Читать книгу Medikamenten-Monopoly - Dr. Franz Stadler - Страница 11

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> Lieferfähigkeit entscheidet sich auch in Hyderabad.

> Hohe Rabatte drücken die Preise – und die Vorräte.

> Mangelwirtschaft heißt im Arzneimittelbereich Lieferengpass.

HYDERABAD IST DIE VIERTGRÖSSTE STADT INDIENS. Die Mehrheit der rund sieben Millionen Einwohner sind Hindus. Das Klima ist tropisch, die Regenzeit geht von Juni bis Oktober, im Sommer kann es bis zu 43 Grad warm werden.

Seit einigen Jahren ist Hyderabad das Zentrum der Biotechnologie- und Pharmaindustrie in Indien.

Und Hyderabad ist auch einer der Orte, an denen sich Deutschlands Arzneimittelversorgung entscheidet, sich das Maß seiner Abhängigkeit von asiatischen Herstellern offenbart. Hier zeigt sich, wohin es führt, wenn Krankenkassen mit Rabattverträgen die Preise drücken und Pharmakonzerne ihre Gewinnspanne weiter ausreizen. Die Herstellung in dieser Region ist unter anderem ein Grund für Lieferengpässe bei lebensnotwendigen Medikamenten in Deutschland und Europa.

Lieferengpässe gab es auch vor Corona, lange bevor globale Lieferketten wegen der Pandemie gekappt wurden. Das Virus hat nur vor Augen geführt, wie abhängig die Arzneimittelversorgung in Deutschland von Produzenten in Asien ist. Und die jetzt pandemiebedingt unterbrochenen Lieferketten werden noch viele Monate und verstärkt Lieferengpässe hervorrufen. Nicht nur ausgehend von Hyderabad, wo 200 Produzenten von Wirkstoffen tätig sind, sondern auch von der chinesischen Stadt Wuhan und der Provinz Hubei, von wo aus Covid-19 zum Sprung in die ganze Welt ansetzte. Wir können es auch so sagen: Der vermutliche Ausgangsort einer der heftigsten globalen Pandemien ist gleichzeitig eine Kernregion für die weltweite Arzneimittelversorgung.

Die Discountapotheke der Welt

Insgesamt 136 Arzneimittel für den deutschen Markt stammen aus den Fabriken in der Region Hubei. Im Grunde gibt es global gesehen nur noch eine Handvoll Anbieter, die sich mit der Herstellung von generischen Wirkstoffen beschäftigen. Sie beliefern zahlreiche pharmazeutische Unternehmen gleichzeitig und viele davon sind in Asien ansässig. Die Gründe, warum vor allem in Indien und China produziert wird, sind so zynisch wie erwartbar: Es gibt eine Vielzahl an billigen Arbeitskräften, kostenintensive Umweltauflagen und Vorgaben dagegen kaum, und technologisches Know-how ist vorhanden. Experten gehen davon aus, dass bis zu 90 Prozent der Arzneimittelwirkstoffe in Asien produziert werden. Das hat sich geräuschlos so entwickelt, und es wird breit akzeptiert. Indien ist längst zur Discountapotheke der Welt geworden.

Die Abhängigkeit lässt auch großzügig darüber hinwegsehen, dass die Herstellung von pharmazeutischen Produkten in Asien alles andere als verträglich ist. Ein Rechercheteam der ARD hatte 2017 die illegale Entsorgung großer Mengen an Antibiotika aufgedeckt. Die untersuchten Proben wurden Gewässern rund um Pharmafabriken eben in Hyderabad entnommen – also genau dort, wo fast alle großen Generikahersteller Wirkstoffe und Antibiotika produzieren lassen. Von hinzugezogenen Infektionsmedizinern konnte eine Konzentration an Antibiotika nachgewiesen werden, die teils hundertfach oder gar tausendfach über den jeweils empfohlenen Grenzwerten für die untersuchten Substanzen lag. Verheerende Zustände. Entwickeln doch vorhandene Bakterien gegen die in die Umwelt gelangten Antibiotika Abwehrmechanismen, sodass daraus sogenannte multiresistente Erreger entstehen, für deren Bekämpfung es keine oder kaum mehr wirksame Mittel gibt. Das heißt: Es sind die großen Pharmahersteller selbst, die dazu beitragen, dass multiresistente Erreger entstehen und sich global ausbreiten. Übrigens sollen laut Presseberichten sieben von zehn Indienreisenden multiresistente Keime mit nach Hause bringen.

Wie anfällig das bereits angeschlagene System ist, hat sich während der Coronakrise in aller Deutlichkeit gezeigt, und zwar allein schon an der Nachschubsicherung. Gerade von Hubei aus wurden Lieferketten wegen der Viruspandemie unterbrochen, weil Wirkstoffe verschiedenster Medikamente von unterschiedlichen Herstellern aus ein und derselben Fabrik stammen, die nun fehlten und nicht mehr weiterverarbeitet werden konnten. Im März 2020 stoppte Indien zudem den Export von 26 Wirkstoffen, darunter verschiedene Antibiotika sowie den Klassiker Paracetamol, mit zunehmenden Lieferengpässen ebenfalls als Folge der Pandemie. Generell kann man sagen: Die nahezu vollständige Ausgliederung der Wirkstoffproduktion ist ein wesentlicher Grund für Lieferengpässe in Deutschland und Europa, nicht aber der einzige. Es finden sich Gründe auch hierzulande, nicht zuletzt in dem Dickicht aus sogenannten Rabattverträgen und Vorgaben von Krankenkassen.

Bedrohliche Engpässe

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) definiert einen Lieferengpass folgendermaßen: »Ein Lieferengpass ist eine über voraussichtlich zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung einer Auslieferung im üblichen Umfang oder eine deutlich vermehrte Nachfrage, der nicht angemessen nachgekommen werden kann.« Das ist schön formuliert. Allerdings stehen dem Institut auch keine verunsicherten, manchmal verärgerten Kunden gegenüber.

Denn ich habe es mehr als einmal erlebt, dass ein Kunde mich schlicht für unfähig hielt, das verordnete Medikament für ihn zu besorgen. Das Schlimme daran ist, dass jeder Apotheker, jeder Apothekenmitarbeiter sich mitschuldig fühlt an solcher Misere, für die sie tatsächlich nichts können. Die Apotheke stellt das Ende der Lieferkette dar, dort muss ausgebadet werden, was an anderer Stelle falsch läuft. Dabei ist für uns als Apotheker die Sache »nur« ärgerlich – für Patienten kann ein Versorgungsengpass immerhin bedrohliche, ja lebensgefährliche Folgen haben: dann, wenn aus einem Lieferengpass ein Versorgungsengpass wird und gleichwertige Alternativarzneimittel nicht mehr zur Verfügung stehen.

Wie dramatisch die Lage sein kann, wird nicht immer auf den ersten Blick deutlich. Für eine Apotheke ist es selbstredend nicht gut, wenn an manchen Tagen insgesamt fast 300 verschiedene Arzneimittel vom Großhandel defekt gemeldet und nicht besorgt werden können. Das ist aber Apothekenalltag, den es für die Kunden zu bewältigen gilt. Es gibt sogar offizielle Listen zu den Lieferengpässen. Beispielsweise können Informationen von Behörden wie dem BfArM oder dem Paul-Ehrlich-Institut bezogen werden, bei denen freiwillig gemeldete Lieferengpässe gelistet werden. Diese Listen basieren allerdings bisher auf einer Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen für versorgungsrelevante Arzneimittel. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FKG) am 1. April 2020 wurden die Befugnisse des BfArM/PEI erhöht: Sie können jetzt Daten und Informationen zu existierenden und drohenden Lieferengpässen von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern abfragen.

Trotzdem gilt: Solange es keine allgemeine Meldepflicht für Lieferengpässe gibt und zum Beispiel in der BfArM-Liste die verschiedenen Packungsgrößen eines Medikaments nicht berücksichtigt werden, sind die Listen nicht vollständig. Unabhängig davon stellt sich für einen Apotheker die Frage, was es letztlich hilft, eine komplette Liste der aktuellen Lieferengpässe zu bekommen. Die Medikamente fehlen trotzdem und damit die Möglichkeit, die Kunden jederzeit bedarfsgerecht versorgen zu können.

»Das wahre Ausmaß der Engpässe wird unterschätzt«

Dabei klingen viele der Zahlen auf den Listen noch nicht einmal sonderlich dramatisch. Entscheidend ist die Zahl der abzugebenden Packungen, die wegen ihrer Nichtlieferbarkeit ausgetauscht werden mussten. Hinter jedem erfolgten Austausch stehen mindestens ein Kundenkontakt und ein Patient, der sein gewohntes Arzneimittel nicht bekommen hat. Dann zeigt sich schon eher das Ausmaß des Problems, das bestätigt auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA): »Die Lieferengpässe bei Arzneimitteln haben sich im Jahr 2019 auf 18,0 Millionen Packungen fast verdoppelt – nach 9,3 Millionen Medikamenten im Jahr 2018. Im Jahr 2017 waren es sogar nur 4,7 Millionen Arzneimittel gewesen. Die Gesamtzahl der in den Apotheken auf Rezept abgegebenen Medikamente ist derweil in allen drei Jahren bei etwa 650 Millionen konstant geblieben. Das ergibt eine Auswertung des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) auf Basis von Abrechnungen der Apotheken mit den gesetzlichen Krankenkassen. Dabei werden nur Rabattarzneimittel berücksichtigt, weil dort das Rezept entsprechend gekennzeichnet ist, sodass das wahre Ausmaß von Lieferengpässen sogar noch unterschätzt wird.«

In der Tat stellen Lieferengpässe das Problem in der Apotheke dar.

Laut einer Umfrage der ABDA gaben im Jahr 2019 insgesamt 91 Prozent der selbstständigen Apotheker an, Lieferengpässe seien das größte Ärgernis im Berufsalltag. Zudem sagten 62 Prozent der Befragten, dass sie mehr als zehn Prozent ihrer Arbeitszeit aufwenden würden, um gemeinsam mit Ärzten, Großhändlern und Patienten nach Lösungen für Lieferengpässe zu suchen.

Engpässe, weil Preise gedrückt werden

Die Gründe für Lieferengpässe sind vielfältig. Bereits durch die weltweiten Lieferketten können verschiedene Störungen auftreten: Zentrale Produktionsstätten fallen aus – durch Feuer, Erdbeben, kriegerische Handlungen in Krisengebieten usw. – oder durch eine Pandemie, wie wir gesehen haben.

Zudem gibt es eine ganze Reihe von Ursachen, die in jedem Einzelfall unterschiedlich gewichtet sein können und die, ganz sicher, je nach Lobbyzugehörigkeit unterschiedlich bewertet werden.

Engpässe ergeben sich beispielsweise auch durch Qualitätsmängel, die bei der (kostengünstigen) Produktion auftreten. Eine weitere Ursache für Lieferengpässe, die sich in Coronazeiten auch in vielen anderen Branchen bemerkbar machte, ist die Just-in-time-Produktion mit geringer Vorratshaltung. Die mag unter Normalbedingungen effizienter und kostengünstiger sein, bei Unterbrechung der Lieferketten jedoch stagniert die Versorgung. Doch Lieferengpässe in Deutschland gehen auch auf ein eher geldgetriebenes Problem zurück. Das liegt unter anderem an den Rabattverträgen, die über teils exklusive Ausschreibungen den Erstattungspreis drücken, wie auch an äußerst lukrativen Exportgeschäften. Vereinfacht gesagt: Es gibt auch Lieferengpässe, weil Beteiligte sich nur an der einen Sache orientieren, dem Profit.

Fakt ist, dass unterm Strich immer mehr und auch immer bedrohlicher werdende Lieferengpässe auftreten. Als beispielsweise vor Kurzem das Krebsmedikament Epirubicin wegen eines Lieferengpasses durch Doxorubicin ersetzt werden musste, verschlechterte sich die Prognose bei den betroffenen Patienten, bei einem gleichzeitigen Anstieg von Nebenwirkungen. Wie im Fall von Epirubicin treffen Lieferengpässe meist generische, lange auf dem Markt befindliche Medikamente. Und da geht es – man muss es so offen sagen – nur noch ums Geld, und zwar bis hin zu den letzten Cents. Denn im Gegensatz zur weit verbreiteten öffentlichen Meinung ist Deutschland in den letzten Jahren zum Billigland für generische Arzneimittel geworden. Der Preis wird gedrückt, wo es nur geht.

Krankenkassen sitzen am längeren Hebel

Eine der Hauptursachen ist das Erfolgsrezept der gesetzlichen Krankenkassen für Einsparungen: die erwähnten Rabattverträge. Seit 2003 ist es gesetzlich geregelt, dass Krankenkassen mit den Herstellern von Arzneimitteln Rabattverträge abschließen können – und zwar mit dem Ziel, die Qualität der Versorgung zu verbessern, die Wirtschaftlichkeit durch mehr Transparenz und einen intensiveren Wettbewerb zu erhöhen und die Wahlmöglichkeiten der Versicherten zu erweitern. Ohne beschönigende Worte und in der Realität erweisen sich die Rabattverträge allerdings eher als Ausschreibungen (siehe S. 101), bei denen die Krankenkassen am längeren Hebel sitzen und der niedrigste Preis ausschlaggebend ist. Weder wird dadurch die Qualität der Arzneimittel verbessert, noch läuft irgendetwas transparent, bleiben doch alle Verträge geheim.

Die Hersteller generischer Arzneimittel, deren Wirkstoffe keinem Patentschutz mehr unterliegen, müssen den Kassen hohe Rabatte einräumen, um im Gegenzug mehr oder weniger exklusiver Lieferant zu werden. Krankenkassen können mit einem oder mit mehreren Vertragspartnern Rabattverträge abschließen. Einige von ihnen, wie beispielsweise die AOK, tendieren dazu, exklusive Rabattverträge mit nur einem Vertragspartner zu vereinbaren. Für Patienten bedeuten diese Verträge, dass sie nicht mehr das Medikament von dem Hersteller bekommen, der auf dem Rezept benannt ist, sondern ein vergleichbares Medikament von dem Hersteller, der einen Rabattvertrag mit der Krankenkasse des Patienten geschlossen hat. Das Medikament muss dabei formal den gleichen Wirkstoff, die gleiche Arzneiform, Dosierung und Packungsgröße aufweisen.

Aut-idem-Regelung

■ Die Aut-idem-Regelung (lateinisch: aut idem = oder das Gleiche) verpflichtet Apotheker, ein wirkstoffgleiches rabattiertes oder preisgünstigeres Arzneimittel abzugeben, falls der verordnende Arzt dies nicht ausdrücklich durch Ankreuzen des Aut-idem-Kästchens auf dem Rezeptvordruck ausgeschlossen hat. Dabei ist auf die gleiche nominelle Wirkstärke, die gleiche Darreichungsform und in etwa die gleiche Packungsgröße zu achten.

Gemäß der sogenannten Aut-idem-Regelung sind die Apotheken verpflichtet, das bisherige Medikament durch ein rabattiertes Medikament zu ersetzen. Lehnt der Patient diesen Zwangswechsel ab, kann sein Arzt das bisherige Medikament durch Setzen eines Aut-idem-Kreuzchens weiter verordnen. Zu viele Aut-idem-Kreuzchen können allerdings dem verordnenden Arzt Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regresse durch die betroffenen Krankenkassen bescheren.

Alternativ kann der Patient auch ein Privatrezept erhalten, muss dann aber den Verkaufspreis des Arzneimittels zunächst komplett übernehmen und kann sich anschließend direkt bei seiner Krankenkasse um Erstattung bemühen. Das ist ein umständlicher und nicht immer erfolgversprechender Weg. Um die Akzeptanz der rabattierten Arzneimittel zu erhöhen, können die Krankenkassen sie von der gesetzlichen Zuzahlung befreien, soweit eine Zuzahlungsbefreiung nicht bereits im Rahmen der Festbeträge für Arzneimittel besteht.

Zuzahlungen

■ In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind Zuzahlungen eine Form der direkten finanziellen Selbstbeteiligung der Versicherten an den Kosten ihrer individuellen Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Sie fallen zusätzlich zu den Beitragszahlungen an. Das GKV-Modernisierungsgesetz von 2004 regelt, dass bei diesen Leistungen die Zuzahlung generell zehn Prozent des Abgabepreises (mindestens fünf, höchstens zehn Euro), jedoch nicht mehr als die Kosten der jeweiligen Leistung (zum Beispiel bei Arzneimitteln, die weniger als fünf Euro kosten) beträgt. In der GKV sind Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr von Zuzahlungen befreit, mit Ausnahme von anfallenden Fahrkosten.

Das Instrument »Rabattvertrag« hat sich weitgehend durchgesetzt. Ende 2018 gab es 28 000 Rabattverträge, die zwischen 110 beteiligten Krankenkassen und 184 pharmazeutischen Unternehmen geschlossen wurden. Es waren 17 800 Arzneimittel (Pharmazentralnummern) betroffen und zur Umsetzung mussten 12,6 Millionen Datensätze in der Apotheken-EDV programmiert werden. Aber es wurde eben auch eine Menge gespart, ausschließlich auf Seiten der Kassen.

Lieferengpässe aufgrund von Rabattverträgen?

Gerade exklusive Rabattverträge werden immer wieder als mögliche Ursache von Lieferengpässen genannt. Die Krankenkassen sehen das naturgemäß anders. Sie sagen, exklusive Verträge würden den Vertragspartnern mehr Planungssicherheit geben und deshalb die Versorgungssicherheit erhöhen. Außerdem könne der exklusive Vertragspartner die Absatzmengen besser kalkulieren als bei Mehrpartnerverträgen, bei denen er mit mehreren Anbietern konkurrieren müsste, so die Argumentation beispielsweise der AOK. Exklusive Rabattverträge würden auch dazu beitragen, unnötige Medikamentenwechsel zu vermeiden, was wiederum die Therapietreue der Patienten und damit den Therapieerfolg fördern helfe. Zudem würde die Anbietervielfalt steigen. Generell sehen die Kassen in Lieferengpässen kein gravierendes Problem und der Mehraufwand für die Apotheken sei gering. Ganz im Gegenteil würden Mehrfachvergaben den Konzentrationsprozess hin zu größeren Konzernen fördern, weil dann vor allem große Anbieter größere Marktanteile erzielen könnten und kleinere Anbieter das Nachsehen hätten.

Rabattarzneimittel: Verträge und Einsparungen der GKV im Vergleich

201620172018
Zahl der Rabattverträge zum Jahresende24 00027 30028 000
Einsparungen der GKV im Gesamtjahr3,9 Mrd. Euro4,0 Mrd. Euro4,4 Mrd. Euro

Quellen: ABDATA, Pro Generika e. V., Bundesministerium für Gesundheit (BMG), IQVA Commercial GmbH & Co. OHG

Diese schräge Argumentation verkennt die Realität leider völlig und beruht auf einem sehr eingeschränkten Blickwinkel. Hier scheint doch eher der Wille, mit exklusiven Rabattverträgen einen strikten Sparkurs zu fahren, ausschlaggebend zu sein. Dass Rabattverträge sehr wohl zu Lieferengpässen führen, hat der Verband Pro Generika in einer Studie ermittelt. So wurden 2017 insgesamt vier Millionen Arzneimittelrezepte mit der Sonder-Pharmazentralnummer (PZN) für Nichtlieferbarkeit bedruckt. 60 Prozent dieser Arzneimittel stammten demnach aus einem rabattierten Ein-Partner-Modell. Bei 27 Prozent der nicht lieferbaren Arzneimittel lag ein Rabattvertrag mit zwei oder drei Partnern vor. Bei weiteren neun Prozent gab es sogar mehr als drei Vertragspartner. Hier trägt also die Exklusivität der Rabattverträge zumindest Mitschuld an den Lieferengpässen.

»Die Packung sah letztes Mal anders aus«

Doch die Exklusivität ist nicht allein die Ursache des Problems. Für Patienten ist jeder Wechsel der Arzneimittel schwierig und wird immer mit Skepsis verfolgt. Egal ob dieser Wechsel innerhalb eines Mehr-Partner-Modells oder einer alle zwei Jahre möglichen exklusiven Ausschreibung geschieht, er muss apothekenseitig überzeugend erklärt werden, und das setzt ein Mindestverständnis bei den Patienten voraus. Die meisten Apotheken haben inzwischen kundenspezifische Vermerke gespeichert, um den Umgang mit Problemkunden (»Die Packung hat aber beim letzten Mal anders ausgesehen!«) zu erleichtern. Zusätzliche Arbeit macht das Ganze auf jeden Fall.

Und: Vielfalt durch Wettbewerb zu fördern, funktioniert in aller Regel nicht, vor allem nicht bei Arzneimitteln. Aus meiner täglichen Erfahrung weiß ich, dass es sich ohnehin nur um eine Pseudovielfalt handelt. Denn die großen Pharmakonzerne leisten sich einfach mehrere Generikafirmen, die in unterschiedlichen Preissegmenten unterwegs sind, sich gegenseitig bedingt Konkurrenz machen und wie die meisten konzernunabhängigen Generikafirmen bei ganz wenigen weltweit angesiedelten Wirkstoffproduzenten einkaufen. So beziehen Stada, Teva, der Mutterkonzern von Ratiopharm, oder Sandoz, Hexal sowie 1A Pharma, die alle drei zum Novartis-Konzern gehören, Antibiotikawirkstoffe aus dem mehrfach erwähnten Hyderabad.

Im Ausland ist mehr zu verdienen

Gerade die Abhängigkeit von wenigen Herstellern und die Tatsache, dass ein sehr hoher Anteil der Produktion beispielweise von antibiotischen Wirkstoffen außerhalb der EU stattfindet, erweist sich zunehmend als Bumerang. So kritisiert der Verband Pro Generika schon lange die Krankenkassen dafür, dass sie bei Ausschreibungen von Rabattverträgen stets nur nach dem niedrigsten Preis gehen würden. Eine Produktion in Deutschland oder der EU könne nicht kostendeckend stattfinden. So oder so spielen die möglichen Einkaufsvorteile die entscheidende Rolle. Und am Ende ist es immer eine Apothekerin/ein Apotheker, die/der im Laden Patienten vertrösten und gegebenenfalls nach Alternativen suchen muss. Wie es mir erging im Fall Epirubicin.

Anfang 2020 kam es im Markt zu einem Lieferengpass für Epirubicin. Das Medikament war nicht mehr zu besorgen. Epirubicin ist ein relativ günstiges, schon lange bekanntes Zytostatikum, das unter anderem bei Brustkrebs eingesetzt wird. Ein Anruf bei einem der wenigen noch verbliebenen großen deutschen Hersteller ergab: Es sei noch genügend Ware vorhanden, aber in Deutschland könne erst in drei Monaten wieder geliefert werden – der Rest gehe ins europäische Ausland. Subtext: Dort verdienen wir mehr.

Jetzt werden sich Krankenkassenmitarbeiter fragen: Was hat das mit unseren Rabattverträgen zu tun? Nun, der Fall zeigt das Wirken unseres Wirtschaftssystems und die zu lernende Lektion lautet: Die Regeln dieses Systems kann man nicht ungestraft über einen längeren Zeitraum missachten. Epirubicin steht hier exemplarisch für das Entstehen von Lieferengpässen im generischen Bereich. Denn anders als bei den geheim gehaltenen Abschlägen auf die Listenpreise durch die Rabattverträge bei der normalen Generikaversorgung sind die Zahlen bei der Abrechnung hergestellter Krebsinfusionen weitgehend bekannt. Für Epirubicin müssen die herstellenden Apotheken den GKV-Krankenkassen 83,7 Prozent Rabatt gewähren. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie die Ware mindestens mit einem derartigen Rabatt einkaufen müssen, was nur für die Herstellung patientenindividueller Infusionen zur Krebsbehandlung auch gesetzlich möglich ist.

Kleine Preise, wenig Ware

Da die den Apotheken bezahlte Herstellerpauschale für die Zubereitung dieser Infusionen zu niedrig angesetzt wurde (wie in Spiel zwei zu »Verwürfen« geschildert), muss die Apotheke, um mindestens kostendeckend zu arbeiten, am Arzneimittel etwas mitverdienen, der tatsächliche Einkaufspreis also noch niedriger liegen. Zu diesen ohnehin schon schlechten Bedingungen kommt hinzu, dass der Hersteller noch den Herstellerrabatt an die Krankenkassen zahlen muss.

Dabei sollte er am Ende des Tages seine Leistung (Wirkstoff, Herstellung, Vertrieb und Bereitstellung) inklusive eines kleinen Gewinns ausreichend vergütet bekommen haben. Ob das funktioniert?

Wohl nicht. Denn in der Marktwirtschaft ist tatsächlich der Gewinn die entscheidende Motivation. Ohne Gewinn wird nicht mehr produziert. Ohne ausreichend Gewinn wird die Produktion in Billiglohnländer ausgelagert oder die produzierte Ware schlicht in andere Länder verkauft. Kann also ein Hersteller seine Ware in Märkte liefern, in denen er besser verdient, liegt die Entscheidung auf der Hand: Er wird sich für die höchste Gewinnspanne entscheiden – und dort zuerst beliefern.

Das wiederum kann zu Lieferengpässen in Ländern mit niedrigeren Erstattungspreisen führen – wie im Fall von Deutschland. Denn wenn Rabattverträge wie Ausschreibungen gehandhabt werden, führt das immer zu sehr niedrigen Preisen. Und wenn die produzierte Menge nicht ausreicht, weil sich zum Beispiel andere Hersteller aus dem Preiswettbewerb zurückgezogen haben oder weil im Wirkstoff Verunreinigungen gefunden wurden, fällt die Versorgung des Marktes mit dem niedrigsten Preisangebot als Erstes aus. Auch dann ist Deutschland schnell dabei.

Daran ändern auch Rechenexempel der Krankenkassen mit Umsatzanteilen des deutschen Marktes am Weltmarkt nichts. Gibt es nicht genügend Packungen, spielt der Umsatz eine untergeordnete Rolle. Zuerst kommt der Gewinn und dann der Umsatz. Das gilt leider auch für das besondere Gut Arzneimittel. Als verbindendes Glied zwischen Lieferengpässen und Rabattverträgen erweist sich also der Profit. Medikamenten-Monopoly eben.

Warum oft die Verpackung entscheidet und nicht der Inhalt

Auch Re- und Parallelimporteure haben erkannt, wie sich Preisunterschiede in europäischen Ländern geschickt ausnutzen lassen. Zur Erklärung: Reimporteure und Parallelimporteure produzieren keine Arzneimittel, sondern packen sie nur um. Sie helfen daher nicht direkt bei der Versorgung, sondern verschieben höchstens einen Lieferengpass von einem Land in das nächste und verdienen daran mit.

Was sind Parallel- und Reimporte?

■ Mit dem Begriff Parallel- und Reimporte (im Folgenden kurz Reimporte genannt) werden Arzneimittel bezeichnet, die vom Hersteller für einen ausländischen Markt bestimmt und entsprechend verpackt worden sind, dort aber nicht zum Patienten gelangen, sondern von speziellen Importhändlern aufgekauft und in Deutschland auf den Markt gebracht werden. Da das Originalprodukt in Deutschland bereits eine Zulassung hat, ist für die reimportierten Medikamente ein vereinfachtes oder – wenn europaweit bereits zugelassen – kein Zulassungsverfahren notwendig. Der Importeur muss lediglich die fremdsprachigen Beschriftungen auf der Packung und die Beipackzettel durch deutschsprachige ersetzen, die Durchdrückpackung kann unverändert bleiben. Der wirtschaftliche Anreiz für den Reimport wird durch internationale Preisdifferenzen geschaffen. Dadurch ist es möglich, ein Arzneimittel zu einem niedrigen Preis im Ausland zu erwerben und zum Beispiel in Deutschland zu einem höheren Preis zu verkaufen. Der umgekehrte Weg ist genauso möglich.

Das Fell des ahnungslosen Patienten

Inzwischen hat sich das Problem der Lieferengpässe, auch durch Mitwirkung dieser Importeure, auf viele Länder Europas ausgedehnt. Nach einer Umfrage des europäischen Apothekerverbands (PGEU) in 24 Ländern Europas, insbesondere Ost- und Südosteuropas als von Parallelexporten besonders betroffenen Ländern, ergab sich 2019 ein eindeutiges Bild in Sachen Lieferengpässe. Die überwiegende Mehrheit der Befragten gab an, dass sich die Situation im Vergleich zu 2018 verschlechtert habe. Von den Verknappungen waren durchgehend alle Arzneimittelklassen betroffen. Vor allem Medikamente im Bereich Atemwege (87 Prozent), gefolgt von Herz-Kreislauf-Präparaten, die in mehr als 80 Prozent der Länder knapp waren. Insgesamt gesehen waren in jedem Land mindestens 200 Arzneimittel Mangelware, in manchen waren sogar 400 Arzneimittel nicht ausreichend verfügbar. Erscheint das Geschäftsmodell moralisch auch sehr bedenklich, ist es doch legaler Bestandteil des laufenden Medikamenten-Monopolys.

Inzwischen haben manche Länder bereits Exportverbote für ihre eigenen Arzneimittel erlassen, um so Lieferengpässen vorzubeugen. Auch in Deutschland wurde bereits über ein Exportverbot nachgedacht, was wiederum in Ländern wie der Schweiz, die ihrerseits viele Medikamente aus Deutschland importiert, bereits Befürchtungen auslöste. Angesichts solcher Meldungen ist unschwer zu erkennen, dass das Wirken der Re- und Parallelimporteure unter dem Strich nicht wirklich problemlösend ist. Allerdings beteiligen sich auch die Vollsortimenter-Großhandlungen sowie Apotheken, die über eine Großhandelserlaubnis verfügen, an diesen Verschiebegeschäften. Gerade bei Originalpräparaten werden erhebliche Teile der von den Originalherstellern für Deutschland zur Verfügung gestellten Ware in andere europäische Länder exportiert – wenn die Gewinnmarge stimmt.

Der Handel richtet sich eben immer nach Angebot und Nachfrage, auch bei Arzneimitteln. Auch hier tobt wieder der Streit um das Fell des ahnungslosen Patienten – dessen Ahnungslosigkeit im Übrigen auch zum Problem wird.

Gerüchte und gezielte Falschinformationen

Lange vor Corona war das erstaunliche Phänomen zu beobachten: Eine gelungene Werbekampagne zur rechten Zeit – ein schönes Beispiel bleibt das »Abnehmen im Frühjahr« – und schon waren Produkte nicht mehr zu bekommen. Ging es in der Vergangenheit um harmlose, freiverkäufliche Produkte wie Kohlkapseln oder Ähnliches, hat sich inzwischen das »Hamstern« auch auf ernsthaft benötigte und zum Teil verschreibungspflichtige Arzneimittel ausgedehnt. Und erneut spielen die sozialen Medien eine besonders in Zeiten der Verunsicherung unrühmliche Rolle.

Postet jemand auf Twitter, dass man Coronaviren durch Gurgeln mit Wasserstoffperoxid abtöten kann, ist diese Chemikalie zwei Tage später nicht mehr zu bekommen. Das ist problematisch, weil Wasserstoffperoxid zur Herstellung von Desinfektionsmitteln gebraucht wird und sich tatsächlich nur bedingt zum Gurgeln eignet. Anderes Beispiel: Liefert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein nur halb gares Dementi zu einem Bericht über die angeblichen Vorteile von Paracetamol gegenüber Ibuprofen, sind wenige Tage später keine Paracetamol-Säfte mehr für fiebernde Kinder zu bekommen. Diese Fehlmeldungen und Gerüchte, diese sich rasant verbreitenden Falschmeldungen erweisen sich inzwischen als handfestes Problem.

Fake News sind oft gut gemacht und werden nicht selten mit voller Absicht (zur Umsatzsteigerung oder für politische Zwecke) eingesetzt. In jedem Fall finden sie über die sozialen Medien ungleich schneller und gezielter Verbreitung, um an empfängliche Personen zu gelangen, als es mit den früheren Marketingmaßnahmen möglich war.

Je mehr Fake News zur vermeintlichen Wirkung von Arzneimitteln kursieren, desto mehr Lieferengpässe können entstehen. Zuerst hamstern Patienten, dann manche Apotheken, um einerseits die Kunden zu versorgen, andererseits aber auch ein Zusatzgeschäft zu machen. Statt eindeutig von bestimmten Mitteln abzuraten, was auch nicht in jedem Fall hilft, schwimmen manche Kollegen bei jeder Welle mit. Die Situation verschärft sich so für all diejenigen, die sich nicht an der Hamsterei beteiligen. Von Solidarität keine Spur mehr.

Fehlplanungen in einem fragilen System

Das Problem bei arbeitsteiligen Prozessen, die immer einen zeitlichen Vorlauf brauchen, ist, dass sie ein gewisses Maß an Planbarkeit voraussetzen. Das gilt insbesondere für die Arzneimittelproduktion. Je weniger Produzenten es gibt, je stärker die Arbeitsteilung fortgeschritten ist und je weiter voneinander entfernt die einzelnen Komponenten produziert werden, desto länger ist die Reaktionszeit auf plötzliche und unkalkulierbare Marktveränderungen. Da Lagerkapazitäten und Vorratshaltung nicht immer ausreichend gegeben sind, erhielten während der Coronapandemie das BfArM, das PEI und das Gesundheitsministerium erweiterte Befugnisse bei der Ermittlung von Versorgungsengpässen. Sie können sogar eine Kontingentierung sowie eine Erhöhung der Vorratshaltung anordnen, was aber das grundlegende Problem nicht immer lösen hilft. Fällt eine Komponente der Lieferkette aus welchen Gründen auch immer aus, wird das Angebot zu klein und ein Lieferengpass entsteht. Es kann aber auch zu einem plötzlichen Anstieg der Nachfrage kommen, wodurch das Angebot ebenfalls zu klein wird und ein Lieferengpass entsteht. Doch je weniger Produzenten auf dem Markt, desto fragiler das System. Dann können selbst Planungsfehler zu unbeabsichtigten Lieferengpässen führen.

Vor einiger Zeit beispielsweise ist das Patent für Azazitidin ausgelaufen. Celgene, der frühere Patentinhaber, rechnete damit, dass mehrere Nachahmer in den Markt einsteigen würden, vor allem aber, dass Umsatz verloren gehen könnte. Also wurde aus wirtschaftlichen Überlegungen die Produktion zurückgefahren. Tatsächlich gab es aber nur einen Mitbewerber, der zudem nur wenig Ware produziert hatte. Die Folge war ein Lieferengpass, der nicht so schnell wieder behoben werden kann.

Oder ein weiterer Fall aus Kanada, das mit fast 2000 Lieferengpässen, Stand 2019, ohnehin schwer getroffen ist: Bei einem wichtigen Wirkstoff zur Brustkrebsbehandlung (Tamoxifen) beschloss der Hersteller Apotex, seinen Herstellungs- und Formulierungsprozess in einem Werk in Ontario zu ändern. Durch Konsolidierungen und Zusammenschlüsse von Unternehmen auf dem kanadischen Pharmamarkt und einem tatsächlichen Wegbrechen von Wettbewerb hatte sich die Situation ergeben, dass dieses eine Werk etwa zwei Drittel des Marktes in Kanada belieferte. Weil aber im Werk »optimiert« wurde, entstand ein lang andauernder Lieferengpass, der von den verbliebenen Konkurrenten mangels Masse nicht kompensiert werden konnte.

Wie gesagt: Wir sprechen von einem Brustkrebsmedikament.

Besonders perfide wird die Angelegenheit, wenn das Angebot absichtlich verknappt wird, um den Preis in die Höhe zu treiben. Auch dieses Vorgehen ist nicht unüblich, speziell unter Groß- und Zwischenhändlern. Sie kaufen große Mengen eines Arzneimittels auf und bestimmen dann, wenn möglich, den Preis oder bevorzugen bestimmte Klientele, um sie an sich zu binden. Es gibt also vielfältige Ursachen für die Entstehung von Lieferengpässen, die nicht einfach zu beseitigen sind. Transnationale Arbeitsteilung und Globalisierung sind weit fortgeschritten und jeder Beteiligte hat seine egoistischen wirtschaftlichen Zielsetzungen und Überlegungen, die sich nicht an einer krisenfesten Versorgung eines Staates orientieren.

Andererseits wird es angesichts der Vielzahl lebenswichtiger Arzneimittel ziemlich schwierig sein, die komplette Produktionskette ausgehend von den Chemikalien, die für die gesamte Wirkstoffsynthese notwendig sind, wieder nach Europa zurückzuverlagern. Abnahmegarantien oder Mindestpreise festzusetzen, scheint auch keine praktikable Lösung zu sein. Denn nur wenn alle Schritte der Wertschöpfungskette in Europa stattfinden, wäre die Abhängigkeit von Asien beseitigt.

Dabei stellt sich die politische Frage, will man das überhaupt? Ist es überhaupt sinnvoll, die globale Arbeitsteilung und die globalen, gegenseitigen Abhängigkeiten komplett zurückzufahren? Vielleicht wäre es insgesamt sinnvoller, ein großes Depot für Krisenzeiten aufzubauen, das vergleichbar den Bundeswehrdepots oder der nationalen Energiereserve in Krisenzeiten die Versorgung mit wichtigen Arzneimitteln sicherstellen könnte. Mit einer ausgefeilten Logistik und einer entsprechenden Analytik könnten in diesen Depots auch die Verluste und Kosten minimiert werden. Ganz ohne zusätzliche Kosten wird es uns nicht gelingen, Lieferengpässe zu vermeiden und eine krisenfeste Versorgung sicherzustellen.

So oder so sind tiefe Eingriffe in das System notwendig, will man Lieferengpässe wirklich in den Griff bekommen. Denn wie die aufgeführten Beispiele zeigen, tanzen alle Spieler um das goldene Kalb des Profits und Lieferengpässe sind das unvermeidliche Resultat dieser Veranstaltung. Der Patient muss damit leben.

Medikamenten-Monopoly

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