Читать книгу Die Geschichte des Eisens, Band 1: Von der Antike bis zur Völkerwanderung - Dr. Ludwig Beck - Страница 5

EINLEITUNG.

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Die Geschichte des Eisens zu schreiben ist ein Wagnis, denn einerseits fehlt es an Vorarbeiten, andererseits liegen die Gebiete des Wissens, auf welchen eine solche Arbeit sich notwendig aufbauen muss, Kulturgeschichte und Technologie, weit auseinander. Letzteres ist wohl der Hauptgrund, dass es an einer umfassenden Bearbeitung des Gegenstandes bis jetzt gefehlt hat. Der Techniker beherrscht selten das historische Gebiet in dem Masse, wie es für eine solche Untersuchung, die weit über das Gebiet des rein Mechanischen hinausgreifen muss, erforderlich ist; ebenso wenig ist aber von dem Historiker von Fach Verständnis und Interesse für die technische Seite der Entwickelung der Eisenindustrie zu erwarten. Der Verfasser ist von Beruf Techniker und wenn er auch eifrig bemüht war, das unermessliche Feld der Geschichte und der einschlägigen Literatur nach Kräften auszubeuten, so ist er doch selbst wohl am meisten davon durchdrungen, wie unvollkommen seine Arbeit ist, wie weit das Geleistete hinter dem Erstrebten zurücksteht. Es ist ein erster Versuch auf einem unbebauten Felde, ein provisorischer Bau, an dem noch viele Bausteine, Verbindungen und Dekorationsglieder fehlen, der erst allmählich im Laufe der Zeit durch das Zusammenwirken Vieler seiner Vollendung entgegengeführt werden kann. Möge dieses Buch hierzu die Anregung geben!

Das Eisen bedingt und beherrscht unsere moderne Kultur. Es lieferte die Werkzeuge, die Waffen, die Maschinen, mit denen der Mensch sich seine Weltstellung errungen hat. Darum ist die Geschichte der Benutzung dieses Metalles ein wichtiger Teil der Entwickelungsgeschichte der Menschheit. Ist es auch ungebräuchlich, einen leblosen Stoff zum Gegenstand einer historischen Untersuchung zu machen, so ist dies doch nicht ungerechtfertigt, am wenigsten bei dem Eisen. Es will uns vielmehr bedünken, als ob bei unserer Geschichtsschreibung dem biographischen Element gemeiniglich eine zu große Bedeutung eingeräumt würde, während die mechanischen Bedingungen der menschlichen Entwickelung, unter denen die Fortschritte der Technik, vor allem die der Eisentechnik eine hervorragende Rolle einnehmen, zu wenig Berücksichtigung fänden. Was hat den Umschwung der modernen Welt in solchem Masse veranlasst als die Erfindung der Dampfmaschine? Nehmen wir aber ein Geschichtsbuch, beispielsweise eine Geschichte der französischen Revolution in die Hände, so finden wir darin wohl ausführliche Untersuchungen über Charakter, Herkunft, Bildungsgang der großen und kleinen Menschen, die in dieser Katastrophe eine Rolle gespielt haben, und der individuellen Eigentümlichkeit der leitenden Personen wird die gründlichste Beachtung geschenkt, aber von der Einwirkung, der oben erwähnten Erfindung des großen Watt, sowie des daran sich knüpfenden Umsturzes der ganzen alten Technik durch die Herrschaft, welche die Steinkohle infolge derselben erlangte, lesen wir nichts. Und doch hat der materielle Druck, der infolge des Vorsprungs Englands durch Ausbeutung obiger Erfindung auf der gesamten Industrie Frankreichs lastete, vielleicht mehr Menschen der Revolution in die Arme getrieben, als die Ideen der Enzyklopädisten! Wer wird die historische Bedeutung solcher Tatsachen in Abrede stellen wollen, wenn wir nur auf den Einfluss hinweisen, den in dem letzten Menschenalter die Veränderung des Verkehrs durch die Eisenbahnen auf unsere Entwickelung, auf unsere Geschichte geübt hat? Beide Erfindungen aber, die der Dampfmaschinen wie die der Eisenbahnen, waren bedingt und ermöglicht durch technische Fortschritte der Eisenbereitung, infolge deren dieses Metall billiger und besser beschafft werden konnte. Eine Geschichte des Eisens hat zunächst das erste Auftreten, die früheste Verwendung, also das Alter desselben zu untersuchen; dann die Art der Gewinnung, der Verarbeitung und der Benutzung, sowie die Fortschritte, die im Laufe der Zeit bei den verschiedenen Völkern hierin gemacht worden sind. Diese Untersuchung wird sich aber ausdehnen müssen auf den Einfluss der Verwendung des Eisens und die hierin erzielten Fortschritte auf die Völker im Einzelnen und die Menschheit im ganzen, sowie auch der Verkehr mit diesem Metall in rohem und verarbeiteten Zustand, der Eisenhandel, in das Gebiet unserer Betrachtung fällt.

Die Einteilung der Geschichte des Eisens nach Zeitabschnitten lässt sich ganz gut in Übereinstimmung bringen mit der gebräuchlichen Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte. Die alte Zeit beginnt mit den Anfängen der Geschichte und endet mit der Völkerwanderung. In ihr war das Eisen zwar bekannt, seine Anwendung aber weniger allgemein und namentlich beeinträchtigt durch die Vorliebe für die Bronze. Mit der Völkerwanderung gelangte das Eisen als Material für Waffen und Werkzeuge zu unbedingter Herrschaft. Die Gewinnung des Eisens aus seinen Erzen geschah in dieser Periode auf die einfachste Weise, durch Reduktion in Gruben, Herden und Öfen mittels Blasebälgen ohne Anwendung von Maschinen. Das erhaltene Produkt war ein schmiedbares Eisen, das je nachdem es der Natur der Erze nach härter oder weicher war sich mehr dem Stahl oder dem Schmiedeeisen näherte. Gusseisen war in dieser Periode gänzlich unbekannt.

Die zweite Periode, welche mit der Völkerwanderung beginnt und in der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts abschließt, also das ganze Mittelalter umfasst, ist dadurch charakterisiert, dass in derselben das Eisen zu allgemeinster Verwendung kommt und das fast ausschließliche Nutzmetall wurde. Die Gewinnung geschieht auch in dieser Periode in ähnlicher Weise wie in der alten Zeit auf dem direkten Wege, doch wird bereits der Anfang zur Benutzung von Maschinenkräften gemacht, insbesondere kommt gegen Ende der Periode das natürliche Gefälle des Wassers als bewegende Kraft in Anwendung. Infolgedessen tritt ein Umschwung ein. Man fängt an, das Eisen in flüssiger Form als Roheisen darzustellen, man lernt den Eisenguss kennen. Aus dem Roheisen stellt man ein besseres Schweißeisen, einen besseren Stahl dar. Die indirekte Methode der Eisengewinnung erlangt den Sieg. Die neue Zeit wird auf dieser Grundlage eröffnet. Die Einführung der Hochöfen führt zu einer gänzlichen Umwälzung in der Eisenbereitung. Von nun ab treten die direkten Darstellungsmethoden mehr und mehr zurück. Das Eisen wird in flüssiger Form als Roheisen aus seinen Erzen ausgeschmolzen und aus diesem Roheisen durch einen zweiten Prozess Stabeisen und Stahl erzeugt. Die Roheisenerzeugung wird die Grundlage der gesamten Eisenfabrikation, wie dies noch heutzutage der Fall ist. Es geschieht dies in der dritten Periode noch unter fast ausschließlicher Anwendung von Holzkohle und Benutzung der Wasserkraft.

Mit der Einführung des Dampfes als Betriebskraft und des Sieges der Steinkohle über die Holzkohle durch die Erfindung des Puddelprozesses findet die neue Zeit gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ihren Abschluss. Die vierte Periode, die neueste Zeit, beginnt. Sie ist charakterisiert durch die Herrschaft der Steinkohle, die großartige Verwendung der Dampfkraft, die Maßenstahlbereitung. In diesem Zeitabschnitte stehen wir noch mitten inne. Unsere geschichtliche Untersuchung wird sich vornehmlich auf die alte Zeit, das Mittelalter und die neue Zeit erstrecken. In Bezug auf die neueste Zeit werden wir uns auf eine allgemeine Schilderung der zahlreichen Erfindungen und Verbesserungen beschränken müssen, denn eine gleich gründliche Behandlung der Entwickelung der Eisentechnik der neuesten Zeit würde sich dermaßen in technischen Einzelheiten ergehen müssen, dass nur der Fachmann ihr mit Interesse folgen könnte. Es empfiehlt sich, diesen Abschnitt, wenn er ausführlich behandelt werden soll, zum selbständigen Vorwurf einer besonderen Arbeit zu machen.

Die Behandlung des Stoffes in den verschiedenen Abschnitten wird keine gleichmäßige sein können. In der alten Zeit werden es die ersten Anfänge der Eisenindustrie, die Frage der frühesten Benutzung des Eisens, der Einfluss dieser Benutzung im allgemeinen, wie auf die in der Geschichte des Altertumes in den Vordergrund tretenden Völker insbesondere sein, die uns beschäftigen müssen. Die technischen Fragen der Gewinnung und Verarbeitung werden dagegen mehr in den Hintergrund treten, teils weil sich nur Weniges darüber ermitteln lässt, teils weil die unvollkommenen Methoden jener Zeit, da sie kaum in irgendwelchem Zusammenhang mit unseren modernen Darstellungsweisen stehen, von untergeordnetem Interesse sind. Darum empfiehlt es sich, die Geschichte des Eisens der alten Zeit nicht nach technischen Gesichtspunkten einzuteilen, sondern nach historischen und zwar in der Weise, dass wir die Kenntnis und Verwendung bei den einzelnen Hauptkulturvölkern nach einander unserer Betrachtung unterziehen; zuerst die der Ägypter, dann die der semitischen Völker Ostasiens, darauf die der Arier, Turanier, Chinesen u. s. w., worauf wir uns zu den europäischen Völkern, zunächst zu den Griechen und Römern wenden.

In der Behandlung des Mittelalters wird es hier und da schon möglich sein gewisse technische Gesichtspunkte in den Vordergrund zu stellen und die europäischen Völkerfamilien, die für die weitere Geschichte der Eisenindustrie bis zur neuesten Zeit allein in Betracht kommen, in ihrer Nebeneinanderentwickelung zu behandeln. In der neuen Zeit werden es vorzugsweise die technischen Fortschritte sein, welche die Einteilung des Stoffes bedingen.

Die Quellen der Geschichte des Eisens sind spärlich und zerstreut. Von Arbeiten, welche unser Thema in seiner Allgemeinheit behandeln, existieren nur einige Aufsätze in den größeren Handbüchern über Eisenhüttenkunde. Unter diesen sind hervorzuheben die Einleitung zu Karstens Handbuch der Eisenhüttenkunde, und John Percys Skizze der Geschichte des Eisens im zweiten Bande seiner Metallurgie, doch beschränkt sich die letzterwähnte vortreffliche Arbeit auf Bemerkungen über das Alter des Eisens und auf Mitteilungen über die Einführung der Steinkohlen und Koks bei der Eisendarstellung in England. Eine neuere Schrift: „La ferronerie“ von Liger enthält archäologisch Interessantes, ist aber in technischer Beziehung sehr mangelhaft. Das neueste Buch „The prehistorical use of iron and steel“ by John V. Day, London 1877 sucht nur den Nachweis für den frühen Gebrauch des Eisens bei den Völkern des Altertums zu führen. Bieten uns die historischen Vorarbeiten wenig für unseren Zweck, so ist die technische Literatur über das Eisen noch so jugendlichen Alters, dass sie für die Geschichte der früheren Zeit nur geringe Ausbeute gibt. Die ersten selbständigen Arbeiten, die das Eisen speziell zum Gegenstand technisch wissenschaftlicher Untersuchungen machten, sind die zwei klassischen Abhandlungen von Reaumur über den Zementstahl und die Darstellung des schmiedbaren Gusses aus dem Jahre 1722. Erst 1734 erschien die erste systematische Eisenhüttenkunde von dem berühmten Swedenborg in lateinischer Sprache unter dem Titel „Regnum subterraneum sive minerale de ferro“. Die älteren, hervorragenden metallurgischen Werke, wie das grundlegende Werk des Georg Agricola „De re metallica“ (1556) oder die „Pyrotechnia“ des Italieners Vanuccio Biringuccio (1540) enthalten nur sehr ungenügende Mitteilungen über die Darstellung des Eisens. Zu ihrer Zeit hatte die Wissenschaft von diesem Zweig der Metallurgie noch keine Notiz genommen und während sie und andere gelehrte Männer eingehend die Darstellung des Goldes, des Silbers, des Kupfers, des Bleies und des Quecksilbers studierten und zu verbessern suchten, blieb die Eisengewinnung eine unbeachtete Kunst, den Bauern in den einsamen Waldschmieden überlassen. Dieselbe untergeordnete Stellung nahm die Eisengewinnung gegenüber der Gewinnung der anderen Metalle im klassischen Altertum ein. Deshalb sind die Mitteilungen der alten Schriftsteller über die Gewinnung und Verarbeitung des Eisens so außerordentlich spärlich und meist so unklar, dass sie den Eindruck machen, die Berichterstatter erzählten nach Hörensagen und hätten die Prozesse, die sie beschreiben, entweder nicht gekannt oder nicht verstanden. Die einschlägigen Bemerkungen finden sich zerstreut in den philosophischen, historischen wie poetischen Werken des Altertums; mühevoll muss man sie zusammensuchen aus den Schriften des Homer, Hesiod, Herodot, Thukidides, Aristoteles und Theophrast, wie später aus denen des Diodor, Strabo, Plutarch, Pausanias und anderer griechischer, wie aus denjenigen des Cäsar, Virgil, Plinius, Tacitus und anderer römischer Schriftsteller, um einigermaßen das Bild der alten Industrie wieder herzustellen. Über noch ältere Zeiten geben uns die Bibel, das Zend-Avest und die Veden, sowie die Inschriften der Ägypter, Assyrer, Inder und die Überlieferungen chinesischer Chronisten vereinzelte Aufschlüsse. Es bleibt eine beschwerliche Mosaikarbeit, diese unbedeutenden Gedenksteinchen wieder zu einem Gesamtbild zu vereinigen. Andere Quellen als die literarischen müssen es ausmalen helfen.

Die Analogie, welche uns die Anthropologie an den technischen Kenntnissen unzivilisierter Völker nachweist, sowie das Ergebnis der Untersuchungen von Fundstücken aus vergangener Zeit, worüber uns die Archäologie Aufschluss gibt, vermögen manche Lücke auszufüllen. Deshalb müssen die metallurgischen Kenntnisse der Naturvölker, die Funde von alten eisernen Werkzeugen und Geräten, wie die Reste alter Bergwerke und Schmelzvorrichtungen in das Bereich unserer Untersuchung gezogen werden. Ferner geben Mythen und Sagen, in welchen vorhistorische Erinnerungen in phantastischem Gewand erscheinen, Fingerzeige für die Geschichte der Metallgewinnung mancher Völker, wie z. B. der Griechen und Germanen. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind die Ergebnisse der Sprachvergleichung, welche namentlich, wenn über Alter und Ursitz der Eisengewinnung gehandelt wird, nicht unberührt gelassen werden dürfen, wenn auch weittragende Schlussfolgerungen hier umso mehr zu vermeiden sein werden, als diese schwierige Wissenschaft noch in ihren ersten Anfängen steht und die Versuchung, Lücken durch Hypothesen auszufüllen, bei jeder jungen Wissenschaft groß ist.

Aus so heterogenen Bestandteilen muss eine Geschichte des Eisens zusammengefügt werden.

Ehe wir nun in die eigentliche Behandlung unseres Themas eintreten, wird es zweckmäßig sein, auszuführen, woher es kommt, dass das Eisen eine so hervorragende Rolle unter den Metallen spielt, also seine Eigenschaften und sein Vorkommen in der Natur zu schildern, sowie die Art seiner Gewinnung und die verschiedenen Zustände, in denen es uns bekannt ist und in die es zum Zweck seiner Verwendung übergeführt wird. Die Wichtigkeit des Eisens beruht auf seinen Eigenschaften und auf der Verbreitung seiner Erze. Von allen metallischen Elementarbestandteilen nimmt das Eisen den hervorragendsten Anteil an der Zusammensetzung unseres Erdkörpers, zugleich ist es für die Wohlfahrt der Menschen der wichtigste.

Die Erze des Eisens finden sich nicht nur in mächtigen Lagerstätten in allen Formationen angehäuft, sondern die Oxide dieses Metalls bilden einen wichtigen Gemengeteil der Gesteine, welche die feste Erdkruste bilden. Vor allem enthalten die Silikatgesteine, aus denen das Gerippe der Erdkruste besteht, Eisen. Die nachfolgende Zusammenstellung gibt das Mengenverhältnis an, in dem es in den Wichtigsten derselben enthalten ist.


Durch ihre Verbreitung und Eigenschaften spielten die Sauerstoffverbindungen des Eisens eine wichtige Rolle in dem großartigen Stoffwechsel der unorganischen Welt, auf dem die geologischen Umbildungen beruhen. Das Eisenoxidul der Silikatgesteine bindet einen Teil der Kohlensäure, welche mit dem Regentropfen in die Tiefe dringt, und wird als ein im Überschuss von Kohlensäure gelöstes Karbonat der Oberfläche wieder zugeführt. In Berührung mit der Atmosphäre verliert die Lösung wieder einen Teil der Kohlensäure, während das Oxidul Sauerstoff aufnimmt, Wasser bindet und sich als gelber Eisenschlamm absetzt. Das Freiwerden der Kohlensäure ruft organisches Leben hervor, indem es Kohlensäure atmende Sumpfpflanzen gedeihen lässt und hierbei zeigt sich eine solche Wechselwirkung organischer und unorganischer Tätigkeit, dass es zweifelhaft bleibt, ob das Pflanzenleben die Abscheidung der Kohlensäure, oder ob die Abscheidung der Kohlensäure das Pflanzenleben veranlasst. Der oxidische Eisenschlamm ist wiederum meist nur ein Zwischenstadium in dem unaufhörlichen Stoffaustausch. Durch die Bildung von Kohlenwasserstoff, Kohlen- und Schwefelsäure infolge der Verwesung abgestorbener Sumpfpflanzen wird er in lösliche Oxidulsalze zurückgeführt, um von neuem in den Kreislauf des Stoffwechsels einzutreten. Eine nicht minder wichtige Rolle als in dem unorganischen spielt das Eisen in dem organischen Leben. Es ist das einzige schwere Metall, welches einen wesentlichen Bestandteil unseres Blutes ausmacht. Wir wissen ferner, dass über die Grenzen unserer irdischen Wohnstätten hinaus das Eisen verbreitet ist. Gleichsam wie eine Versicherung, dass auch außerhalb unseres Planeten an diesem wichtigsten Metall kein Mangel sei, fallen aus dem unbekannten Weltraum von Zeit zu Zeit Blöcke gediegenen Eisens auf unsere Erde herab. Der metallische Zustand dieser Meteoriten überrascht uns, da wir das Eisen auf der Erde nicht in gediegenem Zustand finden und das künstlich reduzierte Metall nicht lange in unserer Sauerstoffatmosphäre bestehen kann. Wenn schon hieraus gefolgert werden muss, dass die Atmosphären, welche die Meteoriten oder die fremden Sterne, denen sie entstammen, — denn man pflegt sie als Trümmer von Planeten, Kometen oder Fixsternen anzusehen, — umgaben, keine Sauerstoffatmosphären gewesen sein können, so ist dies durch die interessanten Versuche Grahams neuerdings zur Gewissheit geworden. Graham bemerkte, dass das meteorische Eisen, welches 1814 bei Lenarto in Ungarn gefallen war, bei der Erhitzung das dreifache Volumen von Luft ausgab, die aus 86 Proz. Wasserstoff und 4½ Proz. Kohlenoxidgas zusammengesetzt war, während unser künstlich dargestelltes Eisen nur Kohlenoxidgas enthält und zwar 1 Volum. Wasserstoff ist demnach der Hauptbestandteil dieser meteorischen Atmosphäre. Die Resultate dieser Untersuchung werden bestätigt durch die Ergebnisse der Spektralanalyse, welche nachweist, dass Eisen und Wasserstoff in hervorragender Weise an der Zusammensetzung der Sonnenatmosphäre teilnehmen.

Die Spektralanalyse macht es wahrscheinlich, dass das Eisen der wichtigste mineralische Bestandteil des Zentralkörpers unseres ganzen Planetensystems ist und steht zu vermuten, dass auch an der Masse unseres Erdkörpers das Eisen in viel größerem Verhältnis Teil nimmt, als aus der Zusammensetzung der Oberfläche, wo die leichte Kieselsäure in Verbindung mit den verbrannten Metallen ausgeschieden ist, erscheint. Denn das spezifische Durchschnittsgewicht des gesamten Erdkörpers beträgt das 5,44 fache des Wassers, während das der äußeren, uns bekannten Erdkruste kaum halb so hoch ist. Die Wirkungssphäre des Sauerstoffs reicht wahrscheinlicher Weise nur bis zu relativ geringer Tiefe. Wenn die Temperatur nach dem Innern der Erde in derselben Weise zunimmt, wie in den uns bekannten Tiefen, so liegt der Wärmeort, wo die Zersetzung des Wassers eintritt, also die chemischen Verwandtschaftsbedingungen, die an der Oberfläche der Erde herrschen, umgekehrt werden, verhältnismäßig nicht fern und es ist anzunehmen, dass über diese Grenze hinaus die schweren Metalle in unverbundenem Zustande angehäuft sind. Der ferndringende Blick der Spektralanalyse hat das Eisen noch weit außerhalb unseres Planetensystems nachzuweisen vermocht. In den Atmosphären des Aldebaran und des Sirius bilden Eisen und Wasserstoff die Hauptbestandteile. Doch kehren wir zurück auf unsere Erde, wo zum Segen der Menschheit die Erze des Eisens sich allerwärts vorfinden.

Sie sind so verbreitet, dass es eine höchst weitschweifige und ermüdende Arbeit sein würde, wollte man die bekannten Eisenerzvorkommen aller Länder zusammentragen und so eine Geographie der Eisenerzlagerstätten liefern. Diejenigen, welche für die Geschichte des Eisens von besonderer Wichtigkeit sind, werden gelegentlich betreffenden Orts erwähnt werden. Dagegen ist es von Interesse, eine Übersicht der Erze nach ihrem chemischen Verhalten zu geben.

Die Eisenerze haben einen gemeinsamen chemischen Charakter, alle sind Sauerstoffverbindungen. Das reichste derselben ist das schwarze Oxid, der Magneteisenstein, der aus drei Äquivalenten Eisen und vier Äquivalenten Sauerstoff zusammengesetzt ist und in chemisch reinem Zustande einen Eisengehalt von 72,4 Proz. hat. Sein spezifisches Gewicht schwankt zwischen 4,98 bis 5,20. Er findet sich kristallisiert im regulären System und ist hauptsächlich in Schweden, Norwegen, im Ural, in Kanada, Neu-Jersey und Pennsylvanien verbreitet.

Die zweitreichste, häufig vorkommende Sauerstoffverbindung des Eisens ist das rote Oxid, das kristallinisch als Eisenglanz oder dicht als Roheisenstein sich findet. Es besteht aus zwei Äquivalenten Eisen mit drei Äquivalenten Sauerstoff und enthält im reinen Zustande 70 Proz. Eisen. Sein spezifisches Gewicht ist 5,19 bis 5,23. Die berühmten Eisenerze der Insel Elba bestehen aus Eisenglanz, während der dichte Roteisenstein das wichtigste Erz Mitteldeutschlands bildet. Für sich erhitzt, verändert sich dieses Oxid nicht, erst bei sehr hoher Temperatur entweicht ein Anteil seines Sauerstoffs; durch reduzierende Gase erleidet es dagegen schon bei verhältnismäßig geringer Hitze eine teilweise geringe Reduktion. Wird der Roteisen-Einleitung. stein vor dem Verschmelzen einer Röstung unterworfen, so geschieht dies nur, um eine mechanische Auflockerung zu erreichen. Die dritten, sehr verbreiteten Sauerstoffverbindungen des Eisens sind die braunen, wasserhaltigen Oxide, die Brauneisensteine, welche als brauner Glaskopf, als Sumpferz, Seeerz, Bohnerz u. s. w. gefunden werden. Die wasserhaltigen Oxide sind nicht kristallisiert. Die reinste Abänderung, der braune Glaskopf, besteht aus zwei Atomen Sesquioxid und drei Atomen Wasser; eine zweite wasserreichere Verbindung enthält zwei Atome Wasser auf ein Atom Eisenoxid. Diese Eisenhydrate sind in den dichten und erdigen Brauneisenerzen mit mehr oder weniger Ton vermischt. Wird das Erz erhitzt, so entweicht das Wasser und es bleibt wasserfreies, rotes Oxid zurück. Brauneisensteine finden sich in allen Formationen. In den älteren, besonders in der silurischen und devonischen kommen sie meist in Gängen vor und sind oft das Umwandlungsprodukt des Eisenspats, in welchem Falle sie sehr rein, reich an Mangan und vorzügliche Eisenerze sind. In den jüngeren Formationen treten dagegen die Brauneisenerze häufiger als Lager auf, deren Bildung zuweilen, wie bei den schwedischen Seeerzen, noch fortschreitet. Organische Wesen sind oft die Veranlassungen solcher Ablagerungen. So scheiden Moospflanzen in flachen Wassern, die doppeltkohlensaures Eisenoxidul gelöst enthalten, oft Eisenoxidhydrat aus, indem sie durch ihre Respirationstätigkeit der Flüssigkeit den Überschuss an Kohlensäure, der die Eisenverbindung gelöst hält, entziehen. Das ausgeschiedene Eisenoxidhydrat setzt sich um das Netzwerk der Pflanzenwurzeln ab. Dass auch Infusorien das Eisenoxidhydrat durch ihre Lebenstätigkeit unmittelbar zum Absatz bringen können, beweist die Entstehung der Seeerze Schwedens. Solche Ablagerungen können zwar unter Umständen von großer Reinheit sein, in den meisten Fällen aber enthalten sie, abgesehen von den Toneinmengungen, einen beträchtlichen Anteil an Phosphorsäure, der sie weniger für die Herstellung von Schmiedeeisen und Stahl, als von Gusswaren tauglich macht.

Die vierte oxidische Verbindung endlich, welche die Natur liefert, ist das hellgefärbte, kohlensaure Eisenoxidul, der Eisenspat. In reinem Zustande tritt er in der Kristallform des Kalkspats in Rhomboedern auf und ist eine Verbindung von einem Atom Eisenoxidul mit einem Atom Kohlensäure, welche in reinem Zustande 48,275 Proz. Eisen enthält. Meist jedoch ist es begleitet von den isomorphen Karbonaten, kohlensaurem Manganoxidul, kohlensaurer Magnesia und kohlensaurem Kalk. Das spezifische Gewicht dieses Erzes ist 3,7 bis 3,9. Eisenspat kommt in den älteren Formationen meist in Gängen vor, selten in Lagern. Sein oft beträchtlicher Mangangehalt macht dieses Erz besonders geeignet zur Stahlgewinnung. Vor seiner Verschmelzung wird es gewöhnlich einer Röstung unterworfen, wodurch die Kohlensäure ausgetrieben und eine teilweise Oxidation herbeigeführt wird. Das Röstprodukt ist eine schwarze, zuweilen halbmetallisch glänzende Oxidverbindung des Eisens, die in ihrer Zusammensetzung dem Magneteisenerz nahe steht. Der Eisenspat erleidet schon beim Liegen an der Luft eine Zersetzung, wobei seine fast weiße Farbe durch Gelb in dunkles Braun übergeht. Dabei tauscht sich Kohlensäure gegen Wasser aus und das Oxidul nimmt Sauerstoff auf, bis das Endprodukt Brauneisenerz entsteht. Die berühmtesten Fundplätze dieses Eisenspats sind in Steiermark und im Siegerland. Das kohlensaure Eisenoxidul findet sich ferner in amorphem oder kryptokristallinischem Zustand vermengt mit Ton in den tonigen Sphärosideriten, dem Kohleneisenstein (Blackband) u. s. w., Erze, die je nach ihren Beimengungen die verschiedenartigsten Farben und das verschiedenartigste Ansehen haben. Alle gehen durch Zersetzung in Brauneisenstein über.

Die Darstellung des Eisens aus seinen Erzen ist ein leicht verständlicher Vorgang. Er beruht auf einer einfachen Reduktion der Oxide, welche durch Kohle bei hoher Temperatur bewirkt wird. Das Eisen, welches auf diese Weise gewonnen wird, ist nicht chemisch rein, sondern enthält stets Kohlenstoff. Durch diese Beimengungen von Kohlenstoff wird es erst zu technischen Zwecken verwendbar. Bekanntlich unterscheidet man drei Hauptmodifikationen des Eisens: Das Roheisen, den Stahl und das Schmiedeeisen. Die Verschiedenheit dieser Modifikationen, die so groß ist, dass sie sprachlich durch besondere Worte bezeichnet werden, beruht auf dem verschiedenen Kohlenstoffgehalt. Das Roheisen enthält am meisten, 3 bis 5,93 Proz., das Stabeisen am wenigsten, 0,08 bis 0,6 Proz., der Stahl steht in der Mitte mit 0,6 bis 2,3 Proz. Kohlenstoff. Es ist bis heute noch nicht mit Bestimmtheit erwiesen, wie wir uns die chemische Bildung der Eisenarten zu erklären haben, ob der Kohlenstoff in den Eisensorten mit einem Teile des Metalls in bestimmter chemischer Verbindung oder ob er nur in Auflösung enthalten ist. Nicht nur der verschiedene Gehalt an Kohlenstoff, sondern auch die Art seiner Verbindung bedingen die Verschiedenheit der Eigenarten. Das kohlenstoffreichste Roheisen ist am leichtesten schmelzbar, das kohlenstoffärmste Stabeisen am schwersten. Der Stahl steht, wie im Kohlenstoffgehalt, so auch bezüglich der Schmelzbarkeit in der Mitte. Man kann sagen, die Schmelzbarkeit des Eisens nimmt zu mit seinem Kohlenstoffgehalt, doch wird diese allgemeine Regel eingeschränkt durch die Verschiedenheit des Verbindungszustandes des Kohlenstoffs im Eisen, besonders im Roheisen. Es gibt Eisensorten, die sowohl in Bezug auf ihre Schmelzbarkeit, als auch ihrem sonstigen physikalischen Verhalten große Verschiedenheit zeigen, während ihre quantitative chemische Zusammensetzung ganz oder nahezu die gleiche ist. Man unterscheidet diese Roheisensorten nach ihrer Farbe als graues und weißes Roheisen. In den grauen Roheisensorten ist nur ein Teil des Kohlenstoffs chemisch gebunden, während ein anderer Teil in der Form kristallinischer Blättchen, als sogenannter Graphit, ausgeschieden ist. Diese dunklen Blättchen erteilen dem Eisen die eigentümliche graue Farbe. — In den weißen Roheisensorten ist aller oder nahezu aller Kohlenstoff chemisch gebunden. Dadurch erklärt es sich, dass die physikalischen Eigenschaften beider nicht dieselben sein können, da diese durch den gebundenen Kohlenstoff bedingt werden. Deshalb ist auch weißes Eisen leichter schmelzbar als graues von gleichem Kohlenstoffgehalt. Doch wird das graue und nicht das weiße Eisen zum Vergießen gebraucht und deshalb als „Gusseisen“ bezeichnet, weil das weiße Eisen hart und spröde ist und da es sich beim Erkalten stärker zusammenzieht und die Formen ungenügend ausfüllt. In Bezug auf die Schmelzbarkeit der Eisensorten hat Pouillet folgende Tabelle mitgeteilt:

Leicht schmelzbares weißes Roheisen schmilzt bei 1050° C.

Schwer schmelzbares weißes Roheisen schmilzt bei 1100° C.

Leicht schmelzbares graues Roheisen schmilzt bei 1100° C.

Schwer schmelzbares graues Roheisen schmilzt bei 1200° C.

Leicht schmelzbarer Stahl schmilzt bei 1300° C.

Schwer schmelzbarer Stahl schmilzt bei 1400° C.

Schmiedeeisen schmilzt bei 1500 bis 1700° C.

Eine zweite wichtige Eigenschaft des Eisens ist seine Härte, welche ebenfalls mit dem Kohlenstoffgehalt schwankt. Das kohlenstoffärmste Schmiedeeisen ist die weichste Verbindung, welche sich deshalb am leichtesten bearbeiten lässt. Das kohlenstoffreichste „Spiegeleisen“ ist die härteste Eisenverbindung. Das graue Roheisen ist viel weicher als das weiße. Die größte Eigentümlichkeit in Bezug auf die Härte zeigt der Stahl. Wird glühender Stahl langsam abgekühlt, so wird er weich; kühlt man ihn dagegen rasch ab, so wird er hart und zwar so hart, dass man mit Leichtigkeit den langsam erkalteten, „ungelöschten“ Stahl mit dem rasch erkalteten, „abgelöschten“ Stahl feilen, bohren und schneiden kann. Das Material lässt sich also ohne Schwierigkeit mit sich selbst bearbeiten. Diese ausgezeichnete Eigenschaft hat der Stahl vor den anderen Eisensorten voraus und sie ist es hauptsächlich, die den Stahl zu der geschätztesten Eisenkohlenstoffverbindung macht. Während der langsam erkaltete Stahl kaum dem Schmiedeeisen an Weichheit nachsteht, besitzt der abgelöschte Stahl nahezu die Härte des Spiegeleisens. Es gehen diese Härteunterschiede nach der gewöhnlichen Skala von 4 bis 7. Vergleicht man die Stahlsorten untereinander, so bleibt auch hier die Regel richtig, dass die Härte mit dem gebundenen Kohlenstoffgehalt zunimmt, vorausgesetzt, dass die verglichenen Stahlsorten unter denselben Umständen erkaltet sind. — Stahl von gleichem Kohlenstoffgehalt wird durch das Ablöschen umso härter, je größer die Temperaturdifferenz zwischen dem erhitzten Stahl und der Flüssigkeit, in der er abgelöscht wird, dem „Härtewasser“, und je größer die spezifische Wärme der Flüssigkeit, in welcher der Stahl gelöscht wird, ist. Mit der Härte nimmt auch die Sprödigkeit zu, so dass glasharter Stahl sich pulvern lässt. Solcher Stahl ist für Werkzeuge meist zu hart und spröde. Beides aber kann man ihm wieder benehmen durch Erhitzen bis zu einer gewissen Temperatur und darauf folgendes langsames Abkühlen. Bei diesem langsamen Erhitzen, dem „Anlassen“, zeigt blanker, namentlich polierter Stahl eine Reihe aufeinander folgender Farben, welche man die Anlauffarben nennt, nach denen man den Grad der Härte und Elastizität, welche man dem Stahl durch das Anlassen geben will, bestimmen kann. Die Anlauffarben folgen sich in nachfolgender Ordnung:

Bei 220° C. blassgelb,

Bei 230° C. strohgelb,

Bei 255° C. braun,

Bei 265° C. purpurfleckig

Bei 277° C. purpurfarbig violett,

Bei 288° C. hellblau,

Bei 297° C. dunkelblau,

Bei 316° C. schwarzblau

Der Stahl wird umso weicher, je höher man ihn anlässt. Will man einem weichen, elastischen Gegenstand, z. B. einer Feder, die richtige Härte geben, so wird man sie blau anlaufen lassen, während man eine harte Schneide nur gelb anlässt.

Das Schmiedeeisen zeigt die Eigenschaft der Härtung durch Ablöschen nicht, man setzt deshalb die Grenze von Stahl und Schmiedeeisen da, wo die Härtung aufhört; dies tritt bei einem Kohlenstoffgehalt von circa 0,62 Proz. ein.

Dass Farbe und Textur der Eisensorten sehr abweichend sind, ist schon angedeutet worden. Je mehr gebundenen Kohlenstoff ein Eisen enthält, desto weißer, silberfarbiger, je mehr ausgeschiedenen Kohlenstoff (Graphit), desto schwärzer wird es. Die Extreme der Farben zeigen großblättriges Gießereieisen, das fast schwarz ist, und Spiegeleisen. Farbe und Glanz werden sehr beeinflusst durch die Textur. So zeigen Schmiedeeisen und Stahl ursprünglich kristallinischen blättrigen Bruch und glänzende Farbe, durch Schmieden und Walzen wird das Gefüge sehnig, der Glanz matt, die Farbe meist heller. Das Eisen kristallisiert im regulären System meist in Oktaedern. Die Kristallform des Spiegeleisens, welches in großen, glänzenden Flächen bricht, ist noch nicht aufgeklärt.

Die Schmiedbarkeit des Eisens steht im allgemeinen im umgekehrten Verhältnis zur Härte. Weißes Eisen und abgelöschter Stahl sind sehr spröde; weicher Stahl und Schmiedeeisen sehr dehnbar. Die Schmiedbarkeit wird beeinträchtigt durch chemische Verunreinigungen; so machen geringe Beimengungen von Schwefel Eisen oder Stahl rotbrüchig, ebenso Kupfer. Phosphor erzeugt Kaltbruch, ähnlich wirken Arsen und Antimon. Silicium beeinträchtigt die Festigkeit des Eisens. Ähnlich wie mit der Schmiedbarkeit verhält es sich mit der Zähigkeit.

Die Elastizität ist in besonders ausgezeichnetem Grade dem Stahl eigen. Es ist eine Verbindung von Härte und Zähigkeit. Besonders zeigt der angelassene Stahl eine Elastizität wie kein anderer Stoff; wir wollen hier nur an die feinen Uhrfedern erinnern.

Eine andere Eigenschaft, die unter den Nutzmetallen das Eisen allein besitzt, ist seine Schweißbarkeit. Erhitzt man Schmiedeeisen und Stahl, so geht er lange, ehe er schmilzt, in einen erweichten Zustand über, in dem sich durch Drücken und Hämmern zwei Stücke miteinander verbinden lassen wie weiches Wachs. Die Schweißbarkeit steht im umgekehrten Verhältnis zum Kohlenstoffgehalt und hört auf mit dem harten Stahl. Roheisen ist nicht schweißbar. Die wichtigste Eigenschaft der Eisensorten ist seine Festigkeit, durch die sich das Eisen ebenfalls vor allen anderen Nutzmetallen auszeichnet. Sie variiert mit dem Kohlenstoffgehalt. Die absolute Festigkeit, d. h. der Widerstand gegen das Zerreißen, ist am größten bei weichem Stahl, etwa doppelt so groß, als bei Schmiedeeisen. Die Versuchsziffern schwanken allerdings bedeutend, je nach der Reinheit und Bearbeitung der untersten Stahl- und Eisensorten. Bei dünnen Stäben ist die Festigkeit relativ größer als bei dicken. Es trägt die Flächeneinheit von 3 cm Quadrat bei Quadratstäben

von 3,0 cm Seitenfläche 2900 kg

von 1,5 cm Seitenfläche 37500 kg

von 0,75 cm Seitenfläche 47500 kg

Es rührt dies teils von der Bearbeitung, teils von der größeren Oberfläche her. Die Festigkeit des Schmiedeeisens ist mehr als dreimal so groß, als die des Gusseisens. Deshalb wendet man da, wo das Material auf Zugfestigkeit in Anspruch genommen wird, wie bei Brückenträgern, Schmiedeeisen an. In Bezug auf die relative Festigkeit, den Widerstand gegen das Zerdrücken, ist das graue Roheisen dem Schmiedeeisen überlegen, deshalb wendet man zum Tragen, besonders als Unterstützungssäulen, Gusseisen an. Gute Stahlsorten, namentlich guter Gussstahl, übertreffen in beiden Beziehungen alle übrigen Eisensorten. Es verhalten sich die Festigkeitskoeffizienten bei Zug und Druck in Kilogrammen pro Quadratzentimeter folgendermaßen:

Zug Druck

Schmiedeeisen 4000 3000

Eisendraht 6500 –––

Gusseisen 1300 7000

Gewalzter Stahl 6000 6000

Gussstahl 8000 10000

Die Aufgabe des Hüttenmannes ist es, dasjenige Eisen aus dem Erz darzustellen, welches dem Zweck seiner Verwendung am meisten entspricht. Aus jedem Erz lassen sich die drei Kohlenstoffverbindungen des Eisens erhalten, wenn auch nicht mit gleichem Vorteil, indem manche Eisenerze sich mehr als andere zur Darstellung einer bestimmten Eisensorte eignen. Das oxidische Eisenerz, wenn man es in Berührung mit Kohle glüht, wird reduziert. Dabei behält das reduzierte Eisen anfänglich die Gestalt der Erzstücke und ist frei oder nahezu frei von Kohlenstoff. Bleibt es aber weiterhin in Berührung mit den glühenden Kohlen, so nimmt es Kohlenstoff auf und durchläuft, wenn die Temperatur hoch genug ist, nach und nach alle Zustände der Kohlung von Schmiedeeisen bis zu dem Roheisen, indem, je höher die Temperatur ist, umso mehr das Eisen das Bestreben zeigt, die größtmögliche Menge Kohlenstoff aufzunehmen und die leichtschmelzbarste Verbindung zu bilden. Soll aber Roheisen entstehen, so muss die Hitze mindestens der Schmelztemperatur des weißen Eisens entsprechen; ist dies nicht der Fall, oder ist die Berührung mit den kohlenden Gasen unvollständig, von zu kurzer Dauer oder wirken auf das gekohlte Eisen nachträglich wieder oxidierende Gase ein, so entsteht kein Roheisen, sondern eine geringer gekohlte Verbindung, die, da sie schweißbar ist, sich zu einem Klumpen vereinigt, und meist dem Schmiedeeisen, seltener dem Stahl entspricht. Da die Betriebsmittel, welche die Alten bei ihrer Eisenbereitung anwendeten, so unvollkommen waren, dass dadurch die vollständige Kohlung nicht erreicht werden konnte, so erhielten sie nicht gefloßenes Roheisen, sondern zusammengebackenes Schmiedeeisen. Ihre Schmelzapparate waren Herde oder niedrige Öfen, welche keine genügend lange Einwirkung der kohlenden Gase gestatteten; ihre Gebläsevorrichtungen waren so mangelhaft, dass sie damit keine hohe Temperatur erzeugen konnten und endlich leiteten sie den Wind meistens in der Weise in den Ofen, dass er das Metall traf und eine nachträgliche Entkohlung bewirken musste. Aus allen diesen Ursachen blieb den Alten das gefloßene Roheisen unbekannt, und wenn sie auch einige Kenntnis davon gehabt zu haben scheinen, dass das Eisen schmelzbar ist und sich bei ihren Prozessen je nach den Umständen zuweilen etwas gefloßenes Eisen gebildet haben mag, so stellten sie doch das Roheisen niemals absichtlich dar und kannten seine Verwendung weder zum Zwecke des Gießens noch zur Stahl- und Schmiedeeisenbereitung. Die einfache Reduktion, durch welche man direkt Schmiedeeisen erhält, die sogenannte „direkte Eisendarstellung“, ist der natürlichste und leichteste Prozess der Eisenbereitung. Kein Wunder, dass die Alten zuerst darauf verfielen! Ja, es dauerte Jahrtausende, bis man allmählich durch Erfahrungen und Beobachtungen die Wichtigkeit des Roheisens erkannte; dass man es nicht nur zu vergießen lernte, sondern auch fand, dass sich der Stahl und das Schmiedeeisen sicherer, besser und mit größerem, ökonomischem Vorteil aus dem Roheisen als unmittelbar aus dem Erz darstellen ließen.

Nach der Art, wie der Prozess in alter Zeit geführt wurde, war es vom Zufall abhängig, ob ein härteres oder ein weicheres Eisen, ob Stahl oder Schmiedeeisen dargestellt wurde. Die Sprache machte anfangs auch keinen Unterschied zwischen diesen beiden Zuständen. An manchen Orten, wo die Erze die Bildung eines harten Eisens besonders begünstigten, wurde von Anfang an meist Stahl erhalten, wie dies im Land der Chalyber und in Norikum der Fall war. Die überlegenen Eigenschaften dieser Eisensorten führten dann auch zu seiner besonderen Benennung, die meist dem Namen des Landes, von dem es kam, entnommen war, und so wurden Ortsnamen im Laufe der Zeit zuweilen zum Begriffsworte, wie das griechische Χάλυψ für Stahl. Die Güte des Produktes war abhängig von dem Erz, daher lokal bedingt.

Erst durch die große Reform in dem Eisenhüttenwesen, durch die Erfindung der Roheisendarstellung und die Einführung des indirekten Verfahrens lernte man nach und nach aus demselben Erz nach Belieben die eine oder die andere Eisensorte darzustellen. Die Inder allein verstanden schon früh aus dem Schmiedeeisen durch einen zweiten Prozess durch ein eigentümliches Verfahren den vorzüglichen indischen Stahl zu bereiten.

Die Mangelhaftigkeit der Schmelz- und Gebläsevorrichtungen suchten die Alten auszugleichen durch die Sorgfalt, mit der sie ihre Erze auswählten und zur Schmelzung vorbereiteten. Sie rösteten alle Erze, zerklopften das geröstete Erz zu Haselnussgröße, siebten das Feine ab und gaben es meist innig mit Holzkohlenstückchen gemengt auf. Dadurch unterstützten sie die Wirkung der Hitze und der reduzierenden Gase, so dass sie bei kürzerer Chargendauer ein vollständiges Ausschmelzen bewirkten. Es war diese Vorbereitung umso notwendiger, je flacher der Herd und je schwerschmelziger das Erz war.

Ehe wir nun aber auf die Gewinnung und Verarbeitung des Eisens bei den einzelnen Völkern des Altertums näher eingehen, wollen wir noch zwei allgemeine Punkte in diesem einleitenden Teil der Betrachtung unterziehen:

Die Frage der ersten Entdeckung des Eisens und die der Stellung des Eisens zur Bronze im Altertume.

Die Zeit der Entdeckung des Eisens feststellen zu wollen ist ein ebenso vergebliches Bemühen, als über den Weg, die Art und Weise dieser Entdeckung Theorien aufzustellen. Wir finden das Eisen bereits in mannigfachem Gebrauche beim Eintritt der ältesten Kulturvölker in die Geschichte. Hypothesen, die über die Grenzen der ältesten Überlieferungen hinausgehen, stehen auf sehr zweifelhaftem Boden. Dennoch gehört es zu unserer Aufgabe, auch zu diesen mehr oder weniger anerkannten Ansichten Stellung zu nehmen. Eine solche, die sich auf die uranfängliche Entdeckung des Eisens bezieht, ist enthalten in der verbreiteten Behauptung, dass das Eisen, welches die Menschen zuerst benutzt hätten, Meteoreisen gewesen sei. Die Hypothese hat etwas Bestechendes. Meteoreisenblöcke haben sich in allen Gegenden der Erde gefunden. Einzelne, kleinere Maßen sind an vielen Orten bekannt, angehäuft fanden sie sich am Maguragebirge in Ungarn, bei Kobija in Südamerika, bei Toluka in Mexiko, am großen Fischfluss in Südafrika, auf Disko, Ost-Grönland und anderen Orten. Von größeren Maßen sind am berühmtesten der 95,5 kg schwere Block von Elnbogen, die ursprünglich 800 kg schwere Masse von Krasnojarsk, die 1500 kg schwere Masse vom Red-River in Louisiana, die über 8500 kg schwere, am Flusse Bemdêgo in Brasilien und die auf 15000 kg geschätzte Masse von Otumba in Peru u. s. w. Auch ist die Kenntnis, dass Steine und Eisen zeitweise vom Himmel fallen, sehr alt. Die wissenschaftliche Tatsache, dass meteorisches Eisen existiert, d. h. dass metallische Eisenmaßen zeitweise aus dem unbekannten Weltraum durch die Atmosphäre auf die Erde gelangen, ist indes, trotz mancherlei älteren Überlieferungen, erst seit Anfang dieses Jahrhunderts anerkannt. Im vorigen Jahrhundert behandelte man noch die älteren Berichte als Märchen, was allein schon beweist, wie spärlich die Zahl der Meteorfälle ist und wie selten solche beobachtet werden. Die Anerkennung der Meteoriten in der Wissenschaft ist für die Geschichte unserer Erkenntnis von nicht geringem Interesse. Obgleich die Erscheinung, dass zuweilen mineralische Maßen aus der Luft auf die Erde fielen, bereits im Altertum bekannt war, so wurde sie doch von den skeptischen Gelehrten des vorigen Jahrhunderts gänzlich in Abrede gestellt. Bereits die parische Marmorchronik berichtet von einem Meteorsteinfall, der im 13. Jahrhundert vor Christus sich ereignete. Im Jahre 465 vor Christi wurde in Thrakien am Flusse Ägos ein solcher Steinfall beobachtet, über den Plutarch und Plinius berichten. Solche Steine wurden zuweilen als Heiligtümer verehrt, besonders im westlichen Asien, wo sie als Opfersteine bei den Blutopfern dienten. Ein solches Heiligtum ist auch der angeblich als Rubin vom Himmel gefallene, aber durch die Sünden der Menschen schwarz gewordene, jetzt in Silber gefasste Stein Hadschar-el-Aswad in der Kaaba zu Mekka. Es ist dies der älteste aufbewahrte Meteorit, da sich das angebliche Meteoreisen von Pompeji durch die Untersuchung von Gustav Rose als künstliches Eisen erwiesen hat. Der erste von Zeugen beobachtete und aktenmäßig beschriebene Meteorsteinfall war der von Ensisheim am 7. November 1492, wobei ein 260 Pfund schwerer Stein „mit großem Donnerklaps von den Lüften herabfiel“. Auf Befehl Maximilians wurde dieser merkwürdige Stein in der Kirche aufbewahrt. Die früheste bestimmte Nachricht über meteorisches Eisen gibt uns Plinius, der in seiner hist. nat. II, 59 folgenden Fall erzählt: item ferro in Lucanis (pluisse) anno antequam M. Crassus in Parthis interemtus est (53 vor Christi), omnesque cum eo Lucani milites, quorum magnus numerus in exercitu erat. Effigies quae pluit spongiarum fere similis erat.

Avicenna, der in Bokhara geboren war und von 978 bis 1036 lebte, schildert einen interessanten Meteoreisenfall. Bei Burgea in Persien, sagt er in seinem Traktat de conglutinatione lapidum, sei ein Stück Eisen 100 Mark schwer vom Himmel gefallen, das wegen seiner Härte fast unzerbrechlich war. Doch schickte man ein Stück davon an König Torat, welcher befahl, dass man Degen und Schwerter aus der Masse anfertigen solle. Aber die Schmiede waren nicht imstande, sie zu zerbrechen noch zu verarbeiten.

Auch Georg Agrikola (1490 bis 1555), der Vater der montanistischen und metallurgischen Wissenschaft, wusste, das zuweilen Eisen vom Himmel fiele, allerdings, wie es scheint, hauptsächlich aus arabischen Mitteilungen. Er erwähnt die Nachricht des Avicenna und fügt hinzu: „Arabes autem dicunt, enses Alemanicos, qui optimi sunt, ex ejusmodi ferro fieri“. Dies sei indessen unwahr und würden die Araber in diesem Punkte von den Kaufleuten belogen, denn den Germanen fiele das Eisen nicht vom Himmel.

Ferner berichtet der gelehrte Skaliger von einem Meteoreisenfall und fügt nach der damaligen Ansicht der Alchimisten über die Entstehung dieser Naturerscheinung hinzu: „ferrum igitur a maximi coeli concreari potestate“.

Trotz allen diesen Überlieferungen und Zeugnissen der angesehensten Gelehrten wurde im 18. Jahrhundert, insbesondere von rationalistischer Seite, die Existenz von Meteorsteinen, das Vorkommen von Meteoritenfällen in Abrede gestellt und die Ansicht, dass derartige Körper vom Himmel fallen könnten, verpönt und verspottet. Die Auffindung der großen Eisenmasse von Krasnojarsk durch den berühmten russischen Reisenden Pallas lenkte wieder die Aufmerksamkeit auf diese Frage. Diese 700 bis 800 Kilo schwere Masse, die den Eingeborenen lange bekannt war, wurde 1749 zuerst von einem Kosaken Medwedeff am Jenissei aufgefunden. Durch diesen erhielt der russische Gelehrte davon Kenntnis, der sie 1772 aufsuchte und den ganzen Block nach Petersburg verbringen ließ. Der Fundort war auf einem Gebirgsrücken zwischen den Nebenflüssen Ubei und Siaim wenige Meilen zur Rechten des Jenissei. Die Masse bestand nicht aus derbem Metall, sondern aus einem bienenwabenähnlichen Netzwerk von Eisen, dessen Zellen mit einem olivinähnlichen Silikat angefüllt sind. Pallas beschreibt sie sehr gut folgendermaßen: „Die ganze Wacke scheint eine rote, eisensteinartige Schwarte gehabt zu haben. Das innere Wesen derselben ist ein geschmeidiges, weißbrüchiges, wie ein grober Seeschwamm löcherig ausgewebtes Eisen, dessen Zwischenräume mit runden und länglichen Tropfen des schönsten Olivins erfüllt sind, den man kennt.“ — Die Tataren betrachteten es als ein vom Himmel gefallenes Heiligtum und es hatte sich bei ihnen die Kunde erhalten, dass früher viele solcher Maßen vom Himmel gefallen seien. Pallas hielt diese Überlieferungen im Geist der damaligen Wissenschaft für Fabeln und sah in der Masse nur ein äußerst merkwürdiges, unerklärliches Naturprodukt. Der deutsche Privatgelehrte Chladni war der erste, der, nachdem er sich lange mit dem Gegenstand beschäftigt hatte, im Jahre 1794 es wagte, die Pallasmasse für meteorischen Ursprungs zu erklären. Er erregte das Gelächter der Fachgelehrten und selbst klare Köpfe wie Lichtenberg fielen mit Hohn und Spott über ihn her. Solcher Verhöhnung war noch einige Zeitlang nachher ein jeder ausgesetzt, der Miene machte, ernstlich an die Existenz von Meteoriten zu glauben, infolgedessen sogar von den Vorstehern öffentlicher Sammlungen die als Meteorsteine und Meteoreisen bezeichneten Exemplare heimlich entfernt und fortgeworfen wurden; solches geschah in Dresden, Wien, Kopenhagen, Bern und anderen Orten. Da ereignete sich am 16. Juni 1794 am Tage bei heiterem Himmel der Steinregen von Siena in Toskana. Natürlich erregte er großes Aufsehen, doch akzeptierte man gern die Hypothese Hamiltons, der die Steine für Auswürflinge des 50 Meilen entfernten Vesuvs, der allerdings 18 Stunden früher eine Eruption gehabt hatte, erklärte. Diese Theorie hielt aber nicht Stich, als schon im nächsten Jahre am 13. Dezember 1795 bei Woodcottage in Yorkshire der Fall eines 56 Pfund schweren Steines beobachtet wurde, indem hier weit und breit kein Vulkan nachzuweisen war, da der nächste, der Hekla, 170 Meilen in der Luftlinie entfernt war. Durch diesen Fall wurde Howard zu einer gründlicheren und unbefangenen Untersuchung veranlasst und von ihm der meteorische Ursprung bestätigt. 1798 fiel ein eisenreicher Meteorstein bei Benares in Bengalen, den er chemisch untersuchte und hierdurch zum ersten Male den charakteristischen, hohen Nickelgehalt (er gab ihn, allerdings zu hoch, auf 35 Proz. an) des Meteoreisens nachwies. Auf Grund chemischer Analyse erklärte er auch das Eisen von Otumba in Brasilien, sowie das Pallaseisen Krasnojarsk für meteorischen Ursprungs. Diese Publikationen ermutigten nun auch den deutschen Chemiker Klaproth, der sich schon längere Zeit im stillen mit der Frage beschäftigt hatte, mit seinen Analysen hervorzutreten. Dieselben bestätigen den Nickelgehalt des Meteoreisens, obgleich im Gegensatz zu Howard seine Bestimmungen sämtlich zu gering ausgefallen sind. In der Eisenmasse, die am 26. Mai 1751 abends 6 Uhr in der Nähe von Agram gefallen war und die im Wiener naturwissenschaftlichen Kabinett zum Teil aufbewahrt wurde, hatte er 96,5 Proz. Eisen und 3,5 Proz. Nickel ermittelt. — Nachdem die französische Akademie der Wissenschaften noch kurze Zeit zuvor durch Abstimmung per majora beschlossen hatte, dass es keine Meteorsteinfälle gäbe, trat jetzt auch der berühmte französische Gelehrte und Akademiker La Place mit der Hypothese hervor, dass die betreffenden Steine durch Eruptionen der Mondvulkane auf die Erde geschleudert würden. — Hierzu wäre aber eine anfängliche Wurfgeschwindigkeit von 7800 Fuß in der Sekunde, also etwa die fünffache Anfangsgeschwindigkeit einer abgeschossenen Kanonenkugel erforderlich. Solche Eruptionen gibt es auf dem Monde nicht und ist diese Vermittlungstheorie längst verlassen. Zu größerer Beschämung der Akademie und wie zum Hohn auf den nicht lange zuvor gefassten Majoritätsbeschluss ereignete sich am 26. April 1803 der große Steinfall von l’Aigle in der Normandie, der in mindestens 12 Ortschaften von hunderten von Zeugen beobachtet wurde. Nachmittags 1 Uhr erschien aus heiterem Himmel eine weit sichtbare Feuerkugel, gestaltete sich zu einer kleinen Wolke, die 5 bis 6 Minuten ein schreckliches Getöse, wie Kanonendonner und Gewehrfeuer erzeugte und aus der 2000 bis 3000 zischende Steine, von denen der größte, der aufgehoben wurde, 17½ Pfund wog, auf einer elliptischen Fläche von 2½ Lieues Länge und 1 Lieue Breite niederfielen. Nach dem Fall von l’Aigle verstummten alle Zweifler und sind denn auch seit jener Zeit noch viele Meteoritenfälle direkt beobachtet worden, von denen wir nur einige, durch besondere Umstände bemerkenswerte, hervorheben wollen. So fiel am 27. Dezember 1848 gegen Abend bei Schie, Amt Ackershuus in Norwegen, ein Meteorstein auf das Eis, rikoschettierte und blieb liegen. — Der Finder des Steins hieß Dalsplads und wird deshalb dieser Stein oft irrtümlich mit diesem Namen bezeichnet, während es Regel ist, die Meteoriten nach dem Fundort zu benennen. — Am 14. Juli 1860 fiel bei Dhurmsalla in Ostindien ein glühender Stein mit geschmolzener Rinde in mehreren Stücken zur Erde, als man sie aber kurz darauf aufheben wollte, waren sie so kalt, dass man sie nicht anfassen konnte. Die oberflächliche Erhitzung, durch Reibung beim Durchfliegen der Atmosphäre entstanden, war rasch verschwunden, denn der Stein führte die Temperatur des Weltraumes (— 50°) mit sich. Von gediegenem Meteoreisen war das von Klaproth untersuchte von Agram lange das allein bekannte. 1811 lenkte Professor Neumann in Prag die Aufmerksamkeit auf einen 191 Pfund schweren Eisenblock, welcher der Tradition nach bei Elbogen in Böhmen vom Himmel gefallen war, dort verwahrt wurde und unter dem Namen „der verwunschene Burggraf“ den Mittelpunkt vieler Sagen der Umgegend bildete. Die chemische Analyse ergab einen Gehalt von 88,2 Tln. Eisen, 8,5 Tln. Nickel, 0,6 Tln. Kobalt und 2,2 Tln. Phosphor, es war also ein normales Meteoreisen. Nachdem man die charakteristischsten Eigenschaften des meteorischen Eisens nicht nur in chemischer, sondern auch in physikalischer Beziehung erkannt hatte, indem v. Widmannstätten die eigentümliche, kristallinische Struktur, die nach dem Ätzen der glatten Flächen erscheint und die unter dem Namen der Widmannstättenschen Figuren bekannt sind, im Jahre 1808 beschrieben hatte, so fing man jetzt an, viele alte, längst bekannte Eisenblöcke auf ihren meteorischen Charakter zu untersuchen und bei dem allgemeinen Interesse, welchen der Gegenstand bereits erregte, wurden auf diese Weise viele neue Eisenmeteoriten aufgefunden: so 1814 der von Lenarto im Saroser Komitat, 1829 das Eisen von Bohumiliz, besonders aber die zahlreichen Eisenmaßen in Amerika zum Teil von außerordentlicher Größe, wie z. B. die von Durango in Mexiko, von der Humboldt 1811 berichtete, 40000 Pfund schwer, der von Bemdego, den Domingo da Mota Bothelo schon 1784 entdeckt hatte, ungefähr 15000 Pfund, das schon erwähnte Otumbaeisen oder genauer Tukuman, Rio de la Plata, 1783 von Indianern entdeckt, über 30000 Pfund Gewicht.

In Nordamerika machte sich Shepard vornehmlich um die Untersuchung der Meteoriten verdient. Er kannte 1846 bereits 22 Fundorte in den Staaten, darunter den über 3000 Pfund schweren Block vom Red River, Texas, weswegen, weil man ihn für Platina hielt, zwei kostspielige Expeditionen ausgerüstet worden waren. In den Vereinigten Staaten, und zwar in Tennessee, ereignete sich im Jahre 1835 am letzten Juli oder am ersten August nach Agram der erste Meteoreisenfall vor Zeugen. Auf den Feldern von Dickson fiel vor den Augen mehrerer Arbeiter aus einem explodierenden Meteor ein Körper auf ein Baumwollfeld, auf welchem bald darauf beim Pflügen ein 9 Pfund schweres Stück Meteoreisen aufgefunden wurde.

Der dritte und merkwürdigste Fall vor Zeugen ereignete sich aber bei Hauptmannsdorf bei Braunau auf der böhmisch-schlesischen Grenze am 14. Juli 1847, morgens 3¾ Uhr. Es bildete sich am Himmel eine Wolke, die mit einem Mal erglühte; Blitze zuckten nach allen Richtungen und zwei Feuerstreifen fuhren zur Erde mit heftigem Doppelknall, der alle Bewohner weckte. In einem 3 Fuß tiefen Loche fand sich das eine 42 Pfund und 6 Lot schwere Stück Eisen, das nach 6 Stunden noch so heiß war, dass es niemand anfassen konnte; das zweite von 30 Pfund und 16 Lot fiel durch das Schindeldach eines armen Mannes in das Schlafzimmer seiner Kinder, ohne zu zünden. Der Mann war der Meinung, der Blitz habe eingeschlagen und ahnte nichts von der Sache. Erst am folgenden Tage, am 15. Juli, wurde das Stück nach eifrigem Suchen unter den Trümmern der Kammerwand aufgefunden.

Unter den sonstigen Meteoreisenfunden bietet das Eisen von Disko in der Baffinsbay ein besonderes Interesse dar, da sich hier Eisenmaßen im Basalt eingeschlossen fanden. Sie müssten also, wenn ihr meteorischer Charakter fest stände, bereits in einer früheren geologischen Epoche auf die Erde gelangt sein.

Nach dieser historischen Einleitung, die zur Genüge die Tatsache feststellt, dass zeitweilig meteorische Körper aus der Atmosphäre auf unsere Erde gelangen, wollen wir die Eigenschaften des meteorischen Eisens, die wir zum Teil vorübergehend schon erwähnt haben, etwas näher betrachten.

Das Meteoreisen ist in chemischer und physikalischer Beziehung durchaus verschieden von unserem künstlich dargestellten Eisen und besitzt so charakteristische Eigenschaften, dass diese ein nahezu untrügliches Kriterium zwischen siderischem und tellurischem Eisen abgeben.

Das meteorische Eisen ist fast niemals eine homogene Masse, wie dies unser Kunsteisen ist. So abweichend weißes und graues Roheisen, Stahl und Schmiedeeisen unter sich sind, so erscheint doch jede dieser Eisensorten in sich gleichartig. Das Meteoreisen dagegen stellt sich fast stets als ein aus verschiedenen Individuen zusammengesetzter Körper dar. Bemerkenswert ist bereits der allmähliche Übergang von Meteorstein zum Meteoreisen. Zeigen schon die meisten Meteorsteine Einsprengungen von nickelhaltigem Eisen, so nehmen diese bei den „Mesosideriten“ derart zu, dass sie sich als ein körniges Gemenge von Meteoreisen mit Magnetkies, Olivin und Augit darstellen. Bei weiterer Zunahme des metallischen Eisens entstehen die „Pallasite“, bei denen das Eisen ein zelliges Gerippe bildet, das mit Kristallen von Olivin porphyrartig erfüllt ist. Der Übergang der Pallasite zu dem derben Meteoreisen findet ebenfalls durch Zwischenstufen statt. Endlich stellt sich das derbe Meteoreisen selbst wieder als eine Verwachsung selbständiger Individuen von verschiedener Zusammensetzung dar. In chemischer Beziehung ist das Meteoreisen zunächst durch das Nichtvorhandensein chemisch gebundenen Kohlenstoffs, ferner durch seinen hohen Nickelgehalt gegenüber dem fabrizierten Eisen charakterisiert. Derselbe schwankt meist zwischen 6 und 10 Proz., während künstliches Eisen kein Nickel oder höchstens nur bis ½ Proz. davon enthält. Das Nickel ist aber nicht gleichmäßig in dem Meteoreisen verteilt, sondern es bildet verschieden zusammengesetzte Verbindungen teils nur mit Eisen, teils mit Eisen und Phosphor. Diese verschiedenen Körper kristallisieren selbständig nebeneinander aus, jedoch alle unter demselben tesseralen Kristallisationsgesetz, dem der Hauptbestandteil, das Eisen, unterworfen ist. Dadurch entstehen jene eigentümlichen Verwachsungen von Kristallindividuen, welche dem Meteoreisen eigen sind und welche die Veranlassung zu den Widmannstättenschen Figuren geben. Feilt oder schleift man Meteoreisen an, so erscheint es uns, abgesehen von etwas lichterer Färbung, nicht wesentlich verschieden von gewöhnlichem Eisen; setzt man aber die glatten Flächen einer schwachen Säure aus, oder lässt man die polierte Fläche im Feuer anlaufen, so erscheinen Zeichnungen, die eine gewisse Regelmäßigkeit nach den Spaltungsrichtungen des Hexaeders zeigen und die nach dem Wiener Gelehrten, der sie zuerst beschrieben hat, benannt werden. Diese Zeichnungen treten so scharf und deutlich auf, dass man solche geätzte Flächen schwärzen und wie Buchdrucktypen abdrucken kann. Die Erscheinung zeigt das künstliche Eisen niemals. Allerdings treten auch bei manchem Meteoreisen diese Figuren sehr undeutlich und kaum erkennbar auf, wie z. B. bei dem Eisen von Braunau, dessen Fall dort direkt beobachtet wurde und das so kristallinisch und deutlich spaltbar ist, dass das ganze Stück als ein Kristallindividuum anzusehen ist. Demungeachtet, oder vielleicht gerade deshalb sind die beschriebenen Figuren nicht vorhanden und zeigt sich statt derselben nur eine mikroskopisch feine Streifung nach den Spaltungsrichtungen. Bei weitem die Mehrzahl aber zeigt die schalenförmige Zusammensetzung und die Figuren auf den Flächen. Man unterscheidet hierbei das „Balkeneisen“ (Kamazit), welches die Hauptlinien, die sich meist in Winkeln von 30, 60 und 120 Grad schneiden, bildet; das „Bandeisen“ (Tänit), welches in papierdünnen Blättchen das Balkeneisen umschließt. Das „Fülleisen“ (Plessit), welches die von dem Balkeneisen gebildeten Zwischenräume ausfüllt. Das „Glanzeisen“ (Lamprit) bildet glänzende, helle Nadeln, die unregelmäßig zerstreut, auch nicht immer vorhanden sind, wie dies auch mit dem gelblichen Schwefeleisen (Troilit) der Fall ist, das nur derb, häufig in zylindrischer Gestalt vorkommt. Chemisch unterscheidet man noch das schwerlösliche Phosphornickeleisen (Schreibersit).

Jede dieser Eisenverbindungen spielt ihre eigentümliche Rolle in dem Gewebe der Widmannstättenschen Figuren. Doch sind die einzelnen Individuen bei verschiedenen Eisenmeteoriten sehr verschieden entwickelt; während Braunau und mit ihm Arva, Senegal, Tarapaka, Green County und Smithland nur mikroskopische Streifung zeigen, wechselt die Breite des Balkeneisens bei Putnam von ½ mm bis Bohumiliz von 4 bis 6 mm.

Näher auf die chemische und physikalische Charakteristik des Meteoreisens einzugehen, ist hier nicht am Platze, es genügt, die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale angedeutet zu haben und wird unsere Ausführung später noch ergänzt und erläutert werden durch die Beschreibung des Tolukaeisens, das wir unserer speziellen Untersuchung unterzogen haben.

Gewiss geht aus dem Angeführten zur Genüge hervor, dass das Meteoreisen in seiner Zusammensetzung wesentlich von unserem Nutzeisen abweicht und ist schon deshalb zu erwarten, dass es auch in Bezug auf seine technische Verwendbarkeit sich verschieden verhalten wird.

Die Frage der Schmiedbarkeit des Meteoreisens, die uns besonders interessiert, ist je nach dem Ergebnis einzelner Versuche, sehr verschieden beantwortet worden. Gerade in neuerer Zeit wurde die Schmiedbarkeit von einigen englischen Gelehrten wieder angezweifelt, so von Professor Torpe, der in einem Vortrag in der Glasgow Philosophical Society 1872 die Schmiedbarkeit des Meteoreisens gänzlich in Abrede stellte. Dieser Ansicht schloss sich St. John V. Day in seinem 1877 erschienenen Buche „The preshistoric use of iron and steel“ vollständig an, indem er zur Bestätigung hinzufügt, Professor Nöggerath in Bonn habe es vergeblich versucht, Meteoreisen zu schmieden. Solche misslungene Versuche ließen sich zur Unterstützung dieser Ansicht noch manche anführen, wie z. B. der schon von Avicenna erzählte des persischen Königs Torat. Einen ähnlichen, misslungenen Versuch ließ Mahommed Seyd anstellen, der ebenfalls einem Schmied den Auftrag gab, aus einem vom Himmel gefallenen Klumpen Eisen ein Schwert, ein Messer und einen Dolch zu fertigen, aber das Eisen flog dem Schmied unter dem Hammer auseinander. Auch die vergeblichen Versuche, das Eisen von Bitburg in der Eifel in der Hitze zu verarbeiten, und als dies nicht gelang, es mit Zusatz von anderem Eisen zu verfrischen, dürften hier erwähnt werden. Da die Zweifel über die Schmiedbarkeit auch durch den chemischen und physikalischen Zustand des Meteoreisens unterstützt werden, indem namentlich ein Nickelgehalt von 6 oder gar 10 Prozent unser Schmiedeeisen zur Verarbeitung untauglich macht, so war es wohl angezeigt, diese Frage einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, um sie endgültig entscheiden zu können.

Der Verfasser hat den Versuch gemacht dies zu tun, indem er zunächst alle auf diesen Gegenstand bezüglichen Tatsachen in dem oben angeführten Aufsatz ausführlich zusammen stellte. Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass unter 70 Eisenmeteoriten, mit denen Versuche über ihr Verhalten unter dem Hammer angestellt worden waren, 48 sich als schmiedbar erwiesen, während nur 7 als absolut unschmiedbar aufgeführt sind.

Die amerikanischen Gelehrten, denen weitaus das größte Material zur Verfügung stand, indem von den aufgeführten 153 Fällen nicht weniger als 105 Amerika angehören, haben sich immer entschieden für die Schmiedbarkeit des Meteoreisens ausgesprochen. Dana sagt in seiner Mineralogie (S. 423): „Meteoric iron is perfectly malleable and may be readily worked into cutting instruments and put to the same uses as manufactured iron“. — Shepard hat die Schmiedbarkeit zum Einteilungsprinzip gemacht, indem er die Eisenmeteorite in hämmerbar, gleichartige, hämmerbar, ungleichartige und spröde klassifiziert.

Indessen muss bemerkt werden, dass die Angaben bezüglich der Hämmerbarkeit nicht gleichen Wert haben, indem viele nur sehr oben hin geprüft worden zu sein scheinen. Es wird deshalb von Interesse sein, diejenigen Fälle besonders aufzuführen, über die wir Näheres wissen.

Nur ganz nebenbei erwähnen wir hier der sagenhaften Überlieferungen, welche Attila, Timur und anderen Eroberern vom Himmel gefallene Schwerter in die siegreichen Hände geben. Immerhin deuten sie auf einen erfahrungsmäßigen Kern. Dagegen wissen wir, dass Kapitän Sowerby im Anfang des Jahrhunderts aus einem Stück Meteoreisen vom Kap ein 2 Fuß langes, 1⅜ Zoll breites Schwert für den Kaiser Alexander I. von Russland schmieden ließ. Ebenso ließen Partsch und v. Brudern aus dem Eisen von Lenarto Klingen anfertigen, die eine mittlere Stahlhärte und auf ihrer Oberfläche die welligen Linien des Damaszenerstahles zeigten.

Aus dem Eisen von Krasnojarsk, obgleich Pallasit, sind Nägel und andere Gegenstände geschmiedet worden. Ferner befinden sich verschiedene aus Meteoreisen geschmiedete Gegenstände in öffentlichen Sammlungen, so ein quadratisch geschmiedetes Stäbchen von 22 g Gewicht von Bemdegoeisen in Göttingen, ferner in derselben Kollektion ein 260 g schweres, geschmiedetes Stück von Schwetz an der Weichsel.

Von dem Eisen von Grönland (Baffinsbay) brachte Kapitän Ross bereits 1819 ein Messer, welches er von den Eskimos erhalten hatte, mit. Es befindet sich im Britischen Museum und wurde von Wollaston, der es untersuchte, für Meteoreisen erklärt. Ähnliche Messer befinden sich in Wien und in Göttingen (von Kapitän Sabine). Diese Messer stammen indes wahrscheinlich alle von dem Diskoeisen, über dessen meteorischen Charakter Zweifel herrschen. Bekannt ist, dass Meteoreisen von den Eingeborenen verschiedener Gegenden verarbeitet wird, so von den mexikanischen Indianern im Tolukathal, von den Negern am Senegal, welche Töpfe daraus gefertigt haben sollen, den Nomaqua in Südafrika, welche sich aus dem Meteoreisen vom Löwenfluss Waffen herstellten. Ähnliches wird von Madagaskar berichtet. Das Guildfordeisen soll vor seiner wissenschaftlichen Entdeckung von den Schmieden der Umgegend zu Nägeln, Hufeisen u. s. w. verarbeitet worden sein. Der Reisende Wrangel berichtet, dass sich auf den Alaseyschen Bergrücken in Sibirien eine Menge gediegenes Eisen von vorzüglicher Güte finde, das von den Jakuten zu Messern, Beilen u. s. w. verarbeitet werde.

Trotz dieser großen Zahl glaubwürdiger Tatsachen, die für die Schmiedbarkeit des Meteoreisens sprechen, schien es mir doch notwendig, die Frage durch direkte Versuche zur Entscheidung zu bringen, umso mehr, als auch die Schweißbarkeit, Härtbarkeit u. s. w. näher untersucht werden sollte. — Der Verfasser hat dies mit Tolukaeisen von vorzüglicher hexaedrischer Spaltbarkeit getan und ist ihm dies vollständig gelungen. Dass Tolukaeisen schmiedbar sei, war schon früher bekannt und machte ein in dortiger Gegend begüterter Minenbesitzer, Herr Stein, dem Verfasser hierüber folgende Mitteilung. „Das fragliche Meteoreisen von Toluka oder deutlicher von Istlahuaca wird hier und da von den dortigen Schmieden verarbeitet zu Pflügen, Beilen, Hacken, je nach der Größe des Stückes Meteoreisen. Doch gelingt es nicht immer, das Eisen nach Wunsch zu verarbeiten und die Leute werfen dann die sogenannten „unnützen“ Stücke fort. Mir — oder besser gesagt unserem Maschinisten ist es gelungen, einige kleine Stücke zu schmieden. Ich sende Ihnen per Post einen kleinen Hammer und ein kleines Täfelchen, welche aus Meteoreisen geschmiedet sind. Der Hammer ist glatt gelassen, das Täfelchen ist mit Säure geätzt, wodurch die Widmannstättenschen charakteristischen Figuren zu ersehen sind. Ferner ein Stück Meteoreisen roh, d. h. nicht verarbeitet, sondern bloß durchgesägt und die gesägte Fläche geätzt. — Das Eisen wurde mit Anwendung von Eichenholzkohlen geschmiedet. Das Zersägen des Stückes war sehr schwierig und geschah unter stetem Zutun von Seifenwasser mit einer ganz feinen Holzsäge. — Mein Vater ließ in Darmstadt ein großes Stück mit Maschinenkraft zersägen, wobei circa 10 Zirkularsägen zu Grunde gingen.“ Der Maschinist, der das Ausschmieden der erwähnten Stücke ausgeführt hatte, gab folgenden Bericht:

„Die Versuche, Meteoreisen zu schmieden, waren einfacher Natur. Natürlich darf es nicht in Steinkohlen, sondern in Holzkohlen gewärmt werden. Die beiden Hämmer, welche ich damals schmieden ließ, haben sogar Schweißhitze vertragen, da das Meteoreisen etwas unganz war. Reines Feuer und gute Schweißhitze sind nötig, das Eisen darf auch nicht rotglühend gehämmert werden, sondern im weißwarmen Zustande, muss demnach öfters gewärmt werden. Ob nun gerade das Meteoreisen von Toluka das allein schmiedbare ist, kann ich nicht sagen. Unser Meteoreisen ist sehr rein und enthält außer Nickel keinen anderen fremden Körper. Die Bearbeitung mit der Feile hatte jedoch ihre Schwierigkeiten, da viele sehr harte Stellen an dem Hämmerchen vorhanden waren, die ich aber auf dem Schleifsteine glatt geschliffen habe. 24-stündiges Ausglühen in Holzkohlenasche half nicht viel.“

Aus diesen Berichten geht hervor, dass das meiste, jedoch nicht alles Tolukaeisen schmiedbar ist. Wie erwähnt, versuchte ich die Sache selbst und gelang mir das Schmieden eines möglichst gesunden Stückes, das von der Hauptmasse abgesägt worden war, vollständig. Als Feuerungsmaterial benutzte ich Buchenholzkohlen. Das Eisen war nicht so weich wie unser Schmiedeeisen, ließ sich aber bei mäßiger Schweißhitze leicht ausschmieden. Ebenso zeigte es sich ganz gut schweißbar. Das Meteoreisenstück wurde in die Form eines Stäbchens ausgeschmiedet und an ein ähnlich gestaltetes Stück weichen Schmiedeeisens flach angeschweißt. Die Naht war gesund, wenn auch wegen der Ungleichheit des Materials deutlich zu erkennen; nach dem Ätzen trat die Schweißstelle, sowie der Unterschied der beiden Eisensorten noch schärfer hervor. Das verschmiedete Meteoreisen ist härter wie Schmiedeeisen und weniger biegsam. Dagegen hat es nicht die Eigenschaften des Stahls. Vor allem lässt es sich nicht härten. Verschiedene Versuche in dieser Richtung ergaben höchstens eine ganz unbedeutende Oberflächenhärtung infolge der Abschreckung, im Inneren blieb die Masse unverändert. So bog sich auch die meißelförmige Schneide des abgeschreckten, geschmiedeten Meteoreisens ebenso leicht um, wie die des nicht abgeschreckten. Im allgemeinen scheint das Material für schneidende Werkzeuge wenig geeignet zu sein, ebenso wenig für Schwerter, da es sowohl der gleichmäßigen Schneide als auch der Elastizität ermangelt. Dies wird bestätigt durch eine Mitteilung des Herrn Stein sen., wonach die Bewohner des Tolukatales nur die ordinärsten Geräte aus diesem Eisen machen, während sie sich alle schneidenden Werkzeuge von den Spaniern beschaffen. Da nun die Schmiedbarkeit des meteorischen Eisens erwiesen ist, könnte es nahe liegen, die kontroverse Frage, von der wir ausgingen, ob nämlich die Menschen der Urzeit zuerst das Meteoreisen aufgesucht und verarbeitet hätten, zu bejahen. Es hat auch diese Annahme bei oberflächlicher Betrachtung etwas Verführerisches. Je mehr man aber auf die Sache eingeht, je mehr muss man zu der Überzeugung kommen, dass diese Theorie falsch ist.

Zunächst spricht dagegen die Seltenheit des Meteoreisens. Seit etwa 80 Jahren ist es wissenschaftlich festgestellt, dass zeitweilig meteorisches Eisen vom Himmel auf die Erde gelangt. Seit dieser Zeit sind nur neun hierher gehörige Fälle beobachtet worden, von denen der Fall von Braunau mit 41 kg Gewicht der größte und wichtigste war. Man hat in diesem Zeitraume die ganze Erde nach Meteoreisen abgesucht und doch hat man bis jetzt nicht mehr als 153 Fälle konstatiert.

Das Gesamtgewicht von 106 Fällen, deren Gewicht verzeichnet ist, beträgt annähernd 126000 kg, dies ergäbe für den einzelnen Fall circa 1190 kg, für alle 153 Fälle circa 182200 kg. Diese Angaben sind indessen zu hoch gegriffen, denn während alle großen Meteoreisenmaßen eingerechnet sind, lässt sich annehmen, dass die Fälle, über welche uns die Gewichtsangaben fehlen, nur unbedeutende waren.

Ferner darf das Diskoeisen, welches die größte Gewichtszahl, nämlich 40000 kg führt, kaum mehr als Meteoreisen angesehen werden. 1870 wurde dieses Eisen bei Ovifak auf der Insel Disko an der Westküste von Grönland unter Granitblöcken, neben einem hohen Basaltrücken aufgefunden. Die größten Blöcke von 560, 200 und 90 Zentner Gewicht wurden von einem schwedischen Krondampfer abgeholt und dem Stockholmer Museum einverleibt. In dem benachbarten Basalt hat man aber ebenfalls metallische Eisenmaßen aufgefunden, so dass man annehmen muss, dass die Blöcke am Strande aus diesem ihren Ursprung haben. Professor Nordenskjöld, dem die Auffindung derselben zu verdanken ist, stellte die Theorie auf, dass dieses Eisen in einer früheren geologischen Epoche, da der Basalt als eine breiartige Masse aus dem Erdinnern hervorquoll, vom Himmel gefallen und so in das Gestein gelangt sei. Spätere Beobachtungen (von Stenstrup, Smith etc.) haben es aber wahrscheinlicher gemacht, dass dieses Eisen tellurischen Ursprungs sei, indem es als ein Ausscheidungsprodukt eines nickelhaltigen Magnetkieses, der jenen Basalt in großen Maßen erfüllt, anzusehen ist. Jedenfalls zeigt das Eisen von Disko nicht die glänzende, weiße Farbe des normalen Meteoreisens, sondern eine graue wie Gusseisen. Die aufgefundenen Riesenblöcke von Meteoreisen kommen aber für technische Verarbeitung der Urmenschen überhaupt nicht in Betracht, da sie weder transportabel, noch zu zerteilen sind. Von Tucuman sind ungefähr 700 kg mit vieler Mühe abgeschlagen worden, die Hauptmasse liegt noch an Ort und Stelle. Durango ist gänzlich verloren gegangen, nur Stücke davon existieren in Sammlungen. Rogue-River Mountains, Oregon ist mit dem Tode des Entdeckers, D. J. Evans, verloren gegangen. Das Hauptstück von Cranbourne liegt noch an Ort und Stelle und hat, trotz den vorzüglichen Werkzeugen der Neuzeit, allen Versuchen, Stücke davon abzuhauen, widerstanden.

Sehen wir aber auch von diesen Umständen gänzlich ab, so ist das oben berechnete Gesamtgewicht aller bis jetzt aufgefundenen Meteoreisenmaßen von 182200 kg nicht so groß, als die viertägige Produktion eines einzigen modernen Hochofens! Für die Bedürfnisse der Erdbewohner für einen einzigen Tag ein verschwindender Bruchteil!

Dagegen ist es sehr wohl denkbar, dass in einem einzelnen Fall ein Individuum oder auch selbst die Bewohner eines beschränkten Distriktes Meteoreisen verarbeitet haben, wofür wir Beispiele an dem Eisen zu Grönland, Tolukahal u. s. w. bereits angeführt haben und spricht hierfür auch der Umstand, dass in der alten Welt, welche die ältere Kultur besitzt, viel weniger Meteoreisen gefunden wird, als in der neuen. Dass aber die gesamte Menschheit das Eisen auf diesem Wege kennen gelernt habe, lässt sich nicht annehmen, ebenso wenig, dass diese gelegentliche Ausbeutung zu einer metallurgischen Industrie oder zu einem geordneten Handel geführt habe. Abgesehen von der Spärlichkeit des Vorkommens sprechen hiergegen auch technische Gründe. Das Meteoreisen ist als gediegenes Metall schwer zu erkennen, da es stets von einer harten Kruste von verschlacktem Eisenoxiduloxid überzogen ist, wodurch es das Ansehen eines Brauneisensteines erlangt; es ist so hart, dass nicht einzusehen ist, wie barbarische Völker mit ihren unvollkommenen Steinwerkzeugen größere Blöcke verarbeiten konnten. Man könnte also höchstens annehmen, dass die kleineren Stücke mit Feuer verschmiedet worden seien. Weit wahrscheinlicher ist aber, dass auch dies erst geschah, nachdem man bereits das Eisen und seine Gewinnung aus den Erzen kennen gelernt hatte. Nachdem dies geschehen war und man mit den Eigenschaften des Eisens sich völlig vertraut gemacht hatte, war es leichter möglich, in den Meteoriten dasselbe Metall wieder zu erkennen. Wie schwierig es trotzdem ist, das Meteoreisen zu erkennen und zu verarbeiten, beweisen verschiedene Fälle, dass Blöcke von Meteoreisen viele Jahre lang in Schmieden lagen, meist als Ambosse benutzt, ohne dass ihre Natur erkannt oder sie technisch nutzbar gemacht worden wären; dies war der Fall bei dem Eisen von Rasgata und dem von Tucson. Überhaupt konnte aber die gelegentliche Auffindung eines Stückes Meteoreisen und seine Verarbeitung die Menschen in ihrer technischen Kultur durchaus nicht fördern. Zwischen dem Ausschmieden eines Meteoreisenstücks und der Auffindung und Verschmelzung der Eisenerze besteht gar kein Zusammenhang. Das erstere konnte das letztere nicht bedingen, noch dazu hinführen. Die Entdeckung, aus gewissen Steinen mittels Holzkohle Eisen auszuschmelzen, blieb derselbe wichtige Kulturfortschritt, gleichviel ob man Meteoreisen vorher oder nachher gelegentlich verarbeitet hat.

Die frühere Verwendung des Meteoreisens ist aber auch deshalb wenig wahrscheinlich, weil sie, wie oben ausgeführt wurde, nicht leicht ist und ein Material liefert, das namentlich für schneidende Werkzeuge, Messer, Meißel u. s. w. kaum verwendbar ist.

Man hat viel Gewicht gelegt auf ein ägyptisches Wort baaenepe oder koptisch be-ni-pe, welches „Eisen“ in wörtlicher Übersetzung, aber „Metall des Himmels“ bedeutet, und hat diese Bezeichnung als einen glänzenden Beweis dafür angeführt, dass die Menschen das Eisen zuerst als Meteoreisen kennen gelernt haben müssten. Diese Deduktion hat aber umso weniger Wert, als das angeführte Wort sehr spät gebildet und als Bezeichnung für Eisen relativ neu ist. Allerdings hat es sich in der Form von be-ni-pe mit dem Sinne „Eisen“ in der koptischen Sprache und besonders in dem sahidischen Dialekt erhalten. Die älteste Bezeichnung der Ägypter für „Nutzmetall“, worunter bei ihnen ursprünglich sowohl Kupfer als Eisen begriffen wurde, war „ba“, was zunächst etwas Hartes, Festes bedeutet. Wenn hieraus später das Wort baaenepe, koptisch be-ni-pe Metall des Himmels entstanden ist, so kann dies höchstens beweisen, dass auch die Ägypter schon die Erfahrung machten, dass Eisen, welches sie kannten, zeitweilig vom Himmel herabfiel. — Es scheint nicht unwahrscheinlich, dass das griechische Wort σίδηρος ähnlich gebildet ist, denn die in sonst allen arischen Sprachen vorkommende Wurzel für Eisen ais, er, kann hier nur in dem zweiten Teile des Wortes ηρος stecken, während das Präfix σιδ mit dem lateinischen sidus, Gestirn, Himmel zusammenhängen dürfte. Diese Bezeichnung für Eisen „Metall des Himmels“ dürfte bei den Griechen umso plausibler erscheinen, als es ein alter Glaube war, dass das Himmelsgewölbe aus Eisen bestehe, und dies kann wieder als ein Beweis dafür angesehen werden, dass sie von Meteoreisenfällen mehr oder weniger bestimmte Kenntnis hatten. Wir kommen zu folgendem Schluss:

Die Tatsache, dass aus dem unbekannten Himmelsraume zuweilen Maßen metallischen Eisens auf die Erde herabfallen, war schon in sehr früher Zeit bekannt; doch bildete die Auffindung solcher Maßen nicht den Ausgangspunkt der Eisenindustrie, vielmehr wurden sie erst als Eisen erkannt, nachdem die Ausschmelzung der Eisenerze bereits bekannt war. Dieser Prozess ist uralt und darf gerade die frühe Kenntnis des Meteoreisens als ein neuer Beweis für das hohe Alter der Eisenbereitung — die wir ja bei den barbarischsten Stämmen Afrikas als eine seit undenklicher Zeit betriebene Operation kennen — angeführt werden.

Die erste Kenntnis der Verwendung des Eisens geht, wie erwähnt, in vorgeschichtliche Zeit zurück. Die meisten alten Völker schrieben den Ursprung oder die Entdeckung des Metalls einem Gott oder einem göttlichen Wesen zu, die Ägypter dem Osiris, die Römer dem Vulkan, die Germanen dem Odin, die Griechen dem Kadmos, dem Prometheus und den Kabiren. Auch die Angaben, die bestimmter in das Gewand der Geschichte gekleidet erscheinen, sind sagenhaft. Die heiligen Schriften der Israeliten nennen Thubalkain zuerst als „einen Meister in allerlei Erz und Eisenwaren“. Er lebte im achten Geschlecht nach Adam, jüdischer Rechnung gemäß im Jahre 1057 nach Erschaffung der Welt oder um 3000 vor Christi Geburt. Aber Thubalkain ist eine ebenso mythische Gestalt wie Prometheus. Sein Name bedeutet Thubal der Schmied. Nach der parischen Marmorchronik hätten die phrygischen Dactylen das Eisen im Jahre 1432 v. Chr. entdeckt. Nach den chinesischen Annalen soll das Eisen in China im Jahre 2940 v. Chr. erfunden worden sein.

Alle diese Angaben sind sagenhaft und unsicher. Dagegen wissen wir aus den erhaltenen Inschriften und Skulpturen der Ägypter, dass bei ihnen bereits zur Zeit der ersten Könige der vierten Dynastie Eisen im Gebrauch war und diese historische Zeit geht selbst noch über die Thubalkains und die der ersten chinesischen Kaiser hinaus. Den Nachweis hierfür werden wir in dem Abschnitte über Ägypten erbringen.

Wenden wir uns nun zu der zweiten Frage, die wir in der Einleitung behandeln wollen, zu der Frage über die Stellung des Eisens zu den übrigen Metallen, insbesondere zu der Bronze im Altertum.

Die Erfindung und Darstellung der Metalle aus ihren Erzen war einer der größten Fortschritte in der Kulturentwickelung des Menschengeschlechts. Durch sie wurde er in den Stand gesetzt, seine Werkzeuge zu verbessern. Der Mensch unterscheidet sich von dem Tiere hauptsächlich durch die Anwendung von Werkzeugen, durch diese herrscht er. Vor der Entdeckung der Metalle verwendet er Holz, Knochen und Stein zu diesem Zwecke. Das sogenannte Steinzeitalter ging dem Metallzeitalter voraus und umfasst einen ungeheuren, bis jetzt nur geahnten Zeitraum. Trotz ihrer langen Dauer wissen wir über die Steinzeit, außer dass sie überall nachweisbar ist, wenig Sicheres. Der Kampf um das Dasein war bei der Unvollkommenheit der Werkzeuge noch so erschwert, dass er alle Kräfte des Individuums in Anspruch nahm, wodurch eine Entfaltung seiner höheren Geisteskräfte sehr behindert war. Durch die Anwendung von Metallwerkzeugen wurde die Überlegenheit der Menschen, ihre Herrschaft auf Erden gesichert. Die größere Freiheit und Unabhängigkeit erweckten ein höheres Selbstgefühl, das sich allmählich zum politischen Bewusstsein steigerte, und Veranlassung gab, durch Denkmale und Aufzeichnungen seine Erlebnisse zu verewigen, also zu den Anfängen der Geschichtsschreibung. Eine Geschichte beginnt für uns erst nach der Entdeckung der Metalle. Daraus folgt, dass eine Untersuchung über das Alter der Metalle in vorgeschichtliche Zeiten zurückgreifen und infolgedessen hypothetisch bleiben muss. Demungeachtet ist diese Frage für uns von Wichtigkeit. Das Metall, welches die Menschen allerwärts zuerst kennen lernten und aufsuchten, war das Gold, das sich in gediegenem Zustande auf oder nahe der Oberfläche findet und durch seine bemerkenswerten Eigenschaften, seine Farbe, seinen Glanz, seine Schwere und seine Dehnbarkeit am frühesten die Aufmerksamkeit auf sich zog. Es wurde als Schmuck und zu Zierraten verwendet, da es sich zu selten und in zu kleinen Mengen fand, um es zu Werkzeugen verarbeiten zu können. Putzsucht und Habgier waren aber von Anfang an zwei mächtige Triebfedern für den gesellschaftlichen Fortschritt und diese hefteten sich schon in einer sehr frühen Periode an das Gold. Das Suchen nach Gold brachte die Menschen in neue Beziehungen zu der Natur; die Gewinnung und Verarbeitung lehrte sie neue Eigenschaften kennen und führte sie dazu, neue Werkzeuge und Hilfsmittel zu erfinden. Das Gold kommt aber in der Natur mit fast sämtlichen übrigen Metallen vergesellschaftet vor. Eisen findet sich mit den Goldflitterchen zusammen in dem Sande der Flüsse und Seifen als Magneteisenkörner, die beim Verwaschen des Goldes infolge ihrer Schwere mit diesem zurückbleiben. Mit Kupfer, Blei und Silber findet sich das Gold in den Haupterzen dieser Metalle, in dem Kupferkies und dem Bleiglanz und deren Umwandlungsprodukten verbunden. Das Ausschmelzen des Goldes aus dem Sande oder den Erzen konnte darum leicht auch zu der Entdeckung der übrigen Metalle führen. Wie alt die Bekanntschaft des Goldes ist, lässt sich nicht bestimmen. Es ward in dem Steinzeitalter verwendet, ehe man noch eins der übrigen Metalle kannte. Die ungeheuren Goldmaßen, die schon in früher Zeit in den Schatzkammern der Herrscher Mittelasiens aufgehäuft waren, sind ein Beweis für das hohe Alter der Goldgewinnung. Dass das Gold das ältest bekannte Metall war, wird von allen Seiten zugestanden, und in diesem Sinne lassen die Archäologen auch das „goldene Zeitalter“ der Dichter gelten.

Weit schwieriger ist die Antwort auf die Frage: Welches war das älteste Nutzmetall? Kupfer, Bronze (Erz) oder Eisen? Alle drei wurden schon in sehr alter Zeit zu Waffen und Werkzeugen verarbeitet. Eine weit verbreitete Meinung ist die, dass die Benutzung des Kupfers und der Bronze älter sei, als die des Eisens. Archäologen wie Anthropologen halten noch vielfach an der alten Irrlehre fest, dass auf die Steinzeit erst eine Bronzezeit und auf diese erst die Eisenzeit gefolgt sei. Diese Ansicht basiert zum Teil darauf, dass bei den Ausgrabungen alter Wohn- und Grabstätten häufig Geräte und Werkzeuge von Bronze, selten solche von Eisen gefunden werden und dass diese Funde zeigen, dass in jenen Zeiten die Bronze zu vielen Zwecken verwendet wurde, wofür wir uns heute des Eisens bedienen. Hauptsächlich stützt sich aber diese Lehre auf Überlieferung, auf die Ansichten und Mitteilungen der griechischen und römischen Dichter und Schriftsteller. Die herrschende Ansicht unserer Zeit wird noch immer getreu ausgedrückt durch die Worte des römischen Dichters Lucretius:

Arma antiqua manus, ungues, dentesque fuerunt

Et lapides et item silvarum fragmina rami

Et flammae atque ignis postquam sint cognitae primum:

Posterius ferri vis est aerisque reperta,

Sed prius aeris erat, quam ferri cognitus usus.


Homer kann nicht als ein Gewährsmann für das Bronzezeitalter angeführt werden, indem in seinen Gedichten viele Stellen die Bekanntschaft und Verwendung des Eisens bezeugen und er darüber schweigt, ob er Bronze oder Kupfer, die er nicht unterscheidet, für ältere Metalle hält als das Eisen. Dagegen geht aus seinen Schilderungen allerdings hervor, dass der Dichter eine allgemeine Verwendung der Bronze oder des Kupfers für Zwecke der Bewaffnung zur Zeit des trojanischen Krieges annahm.

Hesiod ist es, der der Lehre von der Aufeinanderfolge der Bronze- und Eisenzeit zuerst Ausdruck gegeben hat. Er führt fünf Zeitalter auf, die seit Erschaffung der Erde einander gefolgt sind. Im Anfang herrschte die goldene Zeit, auf diese folgte die silberne, dann die eherne, hierauf folgte das Zeitalter der Heroen. Das fünfte endlich ist das eiserne, in dem die Gegenwart lebt.

Das erste Zeitalter war das glücklichste und vollkommenste.

„Als mit den Göttern zugleich die sterblichen Menschen entstanden,

Schufen die Götter, der hohen olympischen Häuser Bewohner,

Erst ein goldenes Geschlecht verschieden redender Menschen.

Diese lebten, da Kronos noch den Himmel beherrschte,

Lebten wie Götter dahin mit Seelen unkundig der Sorgen,

Kummer und Mühsal kannten sie nicht, nicht dräuendes Alter,

Hand und Fuß ergötzten sich stets bei fröhlichen Festen, —

Fern von jeglichem Übel, beglückt mit jeglichem

Gute Starben sie wie vom Schlaf besiegt.“

Nach dem Tode wurden sie gute Dämonen, welche die sterblichen Menschen bewachen „und bemerken alle gerechte Taten und böse“. Jene Menschen lebten in ewiger Jugend und wurden sehr alt.

Das zweite silberne Geschlecht war weder an Geist noch an Kraft dem vorhergegangenen gleich. Es erreichte nicht ein gleich hohes Alter. „Denn sie enthielten sich nicht des Unrechtes und huldigten nicht den Unsterblichen. — Doch war es noch von Ehre begleitet.“

„Jetzt schuf Vater Kronion ein drittes, ehernes, wildes, eichenstarkes Geschlecht von verschieden redenden Menschen, ganz unähnlich dem silbernen.“ —

„Sie erfreuten sich an Ares kläglichem Werke und lebten nicht von der Feldfrucht.“

„Eherne Wohnungen fertigten sie, nebst ehernen Waffen, sich aus Erz, denn sie kannten noch nicht das schwärzliche Eisen.“

Diese mordeten sich mit eigener Hand und stiegen

Ungeehrt in die räumige Wohnung des grausen Aides.

Neu scheint das vierte Zeitalter, das Zeitalter der Heroen, von dem Dichter aus theologischen Gründen eingeschoben zu sein, um die Stammhelden des Vaterlandes nicht zu dem gewalttätigen ehernen, noch zu dem missgünstigen eisernen Geschlecht zählen zu müssen. Der Dichter lässt die Menschen dieser Periode zwar aus dem ehernen Geschlecht entspringen, aber sie waren weit gerechter als dieses und man nannte sie „Halbgötter“.

Diesem folgt endlich das Geschlecht der Gegenwart, das fünfte Weltalter und der Dichter beginnt mit kräftigem Ausruf:

Wehe mir im fünften Geschlecht der Menschen Ersprossnen!

Wär’ ich doch früher gestorben oder später geboren!

Dieses Geschlecht ist eisern! Nicht bei Tage, bei Nacht nicht

Ruh’n die Verworfenen aus von ihren Beschwerden und Mühen,

Denn die drückendsten Sorgen entsendeten ihnen die Götter.

Doch ein Gutes wird sich mit diesen Übeln verbinden:

Zeus vertilget, wenn ihm um die Schläfen die Locken ergraut sind,

Endlich auch dieses Geschlecht der verschieden redenden Menschen.

Zwei ganz verschiedene Elemente, ein philosophisches und ein historisches, sind in der Sage von den Weltaltern verwebt. Das philosophische wurzelt in dem der Menschennatur innewohnenden Bedürfnis, Zukunft und Vergangenheit schöner zu sehen als die Gegenwart, ein beglückendes Sehnen der Seele, das sie über sich selbst und die materiellen Nichtigkeiten der Gegenwart erhebt. Diese Vorstellung, dass der Mensch vormals besser, dass er im Anfang als ein reines, schuldloses Wesen geschaffen war, ist nicht den Griechen eigentümlich, sondern kehrt in der Sagengeschichte aller Religionen wieder. Aber selbst die spezielle Fassung der Zeitalter haben nicht die Griechen allein, sondern sie findet sich in derselben Weise bei den Indern und Persern; sogar die alten Bewohner Mexikos nahmen vier ähnliche Weltperioden an. Das historische Element — für uns bei weitem das wichtigere —, ist die Erinnerung der Griechen, dass nicht allezeit ihre Vorfahren im Besitze der Metalle waren, sondern dass sie erst nach und nach das Gold, das Silber, das Erz und das Eisen kennen und verwenden lernten.

Die Aufeinanderfolge dieser Metalle ist aber bei Hesiod eine ebenso theoretische Annahme, wie bei den Altertumsforschern unserer Zeit, denn er erklärt deutlich und bestimmt, dass er in der Eisenzeit lebe und dass das eherne Zeitalter längst verschwunden ist; so lange schon, dass ihm die Zeit der sagenhaften Stammeshelden näher steht und er diese zwischen Bronze- und Eisenzeit als Übergangsperiode einschaltet. Hesiod lebt nach seiner eigenen Erklärung nicht in der Eisenzeit. Die Kunst der Erzverarbeitung erreichte aber lange nach Hesiod erst ihren Höhepunkt in Griechenland. Es war dies um die Zeit, als Herodot seine Geschichte schrieb, aber auch dieser Schriftsteller weiß es nicht anders, als dass man die gebräuchlichen Werkzeuge wie Beile, Meißel u. s. w. von Eisen macht und er kann es sich gar nicht anders denken, als dass auch die Ägypter beim Bau der großen Pyramiden sich eiserner Werkzeuge bedient hätten. Die ältesten griechischen Schriftsteller legen demnach kein direktes Zeugnis ab für das Bronzezeitalter, dagegen liefern sie den bestimmtesten Nachweis, dass sie in dem Eisenzeitalter gelebt haben. Aus der poetischen Darstellung des Hesiod kann höchstens gefolgert werden, dass die Theorie eines Bronzezeitalters schon vor etwa 2700 Jahren gespukt hat.

Die häufigeren Erzfunde in Gräbern und Ansiedlungen sind gleichfalls kein hinlänglicher Beweis für das höhere Alter der Bronze, da das Eisen in feuchtem Boden sich viel rascher und vollständiger oxidiert und auflöst als die Bronze, so dass nur besondere Glücksumstände die Erhaltung von Eisenstücken durch Jahrtausende hindurch überhaupt ermöglichen. Indessen sind uns ja solche Eisenfunde aus ältester Zeit erhalten, aus Zeiten, in welchen die Bronze noch nicht nachgewiesen werden kann.

Wenden wir uns nun zu den sachlichen Gründen, die für oder wider das Bronzezeitalter sprechen, und zwar vor allem zu den metallurgischen.

Die Bronze ist eine künstliche Legierung von Kupfer und Zinn. Dieses Metallgemisch ist nicht zu erlangen und wenigstens technisch verwendbar nie erlangt worden durch direktes Ausschmelzen von Erzen, welche zufälligerweise beide Metalle enthalten. Seine Bereitung setzt vielmehr die Darstellung von Kupfer und Zinn voraus. Um Bronze zu erhalten, muss dem eingeschmolzenen Kupfer metallisches Zinn zugesetzt werden.

Das erste Erfordernis zur Darstellung der Bronze ist demnach die Darstellung des Kupfers aus seinen Erzen. Diese musste der Erfindung der Bronze vorausgehen, und dass dies der Fall war, ist außer Zweifel. Das Kupfer war lange bekannt und im Gebrauch, ehe die Darstellung der Bronze entdeckt wurde. Die Streitfrage wäre demnach zunächst die: Ist das Kupfer früher entdeckt worden als das Eisen. Durch rein historische Beweismittel lässt sich dies nicht entscheiden, da die frühesten geschichtlichen Überlieferungen die Bekanntschaft des Eisens wie die des Kupfers bezeugen. Technische Gründe sprechen nicht für eine frühere Bekanntschaft der Gewinnung des Kupfers als der des Eisens. Allerdings wird das Kupfer häufiger in gediegenem Zustande gefunden als das Eisen, sehr selten aber nur in Maßen, die sich direkt zu Werkzeugen verarbeiten lassen, wie dies bei dem ganz außerordentlichen Vorkommen am Oberen-See in Nordamerika der Fall ist. Dort, wo sich das Kupfer öfter in Begleitung von Silber in großen Klumpen in einem vulkanischen Gestein findet, lernten die barbarischen Indianerstämme freilich früh das natürliche Metall kennen und durch einfaches Ausschmieden zu Werkzeugen zu verarbeiten. Mit diesen trieben sie sogar Handel. Das Ausschmelzen des Kupfers, wie überhaupt jede andere metallurgische Operation blieben ihnen trotz dieser Verwendung unbekannt. Von der Darstellung des Kupfers aus seinen Erzen oder der Bereitung von Kupferlegierungen hatten sie keine Ahnung. Durch das gelegentliche Auffinden eines Stückes Kupfer und der Verarbeitung desselben zu einem Gegenstande wurde also weder der Einzelne noch ein ganzes Volk zur Kunst der Darstellung des Metalls aus seinen Erzen geführt. Die Gewinnung und Verarbeitung von gediegenem Kupfer konnte aber immer nur eine zufällige, durchaus lokale sein. Für die Gewinnung im großen kommt nur die Darstellung des Metalls aus seinen Erzen in Betracht. Kupfererze sind aber weit seltener und schwieriger zu gewinnen als Eisenerze. Dieser Umstand wird nicht ausgeglichen durch die auffallendere Färbung der Kupfererze, die bei den oxidischen Erzen meist blau und grün ist. Die geschwefelten Erze, die teils goldfarbig wie der Kupferkies, teils metallglänzend wie Kupferglanz und Buntkupfererz sind, können hier weniger in Betracht kommen, da ihre Verarbeitung auf Kupfer weit schwieriger ist, so dass wir annehmen dürfen, dass die erste Darstellung des Metalls aus seinen oxidischen Erzen erfolgt ist. Die Erze des Eisens sind ebenfalls Oxide. Die Extraktion der Metalle aus den Erzen ist eine analoge: Es ist eine einfache Reduktion mittels Kohlenstoff, wozu in früheren Zeiten ausschließlich Holzkohlen verwendet wurden. Ein wesentlicher Unterschied besteht aber darin, dass man das Kupfer, um es aus seinen oxidischen Erzen zu gewinnen, bis über seinen Schmelzpunkt, der bei ungefähr 1100° C. liegt, erhitzen muss. Um dagegen Eisen aus seinen Erzen zu gewinnen, ist es nicht nötig, dieselben über seinen Schmelzpunkt, der bei ungefähr 1200° C. liegt, zu erhitzen. Die Reduktion des Metalls geht nämlich schon bei weit niedrigerer Temperatur vor sich und hat das reduzierte Eisen die Eigenschaft, vor dem Schmelzen in einen wachsartigen Zustand überzugehen, in dem die einzelnen Teilchen leicht zu einem Klumpen zusammenkleben oder zusammenschweißen. Hierdurch wird es möglich, bei verhältnismäßig niedriger Temperatur, etwa bei 700° C., das Eisen aus seinen Erzen abzuscheiden, allerdings nicht als geschmolzenes Metall, sondern als eine lose zusammenhängende, schwammartige Masse, die sich aber schmieden und durch wiederholtes Glühen und Ausschmieden zu jedem Zwecke wie unser Stabeisen verarbeiten lässt. In der Erreichung der hohen Schmelztemperaturen lag aber die größte Schwierigkeit für die Metallurgie des Altertums. Die Verbrennung von Holz in offenen Feuerstätten gab nicht die genügende Hitze zur Flüssigmachung des Goldes oder zur Ausschmelzung der Metalle aus ihren Erzen. Diese konnte erst erreicht werden durch Herstellung eines konzentrierten Brennstoffes, der einen höheren pyrometrischen Wärmeeffekt ergab, durch geschlossene Feuerstätten und künstliche Zuführung gepresster Luft mit Hülfe von Blasebälgen. Brennmaterial, Schmelzapparat und Windzuführung sind noch heute die wichtigsten Erfordernisse für jede metallurgische Operation. Bei der Unvollkommenheit dieser Hilfsmittel im Altertume machte es einen ungeheuren Unterschied, ob eine Operation bei 700° oder bei 1100° ausführbar war. Deshalb war die Darstellung des Eisens in der oben geschilderten Weise weit leichter als die des Kupfers aus seinen oxidischen Erzen. Die Darstellung des Kupfers aus seinen wichtigsten, den geschwefelten Erzen war noch weit schwieriger, da diese außer der Schmelzung noch verschiedene Vorbereitungen und Zwischenprozesse verlangt, welche lange Beobachtung und Erfahrung voraussetzen. Auf der anderen Seite muss jedoch wohl im Auge behalten werden, dass das Produkt, welches bei der einfachen Reduktion der Eisensteine erhalten wurde, sehr unrein und unvollkommen war. Je nach der Natur der Erze fiel ein härteres, stahlartiges oder weicheres, unserem Schmiedeeisen ähnliches Produkt. Das geschmolzene Eisen, unser Gusseisen, blieb den Alten, wie oben ausgeführt wurde, unbekannt. Die Schmelztemperatur des Goldes (1200°) scheint aber im allgemeinen die höchste Temperatur gewesen zu sein, welche die Alten bei ihren metallurgischen Operationen erreicht haben. Nach diesen Auseinandersetzungen dürfen wir behaupten, dass technische Gründe nicht vorliegen, welche eine frühere Bekanntschaft des Kupfers gegenüber dem Eisen annehmen lassen, dass vielmehr die Wahrscheinlichkeit für das Umgekehrte spricht. Wir begnügen uns indes mit dem historischen Faktum, dass Kupfer und Eisen den ältesten Kulturvölkern bei ihrem Eintritt in die Geschichte bereits bekannt waren.

Ganz anders verhält es sich dagegen mit der Bronzefrage. Die Darstellung der Bronze setzt die Bekanntschaft mit dem Kupfer voraus. Bei den Völkern, welche selbständig zur Erfindung der Bronze geführt wurden, muss daher der Bronzezeit eine Kupferzeit voraus gegangen sein. Dies bestätigt sich auch bei allen alten Kulturvölkern, bei denen eine originelle Entwickelung der metallurgischen Kenntnisse angenommen werden kann, so bei den Ägyptern, Indern, Chinesen etc. Anders kann es sich freilich verhalten bei denjenigen Völkern, welche erst nach der Entdeckung der Bronze in die Geschichte eingetreten sind und denen die Metalle zuerst aus anderen Gegenden zugeführt wurden.

Das Kupfer ist aber nur eins der Metalle, welche zur Darstellung der Bronze erforderlich sind, der andere Bestandteil ist das Zinn. Die Darsteller der Legierung mussten im Besitze von metallischem Zinn sein. Dies ist ein wichtiges Moment zur Aufklärung über die Herkunft der Bronze. Zinn ist ein Metall von viel geringerer Verbreitung als das Kupfer. Es findet sich verhältnismäßig nur an wenig Orten auf der Erde. Die Fundstätten, welche für die Geschichte der alten Zeit in Betracht kommen, sind im Paropamisus im Gebiet der Drangen, die Strabo (Bd. XV. 2, erwähnt, in Hinterindien und dem indischen Archipel, ferner in Iberien, der spanischen Provinz Galizien, in Cornwall und in Devonshire. Die Zinnbergwerke Sachsens und Böhmens sind erst im späten Mittelalter entdeckt worden. Auch der galizische Zinnbergbau, der unter der römischen Herrschaft in Blüte stand, scheint vergleichungsweise jüngeren Datums zu sein. Trotzdem war das Zinn Spaniens, „das lusitanische Zinn“, hochberühmt. Eine spätrömische Erklärung will sogar den griechischen Namen des Zinns „Kassiteros“ von einem Berge Kassius in Südspanien herleiten. Im südlichen Spanien ist aber Zinn heutzutage unbekannt. Dagegen waren die südspanischen Häfen, vornehmlich Gades, Hauptstapelplätze des überseeischen phönizisch-britannischen Zinnhandels. Der Handelsweg, den die phönizischen Schiffer mit Eifersucht, namentlich den Römern gegenüber, geheim hielten, ging durch die Straße von Gibraltar. Vielleicht nur, um die römischen Kaufleute irrezuführen, verbreiteten sie neben manchen anderen Handelsmärchen über ihren Zinnhandel die Nachricht, dass sie das Metall aus Lusitanien, aus dem Gebiete des Bätis (Guadalquivir) bezögen.

Gerade der obenerwähnte griechische Namen des Zinns „Kassiteros“ führt uns auf den wirklichen Ursprung des Metalls. Als Entdeckungsorte kommen jetzt überhaupt nur noch Indien, Britannien und der Paropamisus in Betracht. Die Griechen nannten allerdings die griechischen Zinninseln Kassiteriten; dieser Name ist aber von dem alten Namen des Metalls abgeleitet. Das Wort Kassiteros ist viel älter und stammt aus Asien und zwar aus den semitischen Sprachen. Es ist übergegangen in die Sanskritsprache als Kastira, welches indes als ein jüngeres, importiertes Wort angesehen wird. In der arabischen und aramäischen Sprache heißt das Metall fast wie im Sanskrit, nämlich Kasdir und Kastir. Semitischen Stämmen war demnach, wie es scheint, das Zinn am frühesten bekannt, obgleich wir nicht nachweisen können, wo sie es gewonnen und woher sie es bezogen haben. Das Metall kann nur da entdeckt worden sein, wo sein Erz sich findet. Es ist sehr leicht aus seinen Erzen zu reduzieren, besitzt eine niedrige Schmelztemperatur, ist leicht zu vergießen und zu verarbeiten und von höchst charakteristischer Metallfarbe. Ob das Zinn zuerst im kaukasischen Iberien, oder im Paropamisus oder in Hinterindien bereitet wurde und von da zu den Semiten kam, ist noch nicht klar gestellt. Es scheint sehr möglich, dass es durch Küstenhandel aus Indien nach dem persischen und arabischen Meerbusen gelangte. Die Erfindung der Bronze scheint dagegen nicht aus Indien zu stammen. Wenigstens geben die alten Schriftsteller bestimmt an, dass Bronze von westlichen Ländern nach Indien eingeführt wurde. Dagegen sprechen viele Gründe dafür, dass die Bronze von semitischen Völkern Westasiens, möglicherweise auch von der turanischen Urbevölkerung des unteren Euphratlandes zuerst dargestellt wurde. Sicherlich erhielt sie ihre allgemeine Anwendung, Verbreitung und große Bedeutung für die Kultur erst durch die Phönizier. Gerade dadurch, dass der Zinnstein nur in wenigen Gegenden der Erde gefunden wird, war der Zinnhandel schon im frühesten Altertum von höchster Bedeutung. Soweit geschichtliche Nachrichten darüber zurückgehen, war er in den Händen der Phönizier, die eine Art von Monopol daraus machten, über das sie mit Eifersucht wachten.

Wenden wir uns nun zu der Theorie der Bronzezeit, so leuchtet deren Unhaltbarkeit ein. Die Lehre von der Bronzezeit geht, streng genommen, von der Voraussetzung aus, dass die Erfindung der Bronze und ihre Darstellung an allen Orten eingetreten sei, nachdem die betreffende Bevölkerung eine gewisse Kulturstufe erreicht hätte. Von keinem Metall oder Metallgemisch lässt sich dieses weniger annehmen wie von der Bronze. Die Erfindung der Bronze war ein außerordentlicher Fortschritt in der Metallurgie, der nur von einem der hüttenmännischen Technik kundigen Volke, das im Besitze der beiden Metalle, des Kupfers und des Zinns war, gemacht werden konnte. Die Erfindung stammt allen Anzeichen nach aus Asien und wurde von den Phöniziern in umfassendster Weise ausgebeutet. Durch diese wurden erst die Völker Europas mit der Bronze bekannt. Als die Phönizier ihre kühnen Handelsfahrten zuerst längst den Küsten des Mittelmeeres, später auch im Atlantischen Ozean der Westküste Europas entlang unternahmen, befanden sich die meisten Völker Europas noch in einem Zustande der Barbarei, der mit dem der jetzigen Bewohner Afrikas verglichen werden kann. Werfen wir aber einen Blick auf die wilden Völkerschaften Inner-Afrikas, so finden wir einzelne, die nur Werkzeuge aus hartem Holz und Stein kennen, andere, manchmal Nachbarstämme der ersteren, welche mit der Gewinnung des Eisens vertraut sind und sich Waffen und Werkzeuge aus diesem Metall bereiten. So haben z. B. die Mandingos in Westafrika eine alte, einheimische Eisenindustrie, sie verstehen es, das Eisen in niedrigen Öfen aus seinen Erzen zu schmelzen und es zu verarbeiten, dagegen findet man bei den benachbarten Timamis, die durch Abstammung und Sprache mit jenen verwandt sind, von metallurgischen Kenntnissen keine Spur, so dass sie nur Holz und Knochen für ihre Waffen und Werkzeuge zu verarbeiten verstehen. Selbst der Spaten, ihr einziges Ackergerät, ist nicht von Eisen, sondern von Holz. Von den Kaffernstämmen sind die Amakosa (oder Amagonda) seit ältester Zeit als Eisenschmiede berühmt. Sehr bedeutend ist die uralte Eisengewinnung in Darfur und Kordofan. Die Gewinnung und Verarbeitung des Kupfers spielt dagegen bei sämtlichen Negervölkern nur eine äußerst geringe Rolle und es ist nichts darüber bekannt, dass irgendein Stamm sich des Kupfers statt des Eisens für seine Waffen und Werkzeuge bediene. Die Bronze ist ihnen gänzlich unbekannt und ist niemals von einem Negervolke erfunden und bereitet worden. Nicht viel anders wird der Zustand der Urvölker Europas gewesen sein, als diese mit der überlegenen Kultur Westasiens in Verbindung traten. Einzelnen derselben war die Gewinnung und Verarbeitung der Metalle noch gänzlich unbekannt, andere stellten sich mit sehr unvollkommenen Hilfsmitteln Eisen von geringer Qualität dar. Da wurden ihnen von fremden Händlern, die mit Eifer Handelsverbindungen anzuknüpfen suchten, schöne, goldglänzende Waffen angeboten, im Austausch gegen Dinge, die sie im Überfluss hatten und gering im Werte achteten. Diese Waffen waren nicht nur schöner von Ansehen, sondern auch viel zweckmäßiger und vollkommener gearbeitet als ihre eigenen. Ferner wurden ihnen Luxusgeräte aus dem schönen Metall, in mannigfacher Weise verziert, zum Tausch als Zahlung angeboten. Was Wunder, dass die neuen Gegenstände und damit das neue Metall in allgemeine Anwendung kamen, so dass es selbst da, wo Eisengewinnung längst bestand, den Gebrauch des Eisens einschränkte. Denn das neue Metall hatte den großen Vorzug vor dem Eisen, dass es sich leicht schmelzen und umgießen ließ, und diese Kunst lehrten die fremden Kaufleute den Eingeborenen, indem sie ihnen Schmelzformen lieferten, ihnen zeigten, wie die Schmelztiegel anzufertigen seien und wie man aus zerbrochenen und unbrauchbar gewordenen Gegenständen durch Umgießen wieder neue herstellen könne. Die fremden Handelsleute fuhren fort, nicht nur neue Waffen und Geräte, sondern auch das Metall, die Bronze, die zum Bedürfnis geworden war, anzuliefern. So entstand das sogenannte Bronzezeitalter und soweit hat diese Theorie für Europa ihre Berechtigung. Ganz unannehmbar dagegen erscheint die Lehre, wenn sie so gedeutet wird, als ob Völker, wie z. B. die alten Bewohner Dänemarks, die in ihrem Lande weder Kupfer noch Zinn finden konnten, oder Binnenvölker, wie die Pfahlbaubewohner der Schweiz, die von der Zinnküste Englands weitab wohnten, selbständig die schwierige Darstellung der Bronze entdeckt und sofort Waffen und Werkzeuge von großer Vollendung und geschmackvoller Form gegossen hätten. Auch die Ähnlichkeit dieser Formen in weit auseinander liegenden Gebieten widerspricht dem. Die Übereinstimmung der Modelle der Waffen, wenigstens deren Grundformen, z. B. die der sogenannten „Kelten“, bei den verschiedensten Völkern Europas, die unter sich keine Verbindung hatten, beweist die Zuführung dieser Gegenstände von außen aus demselben Ursprungsgebiete auf dem Wege des Handels. Allerdings mag sich in der Folge in einzelnen Gegenden eine gewisse Kunstfertigkeit, die Bronzegeräte nachzuahmen und selbständig aus ungeschmolzenem, altem Metall herzustellen, ja auch selbst neue Formen zu erfinden, entwickelt haben. In diesem Sinne kann man von einer selbständigen Kunst der Bronzebearbeitung in einzelnen Ländern Europas sprechen, doch wohl auch nur in diesem, und nicht in dem, als ob die durch ganz Europa verbreiteten Formen in verschiedenen Gegenden selbständig nebeneinander erfunden worden wären. Es bleibt immer noch auffallend genug, dass die Verwendung der Bronze in Europa so allgemeine Verbreitung erlangte und so lange herrschend blieb, und lässt sich dies nur aus der großen Überlegenheit der Phönizier erklären, die durch ihre jedem Bedürfnis angepassten Waren von gefälligen Formen und durch ihre große Gewandtheit im Handel die Völker zu gewinnen und dauernd an sich zu fesseln wussten. Auch soll durchaus nicht behauptet werden, dass das kleine Volk der Phönizier aus dem Stammlande am Mittelmeere diesen Handel allein betrieben und ausgebreitet hätte, ihre berühmten Kolonien Karthago, Gades, Massilia, die Städte an den Pomündungen, sowie das industrielle Volk der Etrusker waren Mitarbeiter und Teilhaber an diesem Geschäfte, welches später teilweise von Griechen und Römern fortgesetzt wurde. Alle Verführungskunst dieser gewandten Kaufleute würde indessen die Verdrängung von Stahl und Eisen durch die Bronze nicht ermöglicht haben, wenn das Eisen in der Vollkommenheit und in den mannigfaltigen Zuständen bereits bekannt gewesen wäre, wie wir es heutzutage kennen. Dies war aber durchaus nicht der Fall. Das Eisen, welches die Alten kannten, war fast ausschließlich ein schlechtes Schmiedeeisen. Wir haben schon erwähnt, dass sie die Kunst des Eisengusses nicht verstanden, dass dies eine verhältnismäßig moderne Erfindung ist, die dem fünfzehnten Jahrhundert angehört. Der Stahl war zwar den Alten nicht unbekannt: Inder, Chalyber, Noriker und Hispanier verstanden es, Stahl herzustellen. Guter Stahl war aber selten und kostbar und wurde seine Darstellung als Geheimnis behandelt. Das gemeinhin verwendete Eisen war das in oben beschriebener Weise reduzierte, schmiedbare Produkt, welches erst durch wiederholtes Glühen und Umschmieden ein brauchbares Schmiedeeisen wurde. Anders dagegen verhielt es sich mit dem Kupfer und dem Erz. Was zunächst das Kupfer anlangt, so hat es, abgesehen von seiner an das Gold erinnernden Farbe, vor dem Eisen die Vorzüge, dass es weniger rasch rostet als das Eisen und dass es weicher ist, infolgedessen es sich leichter bearbeiten lässt. Namentlich lässt es sich kalt viel besser schmieden und treiben, und das war bei den unvollkommenen Heizvorrichtungen und Maschinen ein großer Vorzug für seine Verwendung in alter Zeit. Infolgedessen ließ es sich zu mannigfaltigeren Zwecken verwenden, und wurde zu Dingen verarbeitet, wozu wir, die wir bei unseren vollkommenen Vorrichtungen nicht mehr danach zu fragen brauchen, ob das Metall sich besser kalt oder heiß verarbeiten lässt, unbedingt Eisen nehmen. Denn darin ist man viel zu weit gegangen, wenn man behauptet hat, die Alten hätten aus ihrem Kupfer ebenso gute Werkzeuge zu machen verstanden, wie wir aus Stahl, ihre Bronzeschwerter hätten sich mit den Stahlschwertern messen können oder sie hätten aus Kupfer Steinmeißel hergestellt, mit denen sie die härtesten Steine bearbeiten konnten. Man spricht in Bezug hierauf von „einer verloren gegangenen Kunst“, welche die Alten gehabt hätten, das Kupfer nach Belieben zu härten, und hat sich in mancherlei Hypothesen ergangen, worin diese Kunst bestanden hätte. Die Mittel, welche die Alten zur Härtung des Kupfers anwendeten, waren schwerlich andere als die wir auch kennen. Durch Hämmern kann man dem Kupfer, wie allen anderen Metallen eine dichtere und härtere Oberfläche geben. Die Härte, die man aber durch dieses Mittel erreicht, ist nicht groß, durchaus nicht genügend, um z. B. Meißel herzustellen, wie sie die Ägypter verwendeten, hart genug, um quarzhaltige Silikatgesteine damit zu bearbeiten. Man hat von chemischen Härtemitteln, z. B. Zusatz von Arsenik gesprochen, doch sind absichtliche Zusätze dieser Art nicht erwiesen und wenig wahrscheinlich. Wohl aber ist es möglich, dass man zufälliger Weise solche Legierungen erhielt, dass man aus gewissen Erzen z. B. arsen- oder phosphorhaltiges Kupfer bekam, das härter war und seiner Härte wegen geschätzt und verwendet wurde. Aber auch aus einem solchen härteren Kupfer waren keine Meißel herzustellen, die mit Stahlmeißeln verglichen werden können. In dieser Beziehung gebührte der Bronze jedenfalls der Vorzug. Die vorteilhafte Eigenschaft, dass sie sich leicht in Formen gießen ließ, was den Alten weder mit dem Kupfer, noch dem Eisen möglich war, haben wir schon hervorgehoben. Durch die Menge des Zinnzusatzes hatte man es in der Hand, ein härteres oder weicheres Metallgemisch herzustellen. Der ursprüngliche Zweck des Zusatzes von Zinn zum Kupfer war jedenfalls ein härteres Kupfer zu erhalten. Zugleich macht der Zinnzusatz das Kupfer leichtflüssiger, klingender und zäher, während freilich andererseits mit der Zunahme der Härte die Dehnbarkeit abnimmt, die Legierung wird spröde und lässt sich schwer schmieden und polieren: sie ist nur zu Gusswaren zu verwenden. Die Härte wächst anfänglich mit dem Zinngehalt und wird bei einem Zusatz von etwa 30 Proz. Zinn so groß, dass sich das Metallgemisch nur schwierig mit der Feile verarbeiten lässt. Bei größerem Zinngehalt nimmt die Härte wieder ab. Die erwähnte harte Legierung ist aber spröde wie Glas und zu Werkzeugen nicht verwendbar. Die Alten wählten für weichere Bronzen die Mischung von 5 Teilen Zinn mit 95 Teilen Kupfer, für die meisten Werkzeuge die Mischung von 10 Teilen Zinn mit 90 Teilen Kupfer, für leicht schmelzbare Gussstücke, die weniger auszuhalten hatten, setzte man bis 25 Proz. Zinn zu. Die Bronzen von 5 Proz. Zinngehalt und darunter sind leicht in kaltem Zustande zu bearbeiten, sehr geschmeidig, wenn auch etwas kantenrissig und dabei härter als Kupfer. Die Legierungen von 5 bis 15 Proz. Zinngehalt sind hart, fest, zähe und politurfähig, lassen sich aber in der Kälte nur schwierig schmieden, während sie in der Rotglut leicht streckbar sind. Die Legierungen über 15 Proz. Zinngehalt sind spröde und hart. Diese Abstufung in den Eigenschaften der Bronze je nach dem Zinngehalt gestattete die Auswahl der Zusammensetzung je nach dem Zweck. Für gewöhnliche Gefäße, die nach dem Guss dünn ausgetrieben wurden, wurde nach Plinius die Ollaria, eine Mischung von 96,2 Proz. Kupfer und 3,8 Proz. Zinn gewählt. Ebenso hatten die Bronzenägel einen sehr geringen Zinngehalt, Klaproth fand solche, die im Rhein gefunden waren, aus 97,7 Teilen Kupfer und 2,3 Teilen Zinn zusammengesetzt. Mischungen mit 5 bis 6 Proz. Zinn wurden angewendet für Werkzeuge, die nicht spröde sein durften und nicht besonders hart zu sein brauchten, wie für Messer, Äxte und Schwerter. Der bekannte ägyptische Meißel von Theben war im Verhältnis von 94 : 6 zusammengesetzt; die Paalstäbe Böhmens entsprechen meist dem Verhältnis von 95:5. Die wichtigste Komposition der Alten war die von 90 Teilen Kupfer mit 10 Teilen Zinn gemischte. Dies war die Legierung, welche die Phönizier hauptsächlich in den Handel brachten. Die meisten Bronzen der Pfahlbauten entsprechen diesem Mischungsverhältnisse. Plinius bezeichnet es als Kampanisches Erz. Namentlich wurden die meisten Waffen und Werkzeuge aus diesem Metall gemacht, das hart, fest und zähe, dabei in der Rotglut leicht zu schmieden war. Äxte, Beile, Speer- und Lanzenspitzen, Schwerter und namentlich die durch die Phönizier eingeführten und verbreiteten Kelten finden sich zumeist von dieser Zusammensetzung. An Güte stehen diese Waffen und Werkzeuge, wie erwähnt, hinter unseren heutigen Stahlgeräten weit zurück, denn die härteren sind spröde und die weichen sind wenig elastisch. Durch sorgfältige Behandlung und Bearbeitung können gewisse Eigenschaften gesteigert, das Metall dadurch gewissermaßen verbessert werden. So wird die Bronze härter durch wiederholtes Umgießen. Sie wird auch schon dadurch härter, dass man zu dem frisch bereiteten Gemische eine größere Menge alten Materials von gleicher Zusammensetzung beim Schmelzen hinzufügt. Hieraus erklärte sich die Stelle des Plinius, in der er die Herstellung der Bronze beschreibt. Er sagt: dies Erz wird mittels des Blasebalges flüssig gemacht, dann fügt man ein Drittel des Gewichtes von alter Bronze, zerbrochene Stücken alter Geräte hinzu. Dies gibt eine besondere Würze, „da nur das Alter und der Gebrauch das Erz zu seiner Vollendung bringt und die Reibung erst die natürliche Rauigkeit des Metalls überwindet.“

Man kann die Härte der Bronzegussstücken fernerhin erhöhen, wenn man sie möglichst dünn in Metallformen gießt, wodurch die Oberfläche rasch erstarrt, analog dem Hartguss bei der Eisengießerei. Dagegen wird im Gegensatz zum Stahl die Bronze, wenn sie von neuem glühend gemacht und dann rasch abgelöscht wird, nicht härter, sondern weicher und man benutzt dieses Ausglühen und Ablöschen um der Sprödigkeit entgegenzuwirken.

Durch anhaltendes Hämmern erhöhen sich Härte und Elastizität. Alle diese Vorteile kannten und benutzten die Alten bei Herstellung ihrer Geräte und Werkzeuge.

Einen höheren Zinngehalt von 15 bis 25 Proz. wählte man zur Herstellung feiner Gussstücke, als Ornamente, Figuren, Schalen, Schmuckgeräte, Armringe, Spangen, gegossene Münzen, zuweilen auch für Kelt- und Pfeilspitzen. Ein absichtlicher Bleizusatz kommt bei diesen Mischungen häufiger vor, namentlich bei denen, die nachher gefeilt, geschliffen und ziseliert werden sollten, da ein Bleizusatz die Legierung nicht nur noch leichtflüssiger, sondern auch weicher macht. Geringe Bleizusätze sind dagegen wohl nicht als absichtliche zu betrachten, indem weder das Zinn noch das Kupfer der Alten bleifrei zu sein pflegte, das Zinn überdies schon vielfach durch Zusatz von Blei verfälscht wurde.

Alle Bronzen schmelzen bei niedrigerer Temperatur als reines Kupfer, und zwar liegt der Schmelzpunkt des Kanonenmetalls, das 8 Teile Zinn enthält, bei 900° C., die Bronze, welche 13 Teile Zinn enthält, bei 835° C., die Legierung von 25 Proz. Zinngehalt bei 786° C.

Die Kunst der Alten in der Behandlung der Bronze war bewundernswert. Ihre Leistungen im Erzguss sind staunenerregend sowohl durch ihre Großartigkeit (wir erinnern nur an das eherne Meer des Hiram und an den Koloss von Rhodus des Linders Chares) als durch ihre Feinheit. Wir finden häufig Schmuckgegenstände so zart und dünnwandig, dass wir kaum begreifen, wie es möglich gewesen ist, dass das flüssige Metall die Formen ausgefüllt haben kann. In keinem Zweige der Metallurgie haben die Alten so Großes geleistet, als in der Herstellung und Verarbeitung der Bronze.

Mit aus diesem Grunde haben wir diesen Gegenstand bereits in der Einleitung mit einiger Ausführlichkeit behandeln zu müssen geglaubt, zugleich auch um von vornherein unsere Stellung zu der Frage des „Bronzezeitalters“ zu präzisieren und durch Zusammenstellung der wichtigsten Tatsachen Wiederholungen in den folgenden Kapiteln, in denen wir noch häufig diesen Gegenstand berühren, zu vermeiden. Nach dieser allgemeinen Betrachtung wenden wir uns spezieller zu der Geschichte des Eisens bei den wichtigsten Kulturvölkern des Altertums.

Die Geschichte des Eisens, Band 1: Von der Antike bis zur Völkerwanderung

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