, es hat auch in der Residenz kaum Schäden gegeben. Die Statue des Dra’ken, die der Shat an Thain Tenaro geschickt und die er seinem Bruder geschenkt hat, weil schon eine steht in Mirinis Schlafzimmer, ist vom Sims der Feuerstelle gefallen und zerbrochen, irdenes Geschirr ist über den Tisch gehüpft und auf dem Boden zerschellt, eine Platte aus Glas ist gesprungen, und Kirini sehr unsanft auf ihr kleines Hinterteil geplumpst, als sie das Rütteln umgeworfen hat. Selima hat mit ihr Schutz gesucht unter dem Tisch der Halle, es hat sie sehr erschreckt, in der Küche ist ein Topf mit Suppe vom Herd gefallen, und der Hund, der weglaufen wollte und keinen Ausweg gefunden hat aus dem Haus, hat auf den Fußboden vor dem Portal gepinkelt. Mereno ist nicht bei ihnen gewesen, sein Stallmeister hat ihn gerufen, weil sich die Pferde in ihren Ställen benommen haben, als ob Beißfliegen über sie hergefallen sind, eines haben sie abtun müssen, weil es versucht hat, über die Tür seines Stalls zu springen, und sich ein Bein gebrochen dabei. Der Hügel hinter ihrem Badehaus ist abgerutscht, die Mauer zerschlagen, und die Erde hat sich ergossen in das Becken, es ist jetzt ein Schlammbad, aber es kühlt ab. Das Rohr aus Mes’in, das es verbunden hat mit der Quelle, ist gebrochen, das Wasser sprudelt aus dem Ende, das noch im Felsen steckt, es ist nicht mehr so unerträglich heiß. Das Badehaus wird vielleicht zu retten sein.
Und am Tag nach der großen Erschütterung hat der Botschafter einen der Vögel geholt aus seinem Dach, er hat eine winzige kupferne Rolle an sein Bein gebunden, und dann hat er ihn in die Luft geworfen. Mar’thain Mereno hat es ein wenig befremdlich gefunden, aber der Mann hat ihm erklärt, die Vögel fliegen immer zurück zu dem Haus, in dem sie geschlüpft sind, dieser ist im Haus seines Vaters aus dem Ei gekommen, er wird zurückfinden dorthin, und er hat ihm eine Nachricht mitgegeben an den Shat, was geschehen ist in Beth’narn. Sie fliegen schneller als ein Bote reitet, weil sie nicht dem Land folgen müssen, sie werden nicht aufgehalten von Flüssen, sie fliegen einfach nur geradeaus, bis sie dort ankommen, wo sie hin wollen. Auch der Botschafter, der in der Feste des Thain geblieben ist, führt die Vögel mit sich, er wird einen aussenden, wenn die Erde dort gebebt hat wie hier, und der Botschafter in Beth’nindra ebenso, wenn er erfährt, was sich zugetragen hat in den beiden Ländern. Sein Shat’a‘drak wird bald die Wagen mit dem Tribut auf den Weg schicken, er hat ihm geschrieben, dass er diesmal keine kostbaren Stoffe senden soll, keine goldenen Löffel und auch nicht die blau bemalten Teller, er soll ihnen Nahrung senden, Korn, das wächst in ihrem Land, Planken aus Holz, damit sie die Häuser wieder richten können für die Menschen, Boote als Ersatz für die, die sie vielleicht verloren haben im See. Und die brennenden Steine, damit sie die Bäume, die sie schlagen, nicht verwenden müssen, um die Häuser zu wärmen in der dunklen Jahreszeit, sie werden sie brauchen, um neue zu bauen. Er hat sich gewundert über die Scheite, die seine Diener in seinem Kamin verbrannt haben, in Tien’sa wird kaum Holz benutzt in den Öfen, und wenn, dann ist es Abfall, der keine andere Verwendung mehr findet.
Auch in den drei Ländern ist Holz ein wertvolles Gut, sie gehen sehr sparsam damit um, aber sie haben sonst nichts, um die Häuser zu wärmen. Es dauert fünfzig Jahre, bis ein Baum groß genug ist, um ihn zu fällen, damit man Balken und Planken aus ihm schneiden kann, und die Scheiben, aus denen die hohen Portale in den großen Häusern gemacht werden, das ist eine lange Zeit, zu lang, um etwas zu verschwenden davon. Sie verwenden jedes Stückchen davon, sie sammeln die Äste, die der Wind von den Bäumen reißt, die Rinde, die abgeschält wird, die Samenzapfen der Bäume mit Nadeln statt Blätter, selbst der Staub, der herabrieselt, wenn sie getrennt werden in der Sägemühle, wird verwendet. Die Fischer haben damit die schwelenden Feuer in Gang gehalten, über denen der Rauchfisch getrocknet wird, aber es gibt keinen See mehr, in dem sie fischen können, was sie noch haben retten können aus den Rauchfängen der Häuser wird lange Zeit der letzte Fisch sein, der gegessen wird in Beth’narn. Sie pressen den Staub jetzt in Barren, so wie man Erz gießt, Holz ist Holz, sie wärmen ihren Backofen damit. Die ärmeren Haushalte in den Dörfern am See haben die Binsenkörbchen verbrannt, die in der hellen Jahreszeit geflochten worden sind, viel Wärme haben sie nicht geschaffen, aber sie haben das teure Holz selten bezahlen können. Aber sie werden jetzt viel brauchen, um neue Häuser zu bauen, damit wieder jeder ein Dach über dem Kopf hat, und es klaffen schon Lücken an den Hängen des Gebirges. Noch brauchen sie kein Feuer in den Häusern, es ist warm, und in der nächsten dunklen Zeit werden sie das Holz verbrennen, das übrig geblieben ist von den alten Häusern, aber das Feuer riecht nicht besonders gut, wenn sie die Planken verbrennen, die eingestrichen worden sind mit einer Brühe aus Öl und Kräutersud, um es haltbarer zu machen gegen die Unbill des Wetters.
Aber die brennenden Steine, die ihnen gesandt worden sind aus Tien’sa, sie werden sie sorgsam aufbewahren. Hüten wie einen Schatz, erst verwenden, wenn es so kalt geworden ist, dass man die Luft, die man ausstößt, von seinem Mund wehen sieht. Sie brennen lange und heiß, und auch was sie zurücklassen, bleibt noch lange warm, man kann Tee in irdenen Bechern wärmen darin. Sie haben es versucht in ihrem Backofen, es hat auch hier eine Beschreibung dabei gelegen, wie sie zu verwenden sind. Ein paar Späne altes Holz, oder ein wenig Panis, das nicht mehr zu gebrauchen ist, geknüllt in einer Hand, und wenn die Flammen fröhlich flackern, legt man einen der Steine darauf. Erst nur einen, und wenn er Feuer gefangen hat und rot glüht, einen zweiten, und dann kann man sitzen vor dem Feuer, seine Füße hineinhalten in die Wärme, die ausstrahlt davon, sie brennen lange und sie wärmen so wunderbar. Sie haben mit drei Steinen Brote gebacken für das ganze Dorf, und dann haben sie immer noch sanft geglüht, sie haben einen eisernen Topf mit Wasser hineingestellt, es ist warm geworden, sie haben auch heißen Tee gehabt zu ihrem Brot, mit ein wenig von dem süßen Saft hineingerührt ist es ihnen erschienen wie ein Festmahl. Und vielleicht können sie es auch haben, wenn die brennenden Steine aus Tien’sa aufgebraucht sind, einer der Männer, die die Beeren sammeln an den Hängen des Gebirges, die sie benutzen zum Einreiben der Fußböden und aus denen das Wachs gepresst wird für ihre Lichtertöpfchen, hat erzählt in der letzten dunklen Zeit, dass einer der Steine, mit denen sie ihr Lagerfeuer umringt haben, damit sie nicht den ganzen Hang in Brand setzen, rot geglüht hat wie ein brennendes Holzscheit. Sie haben ihm nicht geglaubt, ihn ausgelacht und gesagt, er hat wohl Wein in seine Flasche gefüllt statt Wasser, Holz glüht, wenn es brennt, und Steine brennen nicht. Er hat sich geärgert über sie, geschimpft, und doch war es ein Stein, er war dunkler als die anderen, die sie gesammelt haben, und er hat noch rot geglüht, als das Holzfeuer schon erloschen war. Die Steine werden warm, wenn sie um ein Feuer liegen, sie nehmen sie gern mit unter ihre Decken, um ihre Leiber zu wärmen, aber diesen haben sie nicht anfassen können, so heiß ist er gewesen. Die Sträucher, an denen die Beeren wachsen, blühen schon, bald werden sie wieder gehen und sie sammeln, dann werden sie Ausschau halten nach Steinen, die dunkler sind als die anderen, vielleicht finden sie auch in ihrem Gebirge Steine, die brennen.
Das alles erfährt Ginjen vom Dorfvorsteher von Ter’sa, als sie zusammen sitzen beim Nachtmahl, seine Frau hat es für sie bereitet. Und auch, dass sie ein drittes Dorf begonnen haben, sie werden es auch einfach so nennen, Ter’wa, am Fluss hinter der Sägemühle, die Menschen, die gekommen sind vom See, möchten sich dort niederlassen. Sie wollen nicht mehr zurück, was sie erlebt haben während der Erschütterung, hat ihnen Angst gemacht, es quellen immer noch Wolken aus dem See, und manchmal in der Dämmerung am Abend sieht man ein rotes Aufblitzen darin. Wie Funken, die aufspringen in einem Herdfeuer, wenn ein klarer klebriger Tropfen klebt am Holz. Es sind Fischer unter ihnen, sie werden sich ein anderes Auskommen suchen müssen, aber auch Bauern, sie werden neue Felder für Getreide und Gemüse anlegen, ein Handwerker, der mit Holz arbeitet, er hat ihnen geholfen, und wie’s scheint auch eine neue Mutter gefunden für seine Kinder. Der Mann mit den beiden rechten Füßen hat schon wieder begonnen, Spielzeug zu schnitzen, er ist arg in Rückstand geraten, er braucht viele Hände, damit sie fertig sind, wenn die Händler aus Beth’nindra kommen und es abholen wollen bei ihm. Ginjen kann sich beruhigt aufmachen zur Feste des Thain, aber erst nachdem er mit Tenjen Kasiro besucht hat. Das kleine Totenhaus steht schon wieder, nur das Gitter fehlt noch, der Schmied hat es mit sich genommen, um es zur richten. Jemand hat Blüten gelegt auf seinen steinernen Sarg, und auch zu Füßen der Statue des Melak liegen ein paar. Es ist ein Ort der Ruhe, eine Stätte des Gedenken nicht nur des Kindes, das zu Tode gekommen ist, weil ein anderes nicht gehorsam war. Es sind oft Menschen aus den Dörfern am See, die es besuchen, sie gedenken hier derer, die sie verloren haben auf der Flucht vor dem Unheil, das aus dem See gekommen ist.
Ginjen wirft auch auf einen Blick auf die Stelle, an der die steinerne Residenz hat stehen sollen, die Mereno für ihn geplant hat. Der Baumeister ist mit seinen Gehilfen hierher zurückgekehrt, die Männer in den Dörfern kommen zurecht mit dem Wiederaufbau der Häuser. Und wenn nicht, er ist nicht so weit entfernt von ihnen, sie können kommen und ihn fragen, oder er geht mit ihnen und hilft, wenn es nötig ist. Die beiden Männer, die gestorben sind, als sie mit dem Dach in die Tiefe gestürzt sind, liegen begraben auf der Begräbnisstätte hinter Ter’sa, auf ihren Gräber stehen keine Steine, sondern Stücke der Balken, auf denen sie gesessen haben, als die Erde erschüttert worden ist, mit ihren Namen und der Zahl ihrer Jahre hineingebrannt mit einem glühenden Stück Eisen. Der eine ist erst fünfzehn gewesen, er hat gelacht mit dem anderen, dass er bald nicht mehr bei ihnen sein wird, nur noch drei Monde, dann beginnt sein Pflichtdienst. Dann wird er sich nicht mehr abplagen mit Hammer und Säge, er wird lernen, mit einem Schwert zu fechten und wer weiß, vielleicht bleibt er dabei. Auch in der Armee werden Männer gebraucht, die umgehen können mit einem Hammer. Und auch die Frau, die mit ihrem Kind erschlagen worden ist vom Firstbalken ihres Hauses und der Lehrer liegen hier, aber es gibt einen neuen im Dorf, er ist gekommen mit den Menschen vom See. Und er wird bleiben, sehr zum Missfallen der Kinder, aber ihre Eltern freut es. Lesen, schreiben und rechnen sind Fertigkeiten, die ein hohes Ansehen haben bei den Menschen aus Ginjens Volk, und sie sind ihnen aus dem Weg, wenn sie sitzen in der Schule und lernen, ihre Namen zu schreiben.
Der Baumeister ist guten Mutes, sie werden viel retten können von dem, was schon getan worden ist. Zwei der Mauern stehen noch, die Balken über dem Gewölbe haben dem Felssturz standgehalten, der aus dem Hang hinter dem Haus herabgepoltert ist, er ist hineingerutscht in das, was einmal die große Halle hat sein sollen, und viele der Felsen sind zerbrochen in handliche Stücke, sie werden sie nutzen können zum Bauen der neuen Mauern. Im Brunnen steht wieder Wasser, ihn haben sie als erstes gerichtet, und es ist immer noch sehr kalt. Aber sie können es wieder vermischen mit dem der heißen Quelle, der Fels, aus dem sie geflossen ist, ist weggebrochen, sie kommt jetzt aus einem Loch ein Stückchen höher, und sie ist nicht mehr so siedend heiß. Vielleicht wird die Residenz doch ein Badehaus haben, wenn sie endlich fertig gebaut ist. Und Ginjen hat geseufzt, dann sollen sie halt weiter daran bauen um Melaks Willen, Plättchen, um sie zu bezahlen, hat er, Danima hat ihm eine Truhe voll gegeben, ihre Mitgift, sie ist gekommen mit den anderen Sachen aus Beth’kalar. Und sie wird es freuen, wenn sie wieder ein großes Haus hat, wie die Residenz des Mar’thain oder das, in dem sie aufgewachsen ist und das jetzt auf dem Grund des Sees liegt. Und die Statue des Melak, die geschlagen worden ist für seine Halle, ist auch schon abgeliefert worden, sie steht ein bisschen verloren neben den Resten der Residenz. Den Baumeister hat es gefreut, es liegt noch genug von dem, was sie brauchen, an der Stelle bereit, es wird nicht allzu lange dauern, dann werden sie einziehen können in ihre schöne neue steinerne Residenz, mit einem Garten für Danima, einem Haus für seine Pferde, und einer Garnison für seine Garde. So Melak will, und nicht wieder etwas dazwischenkommt. Es heißt nicht umsonst, unverhofft kommt oft.
Sie müssen sich sputen, damit sie noch rechtzeitig ankommen zu der Ratssitzung, zu der Thain Tenaro sie gebeten hat im letzten Drittteil, aber sie reiten schnell. Ohne Frauen und Kinder, nur Tenjen ist an Ginjens Seite. Selima ist mit Danima gegangen, als sie abgereist ist in die Feste des Thain, nachdem die Nachricht der Barari eingetroffen ist. Und Tenjen hüpft auf der Brücke über den Ir’kalar wieder wie eine Springbohne von einer Seite auf die andere, wie er es schon einmal getan hat, er kann es wieder nicht fassen. Wo ist nur das ganze Wasser geblieben? Und diesmal wird er bewacht von drei Männern aus der Garde des Marun, damals wäre er ins Wasser gefallen, aus dem sie ihn vielleicht hätten retten können, wenn er nicht in den Wirbel gerät, jetzt fällt er auf harten Fels, der seine kleinen Knochen zerschlägt. Mereno nimmt ihn vor sich auf den Sattel und erklärt es ihm, das Wasser im See steht jetzt viel tiefer, es erreicht den Abfluss nicht mehr. Es ist zu Dampf geworden, so wie das Wasser, das kocht in einem eisernen Topf, und der sehr heiß ist, man verbrennt seine Finger, wenn man sie hineinhält. Es fließt Wasser in den See aus den Bächen und Flüssen und ganz im Norden über einen riesigen Fall, aber es wird noch Jahre und Jahre dauern, bis es den Abfluss wieder erreicht, dann wird er nicht mehr Ir’kalar sein. Mereno hat ein langes Seil anbringen lassen an dem, was einmal die Hafenmauer gewesen ist in dem großen Dorf am See, mit Querhölzern nach jeder Länge und einem großen Stein am Ende, damit es gerade herab hängt, daran kann man ablesen, wie schnell es steigt. Es hat noch nicht das erste Querholz erreicht, sein Vater und er werden es vielleicht nicht mehr erleben, aber wenn Tenjen groß ist und selbst einen Sohn hat, der wird es vielleicht sehen, wie das Wasser wieder fließt in den Schnellen und Wirbeln. Oder vielleicht erst sein Ahnsohn, es braucht noch eine Menge Wasser, bis es soweit ist. Der See ist einst riesig gewesen, und der Rest, der ihnen geblieben ist, so kümmerlich. Mereno weiß noch nicht, dass es noch einen Zufluss gibt in Beth’draket, er ahnt nicht, dass er selbst noch einmal stehen wird am See, wenn er wieder schwappt an seine alten Ufer.
Aber es ist nicht nur der See, den sie verloren haben bei der Erschütterung, sie hat etwas zerstört, das die Menschen in den drei Ländern in große Trauer und Angst versetzen wird, wenn sie davon erfahren. Noch weiß es nur eine Handvoll Menschen, Thain Tenaro hat es geheim gehalten, er offenbart es ihnen auf der Ratssitzung. Die Statue in Melaks Halle, eine Wegstunde von der Feste des Thain entfernt, gibt es nicht mehr.
Es hat sich gezeigt auf ihrem Ritt in die Feste des Thain, dass es in Beth’anu nicht anders ist als in Beth’narn. Je näher die Dörfer zum See liegen, umso größer sind die Schäden, umso mehr Häuser sind zerstört oder können nicht mehr bewohnt werden. Risse und Spalten überziehen das Land, Bäche und Flüsse haben ihren Lauf geändert, und es ist Beth’kalar, das am härtesten getroffen worden ist. Es liegt entlang des Ostufers des Sees, das Südufer mit seinen ausgedehnten Binsenfeldern ist nicht bewohnt gewesen. Entlang des Abflusses des Kalar‘terla liegen die weiten Weiden, über die die wandernden Hirten ziehen, sie haben keine Verluste erlitten bei der großen Erschütterung, Melak sei es gedankt. Sie sind weit im Süden gewesen mit den Herden, die Tiere sind drei Tage lang sehr unruhig gewesen, sie haben sie einfach stehen lassen bis zum Bauch im Gras. Es war die erste, die dunkle Jahreszeit, bald sind die ersten kleinen Tiere geboren worden. Schafe, Ziegen und Milchtiere, sie sind erst im fünften Mond wieder Richtung Norden gezogen, als die jungen Tiere stark genug waren für den Weg.
Sie können wieder reiten entlang des Sees, die Wolke wabert nur noch über dem Wasser, und Mereno möchte wissen, ob man die dunkle Erhebung auch von dieser Seite sieht. Es hat einen Tag und fast noch die halbe Nacht gedauert, von Beth’kalar nach Beth’narn zu segeln, und in die andere Richtung noch länger, weil der Wind meist aus Osten, aus dem Drat’kalar weht. Sie haben nur gewusst, dass es auf der anderen Seite ein Ufer gibt, an dem sie ankommen werden früher oder später, sehen können hat man es nicht. Die Erhebung ist deutlich zu sehen, wenn man am Westufer steht, wenn man sie vom Ostufer auch sieht, ist sie nicht nur sehr lang, sondern auch sehr breit. Und hoch, eine Betain’it’kalar, und nicht zu erreichen, es gibt keine Boote mehr. Es hängen noch ein paar der dicken Seile herab von der Hafenmauer, mit denen sie festgemacht waren am Ufer, aber sie baumeln ins Leere, Boote hängen nicht mehr daran. Und sie wagen sich nicht einmal vorzustellen, was aus denen geworden ist, die auf dem See waren am Tag der Erschütterung, sie sind verloren, und mit ihnen die Menschen, die damit hinausgefahren sind. Es waren tapfere Männer, Fische aus dem See sind lange fast unerschwinglich gewesen. Erst als Metú das erste Mal mit einer Draq’ir’lai auf eine der großen Echsen geschossen und bewiesen hat, dass sie zu töten sind damit, ist es besser geworden. Tenaro hat die Draq’ona gegründet, sie stehen immer noch unter seinem Oberbefehl. Zuerst in Beth’kalar, später auch in Beth’narn, sie haben die Fischer begleitet und auf die Echsen geschossen, wenn sie versucht haben, sich in die Netze zu verbeißen. Sie haben sie nicht einmal töten müssen, es hat gereicht, sie zu verwunden, ihre Artgenossen haben dann den Rest erledigt. Aber jetzt gibt es keinen See mehr, keine Boote, keine Fischer, die hinausfahren, und auch die Patrouillen am Ufer des Sees sind nicht mehr nötig, weil es auch keine großen Echsen mehr gibt. Zumindest nicht in dem südlichen Ausläufer, an dem sich Beth’kalar und Beth’narn gegenüberliegen.
Die Krieger der Draq’ona haben ausgeharrt in den Überresten ihrer Garnison in Beth’kalar, aber der Befehl ihres Kommandierenden ist schon gekommen, sie werden abrücken in eine Garnison in Beth’ab‘Thain. Es hat noch eine Handvoll den Weg zurück gefunden, viele haben tot am Ufer gelegen. Sie sind eine halbe Hundertschaft gewesen, jetzt sind sie noch siebenundzwanzig. Sie haben ihre Toten begraben, zehn werden immer noch vermisst, die Männer, die geritten sind mit Barar Metiro und seinen Söhnen einen Tag vor der Erschütterung, ihre Verwundeten gesund gepflegt, jetzt warten sie darauf, was geschehen soll mit ihnen, was werden wird aus ihrer Einheit. Draq’ona, die Waffe die schützt, sie ist zu einer stumpfen Klinge geworden. Weil es nichts mehr gibt, gegen das es zu beschützen gilt, und auch niemanden mehr, der des Schutzes bedarf. Mar’thain Mereno wird es besprechen mit Thain Tenaro, sie werden vereinigt mit der Einheit aus Beth’narn, auch sie haben einen hohen Verlust erlitten, und ihre Zahl aufgefüllt auf eine Hundertschaft, sie werden eine neue Garnison für sie bauen in Beth’lai, und es werden sie sein, die Beth’narn verteidigen gegen die Bedrohung, die über das Gebirge im Westen kommen wird in ein paar Jahren.
Es hat keine Jagd auf die wilden schwarzen Schweine gegeben zur ersten Tag- und Nachtgleiche, der junge Thain hat andere Sorgen gehabt. Die Bauern, deren Felder im Schatten des Drat’kalar liegen, haben in diesem Jahr allein mit ihnen fertig werden müssen, und sie sind nicht angewiesen auf das Fleisch. Es ist geglückt, was zwei von ihnen versucht haben, sie lassen sich aufziehen wie Ziegen, und auch wenn sie sich den männlichen Tieren kaum nähern können, sie sind wild und angriffslustig, es hat schon mehr als einen Wurf kleine Tiere gegeben in den Pferchen, in denen sie gehalten werden. Das Fleisch der wilden Schweine ist am besten, wenn sie ungefähr ein Jahr alt sind, es wird bald Nachschub geben an Rauchfleisch. Die Köchin in der Feste des Thain serviert es zum Nachtmahl, zart gebraten mit den würzigen Knollen, die aus Schichten bestehen, mit ein wenig Rasi und den kleinen Kohlköpfchen, die an hohen Stängeln wachsen, es sind die letzten bis zur nächsten Ernte. Ein feines Mahl, aber es will ihnen nicht so recht munden, zu schrecklich ist das, was sie gehört haben auf der Ratssitzung.
Mar’thain Mereno und Ginjen haben teilgenommen daran, und es hat sie bewegt zu hören, was die große Erschütterung angerichtet hat in den Provinzen von Beth’anu. Beth’terla hat kaum Schäden zu vermelden, es liegt wie Beth’lai südlich und weit ab vom See, sie haben die Erschütterung gespürt, aber die Menschen sind mit dem Schrecken davongekommen. Der Rand einer der Terrassen in den Hügeln, auf denen die Weinbeeren wachsen, ist eingebrochen, es wird sich wieder richten lassen, und die Sträucher, an denen sie wachsen, werden aus Schösslingen gezogen, im nächsten Jahr wird nichts mehr zu sehen sein davon. Ein bisschen weniger Wein und Käse wird es geben, er reift in unterirdischen Höhlen, die in die Hügel getrieben sind, darin lagern auch die Fässer, in denen aus dem Saft der Beeren Wein wird, und in einer ist ein Stapel Fässer umgefallen und zerborsten. Aber es sind nur Mäuse gestorben dabei, und sie haben einen schönen Tod gehabt, sie sind ertrunken in dem neuen hellen Wein. In Drat’irrim haben die hölzernen Stützen eines Minenschachtes nachgegeben, es haben keine Männer darin gearbeitet, Melak sei gepriesen, sie haben nur das Silber dahinter verloren, eine ergiebige Ader, sie sind schon dabei, die Mine wieder aufzugraben. In ihrem Schmelzhaus ist der steinerne Trog geborsten, in den das geschmolzene Zinn fließt, es hat jetzt einen Fußboden in einem hübschen silbrigen Muster, aber er ist zu glatt, um darauf zu laufen, sie werden ihn herausreißen und das Zinn wieder herausschmelzen. Und die Sperre, die Tenaro hat errichten lassen auf dem Pass über den Drat’kalar, ist umgefallen, die Steine sind herabgepoltert auf seine Ostseite, er kann von dort aus nicht mehr bestiegen werden. Es wird Schutz genug sein gegen die wilden Horden der Pferdeherren, und nach dem, was Mar’thain Kastir berichtet, werden sie jetzt Frieden halten auf den Ebenen und lernen zu handeln um das, was sie brauchen, also ist auch nicht mehr zu rechnen mit einem Überfall. Nicht so viel Glück hat Anu’betain gehabt, sie betrauern den Tod zweier Kinder, die in einem Feuer umgekommen sind, das ausgebrochen ist, weil eine Ölleuchte umgefallen ist. Eine Rotte wilde schwarze Schweine ist durch ein Dorf gelaufen, als sie voller Angst aus den Hängen gerannt gekommen sind, sie haben Zäune zertrampelt und Gärten verwüstet, und ein Mineneingang ist verschüttet worden durch einen Erdrutsch, aber sie haben die Männer retten können, die dahinter eingeschlossen waren. In Beth’ab’Thain ist der Brunnen des Thain an der Wegkreuzung geborsten, das Wasser hat die Straße unterspült, sie ist eingebrochen, ein Wagen mit einem Rad hineingeraten und umgefallen, der Kutscher hat ein gebrochenes Bein und sie haben die Pferde abtun müssen, sie waren zu schwer verletzt.
Aber die Nun’thainu berichten auch von Häusern, die schief stehen, weil Balken gebrochen sind, manche sind schon sehr alt, von Dächern, die keine Bedeckung mehr haben, weil die hölzernen Plättchen heruntergefallen sind, von Platten aus Glas, die geborsten und aus den Fenstern gefallen sind. Von Menschen, die verletzt worden sind, als sie voller Angst aus ihren Häuser gelaufen sind, sich geschnitten haben an den Scherben von Glas und irdenem Geschirr, mit Wunden an den Köpfen, wenn etwas auf sie gefallen ist, die gestolpert und gefallen sind und gebrochene Knochen haben davon. Die weißen Schwestern haben getan, was sie konnten, aber auch sie waren erschreckt, und auch ihre Häuser sind beschädigt worden. Manches Gewölbe unter den Häusern ist vollgelaufen mit Wasser, weil Flüsse und Bäche ihren Lauf geändert haben, es ist verloren, was als Vorrat gelagert war darin, und viele Hühner haben sich daran erinnert, dass sie Vögel sind und sind davongeflattert, weil es keinen Zaun mehr gab, der sie hat halten können. Vieles ist schon wieder gerichtet, aber es wird noch eine Weile dauern, bis alle Schäden beseitigt sind, die die große Erschütterung angerichtet hat in den Provinzen.
Beth’kalar hat es am schlimmsten getroffen, sie haben nicht nur ihren Barar, sondern auch seinen Erben verloren. Und es hat einen bösen Streit gegeben zwischen Barari Indera und Silina, Danetos Frau, wer der nächste sein wird von Beth’kalar. Thain Tenaro hat ihn geschlichtet und Damiro eingesetzt, er ist der Zweitgeborene, Daneto war zwar der Erbprinz, aber er war schon nicht mehr am Leben, als sein Sohn geboren worden ist zwei Monde nach der Erschütterung. Aber Damiro ist erst fünfzehn, und er hat nicht gelernt zu regieren, der Thain setzt Dereno, den Nun’thain von Beth’draket, ein als Verwalter der Baran, bis Damiro sein einundzwanzigstes Jahr erreicht. Er ist verbunden mit seiner Blutschwester, er wird nicht danach streben, es selbst zu sein, und die beiden Länder liegen nebeneinander, unter seiner Führung wird der Barar von Beth’kalar lernen, ein würdiger Nachfolger seines Vaters zu sein.
Aber es wird lange dauern, bis aus Beth’kalar wieder die Baran wird, die sie einmal war. Viele der Dörfer sind nicht mehr bewohnbar, und die Menschen haben kein Auskommen mehr, weil die Grube, aus der sie den Lehm gegraben haben, unrettbar verloren ist. Er ist nur hier gefunden worden, sie haben irdenes Geschirr daraus gemacht, es verkauft auf den Märkten in den Provinzen und bis nach Beth’narn und Beth’nindra. Darimo ist mit Dereno geritten durch seine Baran, und er berichtet es mit leiser trauriger Stimme auf der Sitzung des Kronrats. Als die Grube bei der großen Erschütterung endgültig eingestürzt ist, haben viele Männer darin gearbeitet, weil sie versucht haben, sie wieder aufzugraben nach dem ersten Einsturz, der sie gerufen hat in das Dorf. Der Hang, in den die Grube getrieben war, ist abgerutscht, sie haben noch nicht einmal die Leiber der Männer bergen können, die verschüttet worden sind darunter. Die Dörfer in der Umgebung der Grube, die davon gelebt haben, die Schälchen und Becher zu formen, zu brennen, zu bemalen, haben damit nicht nur ihr Auskommen verloren, die Frauen und Kinder weinen auch um ihre Männer und Väter, und viele von ihnen wissen nicht, wie es weitergehen soll mit ihrem Leben. Sie leben von dem, was gekommen ist aus Beth’nindra und Thain Tenaro weitergeschickt hat an sie, was gebracht worden ist aus Tien’sa, aber wenn geerntet worden ist, wenn Gemüse und Getreide verkauft werden auf den Märkten, werden sie kein Plättchen haben, um es zu bezahlen, weil sie selbst nichts haben, das sie verkaufen können.
Ginjen wird viele von ihnen willkommen heißen in Beth’lai, die Menschen dort machen die Schälchen für ihre Lichtertöpfchen selbst, sie haben es gelernt von einer Frau, die mit ihrem Mann gekommen ist auf den Ruf des Nun’thain. Den Lehm dafür finden sie dort, wo der Fluss aus dem Gebirge fließt, er ist rötlicher als der aus Beth’kalar, aber er lässt sich gut formen. Sie bemalen ihn nicht, sie ritzen Muster hinein und sie streuen vor dem Brennen Salz auf den Lehm im Inneren der Töpfchen, sie sind nach dem Brennen dadurch glatter. So machen sie es erst seit kurzem, seit einer Frau einmal ein paar Körnchen Salz hineingefallen sind und sie nach dem Brennen festgestellt haben, dass es einen Überzug auf dem Lehm hinterlassen hat, der etwas grünlich schimmert und hart ist fast wie die Platten aus Glas in ihren Fenstern. Und nicht nur die Köchin in der Feste des Thain weiß, Versuch macht klug, sie haben es mit ein bisschen mehr Salz noch einmal versucht, und jetzt werden alle Gefäße in Beth’lai so gemacht. Sie sind jetzt außen rötlich mit hübschen geritzten Mustern und innen hart und grünlich, so lassen sie sich auch verwenden für den Brei der Kinder, weil man sie leicht säubern kann. Und wenn einmal ein wenig Salz an der Außenseite der Schälchen haftet, ist das auch nicht schlimm, das ergibt dann hübsche Muster. Bald wird es auch in Beth’lai ein Dorf geben, in dem nichts anderes gemacht wird als Geschirr aus Lehm, es wird der Einfachheit halber einfach Ter’su heißen, viertes Dorf.
Und der Nun’thain von Beth’draket hat Erstaunliches zu berichten aus seiner eigenen Provinz. Sie ist immer noch ein geteiltes Land, aber nicht mehr durch den kargen Streifen zwischen Land und Wüste, es ist jetzt ein Fluss, der es teilt. Entlang des Streifens, der im letzten siebten Mond geblüht hat, er blüht wieder in diesem Jahr, aber jetzt entlang der Ufer eines breiten Stroms, der aus den Weiten der Wüste kommt und sich in den See ergießt, über einen breiten Abhang, der entstanden ist, als ein Teil des Ufers einfach weggebrochen ist. Ein sehr großer Teil, es haben Wollstrauchfelder darauf gelegen und zwei Höfe, die Menschen des einen haben sich retten können, die des anderen nicht. Thain Tenaro erinnert sich an die Familie, er hat mit Dereno, als er noch der Sohn des Nun’thain war, einmal auf ihrem Hof Rast gemacht, als sie durch die Provinz geritten sind, weil er hat lernen wollen, wie man Wollstrauchfelder pflegt, um daraus einen Nutzen zu ziehen für Narn’kalar. Mit zwanzig Männern seiner Garde, Wasser haben sie schöpfen dürfen aus dem Brunnen, aber die Hausfrau ist zu knauserig gewesen, ihnen auch Essen anzubieten. Nicht einmal ihm und Dereno, seine Krieger haben ihre Rationen mit ihnen geteilt, Brot, Salzfleisch und Äpfel, und sie sind dabei betrachtet worden von einem Mann, der sich später aufgemacht hat, um sein Glück zu versuchen in Narn’kalar. Und es scheint’s gefunden hat dort, er ist jetzt der Vorsteher eines großen Dorfes im Norden von Beth’narn, Mar’thain Mereno hat ihm berichtet davon. Und der Nun’thain von Beth’draket hat große Pläne für seine Provinz, in der es jetzt genug Wasser gibt, er will versuchen, einen Teil davon in Gräben umzuleiten, damit das Land, das an den Norden von Beth’kalar stößt, besser bewässert wird, dann können sie auch dort Getreide und Gemüse wachsen lassen und Fruchtbäume pflanzen, trockenes Land für Wollstrauchfelder und Medizinkräuter bleibt immer noch genug.
Und nachdem sie die Berichte gehört haben aus Beth’kalar und den Provinzen, aus Beth’narn und Beth’lai, nachdem sie besprochen haben, wie sie einander helfen und dafür sorgen können, dass keine Menschen Hunger leiden, dass die Verletzten und die, die alles verloren haben, versorgt werden, dass sie bald wieder ein Dach über dem Kopf haben, offenbart ihnen Thain Tenaro den schwersten Verlust, den sie erlitten haben bei der großen Erschütterung. Die Statue, die gestanden hat in Melaks Halle seit mehr als sechshundert Jahren, vor der Verbindungen geschlossen worden sind, Kinder ihm vorgestellt, damit sie leben in seinem Schutz, der Trost und Stütze gewesen ist für die, die den Tod ihrer Liebsten zu beklagen hatten, der Gott, zu dem sie gebetet haben um Gnade und Beistand, der seine Tränen vergossen hat für sie, steht nicht mehr.
Melak, so nennen sie ihren Gott, es war der Name des Erschaffers der Statue. Des Mannes, den Daikim verbannt hat von seiner Seite, weil er einen Mann erschlagen hat, der um Nahrung gebeten hat für seine Familie. Erst wenn er seine Untat wieder gutgemacht hat, darf er ihm wieder vor die Augen kommen, er hat nicht gewusst, wie er es anstellen soll, ein Leben, das genommen ist, ist vergangen für immer. Er ist herumgeirrt auf den Hängen des Drat’kalar, damals ist er noch Anu’betain gewesen, die große Mauer, nach der später eine der Bergprovinzen von Beth’anu benannt worden ist. Und als er schon hat zurückkehren wollen an die Seite Daikims, sich lieber erschlagen lassen von ihm als ein Leben in Einsamkeit zu ertragen, hat ihn ein Unwetter überrascht, und er hat Zuflucht gesucht in einem Riss am Fuß des riesigen Felsen, der wie eine Bastion ragt aus den Wäldern. Er hat ihn in eine Höhle geführt, größer als jede Halle, die er gekannt hat, und sie scheint auch früher schon als Zufluchtsort gedient zu haben, er hat einen Ring aus Steinen gefunden mit den Resten eines Feuers darin, unter einem Loch in der Decke der Höhle, und er hat das Rauschen von Wasser gehört. Gefunden hat er es in der nächsten Höhle, ihr Eingang war versteckt hinter dem Vorhang aus einem weißen Stein, der herabgeflossen ist zu seiner Linken, in ihr ist ein Wasserfall herabgefallen in ein Becken aus Stein und abgeflossen durch ein Loch in der Felswand. Sie ist leer gewesen, nur in der dritten, kleineren Höhle, die dem Eingang gegenüber liegt, hat er alte Kisten aus Holz gefunden, verschlossen mit eisernen Bändern. Es ist kalt gewesen in der Höhle, er hat die Luft, die er ausstößt, wehen sehen vor seinem Mund, und er hat sich elend und verlassen gefühlt. Gekniet vor dem weißen Fall in der ersten Höhle und bittere Tränen vergossen, und der Stein hat ihm geantwortet. Er hat mit ihm geweint, seine Tränen haben sich gesammelt in einer flachen Mulde zu seinen Füßen, und er hat ein Gesicht gesehen darin. Und als er aufgeschaut hat, hat er vor sich nicht den steinernen Fall gesehen, es hat eine Statue vor ihm gestanden, wie er sie gesehen hat in einer Nische im Fels der Betain’it’Dromar, als sie ihren Dank gesagt haben dafür, dass sie in Sicherheit sind nach dem gefährlichen Weg über den Pass, und dem Unrecht in der Halle des Herrschers glücklich entronnen, aus der sie geflohen sind. Daikim, seine beiden Brüder Girion und Mereon, die knapp einhundert Getreuen, die zu ihm gestanden haben, als der Herrscher ihn beschuldigt hat, selbst nach der Krone zu greifen, und sie fast erschlagen worden sind von seinen Schergen. Und er, Melak, der ein Diener war von Daikim.
Da hat er gewusst, was er zu tun hat, um seinen Frevel zu sühnen, er hat sich eingerichtet in der Höhle, Nahrung erbeten in einem kleinen Dorf, und er hat gesehen, wie Daikim seine erste Feste errichtet hat nicht weit von dem Riss entfernt. Aber erst, als nach fast zweimal zehn Jahren der letzte Schlag getan war an der Statue, und sie ihn tot gefunden haben zu ihren Knien, hat Daikim erfahren, was geschaffen worden ist von dem Mann, den er einst verbannt hat von seiner Seite. Es war Daikim, der ihr den Namen gegeben hat, Melak, er hat als Erster gekniet vor ihr und gebetet, und über die Generationen ist ein Gott geworden aus der Statue aus weißem Stein. Er hat viel Gutes bewirkt für die Menschen und immer, wenn sie vor ihm gestanden und gebetet haben, hat er geweint für sie. Immer nur ein paar Tränen, genug, dass sie verstanden haben, dass er es gut meint mit ihnen, ihren Kummer, ihre Freude teilt, gutheißt, was sie ihm gesagt haben. Ihren Verbindungen seinen Segen gibt, ihre Kinder willkommen heißt und mit ihnen um ihre Toten weint.
Und als am Tag nach der großen Erschütterung die Sonne aufgegangen ist über dem, was sie angerichtet hat an Unheil und Zerstörung, ist einer der jungen Männer, die im Haus der Bewahrer dienen und hineinwachsen darin, selbst einmal einer zu sein, zu Thain Tenaro gekommen und hat ihm berichtet, was geschehen ist in Melaks Halle. Ihre Bewahrer haben gebetet in ihr, der Erdrutsch, den sie gefunden haben auf dem Gipfel des Felsen, als sie nachgesehen haben, warum Melak keine Tränen mehr weint und der Wasserfall in der Höhle der Gaben nicht mehr fließt, ist herabgerutscht und hat den Eingang zur Halle verschüttet. Sie haben sich hindurchgegraben fast mit ihren bloßen Händen, es hat gestern den ganzen Tag und fast noch die ganze Nacht gedauert, und als sie endlich eintreten konnten in die Halle, haben sie ihre Bewahrer tot gefunden, erschlagen von dem, was sie bewacht haben. Die Statue des Melak, sie ist unrettbar zerstört. Sein Kopf mit der Kappe und den weisen Augen herabgefallen und in hundert Stücke zersprungen, sein Körper durchzogen von Rissen, die Hände, die auf seinen Knien gelegen haben, mit der Handfläche nach oben, in die die Menschen ihre Gaben gelegt haben, wenn sie etwas erbeten haben von ihm, zerbrochen unter den Trümmern der Steine, die auf sie gefallen sind. Das Bein, in dessen Fuß die Särge von Melak und Daikim gestanden haben, ist eingefallen, sie sind verschüttet unter dem weißen Stein, und es poltern immer noch Stücke herab, wenn die Risse in seinem Körper nachgeben. Die Statue neigt sich zu einer Seite, es wird nicht mehr lange dauern, dann wird auch der Rest von ihr zerschellen auf dem felsigen Boden der Halle.
Thain Tenaro ist geritten mit ihm, aber nur er und Kan’to, der sein Beschützer ist, seit sie ihren alten Thain zurückgelassen haben in seiner Gruft, haben die Halle betreten. Seine Garde hat er zurückgelassen vor dem Torbogen, auch sein Hauptmann hat gemurrt, wie er ihn bewachen soll, wenn er nicht bei ihm sein darf. Tenaro hat ihn beschieden, der Schwertmeister genügt zu seinem Schutz, es droht ihm keine Gefahr in der Halle. Aber er ist erschüttert gewesen von dem, was er vorgefunden hat in ihr. Die jungen Männer, die bei ihnen leben in ihrem Haus neben dem Eingang, haben die Leiber der Bewahrer geborgen, sie liegen nebeneinander vor dem Eingang zur Nebenhöhle, zerschlagen von dem Stein, der herabgefallen ist auf sie. Der Jüngste von ihnen, ein Kind von elf, kniet weinend vor ihnen, sein Geist kann noch nicht fassen, was ihnen widerfahren ist. Er lebt noch nicht lange bei ihnen, und er ist so froh gewesen, als sie ihn erwählt haben, bei ihnen zu bleiben und hineinzuwachsen in die Aufgabe, ein Bewahrer Melaks zu sein, er entgeht damit der Ungerechtigkeit und der harten Hand seines Vaters. Sein Gesicht war noch gezeichnet von den letzten Schlägen, als er Eier und Milch zu ihnen getragen hat, und der Bewahrer, der ihm die Plättchen dafür gegeben hat, hat ihm gesagt, er soll sie bringen zu seinem Vater und dann zurückkehren, er ist nicht mehr der Sohn seines Vaters, er ist jetzt ein Zögling der Bewahrer von Melaks Halle. Der hat ihn erst höhnisch verlacht, dann ist er mit ihm gegangen, zurückgekehrt nach Hause ist sein Vater ohne ihn. Nach einem heftigen Streit, man hat ihre Stimmen gehört bis in den Garten, auch wenn Melak ein sanftmütiger Gott ist, seine Bewahrer wissen ihren Willen durchzusetzen.
Und dann hat Thain Tenaro beschlossen, es verborgen zu halten vor den Menschen. Sie haben Entsetzliches erlitten, es sind noch nicht einmal alle Schäden bekannt, die die große Erschütterung angerichtet hat, noch sind nicht aus allen Provinzen Boten eingetroffen, es würde ihr Leid nur vergrößern, wenn sie erfahren, dass sie auch ihren Gott, ihre Hoffnung verloren haben. Es gibt genug Statuen, vor denen sie beten können, in jedem Versammlungshaus, in den Hallen der hohen Häuser, und sie werden keine Zeit finden für den Weg. Nur die aus den Dörfern in Beth’ab’Thain, aber er wird ihnen den Zutritt verwehren lassen von Männern seiner Garde, mit dem strengen Befehl, dass auch sie sie nicht betreten, die Decke der Halle hat Risse, es können Felsbrocken herabfallen auf sie. Die Bewahrer sind schon erschlagen worden von ihnen, sie werden gleich gebracht von den jungen Männern, sie sollen helfen, sie würdig zu begraben. Und er tröstet auch den Jungen, der immer noch weinend kniet vor ihnen, er wird nicht wieder ausgeliefert an seinen Vater, er ist jetzt ein Bewahrer, aber er soll schweigen über das, was geschehen ist. Er kann sich darauf verlassen, dass auch die jungen Männer es tun werden, die Bewahrer haben ein Geheimnis fast sechshundert Jahre lang gehütet, sie werden auch dieses nicht leichtfertig preisgeben.
Und auch Kan’to wird nicht sprechen darüber. So wie er nie über etwas gesprochen hat, das er gehört oder gesehen hat als Beschützer des Thain, er hat ihn lachen sehen, weinen, er hat ihn fluchen hören und liegen mit seiner Thaini, er hat ihn gekannt, wie ein Mensch einen anderen nur dann kennt, wenn er immer neben ihm ist. Nie ist ein Wort von alledem über seine Lippen gekommen, er hat nichts preisgegeben, er hätte sich eher vierteilen lassen als zu verraten, was er erfahren hat, wenn er als sein Beschützer einen Schritt hinter Thain Deramo gestanden hat. Mit den Händen auf den Heften seiner blau schimmernden Klingen, bereit sie gegen jeden zu ziehen, der ihm Böses will. Und er zieht sie blitzschnell, schneller als eine Schlange zuschlagen kann, Tenaro hat es mit eigenen Augen gesehen.
Er hat auch nicht preisgegeben, dass er ihm folgen wird in den Tod. Tenaro hat ihn gefunden in seinem kleinen Haus, das er bewohnt im Hof der Feste, er hat ihn gesucht, weil er nicht erschienen ist zu den Mahlzeiten in den drei Tagen, seit sie die Platte über der Gruft geschlossen haben. In einem zweigeteilten Anzug aus ungefärbter Strauchwolle, so wie er ihn getragen hat, wenn er sie die Kunst des Kampfes ohne Waffen gelehrt hat, mit einem Dolch an der Kehle, er hat mit geschlossenen Augen ein Gebet gesagt. Tenaro hat ihn nur gefragt, er hat dem Hause ab’Daikim dreißig Jahre lang treu gedient, warum er jetzt seinen Thain verlassen will, der ihn braucht. Kan’to hat ihm geantwortet, aber er hat ihn nur gebeten, ihn in einem einfachen Grab zu bestatten, ohne Namen, ohne Schmuck, so wie es einem Schwertmeister zukommt, der versagt hat darin, den zu beschützen, dem er Schutz versprochen hat. Tenaro hat es ihm zugesagt, aber erst, wenn es wirklich so weit gekommen ist, gegen den Feind, der seinen Vater getötet hat, hat auch er mit seinen Klingen nichts ausrichten können. Kan’tos Augen haben sich geöffnet, sie haben sich lange nur stumm angesehen, und am nächsten Tag hat er gestanden hinter Tenaros Stuhl, so wie er auch hinter Thain Deramo gestanden hat, in seinem langen geteilten Rock, dem Hemd, das über der Brust übereinandergelegt ist, und dem offenen Wams aus gestepptem Leder mit den überstehenden Schultern, einen breiten Stoffgürtel zweimal um seine Mitte geschlungen mit den gekreuzten Klingen darin. Eine ehrfurchtgebietende Gestalt, mit einem Gesicht, das keine Regung zeigt, er steht etwas seitlich versetzt hinter dem Thain mit den Händen auf den Heften der Waffen, bereit, sie gegen jeden zu ziehen, der dem Mann vor ihm Böses will. Mirini muss sich keine Sorgen machen um Tenaro, sie weiß ihn gut beschützt.
Aber er ist froh und erleichtert, als er endlich offenbaren kann, was er seit fünf Monden mit sich herumträgt. Vor seinen Nun’thainu, vor seinem Bruder Mereno, der der Mar’thain ist von Beth’narn, vor Ginjen, dem Marun von Beth’lai, und vor Damiro, dem neuen jungen Barar von Beth’kalar. Und er gibt auch preis, dass sie die Särge von Melak und Daikim dort gesehen haben, in einer Aushöhlung an der Rückseite der Statue, und dass sich dahinter die Höhle der Gaben befindet. Und es ist wie immer Mereno, der den besten Einfall hat, wie man den Menschen in den Ländern den Verlust der Statue ersetzen kann. Sie werden die Halle schließen, er wird seinen Baumeister schicken mit seinen Gehilfen, sie sind vertrauenswürdig, sie werden nicht darüber sprechen, was sie vorgefunden haben in der Halle, wenn sie zusammen daran arbeiten mit dem Baumeister der Feste. Die Trümmer entfernen, den Fall in der Höhle der Gaben wieder zum Fließen bringen, und die eisenbeschlagenen Truhen, in denen die Rollen und Bücher lagern, die die Geschichte des Landes beschreiben in den letzten drei Jahrhunderten, dort hinein bringen. Die Nebenhöhle, in der sie bisher gestanden haben, schmücken mit Daikims Sternen, ein großes Siegel aus Gold an der Rückwand, und dann die Särge hineinstellen, mit neuen Deckeln, wenn sie beschädigt sind, und den Eingang verschließen mit einem goldenen Gitter. Und eine neue Statue schlagen lassen aus Blöcken des weißen Steins von Beth’nindra, so groß, dass sie gerade noch hineingehen durch den Torbogen. Sie aufeinander schichten wie eine Mauer, bis an die Decke der Höhle, mit ein wenig Abstand zur rückwärtigen Wand, damit die Höhle der Gaben noch betreten werden kann. Es wird eine Zeitlang dauern, aber sie können mehr als einen Steinmetz daran arbeiten lassen, jeder in Beth’anu weiß, wie die Statue ausgesehen hat, und sie haben Vorlagen genug. Und vielleicht, wenn sie steht an derselben Stelle und der Wasserfall in der Höhle der Gaben wieder fließt, wird auch wieder Wasser eindringen von oben durch die löchrigen Schichten des Steins, der die Decke der Höhle bildet, dann wird sie auch wieder Tränen weinen für sie. Und wenn sie die Halle wieder öffnen für die Menschen, werden sie nicht nur die Statue ihres Gottes finden darin, vor der sie Verbindungen schließen, Kinder vorstellen und um ihre Toten trauern können, sie werden auch knien vor dem goldenen Gitter, hinter dem der Sarg des Mannes steht, der als Erster seinen Fuß gesetzt hat auf das Land westlich des Drat’kalar und es gemacht hat zu seinem Thainan. Das wird sie erfreuen, und vielleicht ein wenig ablenken davon, dass die Statue jetzt etwas anders aussieht und steht. Es erscheint allen die beste Lösung zu sein, so werden sie es machen, und Ginjen seufzt, unverhofft kommt oft, Danima wird noch ein wenig länger warten müssen auf ihre Residenz. Aber wichtiger als ihr neues steinernes Haus ist es, den Menschen in Beth’anu die Hoffnung zu erhalten, dass ihr Gott sie nicht verlassen hat.