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Kapitel 4
ОглавлениеSo ernst und traurig die Dinge sind, die die Männer zu besprechen haben im Kronsaal, so lustig geht es zu im Garten der Thaini. Der jetzt einfach Karimas Garten ist, sie hat die Krone weitergegeben an Mirini, als Tenaro Thain geworden ist. Aus Eisen gemacht, wie alle Kronen in den drei Ländern, sie ist schwer, aber als einzige geschmückt mit roten Steinen. Ein Reif mit fünf Zacken als Zeichen der Thainwürde, jeder besetzt mit einem Roni, Tenaro hat sie auf ihre Stirn gelegt, als sie vor ihm gekniet hat in Melaks Halle, nachdem der alte Nun’thain von Anu’betain ihm die Krone des Thain auf sein Haupt gesetzt hat. Sie hat die Bürde gefühlt, die ihr damit auferlegt wird als Thaini von Beth’anu, aber sie hat ihren Kopf nicht gesenkt unter dem Gewicht, sie hat sie hoch erhobenen Hauptes in Würde getragen.
Aber nicht, wenn sie versammelt sind im Garten und ihren Kindern bei ihrem Spiel zusehen. Die Ahnkinder Karimas, Miteno, der Sa’Rimar, er ist ein wenig unleidlich, es ist noch nicht lange her, dass die Ärzte des Thain die Zeichen eingeritzt und gefärbt haben auf sein rechtes Schulterblatt. Er hat keinen Schmerz gespürt auf dem Schoß seines Vaters, sie haben die Haut betäubt mit einer Paste aus Kräutern, aber die Schnitte sind noch nicht verheilt, die Haut spannt über den frischen Narben, es juckt, aber er darf nicht kratzen an den Krusten. Er wird es überstehen, wie jeder Sa’Rimar vor ihm, und die Bedeutung der Worte, Praesis ut Prosis Non ut Imperes, Sei Erster um zu dienen, nicht um zu herrschen, er wird ihre Bedeutung vorgelebt bekommen von seinem Vater. Dessen Ebenbild er ist, nicht nur in seinem Aussehen, auch in seinem Wesen, er wird einmal wagemutig und draufgängerisch sein wie er. Aber nicht heute, er sitzt lieber auf dem Schoß seiner Ahnmutter im Pavillon und lässt sich trösten von ihr.
Seine Schwester Milina sitzt mit Sirimas Töchterchen Denira einträchtig auf einer weichen Decke, sie werfen die Türme aus bunten Klötzchen wieder ein, die Tenjen unermüdlich für sie stapelt. So wie er es auch für Dorimi getan hat, und auch sie quietschen und patschen in ihre kleinen Händchen vor Vergnügen wie sie. Kirini und Waniri streiten darum, wer den kleinen Wagen mit dem Püppchen darin ziehen darf, und wo zwei sich streiten, freut sich die dritte, es ist Dorimi, die ihn erobert und kichernd mit ihrer Beute abzieht. Derani sitzt mit ihrem Sohn Datiro auf der Seilschaukel, es ist genau das eingetreten, was Thain Deramo einst vorausgesehen hat, sie hält es wie früher die Barari von Beth’kalar. Sie schaukelt mit ihm, sie kriecht mit ihm auf dem Boden herum und sieht unter das Bett, wenn ein Soldat aus Zinn vermisst wird, sie kitzelt ihn, bis er quietscht vor Vergnügen und kichert dabei schlimmer als früher mit Sirima. Die alte Nun’thaini von Anu’betain verdreht manches Mal die Augen über sie, aber sie ist auch beeindruckt von der Würde und Haltung, die sie an den Tag legt, wenn sie an der Seite ihres Mannes Gäste empfängt am Sitz des Nun’thain. Auch wenn sie es nur widerwillig zugibt, ihrem Sohn hat es sehr gut getan, sich zu verbinden mit der kleinen Kicherlinse. Und Datiro ist geboren neun Monde und zwei Tage nach ihrer Verbindungsfeier, es scheint, sie hat den beiden damals Unrecht getan mit ihrer Vermutung.
Nur der jüngste Spross des Hauses erfreut sie nicht mit seiner Anwesenheit, Silina ist nicht erschienen mit ihrem Sohn auf die Einladung Karimas. Er ist jetzt drei Monde alt, seine Mutter nimmt es Indera, der Barari von Beth’kalar, immer noch übel, dass sie gegen sie gesprochen hat, als es darum ging, wer der nächste Barar wird. Und sie hat auch Thain Tenaro noch nicht verziehen, dass er Damiro eingesetzt hat. Er hat es nicht allein entschieden, er hat sich besprochen mit dem obersten Richter von Beth’anu, und sie sind zu dem Entschluss gekommen, dass ein Kind, das noch nicht geboren war, als sein Vater gestorben ist, nicht seine Nachfolge antreten kann. Wäre er schon auf der Welt gewesen, hätte es anders ausgesehen, dann hätte der Thain einen Verwalter für ihn eingesetzt wie er es auch für Damiro getan hat, er wäre der Barar von Beth’kalar genannt worden, auch wenn ein anderer regiert in seinem Namen. Sie wissen nicht, was vorgegangen ist am Tag der Erschütterung am See, Damiro kann sich nicht daran erinnern, erst im Haus der weißen Schwestern war er wieder soweit bei Sinnen, dass er ihnen hat sagen können, wer er ist. Barar Metiro und sein Erbprinz sind zur gleichen Zeit gestorben, Danetos Kind war noch nicht geboren, also ist es der Zweitgeborene, dem der Titel zusteht. So ist das Gesetz, so hat es der Thain entschieden, aber es hat böses Blut gebracht in die baranische Familie. Und Inderas Kummer nur noch vertieft, sie hat Mann und Sohn verloren, und jetzt auch noch ihr Ahnkind, weil Silina weggegangen ist mit ihm aus der Feste, als ihr auch noch versagt worden ist, ihren Sohn vorzustellen in Melaks Halle. Ohne Begründung, aber Thain Tenaro hat ihr doch nicht sagen können, warum er es ihr nicht gestatten will. Sie lebt in einem der Dörfer in Beth’ab’Thain, sie wird nicht zurückkehren in das Haus der baranischen Familie, und sie wird ihrem Sohn einflüstern, dass nach Recht und Gesetz er der Barar ist. So wie sie sich sieht als die Barari als seine Mutter, und ihr Beharren darauf wird noch viel Unglück bringen über sie.
Danuro verbringt viel Zeit bei Marino, er kann wieder sitzen im Bett gegen ein Polster gelehnt oder auf dem Liegestuhl, den ein Handwerker der Feste für ihn gemacht hat, wie er es auch einmal für Tenaro getan hat, einer der Männer der Garde des Thain trägt ihn manchmal auf den Balkon, auf den Wunsch der weißen Schwester, die ihn pflegt, damit er ein wenig frische Luft und Sonne bekommt, aber dort sitzt er nicht gern. Dann muss er herabsehen in den Garten, und er sieht dort Danuro herumalbern mit Miteno, er sieht Milina ihre tapsigen Schritte tun an der Hand ihres Vaters, er hört die Pferde auf der Koppel, das alles erinnert ihn an das, was er nicht mehr tun kann. Nie wieder. Er kann sich noch nicht abfinden damit, er hadert mit seinem Schicksal, und manchmal ist er unfreundlich und barsch gegen die, die es gut meinen mit ihm. So auch gegen Tenjen, und der lernt wieder eine wichtige Lektion dabei. Nämlich die, dass die Dinge nicht immer sind wie sie scheinen.
Tenjen hat mit angehört in der Residenz in Beth’narn, wie Danima es Ginjen weinend berichtet hat, Marino, er lebt, aber der Knochen in seinem Rücken ist beschädigt, er wird nie wieder laufen können. Und fast sein erster Weg, als sie angekommen sind in der Feste des Thain, hat ihn zu Marino geführt. Er ist sein Freund, sie haben geschlafen in einem Bett, er hat Steine für ihn über das Wasser hüpfen lassen, und einmal ist er auf einen Baum gestiegen und sie haben die süßen Früchte, die er gepflückt hat, einträchtig geteilt. Er hat ihn trösten wollen, ihm ein Geschenk gebracht und ist sehr enttäuscht gewesen, als Marino es nicht gewollt hat. Es vom Bett gestoßen, als Tenjen ihm erklärt hat, wie man es spielt, und geschimpft, es ist ein dummes Spiel, nur etwas für die, die den ganzen Tag in ihrem Zimmer sitzen wollen und sonst nichts tun. Aber etwas anders kann er doch nicht mehr, Tenjen hat es nicht verstanden, er ist gegangen und hat das Geschenk wieder mitgenommen, nachdem er mit der weißen Schwester die kleinen Holzstäbe wieder eingesammelt hat. Es hat lange gedauert, sie sind durch das ganze Zimmer gehüpft, und einer hat sich nicht finden lassen, die weiße Schwester hat ihn ihm später gegeben, er hat in Marinos Bett gelegen. Er hat Tränen in den Augen gehabt, als er sich in der Halle neben Ginjen gesetzt hat, und als er ihn gefragt hat warum, hat er es ihm nicht erzählen wollen. Nur gesagt, dass Marino nicht mehr sein Freund sein will und er nicht mehr bei ihm sitzen wird.
Aber Ginjen ist Tenjens Vater, er weiß zu reden mit seinem Sohn, er hat es herausgeholt aus ihm. Er hat Marino das Spiel schenken wollen, das der Mann, der das Spielzeug schnitzt in Ter’to, ihm gegeben hat, als Ginjen bei einem Besuch bei ihm wieder einmal seufzend die Augen verdreht hat, weil Tenjen kaum gesessen hat auf seinem Schemel. Dieses Kind hüpft schlimmer als jede Springbohne, er ist immer in Bewegung, er kann einfach nicht stillsitzen, sein Geist denkt zwanzig Dinge auf einmal und keines richtig. Da hat der Mann gelacht und das Spiel für ihn gemacht, nur ein Brett mit Löchern, in denen kleine Holzstäbe stecken bis auf eines. Und anstatt selbst zu hüpfen tut man es damit, immer eins über das andere, und wenn am Ende nur noch ein Holzstäbchen steckt in dem Loch in der Mitte, dann hat man gewonnen und bekommt zur Belohnung ein süßes Pirsi. Es hat die Springbohne zur Ruhe gebracht, Tenjen sitzt Stunde um Stunde und spielt damit, und er gewinnt oft. So oft, dass er schon fast kein Pirsi mehr sehen kann, er hat es einmal auch mit Waniri gespielt, aber sie hat versucht, die Holzstäbchen aufzuessen, jetzt spielt er es mit ihr mit süßen Beeren. Die darf sie aufessen, wenn sie darüber gehüpft ist, sie bekommen ihr besser als die kleinen Holzstäbe. Tenjen hat sich gedacht, wenn Marino nur noch liegen kann im Bett, vielleicht spielt er es dann auch gern, es beschäftigt den Geist und die Hände, und die Zeit vergeht viel schneller, weil man etwas hat, über das man nachdenken kann. Und man kann es spielen, wenn man im Bett liegt, er hat es selbst getan, als er gelegen hat mit dem schlimmen Husten kurz nach seinem sechsten Geburtsfest. Aber Marino hat es nicht haben wollen, er hat es vom Bett gestoßen und ihn angeschrien, jetzt ist er nicht mehr sein Freund und er wird nicht mehr zu ihm gehen.
Ginjen hat Tenjen auf seinen Schoß gezogen, sanft über sein Haar gestrichen, als er den Kopf an seine Schulter gelegt hat, und es ihm erklärt. Marino hat sich noch nicht abgefunden mit dem, was geschehen ist mit ihm. Dass er nicht mehr reiten kann, keine Steine mehr hüpfen lassen über das Wasser, nicht mehr um die Wette laufen mit ihm, nicht mehr schwimmen im Fluss neben der Feste, wo Thain Tenaro es sie gelehrt hat. Nie wieder. Danima prustet immer, wenn er ihr sagt, dass er es nie wieder tun wird, wenn er etwas Dummes angestellt hat und sie mit ihm schimpft, weil sie weiß, dass er es doch wieder tun wird, einfach nur, weil er es kann. Aber Marino kann es nicht mehr, nie wieder laufen, nie wieder reiten, nie wieder schwimmen. Sein Vaterbruder Tonwin, er kennt ihn nur als fröhlichen Mann, der gerne lacht und manchmal alberne Sprüche sagt, wenn er gegen etwas gelaufen ist, weil er nicht sehen kann. Aber manchmal, wenn er meint, er ist allein, dann wird sein Gesicht sehr traurig, wenn er Obidas Stimme hört, weil er nicht mehr sehen kann in ihre lachenden Augen. Oder er sitzt allein auf einem Baumstamm am Fluss und weint, weil er die hübsche Zopffrisur nicht sehen kann, die Danima ihr geflochten hat und von der Safira aufgeregt berichtet. Nie wieder. So ergeht es auch Marino, er muss sich erst hineinfinden, sich abfinden damit, und wenn er es geschafft hat, wird er wieder der lustige Freund sein, den Tenjen kennt. Und solange er es noch nicht geschafft hat, muss Tenjen für ihn der Freund sein, der es versteht und nicht gleich böse wird, wenn er traurig ist und nicht weiß, wie er damit fertig werden soll. Marino leidet, er braucht Freundschaft und Verständnis, und das zeigt man ihm am besten, wenn man die Hand nimmt und streichelt, die nach einem geschlagen hat. Versuch es noch einmal, Tenjen, geh zu ihm und dann spielt ihr das Spiel gemeinsam. Und du wirst sehen, auch Marino wird es leidtun, dass er gemein zu dir war, und er wird sich freuen, wenn du wieder an seinem Bett sitzt. Ginjen schaut ihm lächelnd hinterher, als er geht, so richtig überzeugt ist er nicht gewesen. Aber es ist eine Lektion, die er lernen muss, nämlich, dass die Dinge nicht immer sind wie sie scheinen. Und als er am Abend kommt, um ihm eine gute Nacht zu wünschen, strahlt Tenjen über das ganze Gesicht. Marino war sehr traurig, als er zu ihm gekommen ist, er hat gefürchtet, dass er nicht mehr bei ihm sitzen will, weil er so gemein zu ihm war. Dann haben sie das Spiel gemeinsam gespielt, er hat Marino gewinnen lassen, und jetzt sind sie wieder Freunde.
Auch Danima lächelt, als Tenjen es ihr erzählt, als sie ihn am Abend zu Bett bringt. Er ist schon ein besonderes Kind, und es hat viel damit zu tun, wie Ginjen umgeht mit ihm. Er straft ihn selten, obwohl Tenjen genug Unfug anstellt, manchmal denkt er einfach nicht daran, was er Thain Deramo versprochen hat damals bei Prinz Kasrims Verbindungsfeier, als Ginjen ihn zu ihm geschickt hat, damit er sich richten lasse von ihm, weil er seinen Eid gebrochen und ihm nicht gehorcht hat. Auf die zu hören, denen er Gehorsam schuldet, so wie auch Prinz Kasrim ihm gesagt hat, dass ein Ilan’ki seinen Befehlen gehorcht. Meist sind es lässliche Sünden, Tenjen ist kein bösartiges Kind. Ab und zu unbedacht, seine Fußstapfen im Schnee zu hinterlassen ist allemal wichtiger als Schule, und er hat geholfen, die Schafe wieder einzutreiben, als sie fortgelaufen sind, weil er die Abkürzung durch ihren Pferch genommen und das Tor hinter sich nicht richtig verschlossen hat. Und er kann, was viele Kinder können, er löst sich einfach in Luft auf, die Männer der Garde verzweifeln manchmal fast an ihm. Und sind heilfroh, wenn er gesund und munter wieder auftaucht, wie sollen sie seinem Vater erklären, dass sie ihn aus den Augen verloren haben, wenn sie doch nichts anderes zu tun haben als auf ihn zu achten? Aber der kennt seinen Sohn, viel Gefahr droht ihm nicht in Beth’lai, er ist bekannt in den Dörfern am Fluss und selten allein, er ist der Anführer der Kinderschar. Und er liebt Waniri abgöttisch. Er hat an ihrem Korb gesessen, als sie noch ein Säugling war, er ist mit ihr gekrabbelt über den Boden, an seinen Händen hat sie laufen gelernt. Er spielt mit ihr, er singt für sie, er ist geduldig mit ihr und er ist untröstlich, wenn sie weint. Er hat sich so sehr eine kleine Schwester gewünscht wie Dorimi, es hat fast sein kleines Herz gebrochen, als es eine Zeitlang so ausgesehen hat, dass sie wieder fortgeht von ihm. Danima hat selbst lange krank gelegen nach der Niederkunft, Selima hat es ihr später berichtet, wie er gesessen hat an ihrem Korb und sie gebeten, bei ihm zu bleiben. Er wird sie beschützen, ein guter großer Bruder sein, und wie schön es da ist, wo sie wohnen wird mit ihm. Und als es endlich besser geworden ist mit ihr, sie kräftiger geworden ist, da war er gar nicht mehr fortzubringen von ihr. Nur wenn sie getrunken hat an der Brust der Dienstmagd, weil Danima sie nicht selbst hat nähren können, da hat er sich überreden lassen, das hat er gekannt von Dorimi und Kirini, dann sind die Frauen lieber unter sich. Und die feuchte Windel gehört in einen Eimer, den später die Waschfrau abholt, sie wird nicht geknotet um den Pfahl des Banners. Das macht man nur, wenn man auf Reisen ist. Und der Barar von Beth’kalar.
Und Ginjen ist ihm ein guter Vater, er nimmt sich Zeit für ihn, er hört zu, wenn Tenjen ihm etwas berichtet, er erklärt ihm geduldig, warum er etwas nicht tun soll. Er nimmt ihn mit sich, wenn er reitet in die Dörfer entlang des Flusses, weil es etwas zu besprechen gibt mit den Dorfvorstehern, es sind jetzt drei, es leben doppelt so viele Menschen in ihnen wie damals, als der Bezirk von Narn’kalar zu der Marunan Beth’lai geworden ist. Der Ruf des Nun’thain, dass jeder willkommen ist, der sein Glück versuchen will in der neuen Provinz von Beth’anu, hat viele angelockt, und den meisten ist es hier besser ergangen als in ihrer alten Heimat. Sie sind zu Untertanen des Mar’thain von Beth’narn geworden, an ihrem Leben hat es nichts geändert, und auch wenn Ginjen noch nicht gelernt hat, zu regieren wie ein Marun, er tut es immer noch wie der Da’in, sie fühlen sich wohl unter seiner Herrschaft.
Der Nun’thain von Beth’draket hat mit Ginjen am Tisch in der Halle gesessen, als Tenjen sich neben ihn gesetzt hat, er hat die Worte gehört, die er seinem Sohn gesagt hat. Er hat sein Lächeln gesehen, mit dem er ihm hinterhergesehen hat, der Kleine war ein wenig skeptisch, er hat nicht so recht glauben wollen an das, was sein Vater ihm gesagt hat. In seiner ruhigen Art, und man hat gespürt, er liebt seinen Sohn. Er ist ein Vater, wie ihn sich Dereno selbst gewünscht hätte, und er hofft, dass er seinen Kindern ein ebenso guter sein wird. Noch hat er nur eine Tochter mit Sirima, Denira, ein liebes kleines Mädchen, sie ist jetzt fünfzehn Monde alt, aber nach dem, was Sirima ihm angedeutet hat heute Morgen, wird sie nicht ihr einziges Kind bleiben. Er erinnert sich noch daran, wie er Ginjen das erste Mal begegnet ist, er ist gekommen mit der maranischen Familie aus Beth’nindra zu einer Feier der Jahreswende. Er hat ihn zuerst für einen Verwandten des Thainan gehalten, er sieht Tenaro ein wenig ähnlich, auch wenn er eine Handbreit kleiner ist als er, er hat fast zierlich gewirkt neben ihm, aber man hat das Eisen gespürt, aus dem er geschmiedet ist. Das Erste, das auffällt an ihm, sind seine leuchtend blauen Augen, Tenjen hat sie auch, und gekleidet war er wie die Menschen aus Beth’nindra. Er hat fremd gewirkt und doch vertraut mit seinem hellen Haar, das ihm damals noch in einem geflochtenen Zopf auf den Rücken gefallen ist, selbst seine Haut hat den leichten Bronzeton gezeigt, der den Männern aus dem Hause ab’Daikim zu eigen ist. Ein stiller Mann, ruhig und höflich, er hat nicht viel gesprochen am ersten Abend und in Melaks Halle am nächsten Tag, und bei der Audienz, die der Thain ihm gewährt hat am Tag nach der Feier, ist er nicht dabei gewesen. Aber er hat Sirima und Danima tuscheln hören über ihn, Ginjen’sa, der erste Sohn des Da’in von der Ebene der Pferdeherren, und was bitte schön ist ein Da’in? Aber er hat schöne Augen. Die er nicht von Sirima gelassen hat in den ersten Tagen, Dereno hat ihn mitsamt des Sohnes des Schatzkanzlers und des Brudersohns der Mar’thaini von Beth’nindra zu den Demoni in die Hölle gewünscht. Aber es ist Danima, die er erwählt hat zu seiner Frau, er erinnert sich immer noch gern daran, was Ginjen der alten Nun’thaini von Anu’betain gesagt hat, als Danima fast geweint hat, weil sie sich sehr abfällig darüber geäußert hat, dass sie ein Kind trägt vor der Zeit. Dass es so sein muss da, wo er herkommt, eine Frau seines Volkes wird sich nicht verbinden mit ihm, wenn er ihr nicht bewiesen hat, dass er ihr ein Kind geben kann. Zu einer Tradition ist es nicht geworden in Beth’anu, wie der alte Thain Deramo befürchtet hat, die meisten Kinder werden geboren zur rechten Zeit, aber es hat ihr endlich einmal den Schnabel gestopft, der alten Schnatterente.
Dereno sieht Sirima sitzen mit Danima im Garten durch die geöffneten Fenstertüren, sie werden sich viel zu erzählen haben. Sie sind schon früher Freundinnen gewesen, Danima hat eine Zeitlang als Sirimas Hoffrau gelebt in der Feste, und sie haben sich lange nicht gesehen. Sirima ist ihm gefolgt als seine verbundene Frau, nicht in die Schlacht, er hat sie nicht mitgenommen auf die Ebenen hinter der Grenze von Beth’nindra, sie ist gereist an den Sitz des Nun’thain in Beth’draket drei Tage nach ihrer Verbindung. Es war Thain Deramo, der sie verbunden hat vor der Statue in seiner Feste, damit sie wenigstens noch ihre erste Nacht haben miteinander, bevor Dereno mit den Männern der Entsatzarmee aus Beth’draket auszieht in die Unwägbarkeit der Schlacht. Sie haben sie gemeinsam gebettet, aber es war nicht das fröhliche Getümmel wie sonst, zu sehr waren die Gedanken der Männer und Frauen beschäftigt mit dem, was auf sie zukommt. Tage und Drittteile, die sie voneinander getrennt sind, ohne zu wissen wie es dem Liebsten ergeht, ob er zurückkommt oder sie weinen müssen, wenn die Schlacht geschlagen ist. Dereno hat Sirima gebeten, zu reisen in sein Haus, es gibt keine Hausfrau dort und sein alter Vater liegt krank und allein. Es würde seine Sorgen mindern zu wissen, dass er nicht auf Gedeih und Verderb der Gnade der Dienstboten ausgeliefert ist, sie sind manchmal ein wenig nachlässig, und die Frau, die den Haushalt führt seit mehr als zwanzig Jahren, meint zu oft, sie wäre die Hausherrin dort. Sirima hat seinem Wunsch entsprochen, eine verbundene Frau folgt ihrem Mann, und sie hat ihre eigene Schlacht dort geschlagen. Sie ist wie die Armeen der drei Länder siegreich daraus hervorgegangen, sein Vater hat es ihm berichtet, als er zurückgekehrt ist mit dem Rest der Männer aus Beth’draket.
Sirima ist eine Prinzessin, und auch wenn sie sich dessen manchmal ein bisschen zu sehr bewusst war, sie hat gelernt von ihrer Mutter, der Thaini Karima, wie man einen Haushalt führt. Und sie hat am Tag ihrer Ankunft gesehen, dass es nicht gut steht um den des Mannes, dessen Hausfrau sie jetzt ist. Schon wie sie empfangen worden ist von der Frau, die ihn führt, hat ihr gezeigt, dass sie eine Menge Staub aufwirbeln wird, wenn sie hier fegt als neuer Besen.
Dereno ist ohne Mutter aufgewachsen, sie ist gestorben, als er zwei war, er kann sich kaum erinnern an sie. Er weiß nur, was sein Vater ihm berichtet hat, dass sie sie verlassen hat, ihn und ihren kleinen Sohn, weil sie fortgewollt hat zu dem Mann, den sie mehr liebt als sie. Der sie nicht mehr gewollt hat, und auf dem Rückweg ist sie in ein Unwetter geraten, ihr Pferd ausgeglitten im Schlamm, sie ist gestürzt und hat sich den Hals gebrochen dabei. Sein Vater hat seine Mutter sehr geliebt, er hat sich nicht mehr verbunden danach, auch wenn die Frau, die ihren Haushalt geführt hat, sich erhofft hat, die neue Nun’thaini zu werden. Sie hat sein Bett geteilt, ihm einen Sohn geboren, die neue Hausfrau ist sie nicht geworden. Zu sehr war sein Vater erschüttert von dem, was er erlebt hat, die erste Frau verloren im Kindbett, die zweite bei einem tragischen Unglück, nachdem sie ihn verlassen hat, er hat das Wagnis einer neuen Verbindung nicht eingehen wollen. Es war eine tragische Geschichte, mit viel Kummer und Tränen für alle Beteiligten, Dereno hat sie Sirima erzählt, so wie er sie sich zusammengereimt hat aus dem wenigen, was ihm berichtet worden ist.
In Beth’anu werden Verbindungen aus Liebe geschlossen, es gibt Gesetze, keine Frau darf gezwungen werden in die Arme eines Mannes, den sie nicht will. Aber es gibt kein Gesetz dagegen, auf die Einflüsterungen derer zu hören, die meinen, es besser zu wissen. So wie den Vater von Derenos Mutter, er hat ihr eingeredet, dass sie in den Armen des Nun’thain glücklicher werden wird als in denen des jungen Wollstrauchbauern, dem sie von Herzen zugetan war. Sie hat auf ihn gehört, sie hat sich blenden lassen davon, dass sie an der Seite des Nun’thain verkehren wird mit dem Thainan, ihre Kinder spielen werden mit Prinzen und Prinzessinnen, sie selbst fast eine Thaini sein wird in Beth’draket, die Nun’thainu regieren an des Thain statt, sie stehen im Rang direkt unter ihm. Bestimmen über die Geschicke nicht nur ihrer Provinz, sie bilden mit dem Thain den Kronrat, der Gesetze beschließt, Steuern festsetzt, und es ist an ihnen, den Sa‘Rimar als Thain zu bestätigen, wenn der alte stirbt. Und es hat ihr geschmeichelt, dass er sich um sie bemüht, ihr den Hof macht, teure Geschenke gibt und sie einlädt zur Feier des längsten Tages an seinen Sitz, und sie steht neben ihm und empfängt die Gäste. Er hat sie sogar einmal mitgenommen zur Ratssitzung in die Feste des Thain, sie hat den Sa‘Rimar und seine Geschwister kennengelernt, wie Deramo Thain wird, hat sie schon nicht mehr erlebt. Sie hat gesehen, wie ehrerbietig die Frauen der anderen Nun’thainu behandelt werden, dass sie verkehren mit der Thaini. All das hat sie vergessen lassen, dass der Nun’thain zwölf Jahre älter ist als sie und schon einmal verbunden war, er hat Frau und Kind verloren bei der Geburt. Sie hat auf ihren Vater gehört und nicht auf ihr Herz, sie hat sich verbunden mit ihm, und wie viele junge Frauen feststellen müssen, dass auch ein Himmel, der voll goldener Wolken hängt, gespannt ist über einer harten Erde.
Ein Nun’thain ist nicht nur der Mann einer Nun’thaini, er muss sich kümmern um seine Provinz, sie ist oft allein gewesen an dem schönen Sitz. Hat nicht viel zu tun gehabt als seine Hausfrau, die Dienstboten haben ihr die Arbeit abgenommen, und immer öfter sind ihre Gedanken gegangen zu dem jungen Wollstrauchbauern. Wie er wohl leben mag auf seinem Hof, und wie ihr Leben wäre, wenn sie ihn erwählt hätte statt des Nun’thain. Dann hat sie ein Kind empfangen, ihr Mann hat sich nicht halten können vor Glück. Ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen, sie kaum einmal mehr allein gelassen, und als sie ihm seinen Sohn, Dereno, in die Arme gelegt hat, hat es so ausgesehen, als ob ihre Verbindung doch noch eine glückliche wird. Er ist ein stolzer Vater gewesen, und sie hat eine Beschäftigung gefunden darin, ihren Sohn großzuziehen. Aber als er laufen gelernt hat, und später plappern, da ist sie wieder rastlos geworden. Bald wird er sie nicht mehr brauchen, aber sie hat auch kein Kind mehr haben wollen, sie hat gestritten darüber mit ihrem Mann. Er hat sie gebeten um ein zweites, vielleicht wird es wieder ein Sohn, ein Mann braucht einen Bruder an seiner Seite, vielleicht wird Dereno einmal Nun’thain nach ihm, dann ist es gut für ihn, jemanden zu haben, auf den er sich stützen kann. Aber sie hat seinem Begehren nicht nachgegeben, und nach einem besonders heftigen Streit hat sie einfach ein Pferd genommen aus dem Stall des Nun’thain und ist geritten auf den Hof des jungen Bauern, den sie verschmäht hat um des goldenen Zaunes willen, der sie jetzt hält. Nur um dort zu lernen, dass man selten zurückbekommt, was man einmal hergegeben hat, er hat sich eine andere Frau genommen, sie trägt schon sein zweites Kind, was soll er noch anfangen mit ihr? Sie haben sie freundlich bewirtet, schließlich ist sie die Nun’thaini von Beth’draket, aber dann hat sie sich auf den Rückweg machen müssen hinter ihren goldenen Zaun. Dort ist sie nicht angekommen, der Nun’thain hat sie suchen lassen, Soldaten aus der Garnison haben sie nach dem Unwetter tot gefunden neben ihrem Pferd, das friedlich neben ihr Gras gezupft hat.
Sie haben ihr Leben weitergelebt, Dereno und sein Vater, er hat sich eine Frau gesucht, die seinen Haushalt führt und seinen Sohn großzieht, ab und zu das Bett geteilt mit ihr, aber verbinden wollen hat er sich nicht wieder. Selbst nachdem sie ihm einen Sohn geboren hat, er hat ihn anerkannt als sein Kind, mehr hat er ihr nicht zugestanden. Fünf Jahre jünger als Dereno, er hat sich auf Lebenszeit verpflichtet in der Armee des Thain nach seinem Pflichtdienst, er hat das Gejammer seiner Mutter nicht mehr hören wollen, wie ungerecht sie behandelt wird von dem alten Nun’thain. Nur in ihren Augen, und er versteht sich gut mit Dereno, sie sehen sich oft, sie haben in der großen Schlacht auf den Ebenen Seite an Seite gekämpft und einander den Rücken gedeckt. Nur zurückkehren nach Beth’draket wird er nicht, solange seine Mutter lebt.
Als Sirima angekommen ist mit ihrem Tross aus zwei Hoffrauen, den zwei Wagen voll mit Dingen, von denen sie sich nicht hat trennen wollen, und den zehn Männern aus der Garde des Thain, die schon seit Jahren für ihren Schutz sorgen und nicht mitgeritten sind in die Schlacht, da ist sie sehr unfreundlich begrüßt worden. Die Frau, die den Haushalt führt, hat nicht glauben wollen, dass sie verbunden ist mit dem Nun’thain, aber sie kann lesen wie alle Menschen in Beth’anu, sie hat nicht leugnen können, was geschrieben steht in dem Pergament mit dem Siegel und dem Namen des Thain. Dereno aus dem Hause Werenin, nach Recht und Gesetz Nun’thain von Beth’draket auf Lebenszeit, verbunden mit ihrer Hoheit Prinzessin Sirima aus dem Hause ab’Daikim. Geschehen am vierundzwanzigsten Tag des zweiten Mondes im Jahr sechshundertfünfunddreißig nach Daikim durch die Hand seiner Majestät Deramo ab’Daikim, Thain von Beth’anu, in der Feste zu Beth’ab’Thain, gegeben und gesiegelt ebenda. Da hat sie es glauben müssen, freundlicher geworden ist sie nicht dadurch. Hat gejammert, wo sie denn all die Menschen unterbringen soll, sie werden auch essen wollen, und das Schlafzimmer der Hausfrau gibt sie nicht her, da schläft sie selbst. Sie hat nur eine kleine Kammer für sie, neben dem Zimmer, in dem der alte Nun’thain liegt, soll sie sich sein Gejammer anhören Tag und Nacht. Und Sirima hat wieder einmal bewiesen, dass sie majestätischer sein kann als ihre Majestät die Thaini, die Hoffrauen haben gelächelt, und auch die zehn Krieger, die immer noch Habacht stehen hinter ihr in der Halle, haben sich das Grinsen nicht verbeißen können. Sie hat ihr beschieden, dies ist jetzt ihr Haus, sie ist die Hausfrau, und sie wird sich erst einmal umsehen darin und dann entscheiden, wer in welchem Zimmer schläft. Bis dahin hat sie Zeit, ihre Sachen zu packen und auszuziehen aus dem Schlafzimmer der Hausfrau, sie wird mit ihrem Mann dort schlafen, wenn er zurückkehrt aus der Schlacht. Und wenn nicht, was Melak verhindern möge, es ist das Schlafzimmer der Hausfrau, also wird die auch darin schlafen. Und das ist nicht sie. Und jetzt möchte sie auf der Stelle gebracht werden zum Zimmer des alten Nun’thain, damit sie ihn endlich begrüßen kann, den Vater ihres verbundenen Mannes, damit er sie aufnimmt in seine Familie. Wie er es getan hätte mit einem Kuss auf die Wange vor Melaks Halle, wenn es ihm und ihnen vergönnt gewesen wäre, dort zu stehen.
Und schon, als sie das Zimmer betreten hat, in dem der alte Nun’thain krank auf seinem Bett liegt, hat sie gesehen, und gerochen, woran es fehlt in diesem Haushalt. Thain Deramo hat Dereno zum Nun’thain ernannt, als sein Vater vor zwei Jahren fast einem Schlagfluss erlegen ist, der ihn ereilt hat, weil er sich furchtbar erregt hat über eine Begebenheit in seiner Provinz. Seitdem kann er nur noch liegen auf seinem Bett, in einem Schlafzimmer, es ist nicht das größte im Haus und auch nicht das hübscheste, mit nur einem Fenster und man blickt daraus auf die Mauer des Pferdehauses, er kann seine Beine und seinen rechten Arm nicht mehr rühren und kaum noch sprechen. Sein Geist ist klar, er sieht und hört, was vorgeht um ihn, und er hat sich sehr gefreut, als Dereno ihm berichtet hat, dass er den Krug gefunden hat, der an seinem Brunnen bricht, er wird sich verbinden mit Prinzessin Sirima. In Melaks Halle, wie es einem Mitglied des Thainan zusteht, nach der Ratssitzung zur ersten Tag- und Nachtgleiche, es macht ihn ein wenig traurig, dass sein Vater nicht bei ihm sein wird und seine Frau begrüßen in der Familie mit einem Kuss auf die Wange, wie es üblich ist, wenn sie die Halle als Letzte verlassen nach ihrer Verbindung. Aber sie wird ihm folgen an den Sitz, dann kann er es hier tun, dann wird Beth’draket endlich wieder eine Nun’thaini haben.
Aber er kann sich nicht allein helfen, er ist angewiesen darauf, dass er gepflegt wird, und er schämt sich sehr, als Sirima sich auf sein Bett setzt und sanft seine Hand in ihre nimmt. Und er hat Tränen in den Augen, als er ihr antwortet, als sie ihn fragt, warum liegt er hier in diesem düsteren Raum in seinem eigenen Schmutz, warum ist keine weiße Schwester bei ihm, die nach ihm schaut, oder ein Diener, der sich kümmert um ihn? Ist Dereno ein schlechter Sohn, hat er ihn einfach seinem Schicksal überlassen? Der alte Nun’thain kann kaum noch sprechen, aber Sirima versteht, was er ihr sagen will. Das alles hat er gehabt, und Dereno ist kein schlechter Sohn, er hat seine Mahlzeiten eingenommen an seinem Bett, wenn er zuhause war, und er hat gelegen im Schlafzimmer der Hausfrau, manchmal hat er ihn auf den Balkon getragen, dann hat er herabschauen können in den Garten und sich erfreuen an den Blüten, die darin wachsen.
Bis der Kurier des Thain gekommen ist, der die Entsatzarmee zu den Waffen gerufen hat und Dereno mit ihnen geritten ist unter den gelbbraunen Bändern der Provinz. Da hat ihn die Frau, die seinen Haushalt führt, in dieses Zimmer bringen lassen und entschieden, er braucht keine weiße Schwester mehr, er ist nicht mehr zu heilen, es genügt, wenn sich ein Dienstbote kümmert um ihn. Er ist nicht ständig um ihn, und rufen kann er ihn nicht, dafür ist seine Stimme zu schwach. Seine Mahlzeiten sind schlechter geworden, sein Fleisch wird nicht mehr geschnitten, er kaut darauf wie ein Hund auf einem Knochen, und er liegt oft Stunden in seinem eigenen Gestank, bis endlich jemand kommt und nach ihm sieht. Er leidet Durst, weil er mit einer Hand kein Wasser gießen kann aus dem Krug in den Becher, und oft genügt verschüttet er es, wenn er versucht, daraus zu trinken, dann liegt er in den feuchten Laken und sie reiben seine Haut wund. Er hat sich oft gewünscht, dass Melak ihm Gnade erweisen und ihn endlich zu sich nehmen möge, aber er sehnt sich auch danach, seinen Sohn noch einmal zu sehen. Seine beiden Söhne, auch den, den er gezeugt hat mit der Frau, die seinen Haushalt führt, er dient in der Armee des Thain. Vielleicht schöpft sie ihre Genugtuung daraus, weil er sich nicht verbunden hat mit ihr, als er geboren worden ist, vielleicht bereitet es ihr Freude, ihn liegen zu sehen und verkommen in seinem eigenen Schmutz.
Sie küsst zärtlich seine faltige Wange, und sie nimmt seinen Begrüßungskuss entgegen, ohne zurückzuschrecken vor ihm. Sie kennt ihn ihr Leben lang, er ist immer freundlich gewesen zu ihr, er verdient nicht, hier zu liegen, unversorgt, wie ein Mensch, der niemanden hat, der sich kümmert um ihn. Und dann beweist sie einmal mehr, dass auch in den Frauen genug von der Härte steckt, die die Männer des Hauses ab’Daikim auszeichnet. Sie lässt einen Donnersturm herabfahren auf die Dienstboten des Hauses, sie fällt über sie her wie ein Demoni aus der Hölle, wie eine wilde gefleckte Katze über eine ahnungslose Ziege auf den Höhen des Drat’kalar, die Staubwolke, die sie aufwirbelt, hat sich gerade erst gelegt, als Dereno zurückkehrt mit dem Rest der Männer der Entsatzarmee. Und als er weint in Sirimas Armen über den Verlust an Leben, den sie erlitten haben, tut er es auf dem Bett im Schlafzimmer der Hausfrau. Der alte Nun’thain liegt jetzt in dem Zimmer, das Derenos gewesen ist, und er freut sich, als auch sein zweiter Sohn kommt und kniet vor ihm, und er ihn willkommen heißen kann in seiner Heimat. Er ist verwundet worden in der Schlacht, kann sein linkes Knie nicht mehr beugen, er wird seinen ehrenvollen Abschied nehmen aus der Armee des Thain und an Derenos Seite leben. Seinen Rücken decken, ihn unterstützen darin, der Nun’thain von Beth’draket zu sein, und als sich die Augen des alten Mannes für immer schließen, nicht lange, nachdem er Derenos Sohn hat liegen sehen in Sirimas Armen, stirbt er als zufriedener Mann.