Читать книгу Die Geschichte des Eisens, Band 1: Von der Antike bis zur Völkerwanderung - Dr. Ludwig Beck - Страница 6

DIE GESCHICHTE DES EISENS VON DER ÄLTESTEN ZEIT BIS ZUR VÖLKERWANDERUNG. Ägypten.

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Wenn wir unsere Untersuchung über die Eisenindustrie im Altertum mit den Ägyptern beginnen, so geschieht dies nicht deshalb, weil wir dieselben als die ersten Erfinder der Eisengewinnung ansehen oder weil sie besonders Hervorragendes in der Eisentechnik geleistet hätten. Dies ist nicht der Fall, vielmehr trat dieser Zweig der Metallindustrie bei den Ägyptern relativ zurück. Es geschieht vielmehr deshalb, weil die beglaubigte Geschichte keines der alten Kulturvölker in so entfernte Zeit zurückreicht.

Tiefgewurzelt in dem Gemüt des ägyptischen Volkes saß der Sinn für die Fortdauer nach dem Tode, für die Unsterblichkeit, der die Mutter der Geschichte ist. Dieser Glaube veranlasste sie, ihre Toten einzubalsamieren, ihnen für die Ewigkeit begründete Felsengräber zu erbauen und ihre Taten in Wort und Bild aufzuzeichnen und zu verkünden. Treten wir in diese wiedereröffneten Grabkammern der Urväter unserer Kulturgeschichte, so erfüllt uns der Anblick dieser Riesenbauten, die sich über den Leibern der Könige und Vornehmen des ehrwürdigen Volkes erheben, mit Staunen und Bewunderung. Wir sind imstande, nachdem der Schlüssel ihrer geheimnisvollen Bilderschrift, der Hieroglyphen, gefunden ist, die Taten und Ereignisse aus Zeiten, die Jahrtausende zurückliegen, zu lesen. Mächtiger noch wirkt die unmittelbare Darstellung auf unsere Sinne. Längst vergangene Zeiten steigen vor uns auf, alles erscheint, als sei es gestern gewesen. Die Abbildungen, ob sie Kriegstaten, Jagd, Fischfang, häusliche Beschäftigung oder gewerbliche Verrichtungen darstellen, sind so frisch in der Farbe, dabei so ausdrucksvoll und verständlich, dass alles um uns lebendig zu werden scheint und wir in den Grüften des Todes das volle, heitere, bewegte Leben des ägyptischen Volkes empfinden. Das „Wunderland“ nannten mit Recht deshalb auch schon die Alten das untere Niltal. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Abkunft und ethnographische Stellung des ägyptischen Volkes zu untersuchen. Ob sie von den Äthiopiern stammen, wie Diodor behauptet, ob sie mit den Berbern blutsverwandt sind oder ob, was die meisten Ägyptologen annehmen, die weißen, herrschenden Kasten wenigstens von Osten her einwanderten als ein Zweig der semitischen Bevölkerung Westasiens, hat für die Geschichte der Industrie des Landes wenig Bedeutung. Weit wichtiger für dieselbe sind die Kulturbedingungen, welche das Land darbietet. Diese sind so eigenartig, dass durch sie zumeist die Frühreife des Volkes bedingt wurde. Das „Geschenk des Nils“ nannten die Ägypter ihr Land mit Recht. Das ganze untere Land, in dem die Kultur Ägyptens sich entwickelte und blühte, ist aus dem fruchtbaren schwarzen Schlamm des mächtigen Stromes gebildet, der aus den ausgedehnten Seen Hochafrikas in der Nähe des Äquators entspringend, in mannigfachen Windungen die Hochgebirge Afrikas in nördlicher Richtung durchschneidet, bis er in raschem Lauf, oft sprungweise in Wasserfällen und Stromschnellen dem Tale zueilt, das, von den Parallelketten der lybischen und arabischen Bergketten eingeschlossen, das schmale Gebiet des eigentlichen Ägyptens bildet. Nachdem der Fluss das wilde Hochgebirge verlassen hat, verlangsamt er seinen Lauf und dies gibt Veranlassung zu reichlichem Absatz des fruchtbaren Gebirgsschlammes, der den gesegneten Boden Ägyptens bildet. Von Syene, wo der Strom den letzten Gebirgsriegel durchbricht, bis zu seiner Mündung am Mittelländischen Meer beträgt sein ganzer Fall nur 300 Fuß. Die Schlammablagerungen des Nils sind aber keine gleichmäßigen, sondern periodische, die mit großartigen Überschwemmungen des unteren Landes verbunden sind. Die ungeheuren Regengüsse, welche in der äquatorialen Zone, in welcher der Ursprung der beiden Nilarme liegt, in bestimmten Jahreszeiten eintreten, sind die Ursache dieser Überschwemmungen. Mit dem Anfang des Sommers beginnt der Strom zu steigen, bis er Ende Juli aus seinen Ufern tritt und bald das ganze Tal zwischen den Bergketten erfüllt. Ende September pflegt er 20 Fuß über seiner normalen Höhe zu stehen. Dann kehrt er ebenso allmählich in sein altes Bett zurück. Die fruchtbare Schlammdecke, die zurück bleibt, bestrahlt von der glühenden Sonne, lässt rasch die üppigste Vegetation hervorsprießen, die eine zahlreiche Bevölkerung mühelos zu ernähren imstande ist. Die regelmäßigen Überschwemmungen des Nils waren die wichtigste Kulturbedingung für die Bewohner Ägyptens. Sie zwangen den Hirten Vorkehrungen zu treffen zur Sicherung seiner Herde, den Landmann zu genauer Feststellung seiner Ackergrenze. Sie nötigten Vorräte anzusammeln für die wasserreiche Zeit und zum Verkehr auf dem Wasser in Nachen und Schiffen. Sie führten, nachdem man den Nutzen der Überschwemmungen für die Landwirtschaft erkannt hatte, zu Kanalanlagen, die den fruchtbaren Schlamm auch solchen Landesteilen zuführten, die von der natürlichen Flut nicht erreicht wurden, während man andererseits Dämme errichtete, um den Absatz des Schlammes zu vermehren oder den Lauf des Flusses zu korrigieren. Solche Unternehmen waren zu umfassend, um das Werk Einzelner sein zu können, sie bedingten das Zusammenwirken einer großen Zahl von Händen. Dieses führte zur Organisation der Gesellschaft, zu gesetzlicher Ordnung, gemeinschaftlicher Verwaltung, kurz zu einem geordneten Staatswesen, wie wir es in Ägypten so früh ausgebildet finden.

Die Geschichte Ägyptens beginnt, sowohl nach der übereinstimmenden Überlieferung der Geschichtsschreiber des Altertums, als der aufgefundenen Königstafeln, mit der Herrschaft des Menes, aus der Landschaft This. Doch war bereits lange vor Menes Ägypten von einer Bevölkerung bewohnt, die höherer Kultur teilhaftig war. Wenn dies schon aus der uralten Stammeseinteilung, sowie aus den großartigen Bauunternehmungen des Menes, die das Vorhandensein zahlreicher fachkundiger Arbeitskräfte und Intelligenzen, die Kenntnis der Gewinnung und Bearbeitung der Baumaterialien u. s. w. voraussetzt, geschlossen werden kann, so ist dies auch nachgewiesen durch zahlreiche Bohrungen, die von Altertumsforschern im Niltal gemacht worden sind. Diese haben in großen Tiefen aus dem angeschwemmten Boden Krüge, Tonfiguren, Steinmesser, in noch größerer Tiefe Töpferscherben und Ziegelstücke ans Licht gebracht. Da die Ablagerung des Nilschlammes in großen Zeiträumen sehr gleichmäßig verläuft, so hat man daraus eine Kultur von über 10000 Jahren berechnet.

Über ein Steinzeitalter Ägyptens wissen wir wenig; dass es existiert hat, lässt sich schließen sowohl aus den oben erwähnten Funden als auch aus der Verwendung steinerner Werkzeuge in historischer Zeit zu gewissen hieratischen Zwecken, z. B. aus dem Gebrauch steinerner Messer zum Öffnen der Bauchhöhlen der Verstorbenen zum Zweck der Einbalsamierung. In den ältesten Zeiten, von denen wir bestimmtere Kenntnis haben, findet sich indessen neben der Verwendung von Steinwerkzeugen auch schon der Gebrauch der Metalle. Von Menes erzählen Herodot und spätere Geschichtsschreiber, er habe den Nil oberhalb Memphis abgeleitet und die Stadt, die er gegründet habe, durch künstliche Dämme geschützt. Ferner habe er in derselben Stadt einen Tempel des Hephaistos, d. h. des ägyptischen Gottes Ptah gegründet, der von späteren Königen erweitert wurde. Er habe den Gottesdienst organisiert, aber auch Üppigkeit und Wohlleben in Ägypten eingeführt. Sein Sohn und Nachfolger Athotis (Tota) soll die Königsburg erbaut haben, während Ünephes, der dritte König, die ersten Pyramiden errichtet hätte. Diese großartigen Unternehmungen setzen eine entwickelte Technik voraus.

Von Menes bis zur zweiten persischen Eroberung sollen nach Manetho aus Sebennytos, einem Priester zu Heliopolis, der im Auftrag der Ptolemäer unter Benutzung der alten hieratischen Schriften eine Geschichte des Landes verfasst hat, 30 Dynastien mit 375 Königen geherrscht haben. Hätten diese hintereinander geherrscht, so müsste nach Bökhs Berechnung der Anfang der Regierung des Menes in das Jahr 5702 v. Chr. fallen. Es gilt aber jetzt als ausgemacht, dass einzelne der aufgezählten Dynastien und Könige gleichzeitig, nebeneinander in verschiedenen Teilen des Landes regierten, und haben sich alle Ägyptologen bemüht, die Königstafeln von diesem Gesichtspunkte aus zu korrigieren. Auf diesem Wege findet Lepsius nach seiner Aufstellung das Jahr 3892 v. Chr. als das Jahr des Regierungsantrittes des Königs Menes.

Die Nachrichten über die ersten Könige Ägyptens sind dürftig und wenig zuverlässig; sie beruhen auf Mitteilungen Herodots, Diodors und Anderer, die 3000 Jahre und mehr nach der Zeit des Menes geschrieben haben. Von den Herrschern der ersten Dynastien wissen wir kaum mehr als die Namen, die allerdings schon manchen Fingerzeig geben, wie der des sechsten Königs nach Menes Mybempes hieß, was mit „Eisenfreund“ übersetzt wird.

Die Morgenröte der ägyptischen Geschichte beginnt mit den letzten Königen der dritten Dynastie und heller Tag erscheint mit dem Eintritt der vierten Dynastie, die etwa 800 Jahre nach Menes ans Ruder kam, denn von da ab haben wir die eigenen Aufzeichnungen und Darstellungen in den gewaltigen Pyramiden und Gräberbauten von Memphis und Gizeh. Die Pyramiden sind die charakteristischsten Wunderbauten Ägyptens. Es sind die Grabstätten seiner Könige.

Schon in ältester Zeit suchten die Ägypter die Körper der Verstorbenen sowohl durch Einbalsamieren als durch Beisetzung in festen, geschützten Steingräbern zu erhalten. Diodor überliefert uns (I. den schönen Ausspruch: Die Ägypter legen auf die Zeit dieses Lebens nur ganz geringen Wert, dagegen den allerhöchsten auf die Fortdauer des Ruhmes ihrer Tugend nach dem Tode, und darum nennen sie auch die Wohnungen der Lebenden nur „Herbergen“, da wir in denselben nur kurze Zeit verweilten, die Gräber der Gestorbenen aber nennen sie „ewige Häuser“, da diese ja in der Unterwelt die ganze Ewigkeit hindurch wohnten. Deshalb denken sie auch weniger an die Ausschmückung ihrer Häuser, auf die Gräber aber legen sie die übertriebenste Sorgfalt. Westlich von Memphis in den Felsabhängen des lybischen Gebirges waren die ältesten Grabkammern teils in festen Fels gehauen, teils ausgemauert. Dort erhoben sich auch die Pyramiden, die gemauerten Grabstätten der Könige, durch riesigen Unterbau vor der Zerstörung der Wasserflut geschützt, hoch emporragend über den Gräbern der Untertanen. Über 30 dieser Pyramidengräber sind an dem Bergabhange, der sich westlich von Memphis nach Süden zieht, noch deutlich zu erkennen. Lepsius und Brugsch haben die Reste von etwa 70 nachgewiesen. Die umfangreichsten und schönsten stehen bei Gizeh, südwestlich von Kairo. Chufu (Suphis), der erste König der vierten Dynastie, den Herodot Cheops nennt, erbaute die größte derselben, die zweitgrößte sein Bruder Chafra (griechisch Chephren). Über die Erbauung der großen Pyramide, die 500 ägyptische Ellen oder 716 Fuß Seitenlänge und 480 (jetzt aber nur noch 450 Fuß) Höhe hatte, erzählt Herodot Folgendes:

„Alle Ägypter mussten dem Könige Frondienste leisten. — Die einen waren angewiesen aus den Steinbrüchen am arabischen Gebirge Steine bis an den Nil zu schleppen. Waren die Steine auf Fahrzeugen über den Fluss gebracht, so mussten andere sie aufnehmen und nach dem sogenannten Lybischen Gebirge ziehen. Es waren aber an hunderttausend Menschen immer auf drei Monate mit dieser Arbeit beschäftigt und war das Volk eine geraume Zeit also gedrückt. Zehn Jahre brauchten sie zur Anlage des Weges, auf welchem sie die Steine fortzogen, was nach meiner Ansicht kaum eine geringere Arbeit war, als der Bau der Pyramiden selbst.“ Zwanzig Jahre brauchten sie zum Bau der Pyramide, die terrassenförmig aufgeführt und mit großen, polierten Steinen verkleidet wurde. „Es ist auch“, fährt Herodot fort, „mit ägyptischer Schrift an der Pyramide angegeben, wieviel von den Arbeitern an Rettichen, Zwiebeln und Knoblauch verzehrt wurde und, wenn ich mich recht erinnere, was der Dolmetscher, der die Schrift las, mir sagte, so wurden darauf 1600 Talente Silber (ungefähr acht Millionen Mark) verwendet. Wenn sich das wirklich so verhält, wieviel muss dann natürlich noch weiter aufgewendet worden sein für das Eisen, mit dem man arbeitete und für die Nahrung und Kleidung der Arbeiter!“ Die Wahrheit der Angabe Herodots über die Erbauung der großen Pyramide wird durch ihren gegenwärtigen Zustand bestätigt. Sie ist aus Quadern von Granit, der vom oberen Nil herbeigeschafft wurde, aufgeführt und mit geschliffenen Platten von weißem Numulitenkalk, der von der arabischen Seite herstammt, bekleidet. Die ältesten Pyramiden, die bei Meidum und Dahschur stehen und noch der Zeit der dritten Dynastie angehören, sind aus Ziegeln erbaut und mit Quadern von Kalkstein bekleidet. Wahrscheinlich sind auch die Pyramiden von Saqara und von Abusir vor König Cheops erbaut. Der Kern derselben besteht aus rohen Steinblöcken, die durch dazwischen geschütteten Nilschlamm verbunden und mit Kalksteinquadern umkleidet waren.

Schöner und regelmäßiger als die beiden großen Pyramiden aus der Zeit des Cheops ist die kleinere Pyramide auf dem Felsenplateau von Gizeh, die König Menkera, der Sohn des Cheops, erbauen ließ. Sie hat einen hohen Sockel und erhebt sich in 5 bis 6 stufenförmigen Absätzen bis 218 Fuß Höhe. Die Bekleidung ist bis zu bedeutender Höhe geschliffener Granit.

Die Ausführung solcher Riesenbauten setzt eine zahlreiche, in Arbeit geübte Bevölkerung, große technische Vorkenntnis, sowie vorzügliche Werkzeuge und Hilfsmittel voraus. Die Pyramiden, die im Inneren Gänge und Kammern mit den Sarkophagen fürstlicher Personen enthalten, sind umgeben von ausgedehnten meist in den gewachsenen Fels eingehauenen Felsengräbern, in denen die Mumien der vornehmeren Diener und Untertanen der mächtigen, autokratischen Herrscher beigesetzt sind. Die Wände der Grabkammern sind bedeckt mit Skulpturen und Gemälden, zum Teil Szenen aus dem Leben der Verstorbenen darstellend, aus denen wir die Sitten, den Kulturzustand besonders in Beziehung auf die Gewerbe erkennen. Bevor wir aber diese interessanten Abbildungen, die bis 3000 Jahre v. Chr. zurückgehen, näher ins Auge fassen, wollen wir kurz einen Überblick der weiteren Geschichte Ägyptens, namentlich in Hinblick auf die Bautätigkeit seiner Könige geben.

Nach der mächtigen vierten Dynastie, die wegen ihrer Prachtbauten berühmt, aber wegen ihrer Härte und Tyrannei verrufen war, tritt erst vier Jahrhunderte später die zwölfte Dynastie wieder ruhmvoll in den Vordergrund. Sie hatte ihren Sitz in Theben in Oberägypten, das sie durch ihre Bauwerke verherrlichte. Die Obelisken sind die charakteristischen Bauwerke dieser Periode. Der erste Obelisk ist der des Sesorthosis (auch Sesurtasen, Osortases, Usurtasen) zu Heliopolis (auch Amu, On). Dieser König führte auch den Bau des Ammontempels zu Theben fort, den sein Vater Amenemah I. begonnen hatte. Er und seine Nachfolger besiegten und unterwarfen das Land Kusch (Nubien). Der größte unter diesen Nachfolgern war Amenemah III., der nach Lepsius von 2221 bis 2179 v. Chr. regierte, derselbe den die Griechen Möris nennen. Er ließ den großen See dieses Namens ausgraben, ein Riesenunternehmen, dem nur die Erbauung der großen Pyramiden und des Labyrinthes an die Seite gestellt werden können. Nach Herodot hatte er 3600 Stadien oder etwa 80 geographische Meilen Umfang. Sein Zweck war die Nilüberschwemmungen zu regulieren. Herodot berichtet, dass dies vollständig erreicht wurde und dass nach der Herstellung dieses mächtigen Reservoirs das Land unterhalb Memphis hinreichend überschwemmt wurde, wenn der Nil nur 8 Ellen stieg, während zu seiner Zeit, durch Vernachlässigung und Versumpfung des Sees, der Nil erst bei 15 bis 16 Ellen Höhe das untere Land überflutete. Derselbe König erbaute das berühmte Labyrinth, einen riesigen Reichspalast, der Gerichtshof und Sammelpunkt für alle Stämme Ägyptens sein sollte. Herodot, der den Riesenbau selbst gesehen hat, nennt es ein Werk über alle Beschreibung, größer und kostspieliger als alle Bauwerke der Hellenen zusammengenommen. „Er hat zwölf bedeckte Höfe mit gegenüberstehenden Toren, sechs nach Norden und sechs nach Süden zu aneinander stoßend: ein und dieselbe Mauer umschließt sie von außen. Es befinden sich darin zweifache Kammern, die einen unter der Erde, die anderen oberhalb auf diesen, in Allem dreitausend, von jeder der beiden Arten fünfzehnhundert u. s. w.“ Die Hauptmasse des Gebäudes war nach dem Bericht des Plinius aus Granitblöcken hergestellt und wird dies durch die Trümmer bestätigt, die sich bei Howara finden.

Die Gräber von Beni-Hassan, Berscheh und Ziut in Mittelägypten gehören gleichfalls dieser Periode und dieser Dynastie an.

Die Abbildungen in denselben zeigen mancherlei technische Vorrichtungen; so ist in einem Grab von Berscheh der Transport einer kolossalen Steinbildsäule dargestellt. Eine Inschrift gibt die Höhe derselben auf 6,30 Meter an. Die Fortbewegung geht auf einer Schleife, die von vielen Menschen gezogen wird, vor sich.

Durch den Einfall der Hyksos erreichte die glänzende Herrschaft der zwölften Dynastie ein jähes Ende. Dieses Hirtenvolk semitischer Abstammung eroberte ganz Unterägypten und engte die Herrschaft der eingeborenen Könige auf ein beschränktes Gebiet in Oberägypten ein. Auch hier scheinen sie nur als Vasallen der Hirtenkönige regiert zu haben. Erst nach vielen Jahrhunderten gelang es den kriegerischen Königen der achtzehnten Dynastie nach langen Kämpfen, die barbarischen Hyksos wieder gänzlich aus Ägypten zu vertreiben und von neuem eine einheitliche Herrschaft eingeborener Könige zu begründen. Unter dieser Dynastie gelangte Ägypten um die Mitte des zweiten Jahrtausend v. Chr. auf den Gipfel seiner Macht. Denn wenn das ägyptische Volk zur Zeit der vierten Dynastie als ein durchaus friedliebendes, das Krieg und Kriegsdienst kaum kannte, erscheint, wenn es noch unter der Herrschaft der zwölften Dynastie wenig in kriegerischen Kämpfen geübt und erfahren war, so dass den hereinbrechenden Nomaden der Sieg leicht wurde, so hatte sich in den Jahrhunderten der Abhängigkeit durch den Druck das ägyptische Volk zu einem starken, geübten Kriegsvolke umgewandelt. Sieg und Eroberung hefteten sich an die gefürchteten Standarten der Könige der achtzehnten Dynastie. Theben, von dem die Befreiung ausgegangen war, wurde nun der anerkannte Mittelpunkt des Reiches und die reichste und blühendste Stadt Ägyptens. Dort richteten die kräftigen Herrscher die gewaltigen Paläste, Tempel und Steinbilder auf, die noch heute in ihren Trümmern das Staunen der Beschauer erwecken. Nahe an dem breiten, von Fahrzeugen belebten Strome erheben sich auf einer künstlichen, von Backsteinen eingefassten Terrasse, welche ein längliches Viereck von etwa ¾ Meile in Umfang bildet, von Palmenbäumen umgeben die Ruinen dieser Bauten stolz aus der grünen Niederung, unfern dem heutigen Dorfe Karnak.

Zwei Reihen liegender Widder, die auf dem Rande der Terrasse beginnen, führen zu kolossalen Propyläen, denen lange Säulenreihen, Säle und Hallen folgen. Die Masse von Trümmern verwirrt den Blick, der zunächst in diesen durcheinander geworfenen Resten von Mauern, den zerbrochenen Säulen, den verstümmelten Kolossen, den übereinander gestürzten Obelisken keine Ordnung zu entdecken vermag. Aber zugleich imponiert die Mannigfaltigkeit und Pracht des Materials von farbigem Kalk und Sandstein, schönem Marmor, von rotem und dunklem Granit und schwarzem Basalt. Nirgends gab es je eine kunstvollere Verwendung verschiedenfarbigen Steinmaterials in gleichem Maßstab als wie hier. Es sind die Reste des großen Ammontempels, der wohl schon früher begonnen, von den ersten Herrschern der achtzehnten Dynastie ausgebaut wurde. Nicht weit davon entfernt lagen die Prachtbauten des siegreichen Amenophis III. zu Luxor und auf der gegenüberliegenden Seite des Stromes zu Medinet-Habu. Bei letzterem ragen zwei Riesenbildsäulen von 60 Fuß Höhe, eine davon die sogenannte Statue des Memnon, in die Luft. Die Höhe seiner Macht erreichte Ägypten unter Sethos und seinem Sohne Ramses II. (dem Sesostris der Griechen). Über die Taten des letzteren, der ebenso kriegerisch war, wie sein Vater, berichten die griechischen Geschichtsschreiber Fabelhaftes. Jedenfalls unternahm er siegreiche Eroberungszüge nach Süden in Afrika, wie nach Osten und Norden in Asien. Nach Diodor zählte sein Heer 600000 Fußtruppen, 24000 Reiter und 27000 Streitwagen, seine Flotte 400 Schiffe. Dichtung und Sage vergrößerten seinen Ruhm und die Überlieferung legte ihm den Beinamen „der Große“ bei. Großartig waren seine Bauunternehmungen. Er war es, der den ersten Versuch machte, den Nil mit dem Roten Meere in Verbindung zu setzen. Die zahlreichen Denkmale, die er an vielen Orten hinterlassen hat, übertreffen die älteren Werke dieser Art an Schönheit und künstlerischer Ausführung. Die bedeutendsten lagen ebenfalls bei Luxor nicht weit von den Bauten des Amenophis. Dort finden sich noch die Trümmer des berühmten Ramesseums, eines Tempels des Ammon, der aus prachtvollen Säulenhallen, überragt von Kolossen aus verschiedenen Gesteinsarten, bestand.

Nach Ramses dem Großen begann der Glanz der ägyptischen Macht zu erbleichen, doch dauerte die Herrschaft der reichen, prachtliebenden Ramessiden bis um das Jahr 1000 v. Chr. Nach dieser Zeit sank Ägypten mehr und mehr, bis es drei Jahrhunderte später seine Selbständigkeit verlor und die Beute assyrischer Eroberer wurde.

Die wunderbaren Denkmale aus den drei Glanzperioden Ägyptens aus den Zeiten der vierten, der zwölften und der achtzehnten Dynastie geben uns reiches Material zur Beurteilung des gewerblichen Lebens und der technischen Kenntnisse des Volkes an die Hand.

Beweist die Ausführung so wunderbarer Bauwerke, wie die der Pyramiden in der ersten, die des Labyrinthes in der zweiten und die der prachtvollen Tempel zu Theben in der dritten dieser Perioden — Bauwerke, die unerreicht als ewige Denkmale menschlichen Schaffens dastehen —, eine hohe Reife technischer Fertigkeit, die eine Menge mechanischer und mathematischer Kenntnisse sowohl als ganz vorzügliche Werkzeuge voraussetzen, wie auch eine bedeutende Entwickelung des gewerblichen Lebens: so geben uns die Abbildungen und Inschriften, welche die Wände der Tempel und Gräber bedecken, die Bestätigung hierfür im Einzelnen. Schon in frühester Zeit zeigen sich die Gewerbe in Ägypten in hoher Ausbildung und die Gewerbetreibenden bildeten einen wichtigen Teil der Bevölkerung. Werfen wir einen Blick auf die sozialen Verhältnisse der Ägypter im allgemeinen, so erscheinen die verschiedenen Berufsarten in scharfer Trennung: Priester, Krieger, Handwerker, Schiffer, Ackerbauer und Hirten bilden gesetzlich getrennte Berufsklassen. Über alle herrscht der König, dessen Stellung eine so erhabene ist, dass vor ihm alle gleich erscheinen. So scharf aber auch die verschiedenen Berufsklassen geschieden waren, so kann von einer Kasteneinteilung im strengen Sinne, wie sie beispielsweise in Indien bestand, nicht die Rede sein. Dem Gesetze und den Göttern gegenüber waren die Ägypter im allgemeinen gleich. Allerdings war das Volk in zwei Abteilungen geteilt, von denen die eine an dem Grundbesitze Teil hatte, während die andere daran keinen Teil hatte. Zu ersteren gehörten der König, die Priester und die Krieger; zu letzteren alle arbeitenden Klassen. Erstere waren die Privilegierten, die allein die öffentlichen Angelegenheiten ordneten und auch durch Gesetze in namhaften Dingen Vorrecht vor den besitzlosen Klassen genossen. Aus ihnen allein gingen die zahlreichen Beamten des Reiches hervor.

Die Berufsart der arbeitenden Klassen war erblich, doch beruhte dies nicht auf religiösen oder gesetzlichen Vorschriften, sondern es war das Ergebnis einer alten, entwickelten Kultur. Heiraten von Angehörigen verschiedener Berufsarten waren gestattet. Diodor betont, wie sehr diese Erblichkeit des Berufes zum Nutzen des Landes gewesen sei, indem z. B. die Ackerbauer schon von den Großeltern her die Kenntnis des Bodens, die eigentümliche Art seiner Behandlung, die wichtigen Regeln der Bewässerung erlernt hätten, während in gleicher Weise die Hirten, die mit den Tieren ihrer Pflege aufwuchsen, durch die ererbten Kenntnisse viel größere Erträgnisse aus der Viehzucht erzielten, als dies anderswo der Fall sei und dass sie durch Nachdenken und künstliche Mittel dies zu unterstützen verständen. Als Beispiel führt er die künstlichen Brutmaschinen für die Hühner- und Gänsezucht an. Von den eigentlichen Gewerbetreibenden sagt er folgende charakteristische und beherzigenswerte Worte: „Auch Künste und Handwerke kann man bei den Ägyptern fleißig geübt und zu hoher Ausbildung gebracht sehen. In diesem Lande allein nämlich lässt man die Gewerbetreibenden sich weder an einer anderen Beschäftigung noch an politischen Dingen beteiligen; sie dürfen vielmehr nur die vom Gesetz vorgeschriebene und von den Eltern ererbte Kunst betreiben, so dass weder der Neid eines Meisters, noch politische Parteizwiste sie hindern können, ihren ganzen Eifer auf diese zu wenden. Anderwärts hingegen sieht man den Sinn der Handwerker hierhin und dahin gezogen, und aus Gier, reich zu werden, bleiben sie oft nicht bei ihrer eigentlichen Beschäftigung: Die einen wenden sich dem Landbau zu, die anderen betreiben zwei oder drei Geschäfte zugleich und in den demokratischen Staaten laufen die meisten in die Volksversammlungen und helfen den Staat zu Grunde richten, indem sie sich des Gewinns wegen in den Dienst solcher geben, die sie bezahlen; wenn aber bei den Ägyptern ein Handwerker sich an politischen Dingen beteiligen oder mehrere Geschäfte zugleich betreiben würde, so verfiele er in schwere Strafen.“ Außer Ackerbauer und Hirten waren die wichtigsten gewerblichen Zünfte die der Glas-, Metall-, Holz- und Lederarbeiter, die Leinweber, Zeugwirker, Buntsticker, Seiler und Teppichwirker, dann die Färber, Gerber, Gürtler und Papiermacher, die Zimmerleute, Tischler, Maurer und Steinmetzen, die Tüncher und Maler, sofern sie nicht Künstler waren, ferner Musikanten, Sänger, Tänzer und endlich die Kleinkrämer. Jede gewerbliche Zunft hatte in den großen Städten ihr eigenes Quartier, das danach benannt war, wie z. B. das Quartier der Goldschmiede, der Lederarbeiter u. s. w. Die einzelnen Handwerke waren streng getrennt; wenn sie auch nicht geradezu erblich waren, so blieb doch jeder für Lebzeiten bei seinem Handwerk und ein jeder wetteiferte mit seinem Nachbar, um es ihm zuvorzutun. Es standen Strafen darauf, wenn einer in ein anderes Handwerk pfuschte.

Neben den zünftigen Handwerkern gab es allerdings auch noch Sklaven, denen gewerbliche Vorrichtungen auferlegt wurden. Es waren Kriegsgefangene, gekaufte Sklaven oder Verbrecher. Vor dem Gesetze waren diese ebenso geschützt wie die Freien. Sie wurden zu Diensten im Hause und zu niedrigen technischen Arbeiten verwendet. Ihre Zahl nahm zu, als Ägypten ein kriegerischer Staat wurde, und ihre Behandlung, die früher sehr human gewesen war, wurde im Laufe der Zeit, insbesondere mit dem zunehmenden Verfall der alten Ordnung und dem Einfluss der grausamen Denkweise der Asiaten, härter und unmenschlicher, wie wir an dem Beispiele der Bergwerkssklaven sehen werden.

Die Ackerbauer interessieren uns bei unserer Untersuchung nur insofern, als der Ackerbau die Grundlage des Wohlstandes Ägyptens und die Ackerbauer das älteste Gewerbe waren: wir infolgedessen die ältesten Geräte und Werkzeuge bei ihnen finden. Der Pflug und die Sichel sind schon dargestellt in den Abbildungen der vierten Dynastie. Vom Pfluge gab es fünf verschiedene Arten. Die gewöhnlichste war ein krummes Holz, an dessen vorderem Ende sich die metallene (eiserne) Pflugschar befand, während der andere nach oben gekrümmte Teil gespalten war, um daran die Deichsel zu befestigen, an die zwei Ochsen gespannt wurden. Metallene Sicheln, mit denen der Landmann das Korn schneidet, sind deutlich abgebildet in den Gräbern von Gizeh und Saqara.

Das Bild der Sichel ist ein uraltes hieroglyphisches Zeichen. Ebenso das Schöpfrad, dessen sich die Ägypter schon in frühester Zeit zur Bewässerung ihrer Felder bedienten. Es war dieses eines der Insignien des Hohenpriesters und findet sich charakteristischer Weise als ein symbolisches Schmuckzeichen des Hohenpriesters von Jerusalem wieder.

Mit dem Schöpfrad, das durch Menschen oder Tiere in Bewegung gesetzt wurde, hob man das Wasser aus den Bewässerungskanälen in die Höhe zur Überrieselung der Äcker. Es kann das Schöpfrad wohl als die älteste Maschine angesehen werden. Von dem Hebel machten die Ägypter allerdings auch bereits Gebrauch und zwar nicht nur beim Bauwesen, sondern auch beim Auspressen des Weines.

Nächst der Landwirtschaft war die Weberei das älteste und angesehenste Gewerbe in Ägypten. Ägyptische Leinwand war in der ganzen alten Welt hochgeschätzt und bildete den wichtigsten Ausfuhrartikel. Die oberste Gottheit wird in den Gebeten der Ägypter häufig als Erfinder des Webstuhles gepriesen; als Schöpfer und Erhalter der Welt oft „der Weber“ genannt. Im ersten Buch der heiligen Schriften des Turiner Papyrus (des sogenannten Totenbuches) heißt es: „Ich (Gott) bin es, der die Kleider webt, sowie ich der Erfinder des Webstuhles bin, ich, der ich den Durchgang der Fäden erdacht“; — und an einer anderen Stelle: „Höre mich mein Knecht! Webe Kleider, wirke Tuche, wirke Linnen, Gürtel, Armbänder für mich in Demut des Herzens, aus tiefster Ehrfurcht, für mich den Herrn aller Dinge.“ An die Weberei, die nicht bloß Leinen, Baumwolle und Wolle verarbeitete, sondern wenigstens zur Zeit der achtzehnten Dynastie auch Goldfäden kunstvoll mit einwob, schließt sich die Färberei, die in Ägypten in hoher Blüte stand, besonders war die Indigofärberei hier zu Haus.

Uralt waren die Gewerbe der Lederarbeiter, der Gerber, Gürtler und Schuster. Darstellungen ihrer Hantierungen finden sich bereits in den Wandzeichnungen der Gräber aus der vierten Dynastie.

Ebenso ausgebildet wie die Bekleidungsgewerbe waren die Nahrungsgewerbe, von denen wir die Schlachter und Fleischer erwähnen wollen, erstere oft abgebildet, wie sie mit einem großen Messer mit Metallklinge einen Ochsen zerlegen, letztere mit einem blanken Wetzstahl an der Seite, an dem sie das Messer wetzen, um den Kunden das Fleisch vorzuschneiden.

Alle die angeführten Gewerbe treten zurück an Interesse für unsere Untersuchung im Vergleich mit den Baugewerben. Wie Außerordentliches die Ägypter in diesen geleistet haben, selbst im Hinblick auf unsere heutige vorgeschrittene Technik, geht schon aus dem früher angeführten hervor.

Die Baukunst wurde bei den Ägyptern als die hervorragendste Kunst geachtet und betrieben. Die Baumeister gingen aus der Priesterkaste hervor und waren vornehme und einflussreiche Beamte der Könige. Viele Namen großer Meister dieser Kunst sind uns erhalten, während Bildhauer, Dichter oder Musiker sehr selten genannt werden. Die Baukunst war „die Kunst“ bei den Ägyptern, die alle anderen Künste weit überragte. Die Namen der Baukünstler erscheinen neben den Namen der Könige, während andere Namen, etwa von Staatsmännern, Heerführern, Gelehrten kaum bekannt sind. So kennen wir Heka, den Baumeister des Königs Snephru, des letzten Königs der dritten Dynastie (3124 bis 3100 v. Chr.), ferner Hapu und Una, die Baumeister der Könige Teta (dem Othoes des Manetho) und Pepi (um 2700 v. Chr.). Zu den höchsten Ehren, ja zu fürstlicher Auszeichnung gelangte der Oberbaumeister des ruhmvollen Königs Amenophis III. (achtzehnte Dynastie) mit Namen Amenhotep. Ihm ließ der König eine Bildsäule aufrichten, die uns erhalten ist und auf der geschrieben steht: „Es erhob mich mein Herr zum Oberbaumeister. Ich verewigte den Namen des Königs, indem ich ausführen ließ zwei Ebenbilder (die Säulen des Memnon) in diesem seinem großen Gebäude aus edlem, hartem Gestein. Ich ließ diese Kunstwerke seiner Bilder — vierzig Ellen betrug ihr Maß — in den Steinbergen brechen, ich ließ bauen acht Schiffe; sie wurden aufwärts gefahren und aufgerichtet an ihrer zukünftigen Stelle. Dauern werden sie wie der Himmel.“ — Unter Ramses II. wird Ameneman als Baumeister der großen Tore am Tempel des Ptah in Memphis genannt. Waren die geistigen Leiter der Bauunternehmungen in solcher Weise hervorragend, so standen auch die Baugewerbe hinter den anderen Gewerben nicht zurück. Die Benutzung des mannigfaltigen Steinmaterials, welches aus allen Teilen Ägyptens herbeigeschafft wurde, ist umso bemerkenswerter, wenn man die Schwierigkeit und Kostspieligkeit des Transportes erwägt.

Wir haben schon darauf hingewiesen, dass nie und nirgends die Mannigfaltigkeit der natürlichen Farben der Gesteine, namentlich der schwer zu bearbeitenden Porphyre, Basalte, Granite und Syenite in so großartiger und zweckmäßiger Weise verwendet worden sind, als bei den ägyptischen Bauwerken. Wir haben erwähnt, welche Riesenarbeiten die großen Könige der vierten Dynastie ausführen ließen, um den Transport des schönen, gelblichen Kalksteins von dem arabischen Gebirge nach dem linken Nilufer zu ermöglichen. Aber dieses vorzügliche Material, welches die älteren Pharaonen benutzten, genügte den späteren nicht mehr, sie umkleideten die ganzen Pyramiden mit riesigen Platten von geschliffenem Granit, wozu sie das Material aus der oberen Nilgegend herbeischaffen mussten. Die Steinbrüche, in denen dieses Material gewonnen und, wie kaum bezweifelt werden kann, mit Stahlmeißel zugerichtet wurde, lagen im Süden des Reiches. Wir wissen, dass König Pepi gewaltige Steinbrüche im Tale Hamamat, oberhalb Abydos, betreiben ließ. Zur selben Zeit waren die Steinbrüche von El-Kab oberhalb Theben und die bei Syene im Betrieb. Mit welchen Hilfsmitteln die gewaltigen Steinblöcke, wie z. B. die Obelisken und Kolosse gebrochen wurden, ist uns nicht bekannt; wir können nur staunen über die Leistungen. Dagegen sind über das Zurichten der Quader, das Zuhauen, Glätten und Polieren der Kolosse zahlreiche Abbildungen erhalten. Die Werkzeuge der Steinmetzen waren Meißel und Spitzhammer, die beide aus einer schmalen Metallspitze, die mit einem Holzstiel verbunden war, hergestellt wurden. Diese Spitzen können in Anbetracht ihrer Gestalt und der Härte des bearbeiteten Materials nur Stahl gewesen sein. Bemerkenswert ist es aber, dass die Bildhauer nicht nur zum Abschleifen, sondern auch zum letzten Zurichten ihrer Statuen den Abbildungen nach Steinwerkzeuge anwendeten. Ägypten. Außer den Natursteinen, die aus dem Gebirge zum Teil aus weiten Entfernungen hergeschafft werden mussten, bedienten sich die ägyptischen Baumeister in ausgedehntem Masse künstlicher Lehmsteine und Ziegel. Die fabrikmäßige Darstellung von Backsteinen findet sich zum Öfteren in allen Einzelheiten dargestellt. Es war eine niedrige Beschäftigung, zu der meist Gefangene verwendet wurden, und dass diese verächtliche Arbeit den eingewanderten Israeliten als Frondienst auferlegt war, wurde nach der Erzählung der Bibel der Hauptgrund ihrer Empörung gegen die Herrschaft des Pharao und ihres Auszugs. Der Ziegelfabrikation verwandt ist die Töpferei, die ein uraltes Gewerbe in Ägypten war. Auf den Abbildungen sehen wir, wie die einen den rohen Ton herbeitragen, Andere ihn mit runden Steinen auf einer flachen Unterlage zerklopfen, um die eingemengten Steinteilchen zu zermalmen und ihn durchzuarbeiten. Dann wird er aus freier Hand oder mit der Töpferscheibe — die lange vor Moses' Zeiten in Ägypten bekannt war — zu Gefäßen geformt. Die Formen dieser Gefäße sind sehr mannigfaltig, wenn sie auch nicht den Reichtum der Erfindung und den Geschmack zeigen, wie wir ihn an den Gefäßen der Griechen bewundern.

Den Töpfern reihen sich die Tüncher und Maler an. Sie bedienten sich zum Bemalen der Wände und Gefäße ausschließlich der Erdfarben, und zwar für Rot des Bolus, für Gelb des Oker, für Blau gemahlenen Kupferglases, für Grün eines Gemenges von Blau und Gelb. Zu Schwarz nahm man Knochenkohle, zu Weiß gemahlene Kreide. Die Farben wurden mit Wasser und Pflanzengummi angerührt.

Die zweite Hauptgruppe der Baugewerbe, die der Holzbearbeitung, war ebenfalls in Ägypten hoch entwickelt. In einem Grab von Gizeh (vierte Dynastie) findet sich bereits die Abbildung eines Zimmermanns, der Bauholz sägt. Beifolgende Zeichnung ist eine ganz ähnliche, nur deutlichere Darstellung aus einem Grabmal aus der Zeit der sechsten Dynastie zu Sauriet-el-Meitin.


Das breite Sägeblatt, ähnlich wie bei unserer Zimmermannssäge, ist aus Metall. Der zu zersägende Stamm ist an einem im Boden befestigten Ständer festgebunden, der zugleich als Führung für die einmännische Säge diente. Unsere Säge mit dünnem Blatt und beweglichem Rahmen ist eine viel spätere Erfindung. Besonders häufig und mannigfaltig ist die Holzbearbeitung dargestellt in Verbindung mit dem Schiffsbau. Die Ägypter bedienten sich hölzerner Schiffe, sowohl zum Verkehr als zum Transport von Waren, Getreide, Baumstämmen u. s. w. In den Gemälden der alten Grabkammern sieht man, wie Arbeiter einen Baum zerspalten, andere auf einem im Bau begriffenen Schiff Löcher für Pflöcke schlagen, andere das Holz behauen mit beilartigen Instrumenten von nebenstehender eigentümlicher Form. Die Schiffe führen 11. Segel und Steuerräder und sind meistens an den beiden spitz zulaufenden Enden blau gemalt, was möglicherweise einen Eisenbeschlag andeuten könnte. Von hervorragendem Interesse ist die Glasfabrikation der alten Ägypter. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass sie die Erfinder des Glases waren. Das alte Märchen des Plinius, dass phönizische Handelsleute es zufällig entdeckt hätten, indem sie sich einen Feuerherd aus Soda- oder Salpeterstücken auf einer Unterlage von Sand hergestellt und danach die ganze Masse durch die Hitze zu hellem Glase geschmolzen sei, trägt zu deutlich den Stempel der Unwahrheit. In den Grabkammern von Gizeh und Saquara, also zur Zeit der vierten Dynastie, lange ehe die Phönizier in der Geschichte erwähnt werden, findet sich bereits das Glasblasen abgebildet, ebenso in den Gräbern von Beni-Hassan. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Ägypter durch das Ausschmelzen des durch Waschen angereicherten Goldsandes auf die Darstellung des Glases verfielen. Dieses Ausschmelzen geschah unter Zusatz von natürlicher Soda, die sich in Ägypten reichlich findet. Dabei bildeten sich Schlacken, die mehr oder weniger gefärbte Gläser waren. Auf diese Weise lernten sie auch zugleich schon die Buntgläser kennen, durch die Ägypten berühmt war und mit denen ein großer Handel getrieben wurde. In späterer Zeit blühte die Glasfabrikation hauptsächlich in der Gegend von Alexandria, wo sich ein vorzüglich geeigneter, reiner Quarzsand fand. Das weiße Glas der Ägypter kommt in seiner chemischen Zusammensetzung dem englischen Kronglas am nächsten. Die Glasfabrikation, welche die Phönizier erst später von den Erfindern erlernten, erreichte in Ägypten eine staunenswerte Ausbildung. So verstanden sie z. B. bereits die Kunst des Entfärbens des Glases mittels Braunstein. In der Darstellung künstlicher Edelsteine (Strass) und buntfarbiger Perlen waren sie unerreicht. In Glasemaillen leisteten sie unübertreffliches, wie z. B. in ihren bunten Emaillen auf Metall, während sie andrerseits das Einschmelzen feiner Goldfäden in Glas vorzüglich ausführten. Ihre enkaustischen Arbeiten, ihre Glasmosaiken sind höchst kunstvoll. Sie verstanden es, ein sehr geschätztes Glasporzellan (Reaumursches Glas) zum Gebrauch zu machen. Im Schneiden und Schleifen des Glases waren sie äußerst gewandt; kurz Winkelmann übertreibt in Beziehung auf die Ägypter kaum, wenn er behauptet, jenes alte Kulturvolk hätte eine höhere Vollkommenheit in der Glasfabrikation erreicht als wir.

Der Handel mit Glaswaren nach Griechenland und Etrurien war sehr bedeutend. In späterer Zeit bestand ein Hauptteil des Tributes, den Ägypten an Rom zu entrichten hatte, aus Glas, Glasporzellan und Alabasterwaren aus den Fabriken von Memphis und Alexandria.

Von nicht geringerer Bedeutung waren aber diejenigen Gewerbe, die sich mit der Gewinnung und Verarbeitung der Metalle beschäftigten.

Bei ihrem ersten Eintritt in die Geschichte finden wir die Ägypter bereits bekannt mit den wichtigsten Metallen, mit Gold, Silber, Kupfer, Eisen und Blei und diese in mannigfachem Gebrauch.

Das Gold war auch bei ihnen das gesuchteste und geschätzteste Metall, wohl auch das älteste; dass es wenigstens früher bekannt war als das Silber, geht daraus hervor, dass der Name für Silber eigentlich „weißes Gold“ bedeutet. Die Entdeckung des Goldes, wie die der Metalle überhaupt, schrieben die Ägypter dem Osiris zu, sowohl wegen der Bedeutung, die man dem Golde beilegte, als weil seine wirkliche Entdeckung jeder historischen Erinnerung voraufging. Die Bergwerke, aus denen die Ägypter das Gold gewannen, lagen an der Südgrenze des Reiches in Nubien. Der Besitz und die Sicherung des Besitzes dieser Goldbergwerke hat die ersten und die meisten Kriegszüge gegen die südlichen Grenzbewohner veranlasst. Nub ist das Stammwort für Gold, davon abgeleitet ist Nubien, das Goldland.

Die nubischen Goldbergwerke waren wohl schon zur Zeit der vierten Dynastie im Betrieb, wenigstens war die Goldgewinnung bekannt und finden sich Darstellungen des Verwaschens und Schmelzens des Goldes aus jener Zeit. Ebenso befinden sich ausführliche Darstellungen hiervon in den Gräbern von Beni-Hassan. Rosellini gibt ähnliche Abbildungen aus einem Grabe des Thotmes IV.

Die Goldbergwerke wurden — wenigstens in späterer Zeit ausschließlich — von Sklaven bebaut und gaben zur Zeit ihrer Blüte fabelhafte Ausbeute. Diodor berichtet, dass nach einer Inschrift die Goldbergwerke zur Zeit des Osymandyas (Ramses II.) einen jährlichen Ertrag von 32 Millionen Minen, also etwa 133 Millionen Pfund Sterling abwarfen.

Linant und Bononi behaupten, diese reichen Goldgruben der Ägypter in der Wüste von Bischarin im Lande von Bigah (Bugaitas der Inschrift von Axum), 17 bis 18 Tagereisen südöstlich von Derow am Nil, etwas oberhalb Kum-Ombu (dem alten Ombos) wieder aufgefunden zu haben. Obgleich Inschriften besagen, dass die Fatmiden noch im Jahre 989 n. Chr. hier Bergbau betrieben haben, so erklären sie die Adern für gänzlich abgebaut. Das Erz war goldführender Quarzsand. Es wurde zerklopft, zu Pulver zerstoßen und auf geneigten Holztafeln verwaschen. Es waren dieses aber jedenfalls nicht die einzigen Goldbergwerke Ägyptens, denn man kennt Reste alter, von den Ägyptern betriebener Goldbergwerke noch an anderen Orten, so zu Dschebel-Olbagi und in der Gegend von Akaba nahe dem roten Meere.

Eine Grabinschrift zu Abydos berichtet von einem Bergwerksbeamten des Königs Amenemhat, dass er im oberen Land (Nubien) Bergbau und Goldwäschereien betrieb bis zu den Fällen des Waddi-Hualfar. —

Es ist uns ein merkwürdiger Riss eines Bergwerks nahe der Meeresküste aus der Zeit des Königs Ramses II. erhalten, wohl der älteste Situationsplan, der existiert. Er befindet sich auf einem Papyrus der Turiner Sammlung und ist von Chabas ausführlich beschrieben.


Bei A, das im Original rot gemalt ist, steht erläuternd: „Die Berge, von denen man das Gold bringt“; eine Inschrift bei B bedeutet „Goldgebirge“. C heißt „das Heiligtum Ammons am heiligen Berg“, es bestand aus zwei Hallen, von Kammern umgeben, die wohl als Priesterwohnungen dienten. Bei H sind vier Häuser angedeutet, „die Häuser des Landes von Ti, wo man das Gold aufbewahrte“. Bei J stand eine Säule des Königs Ramamen. Nahe hierbei, wo die Wege sich teilen, lag bei K eine Zisterne, das umgebende Land war bebaut, wie es scheint zu einem Garten oder Lusthaine angelegt. Mitten in dem Kreuzungspunkt der Straßen lag bei L ein zweiter Brunnen, zur Benutzung für die Vorüberziehenden. Der Hauptweg M führte in der Richtung nach links, wie aus dem Texte der Karte hervorgeht, nach dem Meere, wobei an das Rote Meer gedacht werden muss. Dass das Meer nahe war, geht auch daraus hervor, dass der zweite Hauptweg mit Seemuscheln überfahren war. Dieser Weg wird als die Straße von Tipamat bezeichnet. Wo diese jedenfalls bedeutenden Goldbergwerke lagen, wissen wir nicht, da die Lage des Landes Ti nicht bekannt ist. Möglicherweise ist es dasselbe Goldland, das neuerdings der Afrikareisende Kapitän Burton wieder aufgefunden hat. Dieser unternahm im Frühjahr 1877 eine Expedition nach dem alten Bergwerksdistrikt, der südöstlich der Sinaihalbinsel und des Golfes von Akaba am Ostufer des Roten Meeres liegt. Er fand dort die Reste ausgedehnter Grubenanlagen, die Trümmer alter Städte und andere Zeichen einer einstmals blühenden Bergwerksindustrie. Gold, Silber und Kupfer wurden nachgewiesen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies das Land Midiam der Heiligen Schrift gewesen ist. Das Kupfer wurde in Bergwerken gewonnen, die 10 engl. Meilen vom Roten Meere abliegen, während man das Gold aus dem Sande der Flüsse wusch. Da diese Flüsse von den höheren Gebirgen des inneren Landes kommen, so hofft Burton, dort die goldführenden Gänge selbst aufzufinden. Bemerkenswert ist noch, dass diese Bergwerke von Akaba unter Ramses III. jedenfalls schon bekannt waren, wie aus einer Inschrift, die sich auf der „Nadel der Kleopatra“, dem Obelisk, der seiner Zeit nach London verbracht wurde, hervorgeht. Dasselbe bestätigt der Papyrus Harris im Britischen Museum durch folgende Worte: „Ich, Ramses, habe meine Bevollmächtigten nach dem Lande Akaba gesendet zu den großen Kupferminen, welche sich dort befinden: ihre Schiffe wurden mit Kupfer befrachtet“ u. s. w. Danach scheint es, als ob der Bergbau im Lande Akaba doch ganz hauptsächlich auf Kupfer betrieben wurde, und müsste der Beweis, dass Akaba das goldreiche Midiam sei, noch erbracht werden.

Über die Art des Betriebes der ägyptischen Goldbergwerke ist uns durch Diodor der charakteristische Bericht des griechischen Reisenden Agatharchides, der um 200 v. Chr. diese Bergwerke besuchte, erhalten, dem wir das Folgende entnehmen.

Die Arbeit in den Gruben geschah mit Hilfe des Feuers, durch dessen Glut das feste Gestein erst mürbe gemacht und dann mit Hammer und Meißel oder mit Schlägel und Eisen, wie der Bergmann sagt, hereingebrochen wurde. Diese Arbeit verrichteten kräftige, junge Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren. Das reichere Erz wurde von Jünglingen unter 20 Jahren in Säcken, die sie auf den Rücken luden, aus der Grube getragen. Auf der Halde wurden die groben Erze in steinernen Mörsern mit eisernen Stößern zerstampft. War das Erz von Männern im Alter von 30 bis 40 Jahren auf diese Weise zerkleinert, so wurde es in Steinmühlen zu dem feinsten Pulver zerrieben, wozu Weiber und Greise verwendet wurden. Hierauf wurde es auf flachen, geneigten Holztafeln mit einem gleichmäßigen Strom Wasser verwaschen, indem ein geschickter Arbeiter das Erz fortwährend mit den Händen aufrührte. Zum Schluss wurde der gewonnene Goldsand noch einmal mit zarten Schwämmen gewaschen, an denen die leichten Teilchen hängen blieben. Der angereicherte Sand war nun genügend gereinigt, um verschmolzen zu werden. Dies geschah in Schmelztiegeln unter Zusatz von Blei. Das Blei wurde wahrscheinlich verschlackt und das Gold dann nochmals geläutert, indem man es mit Blei und Kochsalz unter Hinzufügung von Spreu und etwas Zinn (? d. h. Blei) mengte und in einem Tiegel fünf Tage lang einer ununterbrochenen, scharfen Glut aussetzte; am sechsten Tage wurde der Tiegel herausgenommen und es fand sich bei richtiger Arbeit nichts darin, als das Gold. Bleioxid und Chlorsilber hatten sich wohl mit der Tiegelmasse verschlackt und in die Wandung hineingezogen. Die ägyptischen Bergwerke waren Eigentum des Königs und die Arbeiten wurden von Sklaven, vielleicht teilweise auch von verurteilten Verbrechern, verrichtet. Das Los dieser Bergwerkssklaven war ein jammervolles. Nach Diodors Beschreibung mussten sie an Ketten geschlossen ihre Arbeit verrichten. Sie waren unbekleidet, kaum dass ihnen eine Binde zur Bedeckung ihrer Scham gestattet wurde. Zu Aufsehern wurden Männer bestellt, die ihre Sprache nicht verstanden und von denen die Unglücklichen unablässig mit Peitschenhieben zur Arbeit angetrieben wurden, bis sie unter der Last und dem Elend ihren Geist aufgaben. Wie wir in den alten Gräbern die Verwaschung des Goldes abgebildet finden, so ist dies ebenso der Fall mit der Verschmelzung und Läuterung desselben.


Rossellini gibt Abbildungen aus einem thebanischen Grabe aus der Zeit Thotmes IV. In der ersten ist dargestellt, wie das Golderz, d. h. der gewaschene Sand, in einem niedrigen Ofen mit Hilfe von Blasebälgen, welche getreten werden, eingeschmolzen wird. Die zweite zeigt, wie das geschmolzene Gold in einer flachen Schale, die uns sofort an das hieroglyphische Zeichen  erinnert, aus dem Ofen gehoben wird. In der dritten sehen wir, wie Fig. 14. der Inhalt der Schale in kleine, becherförmige Tiegel ausgegossen wird.


Die Form dieser Tiegel ist aus der Abbildung Fig. 13 zu erkennen. Einige Tiegel dieser Art befinden sich in der Sammlung des Britischen Museums und des Museums in Berlin. Gold diente den Ägyptern als Geld. Gold und Geld waren ihnen synonym, während den Hebräern sowie den übrigen Westasiaten Geld und Silber gleichbedeutend waren. Das Gold wird in der Form von Ringen dargewogen, und dass der Wert des Goldes ursprünglich nach dem älteren Wertmesser des Tauschhandels nach Zahl und Art des Rindviehs (pecunia) gemessen wurde, geht daraus hervor, dass die Gewichte, mit denen die Goldringe dargewogen wurden, meist die Köpfe von Rindern und Schafen darstellen. Hochentwickelt war bei den Ägyptern die Goldschmiedekunst. Abbildungen, sowie zahlreiche Funde von Goldschmucksachen beweisen dies. Beim Schmelzen des Goldes arbeitete der Goldschmied, wie Fig. 15 zeigt, mit einem sehr einfachen, geraden Lötrohr und einer Zange, ähnlich einer Zuckerzange oder Pinzette.


Kunstvolle Arm-, Hals- und Ohrringe hat man bereits aus den Gräbern der zwölften Dynastie. Die höchste Blüte der Prunksucht, der Verschwendung und in Verbindung damit der Goldschmiedekunst fällt in die Zeit der achtzehnten Dynastie. Vasen aus Gold getrieben, andere aus Silber oder Erz mit Gold eingelegt finden sich in zahlreichen Abbildungen. Goldene Körbchen von höchster Eleganz sind in dem Grabe Ramses III. dargestellt. Blumen, Laubwerk und Tiergestalten bilden die gewöhnlichen Dekorationsmotive. Vorzügliches leisteten die Ägypter in der Vergoldung, namentlich der Blattvergoldung. Sie trugen die ausgeschlagenen Goldblättchen so dünn auf, dass sie wie eine aufgetragene Farbe erscheinen und zwar nicht nur auf Metall, sondern ebenso auf Holz, Papier und Stein. Kunstwerke aus Lasurstein, dem Lieblingsedelstein der alten Ägypter, mit Gold überzogen hat man öfter gefunden; ein Beispiel davon ist der vergoldete Skarabäus im Berliner Museum. Das Auftragen der Goldplättchen auf Papier u. s. w. geschah mittels eines Bindemittels, das Plinius Leukophoron nennt. Die Zunft der Goldschmiede war die angesehenste unter den Gewerkverbänden. Weniger reich als an Gold war Ägypten an Silber. Das Silber heißt hat und bedeutet, wie bereits erwähnt, eigentlich weißes Gold. Dieser Umstand, sowie die frühere Benutzung des Goldes als Geld deuten darauf hin, dass das Gold in Ägypten vor dem Silber in Gebrauch war. Es scheint, dass das Silber ursprünglich nicht im Lande gewonnen wurde, sondern vom Auslande kam. Es war anfänglich sehr selten, deshalb auch der Wertunterschied zwischen beiden Metallen in ältester Zeit gering. In den frühesten Aufzählungen von Beute oder Geschenken wird sogar Silber vor dem Golde genannt. Die Abbildungen der Kriegsbeute zeigen beide Metalle in gleichen Mengen. Es wird wie das Gold in Ringen oder ziegelförmigen Tafeln (Planschen) oder in Beuteln dargewogen. Von den südlichen Ländern kam kein Silber, sondern nur Gold und Elektron, eine Legierung von Gold und Silber. Dagegen erhielten die Ägypter reichlich Silber durch ihren Handel, besonders von den semitischen Nachbarvölkern vor allen von den Phöniziern. Zur Zeit der achtzehnten Dynastie waren die Ägypter schon reich an Silber. Sesostris soll dem Ammon in Theben ein Schiff aus Zedernholz von 280 Ellen Länge, das außen mit Gold, innen mit Silber überzogen war, als Weihgeschenk dargebracht haben. Nach Pollux hätten die Perser nach der Eroberung Ägyptens das reinste Silber aus diesem Lande bezogen und Diodor rühmt die ungeheure Ausbeute der Silbergruben unter den Ptolomäern. Elektron, die Legierung von Gold und Silber, die in früherer Zeit als ein selbständiges Metall angesehen und hochgeschätzt wurde, wird in den alten Inschriften oft neben dem Golde genannt. Es hieß asem und hatte ein dem Golde verwandtes Zeichen.

Das wichtigste Nutzmetall der Ägypter war das Kupfer. Kupferbergwerke wurden in verschiedenen Teilen des Reiches betrieben. Wir haben oben die ausgedehnten, zur Zeit der achtzehnten Dynastie berühmten Kupferbergwerke von Akaba bereits erwähnt. Wilkinson führt Kupferbergwerke in der Eritreischen Wüste an. Lepsius hat die Reste von Kupferwerken, welche von der Zeit Thutmosis III. bis zur neunzehnten Dynastie (etwa 1600 bis 1400 v. Chr.) blühten, bei Sarbutel-Chadem (Surabit-el-Khadem) am Abhange des Sinai nahe dem Roten Meere wieder aufgefunden. Hartland hält dieselben für Reste von Eisenwerken. Die Göttin, der dieses Land geweiht wurde, war Hator, „die Herrin von Mafkat“, d. h. des Kupferlandes. Östlich und westlich von jenem Platze finden sich Halden von Kupferschlacken, die durch ihre schwarze Farbe grell von dem lichten Boden abstechen und durch ihre Ausdehnung auf lange fortgesetzten Betrieb schließen lassen. Die Bergwerke, von denen die Erze herbeigeschafft wurden, waren entfernt. Der Platz wurde für die Schmelzstätten des fast unaufhörlichen Luftzugs wegen gewählt. Ebenso finden sich im Wadi Nasch die Reste alter Schmelzarbeit auf Kupfer. Die ältesten und merkwürdigsten Bergwerke finden sich aber auf der Sinaihalbinsel. Es sind die alten Kupferbergwerke des Wadi-Meghara, welche schon von den letzten Königen der dritten Dynastie betrieben wurden. Es war König Sephuris, der achte König der dritten Dynastie nach der Liste des Manetho, der die Stämme in der Umgebung der Sinaihalbinsel unterwarf und den großartigen Bergbau im Tale Meghara anlegte. [Abbildung] Fig. 16. An den Felsen des Tales sind noch heute die etwa 5000-jährigen Inschriften zu sehen, welche die Taten dieses Königs verherrlichen. Wir geben (Fig. von diesen Inschriften nur das charakteristische Bild des Königs, wie er einen Gegner, die symbolische Darstellung der semitischen Feinde, niederwirft und mit der Keule bedroht, darüber ein Zeichen, das sich auf den Bergbau des Platzes zu beziehen scheint und dann wohl die älteste Form von „Schlägel und Eisen“ ist.


Die Inschrift nennt Sephuris „den großen Gott, den Bezwinger und Eroberer der Länder“. Die Kupferbergwerke des Tales waren ausgedehnt und wie die benachbarten Türkisgruben und Eisenwerke durch Befestigungen geschützt. Kupfer war in ältester Zeit in vielfältigem Gebrauch und wurden viele Werkzeuge und Geräte aus diesem Metalle gefertigt.

Die Bronze, die Legierung von Kupfer und Zinn, die später eine so große Rolle spielte, scheint zur Zeit der vierten Dynastie noch nicht bekannt gewesen zu sein. Auch ist es nicht wahrscheinlich, dass die Darstellung der Bronze in Ägypten erfunden wurde, vielmehr lässt sich annehmen, dass dieselbe erst zur Zeit der zwölften, vielleicht erst zur Zeit der achtzehnten Dynastie durch den Handel eingeführt wurde. Die Gründe, welche hierfür sprechen, wollen wir in Folgendem auseinandersetzen.

Das Zinn war den alten Ägyptern nicht bekannt; es gibt keine hieroglyphische Bezeichnung dafür, während Blei, tat, oft erwähnt wird. Auch haben sich keine Spuren der Benutzung dieses Metalls gefunden. Es ist auch nichts darüber bekannt, dass Zinnerze jemals in Ägypten gefunden worden wären. Von den benachbarten Ländern, von denen sie Tribut bezogen oder Kriegsbeute errangen, erhielten sie kein Zinn, sonst würde es in den ausführlichen Listen, die uns hierüber erhalten sind, neben den anderen Metallen aufgeführt sein. Auf dem Handelswege wurde es ihnen schwerlich zugeführt. Dies lag in der Art und Weise, wie die Ägypter ihren Handel betrieben. Der Handel Ägyptens war zwar bedeutend, dennoch waren die Ägypter kein hervorragendes Handelsvolk. Sie wurden mehr und zwar schon in frühester Zeit des Reichtums ihrer Natur und Kunsterzeugnisse wegen von anderen handeltreibenden Völkern aufgesucht, während sie selbst nicht in gleichem Masse fremde Länder aufsuchten. Ägypten bildete einen großen Markt. Von allen Seiten brachten fremde Händler ihre Waren, um dagegen die Bodenerzeugnisse des Landes, die vorzügliche Leinwand, Glas, Goldwaren u. s. w. einzutauschen. Infolgedessen hatten es die Ägypter weniger nötig selbst Handelsreisen zu unternehmen. Reisen ins Ausland waren auch gegen die Natur und Gewohnheit des Volkes. Die strengen, religiösen Vorschriften in Bezug auf Speisen, regelmäßige Waschungen u. s. w. machten den Aufenthalt in der Fremde fast unmöglich. In dieser Hinsicht zeigen sie eine Analogie mit den Israeliten der alten Zeit und einen Gegensatz zu den Phöniziern. Die Nachbarvölker Ägyptens und die Seehandel treibenden Phönizier, Griechen, Etrusker und später die Römer waren es vornehmlich, die mit Ägypten handelten. Da ihnen von diesen Völkern in der älteren Zeit kein Zinn zugeführt wurde, so kannten sie es auch nicht, denn es ist durchaus unwahrscheinlich, dass Ägypten mit einem der entfernten Zinn produzierenden Länder, wie Spanien, England oder Hinterindien in direktem Handelsverkehr gestanden hätte.

Ebenso wenig ist etwas darüber bekannt, dass Zinn in den südlichen Grenzländern Ägyptens gefunden wird. War ihnen aber das Zinn als Metall unbekannt und besaßen sie keine Zinnerze im Lande, so konnten sie auch nicht die Erfinder der Bronze sein. Vielmehr wurde den Ägyptern das Erz auf dem Handelswege zugeführt und zwar von Asien her, was durch die Inschriften bestätigt wird, in denen man häufig bei der Bezeichnung für Bronze den Zusatz „aus Asien“ findet. Die lange fortgesetzte Verwendung des Kupfers zu Werkzeugen spricht umso mehr für diese Annahme, da ihre großen metallurgischen Kenntnisse sie zur Verarbeitung der Bronze wohl befähigt hätten. Die Bronze wurde zuerst als Bronzeguss und zwar für Schmuckgeräte undStatuetten verwendet. Mit letzteren, meist Götterfiguren, die als aus dem heiligen Nilland kommend in der alten Welt als Amulette hochgeschätzt waren, wurde in späterer Zeit ein ausgedehnter Handel getrieben. Die Resultate der chemischen Untersuchungen alter ägyptischer Metallgeräte bestätigen unsere Ausführung. Das älteste Werkzeug, welches analysiert wurde, ist das Bruchstück eines Messers, welches etwa 13 Fuß unter der Statue Ramses III., welche seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. ihre Stelle einnimmt, ausgegraben wurde. Die Analyse von Percy ergab:

97,12 Teile Kupfer,

2,29 〃 Arsen,

0,43 〃 Eisen,

0,24 〃 Zinn und Spuren von Gold.

Da die geringen Beimengungen fremder Metalle als zufällig anzusehen sind, so haben wir es mit einem Kupfermesser zu tun. Die Beimengung von Arsenik ist wohl nur zufällig, wenn es auch nicht unmöglich wäre, dass der Zusatz beabsichtigt gewesen wäre, um ein härteres Kupfer zu erzielen.

Die ägyptischen Bronzen, die analysiert worden sind, gehören alle der späteren Zeit bis zur achtzehnten Dynastie hinaufreichend an.

Die meisten der aufgefundenen Bronzefiguren, Vasen u. s. w. stammen aus der Zeit der Psamnetiche. Doch sind auch ältere Bronzefunde erhalten. Das Berliner Museum besitzt eine Statuette aus Bronze — leider ist sie nicht näher untersucht —, die der Zeit Ramses II. angehört. Das Figürchen ist sehr kunstvoll hohl gegossen. Ein Meißel aus dem alten Theben bestand aus 94 Teilen Kupfer, 5,9 Teilen Zinn und 0,1 Teilen Eisen. Dieser Meißel, dessen Kopf glatt geschlagen war, während die Schärfe sich unverletzt zeigte, war so weich, dass er sich auf Stein sofort umbog. Die meisten Vasen, Spiegel, Waffen u. s. w. zeigen eine Zusammensetzung von 80 bis 85 Teilen Kupfer und 15 bis 20 Teilen Zinn. Ein Spiegel im Berliner Museum, den Vauquelin untersuchte, ergab 85 Teile Kupfer, 14 Teile Zinn und 1 Teil Eisen.

In späterer Zeit wurde die Bronze zur Herstellung der mannigfachsten Geräte verwendet, wie Schlüssel, Nägel, chirurgische Instrumente, Dolche, Messer, Lanzenspitzen und andere Waffen, Spiegel, Spangen, Gefäße, Schöpfgeräte, Löffel, Schalen Näpfe u. s. w. Die Türbeschläge wurden öfter aus Erz gefertigt. Teile eines Schuppenpanzers, auf dessen Bronzeschuppen der Name des Königs Scheschonk (Schischak) steht, befinden sich in der Sammlung des Dr. Abbot zu Kairo. Schwertklingen wurden nach phönizischer Art gegossen und dann überschmiedet; solche Klingen besitzt das Berliner Museum.

In den Wandgemälden und sonstigen kolorierten Darstellungen ist ein Unterschied zwischen Kupfer und Erz durch die Farbe nicht angedeutet. Rot ist die Farbe, welche für beide Metalle verwendet ist. Auch wo Grün ausnahmsweise für Metallgeräte benutzt wird, um die grüne Patina nachzuahmen, lässt sich nicht angeben, ob Kupfer oder Bronze gemeint sei. Ebenso scheint in der Namensbezeichnung kein bestimmter Unterschied gemacht worden zu sein. Es gibt drei Ausdrücke, die mit Kupfer und Kupfererzen in Beziehung stehen: chesbet, mafek und chomt. Einige Gelehrte, wie Champollion, nehmen mafek für Kupfer in Anspruch. Lepsius aber hat in seinem vorzüglichen Aufsatz „über die Metalle der Ägypter“ nachgewiesen, das chesbet und mafek nicht das Kupfer selbst bedeuten, dass vielmehr chesbet, ein blauer Stein, Kupferlasur, und mafek, das mit chesbet in steter Verbindung genannt wird, Malachit sei. Mafek wird als grün bezeichnet und ist ein geschätzter Edelstein. Freilich wird auch Smaragd, Kupfergrün und Türkis unter demselben Worte verstanden. Man unterschied die verschiedenen Sorten qualitativ. Als der Beste wird der skythische und baktrische genannt. Brugsch hat nachgewiesen, dass uralte Türkisgruben in dem erwähnten Kupferlande auf der Halbinsel Sinai wieder aufgefunden und in neuerer Zeit von einem Engländer, Mayor Macdonald, wieder in Betrieb gesetzt worden sind.

Chomt bezeichnet nach Lepsius Kupfer und Bronze, analog dem griechischen χαλκός. Die Form des Zeichens soll von dem Schmelztiegel hergeleitet sein. In den ältesten Inschriften im Wadi Magarah kommt das Zeichen in liegender Stellung vor und hat mehr die Form einer Schale. In einer Inschrift heißt es, die Lanze des Sonnengottes sei von leuchtendem Chomt, worunter wohl eher Bronze wie Kupfer zu verstehen sein dürfte. Das Kupfer wurde, wie Abbildungen darstellen, in Barren oder Planschen gegossen, ähnlich wie Silber und Blei. Eine Inschrift führt „108 Ziegel von Kupfer gleich 2040 Ten“ auf. Ten war das ägyptische Einheitsgewicht. Eine solche Plansche, die hier mit „Ziegel“ übersetzt ist, wog demnach 18 5/9 Ten = 1818 Gramm. „Löcheriges Kupfer“ in dem Sinne von rohem Kupfer wird in Inschriften genannt, ebenso heißt es „das Kupfer in seinem Gestein“ im Sinne von Kupfererz und analog dem „Golde in seinem Gestein“. Es wird dem Golde gegenübergestellt, mit dem es die meiste Ähnlichkeit in der Farbe hat.

Neben der gewöhnlichen Bezeichnung chomt findet sich in der Inschrift von Dendera der Ausdruck für schwarzes Kupfer (χάλκος μέλας). Wenn Lepsius dies direkt mit Schwarzkupfer übersetzen zu können glaubt, so ist er doch wohl im Unrecht, denn es handelt sich hier um die Bezeichnung eines verarbeiteten Metalls. Schwarzkupfer als hüttenmännischer Terminus, bedeutet aber ein unfertiges Zwischenprodukt bei der Kupfergewinnung, welches keiner technischen Verwendung fähig ist. Eher dürfte hier das „schwarze Kupfer“ in demselben Sinne gemeint sein, wie der χάλκος μέλας der Griechen, nämlich als Bezeichnung des dunklen Kupfers im Gegensatze zu der helleren Bronze.

So kommen wir denn, nachdem wir die Gewerbe der Ägypter im allgemeinen und die metallurgischen Gewerbe, namentlich die Gewinnung und Verarbeitung des Goldes, Silbers, Kupfers und Erzes insbesondere geschildert haben, zu dem Hauptgegenstande unserer Betrachtung, zu dem Eisen und dessen Gewinnung und Benutzung bei den Ägyptern.

Das Eisen war den Ägyptern schon in frühester Zeit bekannt. Hierfür sprechen direkte und indirekte Gründe.

Die indirekten Gründe sind die, dass Eisenerze im Gebiete der Ägypter vorhanden waren, dass die Bewohner schon in ältester Zeit so bedeutende metallurgische Kenntnisse und Erfahrungen besaßen, dass es auffallend gewesen wäre, wenn ihnen die Gewinnung des Eisens aus seinen Erzen unbekannt geblieben wäre, dass ihre vollendeten Steinhauerarbeiten aus härtestem Material, die Verarbeitung quarzhaltiger Granite, sowie der festen Porphyre und Basalte des oberen Landes ohne die Benutzung von Stahlwerkzeugen kaum gedacht werden können. Die äußeren Gründe, dass sich eiserne Gegenstände aus uralter Zeit erhalten haben, dass uns die Abbildungen in den ältesten Gräbern die Benutzung des Eisens zeigen, dass die Inschriften des Eisens erwähnen und hieroglyphische Bezeichnungen für dieses Metall bekannt sind.

Fassen wir die Beweise für die frühe Bekanntschaft der Ägypter mit dem Eisen in ihrer Aufeinanderfolge, so müssen wir zunächst nachweisen, dass sich Eisenerze in dem alten ägyptischen Gebiet vorfanden. Im eigentlichen Niltal finden sich diese Erze freilich nicht, wohl aber in dem Bergland, das östlich vom Nil das Flusstal von dem Roten Meere scheidet. Dort findet es sich in Spalten und Klüften im Kalkgebirge. Wilkinson berichtet, dass man die Reste alter Eisenbergwerke dort aufgefunden habe. Ob aber in diesem Teile des Landes bedeutende Eisengewinnung statt gehabt hat, ist vorläufig nicht erwiesen. Sicher war dies dagegen auf der Sinai-Halbinsel der Fall. Ganz in der Nähe des Tales Maghara, nicht weit von den oben erwähnten Kupferbergwerken des Königs Sephuris fand Hartland bei Surabit-el-Khadur die Reste ausgedehnter Eisengewinnung. Bei den mächtigen Schlackenhalden fanden sich die Reste eines alten Tempels, sowie einer Militärniederlassung. Es ist Grund anzunehmen, dass diese Eisenbergwerke gleichzeitig mit den benachbarten Kupfergruben betrieben wurden. H. Bauerman berichtet: Im ganzen Wadi Nasb oder Baba treten Bänke von Brauneisenstein und Pyrolusit und Psilomelan auf. Zu Nasb sind darin kleine Schächte, ebenso auf dem anstoßenden Plateau und alte Arbeiten auf Eisenerz finden sich auf der Westseite des Nasbtales. Sehr reich an Eisenerzen war das südliche Bergland des alten Ägyptens, das als Nubien, Äthiopien und Meroe genannt wird. Herodot, Diodor und Strabo berichten dies. Herodot bemerkt, dass Eisen in Äthiopien viel häufiger sei, als in Ägypten; Kupfer sei dagegen so selten, dass die Gefangenen öfter mit Ketten von Gold gefesselt wurden. Letzteres ist wohl eine Fabel, die sich der Vater der Geschichte aufbinden ließ.

Dass die Ägypter hinreichende metallurgische Kenntnisse und Hilfsmittel mindestens schon zur Zeit der dritten Dynastie besaßen, um imstande zu sein das Eisen aus seinen Erzen zu reduzieren, geht zur Genüge aus dem hervor, was wir bereits über die Einfachheit dieses Prozesses einerseits, sowie über die Gewinnung des Goldes und des Kupfers andererseits angeführt haben. Es ist nicht denkbar, dass die Ägypter die riesigen Bildwerke aus den härtesten Steinarten ohne Stahlwerkzeuge dargestellt haben könnten. Diese Betrachtung hat sich allen Ägyptologen aufgedrängt, welche diese Riesenwerke an Ort und Stelle untersucht haben. Der landläufigen Theorie des Bronzezeitalters zu Liebe hat man allerdings verschiedene neue, unerweisliche Hypothesen erfunden. So hat man namentlich die Behauptung aufgestellt, die Ägypter hätten eine geheime Kunst gehabt, ihr Kupfer oder Erz so hart zu machen wie Stahl. Nach einigen hätten sie dies durch bloßes Hämmern erreicht, nach Anderen durch besondere Legierungen. Was die Wirkung des Hämmerns betrifft, so ist wohl bekannt, dass durch dasselbe sowohl das Kupfer als die weicheren Bronzearten geschmeidiger, zäher und elastischer werden, auch die Härte nimmt zu, doch nur in geringem Masse; von Erreichung einer Stahlhärte auf diesem Wege kann nicht die Rede sein. Was aber die Härtung des Kupfers durch Legierung mit anderen Metallen betrifft, so sind diese Mischungen allerdings meistens härter, als das reine Kupfer; aber mit der Härte nimmt auch die Sprödigkeit zu und diese macht dieselben zu Steinbearbeitungswerkzeugen ungeeignet. Es kommen hier auch nur die Legierungen von Kupfer und Zinn in Betracht, denn das arsenikhaltige Kupfer, welches Percy analysiert hat, können wir vorläufig nicht als eine mit Absicht dargestellte Legierung ansehen. Arsenikzusatz macht das Kupfer zwar härter und weiß — das sogenannte Weißkupfer wird auf diese Weise dargestellt — zu Werkzeugen sind aber diese Verbindungen nicht geeignet. Mit Zinn legiert sich Kupfer leicht in jedem Verhältnis und wird das Produkt mit zunehmendem Zinngehalt bis zu einer gewissen Grenze härter, dagegen vermindert sich seine Zähigkeit und geht bald in ein sprödes Produkt über, das, wenn es am härtesten ist, wie Glas zerspringt. Die Legierungen mit geringem Zinngehalt, welche die Alten meistens zu Werkzeugen verwendeten und denen sie durch Hämmern Geschmeidigkeit und Elastizität gaben, konnten in Bezug auf Härte und Sprödigkeit durchaus nicht den Stahl ersetzen. Die Werkzeuge, die man aufgefunden hat, z. B. der thebanische Meißel, bestätigen dies vollständig.

Dass die Ägypter Eisen kannten und verwendeten, wird erwiesen durch die interessanten archäologischen Funde, die gemacht worden sind. Bei der großen Oxidationsfähigkeit des Eisens müssen sich schon besonders günstige Umstände vereinigen, wenn wir Gegenstände von Eisen erhalten finden sollen, die älter als tausend Jahre sind. Gegenstände, die aber über viertausend Jahre alt sind, können wir nur zu finden hoffen bei einem fast wunderbaren Zusammentreffen günstiger Bedingungen. Glücklicherweise ist aber ein solcher Fund gemacht worden, der deshalb für die Geschichte der Technik von großer Wichtigkeit ist. Der Engländer J. R. Hill fand im Jahre 1837 beim Lossprengen einiger Steinlagen von der großen Pyramide des Cheops in einer inneren Steinfuge ein Stück Eisen, das Bruchstück eines größeren Werkzeuges, welches wahrscheinlich während des Baues in die Fuge gefallen und verloren gegangen war. Oberst Howard Vyse brachte dieses Stück, das er in seinem Werke „die Pyramiden von Gizeh“ zuerst beschrieben hat, nach England, wo es in der Sammlung des britischen Museums deponiert ist.


Nebenstehende Zeichnung (Fig. zeigt das Stück in seinem gegenwärtigen Zustande. Folgende Zeugnisse, welche Oberst Vyse mitteilt, geben einen Aufschluss über die Auffindung, und sind dieselben von umso größerer Wichtigkeit, da man, verblendet durch die Theorie des Bronzezeitalters, dieselben teils absichtlich übersehen, teils verdächtigt hat. Vyse schreibt: „Herr Hill entdeckte ein Stück Eisen in einer inneren Steinfuge, nahe der Mündung des südlichen Luftkanals, welches wahrscheinlich das älteste bekannte Stück Schmiedeeisen (wrought iron) ist. Es wurde dem britischen Museum überschickt mit folgenden Zeugnissen:

„ „Hiermit wird bezeugt, dass das von mir nahe der Mündung des Luftkanals der Südseite der großen Pyramide von Gizeh am Freitag, den 26. Mai, aufgefundene Stück Eisen von mir selbst aus einer inneren Steinfuge genommen wurde, nachdem die zwei äußeren Steinlagen der jetzigen Oberfläche der Pyramide durch Sprengen mit Pulver entfernt worden waren und dass keine andere Fuge oder Öffnung, durch welche das Eisen nach der ersten Erbauung der Pyramide hätte hingebracht werden können, mit obiger in Verbindung stand. Ich habe Herrn Perring die genaue Fundstelle Samstag, den 24. Juni, gezeigt. Kairo, den 25. Juni 1837.

J. R. Hill.“ “

„Dem obigen Zeugnis des Herrn Hill kann ich hinzufügen, dass, seitdem ich die Stelle vor Beginn der Sprengarbeit gesehen habe, zwei Lagen Steine entfernt worden sind und dass, wenn das Stück Eisen der Fuge entnommen wurde, welche mir Herr Hill zeigte und die durch einen großen Stein bedeckt war, der zum Teil noch da ist, es unmöglich nach Erbauung der Pyramide an diese Stelle gelangt sein kann.

Kairo, den 27. Juni 1837.

J. S. Perring, Zivilingenieur.“

„Wir bescheinigen, dass wir die Stelle, der das Eisen durch Herrn Hill entnommen wurde, untersucht haben und sind der Ansicht, dass das Eisen in der Fuge während dem Bau zurückblieb und dass es nicht nachträglich hineingebracht worden sein kann.

Ed. S. Andrews.

James Mash, Zivilingenieur.“

Vyse fügt hinzu: „Die Mündung des Luftkanals war unterbrochen; — sie war 8⅞ Zoll hoch und 9½ Zoll weit und durch einen darüber vorragenden Stein vom Wüstensand geschützt.“

Da die große Pyramide von König Chufu (Cheops) vor dem Jahre 3000 v. Chr. erbaut wurde, so hätte dieses merkwürdige Stück Eisen ein Alter von etwa 4900 Jahren. Es wurde von Vincent Day angebohrt und näher untersucht. Das Anbohren ergab, dass es weiches Schmiedeeisen war. Da das Stück seines Wertes und seiner Seltenheit wegen nicht im Feuer probiert werden durfte, so konnte nicht erwiesen werden, ob das Eisen stahlartig oder ob Stahl damit verbunden war. Die chemische Untersuchung eines kleines Stückchens durch Walter Flight bestätigte, dass es weiches Eisen mit einer geringen Beimengung von Nickel war. Doch enthielt es gebundenen Kohlenstoff, war deshalb kein meteorisches Eisen.

Bei genauer Untersuchung der Oberfläche fand Day in der Rosthülle Abdrücke von Nummuliten, die sich dadurch erklären lassen, dass die Quader, welche die Fuge bildeten, aus dem Nummulitenkalk der eritreischen Wüste bestanden. Auch dies beweist, dass die Stücke Eisen sehr lange Zeit, daher wohl seit Erbauung der Pyramide an der Stelle eingeklemmt gewesen waren.

Es ist nicht zu verwundern, dass dieser Fund, der nur durch ein Zusammentreffen der außerordentlichsten Umstände ermöglicht war, allein steht.

Die übrigen ägyptischen Eisenfunde sind weit jüngeren Datums. Dem ungeachtet gehört auch der folgende noch zu den ältesten Eisenfunden, die wir kennen. Es ist eine eiserne Sichel, die von Belzoni unter den Füßen einer Sphinx zu Karnack ausgegraben wurde und von der wir Fig. 18 eine Abbildung geben.


Der Finder schreibt darüber: „Die eiserne Sichel, auf die ich aufmerksam machen wollte, wurde unter den Füßen einer der Sphinxe nach deren Entfernung gefunden. Ich war gegenwärtig; einer der Leute hob sie auf und reichte sie mir. Sie war in drei Stücke gebrochen und so zerstört, dass sich der Rost bis in die Mitte der Masse eingefressen hatte. Sie war eher dicker als die Sicheln unserer Tage, sonst von der gewöhnlichen Gestalt und Größe wie die unsrigen. Jetzt ist sie im Besitze des Herrn Salt. Es fragt sich nun, wann kamen die Statuen an ihren Platz? Sie können keinesfalls nach der Zeit der Ptolemäer hingekommen sein, denn es scheint, dass nach der Zeit des Cambyses, der die Götterbilder der Ägypter zerstörte, kein Einfall in das Land mehr geschah, der die Eingeborenen gezwungen hätte, ihre Heiligtümer zu verbergen. Aus der unregelmäßigen und wirren Art der Aufstellung ist es klar, dass diese Bildsäulen in der Hast versteckt worden sind. Da nun die Sichel unter der erwähnten Statue gefunden wurde, so glaube ich, dass dadurch hinlänglich bewiesen ist, dass Eisen lange vor der Invasion der Perser im Lande war. Sicheln derselben Form finden sich in vielen Abbildungen des Landbaues in den Gräbern. Weitere Eisenfunde meist von unbestimmtem Alter sind in Ägypten gemacht worden.

Über eine Bronzestatue mit eisernem Kern berichtet Baldry. Er hatte dieselbe von einem Araber erhalten, der im November 1876 bei Ausgrabungen in der Nähe der Pyramiden beschäftigt war. Die ganze Figur war 27 Zoll hoch, also relativ groß. Dr. Birch, Kustos der ägyptischen Altertümer des britischen Museums, berichtet darüber: „Die Bronzefigur stellt einen hohen Staatsbeamten aus der Zeit der neunzehnten oder zwanzigsten Dynastie vor. Die Züge des mit Locken umrahmten Gesichts entsprechen dem ägyptischen Typus der zwanzigsten Dynastie. Wie alle größeren Bronzestatuen war sie über einen Kern (core) von schwarzer Farbe, augenscheinlich aus Sand und Bitumen hergestellt, gegossen. Besonders bemerkenswert ist, dass durch den Kern des rechten Beines ein eiserner Stab durchgeht, um dem Kern beim Guss größere Stabilität zu geben; seine Gegenwart beweist die Kenntnis und Verwendung des Eisens des ba-en-pe, „himmlischen Metalls“, das benipe im Koptischen hieß. Es hieß noch Bâu-kam oder „schwarzes Metall“ zu dieser und späterer Zeit. Aber Gegenstände von Eisen, deren Alter sich bestimmen lässt, sind selten in Sammlungen, ja fast unbekannt. Die Konservierung des Eisens in diesem Fall ist veranlasst durch die Umhüllung der Bronze, infolge deren es sozusagen hermetisch abgeschlossen war. Bei der Abwesenheit einer Inschrift kann das Alter nur nach dem Stil und der Tracht insbesondere nach der Frisur geschätzt werden. Die Art der Locken entsprächen am meisten der neunzehnten Dynastie (Ramses II. und seinen Nachfolgern), doch trug man ähnliche Haartouren zur Zeit der vierten und sechsten. Die kurzen Locken über der Stirn entsprächen sogar der vierten. Man sagt, das Stück stamme aus der Nähe der Pyramide, deren Gräber und Reste meist, doch nicht ausschließlich, der vierten, fünften und sechsten Dynastie angehören.“

Zu Heliopolis sollen eiserne Klammern zur Verbindung der Quader alter Mauern (aus der Zeit der achtzehnten Dynastie?) gefunden worden sein. Kleine Kunstgegenstände von Eisen von hohem Alter (bis 2000 v. Chr.) erwähnt Manduit, der auch angibt, dass zur Zeit Ramses II. das Eisen im allgemeinen Gebrauche für Pflugscharen gewesen sei. — Bei einer Mumie fanden sich chirurgische Instrumente von Eisen (Stahl?) zum Teil mit Elfenbeingriffen. Lord Prudhoe brachte ein altes eisernes Instrument von Ägypten mit. Auch hat man eiserne Ringe in ägyptischen Gräbern gefunden. Im Louvre befinden sich eiserne Pfeil- und Lanzenspitzen aus ägyptischen Gräbern, die allerdings wahrscheinlich einer jüngeren Zeit angehören. Ebenso gehören die Funde von Rhind, der in einem Grabe von Sebau Türangeln und Nägel von Eisen fand und zwar so wohl erhalten, glänzend und biegsam, als hätten sie eben die Schmiede verlassen, dem Anfang unserer Zeitrechnung an.

Wenn uns die Entdeckung der uralten Eisenbergwerke zu Surabitel-Khadur, sowie der merkwürdige Fund von Howard Vyse den Beweis liefern, dass Eisen schon zur Zeit der vierten Dynastie in Ägypten im Gebrauch war, so wird dies fernerhin durch die Abbildungen in den alten Grabkammern bestätigt, aus denen wir zugleich die Mannigfaltigkeit der Anwendung, wie die Art der Gewinnung des Eisens kennen lernen. Auf den Wandgemälden wird das Eisen mit blauer Farbe dargestellt, wie wir dies noch heute zu tun pflegen. Blau war für die Ägypter zur Bezeichnung des Eisens umso mehr die einzig mögliche Farbe, da sie eine graue Farbe nicht kannten und Grau, wie Blau durch dieselbe Farbe, ein helles Kupferblau, darstellten. Ein charakteristisches Beispiel hierfür gibt der Esel ab, der stets blau gemalt ist. Mancherlei Werkzeuge, Geräte und Teile solcher sind schon in den Gräbern der fünften Dynastie mit blauer Farbe bezeichnet. Ein bemerkenswertes Beispiel ist der blau gemalte Wetzstahl, den der Schlächter an der Seite trägt, um an demselben sein breites Messer zu wetzen. Blau werden Schiffsbeschläge und das Band, das den Schiffsschnabel zusammenhält, gemalt. Blau werden besonders verschiedene Waffen und Teile von Kriegsgeräten dargestellt. Ein kurzer Blick auf die Bewaffnung der Ägypter dürfte hier am Platze sein. Dieselbe war sehr mannigfaltig. Diejenige Waffe, welche die älteste gewesen zu sein scheint, auch schon deshalb, weil es die einfachste und natürlichste ist, und die Kenntnis der Metalle nicht voraussetzt, war die Holzkeule (Fig. 19 a). Sie wurde später mit Metall und zwar vornehmlich mit Eisen beschlagen. Herodot erwähnt (Lib. VII) die eisenbeschlagenen Keulen der Ägypter als ihre charakteristische Waffe. Die Waffe des Königs Senphru (Fig., mit der er den Semiten schlägt, dürfte eine solche Keule gewesen sein. Die Keule erhielt sich bei der späteren Bewaffnung in mannigfachen Formen, wie [Abbildung] Fig. 19. aus den Abbildungen von Benihassan ersichtlich ist (Fig. 19 a, b, c).


Der Keule am nächsten steht die Axt, die sich aus derselben entwickelt hat, und zwar scheint bei den Ägyptern die Doppelaxt die ältere Form gewesen zu sein. Bei ihr war das runde Metallblatt einfach durch den geschlitzten Holzstiel gesteckt (Fig. 19 d u., festgekeilt und durch Stifte befestigt. Die Doppelaxt ist die Waffe der Götter. Schon in den Abbildungen im Wadi Megharah sind die Götter mit dieser Waffe dargestellt. Neben der Doppelaxt entwickelt sich die einfache Axt in mannigfaltigen Formen, von denen in Fig. 21 (a. f. S.) mehrere abgebildet sind. Die gewöhnliche Axt bildet außer dem Speer die ordonanzmäßige Ausrüstung der Schwerbewaffneten zur Zeit der achtzehnten Dynastie (Fig.. Besondere Aufmerksamkeit verdient die kunstvolle Kriegsaxt der Vornehmen (Fig. 19 e, f), umso mehr, da sie bereits in den Grababbildungen von Benihassan und Karnak (zwölfte und achtzehnte Dynastie) stets mit blauer Klinge dargestellt ist. Es war die nationale Waffe, chops genannt, eine Art Sichelschwert, welches die Leibgarde der Pharaonen trug, das meist mit großem Luxus ausgeschmückt war und eine breite Klinge von Stahl oder wenigstens mit Stahlschneide besaß. Dieselbe Waffe erscheint häufig in den Händen der Pharaonen.


Die Form der Stahlklinge lässt auf eine hohe Stufe der Schmiedekunst schließen. Die Klinge ist meist in Kupfer gefasst und steckt in einem Ebenholzstiel, der oft reich vergoldet ist. So zeigt z. B. eine solche Waffe aus der Zeit Ramses III. die blaue Eisenklinge mit Blutrinne, einen grünen Rücken von patinierter Bronze und einem verzierten, mit Gold ausgelegten Griff von Elfenbein, eine andere besteht aus einem rund geschweiften Eisenblatt mit Kupferhülse in einem Stiel von reich vergoldetem Ebenholz. Weitere Waffen der Ägypter waren ein sichelförmiges Schwert (s. Fig. 19 g), Lanze, Speer und Dolche von verschiedenen Formen. Eine bevorzugte Waffe, die Waffe des Königs besonders seit der Zeit der Ramessiden waren Pfeil und Bogen, mit denen die Herrscher von ihrem herrlichen Streitwagen herab die Feinde erlegten. Der Gebrauch der Streitwagen kam erst später auf und stammt wohl aus Asien, doch waren die Streitwagen der Ägypter durch ihre leichte Konstruktion, wobei hauptsächlich Metall in Anwendung kam, und durch ihre vorzügliche Bespannung, denn die ägyptische Pferdezucht stand in hoher Blüte, im Altertum hoch berühmt und galten in späterer Zeit als die Stärke der ägyptischen Könige. Wenn auch bei den Streitwagen wie den Waffen meist Kupfer und Bronze verwendet wurden, so geschah dies doch auch hierbei nicht ausschließlich. In einer Abbildung des Streitwagens eines äthiopischen Fürsten aus der Zeit des Tutanchamun ist der Wagen selbst gelb, d. h. von Gold, die Räder blau, d. h. von Eisen. Da Eisen und Stahl nur bei den reichsten Waffen und Geschirren verwendet wurde, so lässt sich schließen, dass es wohl ebenso teuer war als Kupfer und Erz. Auch bei den Verteidigungswaffen finden wir Eisen in Anwendung, besonders bei den Helmen. Die Kriegshelme der Könige, deren eigentümliche Formen keinen Zweifel darüber lassen, dass sie aus Metall oder mit Metall überzogen waren, sind meistens blau gemalt. Fig. 23 sind Abbildungen von Helmen ägyptischer Heerführer. Es waren teils Lederkappen, auf denen Metallschuppen aufgenäht waren, teils waren sie ganz aus Metall getrieben, wie dies auch die Erzählung des Herodot, dass Psammetich seinen ehernen Helm als Trinkbecher benutzte, bestätigt. Die Grabgemälde geben uns fernerhin ziemlich sicheren Aufschluss über die Gewinnung und Verarbeitung des Eisens bei den Ägyptern. Ehe wir jedoch hierauf näher eingehen, wollen wir zunächst eine andere Kette von Beweisen für die frühe Bekanntschaft der Ägypter mit dem Eisen, welche aus der Hieroglyphenschrift herzuleiten ist, ins Auge fassen.


Die Bezeichnungen für Eisen und Stahl in der alten Priesterschrift waren verschiedene und herrscht infolgedessen unter den Ägyptologen noch immer einige Verwirrung. ba, das Bild des Schmelztiegels ist das allgemeine Symbol für die Nutzmetalle. Champollion gibt nun für das Eisen dasselbe Symbol. Von hohem Interesse ist eine Stelle des Plinius (hist. nat. XXXVI, c., wo er von den Gesteinen, marmora, spricht, die sich zu Skulpturen eignen: Invenit Aegyptus in Aethiopia (lapidem), quem vocant ba salton, ferrei coloris atque duritiae, unde et nomen ei dedit. Demnach deutet schon Plinius ba als Eisen. Birch dagegen gibt in seinem Wörterbuch umstehende Tafel:


Lepsius in seiner gründlichen Abhandlung über die Metalle der Ägypter, führt zwei ganz abweichende Formen als Bezeichnungen für Eisen an. Die eine mit dem phonetischen Wert men; die andere mit dem phonetischen Wert tehaset, tahseti, tehset, übersetzt mit dem koptischen benipe.

Diese ganz abweichende, doppelte Bezeichnung des Metalls ist von einem besonderen historischen Interesse. Die erste Gruppe, , ist die ältere. Sie erscheint in den früheren Inschriften, z. B. in den Tributaufzählungen von Karnak (achtzehnten Dynastie) und zwar meist in folgender Reihenfolge: Gold, Silber, Lasur, Smaragd, Kupfer, Eisen (men), Blei, Farben und Smirgel. Eigentümlicherweise wird men immer in Verbindung gebraucht, d. h. als verarbeitetes Eisen. Es heißt meist Geräte von men. So z. B. in einer Aufzählung der Beute Thutmosis III.: „100 ten Silber, 100 ten Gold, chesbet, mafek und Geräte von men“; desgleichen an einer zweiten Stelle: „Stiere, mafek und Geräte von men“. Ebenso erbeutete König Menephtes: Silber, Gold, Geräte von men u. s. w.

Das Eisen kam also in den meisten Fällen nicht in rohem Zustande, in Form von Luppen oder Stäben, in die Hände der Ägypter, sondern verarbeitet zu Geräten. Wichtig ist es, welcherlei Geräte von men genannt werden. Es sind dies besonders Bewaffnungsstücke, so Lederhelme und Koller (Panzer), von denen letzterer auch oft in Verbindung mit Kupfer genannt wird. Beide Metalle wurden für die Metallplättchen, die dem Schuppenpanzer aufgenäht wurden, verwendet, wie dies auch durch die Farben in den Abbildungen der Grabkammern bestätigt wird. Vorzugsweise aus men, wie wir dies bereits aus den Wandgemälden ersehen haben, wird die Waffe chops genannt. In einem Grabe von Qurnah werden 360 chops aus men aufgeführt. Alle Inschriften, in denen die Gruppe men zur Bezeichnung des Eisens vorkommt, stammen, wie erwähnt, aus früherer Zeit. Die spätesten Inschriften, in denen sich men findet, datieren aus der Zeit des äthiopischen Königs Taharka und des noch späteren Piancki. Men erscheint als einzige Bezeichnung für Eisen in derjenigen Periode, während welcher der ägyptische Handel sich fast ausschließlich nach Süden zu bewegte und die Metalle, insbesondere Gold und Eisen von Süden her nach Ägypten kamen. In späterer Zeit verschwindet dagegen die Gruppe men, während die Bezeichnung tehaset an dessen Stelle tritt, welche in alten Inschriften nicht erscheint. Waffen aus tehaset werden allerdings nicht genannt, dagegen Türschlösser, Toreinfassungen, Beschläge u. s. w. besonders in den Tempeln. Tehaset kam aus Asien, besonders aus Persien und einer Landschaft Bektot. In der Inschrift von Dendara heißt es: „Der König bringt Dir (Hator) das Land Bektot versehen mit tehaset in seiner Natur (mit natürlichem Tehaset) aus den Minen Asiens, um anzufertigen die Schlösser der Türen Deiner Wohnung und um einzufassen die Schreine Deiner Behausung, darbringend das tehaset Deinem Hause.“ Wir wissen auch aus anderen Umständen, dass für allerlei Beschläge das Eisen sich der Bronze gegenüber auch in späterer Zeit behauptet hat, während es bei der Bewaffnung durch dieses zum Teil verdrängt wurde.

Dass die Gruppen men und tehaset Eisen bedeuten und zwar ersteres das Eisen aus Äthiopien, letzteres das Eisen aus Asien, dürfte nach der gründlichen Auseinandersetzung von Lepsius nicht mehr bezweifelt werden. Dagegen ist es fraglich, wie es sich mit dem Ausdrucke ba und baenepe verhält, der von Champollion, Birch und Brugsch für Eisen in Anspruch genommen wird und der sich in koptischen Dialekten in demselben Sinne erhalten hat. Brugsch leitet das koptische Wort (be-ni-pe) von ba-en-pe-t her = Eisen vom Himmel (Meteoreisen), im Gegensatz zu ba-en-ito, Eisen der Erde. Basil Cooper erklärt das Wort ba, koptisch bo oder be als hartes Holz, Stein; ni = von und be, koptisch pe = Himmel. Demnach be-ni-pe = Stein vom Himmel, Meteorstein, respektive Meteoreisen. Über die Unwahrscheinlichkeit, dass die erste Bekanntschaft des Eisens von Meteoreisen herzuleiten ist, haben wir früher gehandelt. Wohl ist es aber möglich, dass man später die Identität des tellurischen und meteorischen Eisens erkannt und dem Eisen deshalb die Bezeichnung Metall des Himmels beilegte. Cooper will das Stammwort ba oder be auch in dem Namen des sechsten Nachfolgers des Menes, der Mibampes hieß, wiederfinden. Nach ihm heißt Mibampes der „Eisenfreund“. Wenn diese Hypothese begründet ist, so wäre allerdings das Eisen nicht nur das erstgefundene, sondern auch das erstgenannte aller Metalle, indem die Regierungszeit des Mibampes noch mehrere Jahrhunderte vor der des Snefru liegt. Wie es sich damit aber auch verhalten mag, jedenfalls haben wir in dem Vorgehenden eine Reihe von Tatsachen, welche die frühe Bekanntschaft der Ägypter mit dem Eisen erhärten, erbracht. Schon in der ältesten Zeit der beglaubigten Geschichte Ägyptens, in der Periode der vierten Dynastie, war das Eisen den Nilbewohnern bekannt und in Gebrauch und blieb in Gebrauch neben Kupfer und Bronze in allen Perioden der ägyptischen Geschichte. In der älteren Zeit, in der die Ägypter neben dem Eisen nur das Kupfer zu Werkzeugen verarbeiteten, scheint es sogar in mannigfacherer Verwendung gewesen zu sein, als in späterer Zeit, nachdem die Ägypter durch Handel und Eroberungen mit der Bronze Asiens bekannt und förmlich überflutet wurden.

Zu allen Zeiten scheint die Eisengewinnung im eigenen Lande von untergeordneter Bedeutung gewesen zu sein, wenn auch aus den Resten alter Bergwerke im eritreischen Gebirge und auf der Sinaihalbinsel hervorgeht, dass ihnen die Gewinnung nicht unbekannt war. Sie bezogen vielmehr das meiste Eisen aus dem Auslande, und zwar in älterer Zeit als fertige Waren aus Äthiopien; während dieser Bezug späterhin, als Ägypten mit Ostasien in Verkehr kam und mit den Erzgeräten der Semiten, namentlich der Phönizier überschwemmt wurde, in den Hintergrund trat und zwar so sehr, dass die alte, wahrscheinlich äthiopische Bezeichnung für Eisen verloren ging und an dessen Stelle für das Eisen aus Asien ein neuer Name in Aufnahme kam. Ähnliche Wortwandlungen begegnen wir im Altertume öfter.

Die Bezeichnung tehaset dürfte etwa dem biblischen „Eisen des Nordens“ entsprechen.

Unsere Untersuchung führt uns darauf hin, dass wir in Äthiopien den ältesten bekannten Sitz der Eisengewinnung zu suchen hätten. Dies wird bestätigt durch die erhaltenen Abbildungen, welche die Gewinnung des Eisens bei den Ägyptern darstellen, und aus denen wir ersehen, dass das dargestellte Verfahren genau übereinstimmt mit der Gewinnungsmethode, wie sie heute noch in den eisenreichen Gegenden des oberen Äthiopiens und von Darfur betrieben wird, wo die Eisenbereitung seit undenklicher Zeit heimisch zu sein scheint.


Auf einem Steine, der sich in Florenz befindet, ist in einer Gruppe von Darstellungen das Schmelzen und Schmieden eines Metalls abgebildet. Da sich dabei das fragliche Symbol befindet, so dürfen wir wohl annehmen, dass es Eisen sein soll.


In dem einen der Bilder tritt ein jugendlicher Sklave, der durch seinen runden Kopf mit abstehenden Ohren als Neger charakterisiert ist, einen einfachen Blasebalg, aus dem der Wind durch ein Bambusrohr einer flachen Grube zugeführt wird, in welcher der Schmelzprozess, also in unserm Falle die Reduktion des Eisenerzes vor sich geht. In dem zweiten Bilde (Fig. sieht man, wie das Eisen auf einem Amboss, der aus einem flachen, runden, auf einem Holzklotze aufliegenden Stein besteht, ausgeschmiedet wird, und zwar besteht der Hammer, mit dem dies geschieht, ebenfalls nur aus einem halbkugelförmigen Steine, den der Zuschläger mit beiden Händen bewegt. Andere Abbildungen zeigen ähnliches mit kleinen Abweichungen. So finden wir auf einer statt der offenen Herdgrube einen Schmelzofen aus Ton, die einfachste Form eines niedrigen Schachtofens, eine andere stellt einen Amboss dar, der aus einer dicken Kupferplatte besteht, während der dazugehörige Hammer ein runder Kupferklumpen ohne Stiel ist. Vergleichen wir die erwähnten Darstellungen mit den Berichten der Reisenden, wie z. B. Nachtigalls oder Russeggers, über die Art und Weise, wie heute die Bewohner von Kordofan ihr Eisen gewinnen, so werden wir sehen, dass die alten Abbildungen noch genau zu dem jetzigen Verfahren passen. Russegger schreibt darüber:

„Im nördlichen Kordofan, westlich von Glèha bis Bara und Chursi dehnt sich der „Eisendistrikt“ aus, so genannt wegen des reichlich vorkommenden Raseneisensteins und der fast in jedem Dorfe stattfindenden Benutzung dieses Erzes.“ Dieselben dilluvialen Ablagerungen ziehen sich nach Russegger wahrscheinlich durch ganz Mittel- und West-Sudan fort. In der Nähe von Bara, Chursin und Tendar wurden Russegger 15 Dörfer bekannt, in deren Umgebung Raseneisenstein gewonnen wurde. Das Vorkommen ist überall das gleiche. Unter der obersten Sanddecke in einer Tiefe von 7 bis 8 Fuß folgt die erste Eisensteinschicht, entweder ein reiner Toneisenstein oder Sandlagen mit Raseneisensteinknollen. Der Abbau wird so roh wie möglich betrieben. Es werden Schächte von 4 bis 5 Fuß Weite höchstens 10 Fuß niedergebracht; hat man das Erz erreicht, so wird weiteres Abteufen eingestellt und der Abbau begonnen, der darin besteht, dass man zunächst bis zum Liegenden gräbt und dann vom Schachttiefsten aus das Erz ringsum wegnimmt, so lange dies ohne dringende Gefahr des Einsturzes möglich ist. Das Loch wird nicht verbaut, sondern verlassen und wenige Schritte davon ein neues gegraben. Russegger zählte bei el Feradschaab auf einer Fläche von 400 bis 500 Quadratklafter 350 teils offener, teils verbrochener Schächte. Das aus den Schächten geförderte Erz wird sorgfältig geschieden. Nur das reichste wird verwaschen und in Bohnengröße zerklopft. Um die Erze zu schmelzen, machen die Eingeborenen im Sande kleine kegelförmige Gruben, mit der Spitze nach unten. Der größte Durchmesser einer solchen Grube beträgt 12 bis 14 Zoll, ebenso viel die Tiefe. Ist nun eine solche Grube mit einem Gemenge von Holzkohlen und zerkleinertem Erz, ohne Zuschlag, gefüllt, so wird noch ein Haufen Kohlen darauf geschüttet und Feuer eingetragen. Die Düsen des Blasebalges werden am Rande der Grube unter einem Winkel von 40 bis 45 Grad eingesetzt und mit dem Blasen begonnen. Nach einer Stunde beginnt die Masse sich zu setzen und zusammen zu sintern. In dem Verhältnisse, wie dies geschieht, werden von neuem Erz und Kohlen nachgetragen. Ungefähr nach zehn Stunden ist der größte Teil des leichtflüssigen Raseneisensteines geschmolzen und die Grube ziemlich angefüllt mit verschlackter Masse. Man nimmt nun Blasebalg und Düse weg, räumt das Feuer ab und lässt die Masse abkühlen. Das Resultat dieser ersten Schmelzung sind ungefloßene, zusammengebackene Erze, welche man für eine zweite Schmelzung beiseitelegt, und Schlacken. Diese sind zweierlei, die oberen sind schwarz, schwer, von dichtem Bruch und eisenreich; sie werden als unbrauchbar fortgeworfen. Die unteren sind ebenfalls schwarz und schwer, aber mehr porös, stellenweise glasig und mit Körnern von reduziertem Eisen, mitunter von bedeutender Größe, vermengt. Letztere werden nochmals verschmolzen. „Diese zweite Schmelzung der metallisches Eisen enthaltenden Schlacken und der gebackenen Erze wird in derselben Grube, mit demselben Gebläse und unter denselben Umständen vorgenommen, dauert aber nur ein paar Stunden. Hierbei erhält man zuoberst eine dichte, ebenfalls sehr eisenreiche Schlacke, welche sichtbar mit metallischem Eisen gemengt ist und wieder zur Verschmelzung kommt, zu unterst, als Resultat des langwierigen Prozesses, einen graupigen, von Schlacken mehr oder weniger durchdrungenen Eisenkönig. Letzterer wird mühsam mit eisernen Keulen zerschlagen, die Schlacke möglichst ausgeschieden und das Eisen ohne weitere Behandlung den Schmieden als gares, weiches Eisen verkauft. Selten gelingt es diesen nackten, schwarzen Eisenhüttenmännern, einen kompakten, schlackenfreien, reinen Eisenkönig zu erhalten. Russegger kaufte einen solchen von 15 Pfund an Ort und Stelle, der sehr gutes, vollkommen weiches Eisen war.

Die Blasebälge, deren man sich bei dieser Operation bedient, sind dem ganzen Verfahren entsprechend, d. h. noch auf der ersten Stufe der Erfindung. Teils sind es nur lederne, gewöhnliche Bälge, die ein Mann auf und nieder drückt, teils sind sie von besonderer, eigentümlicher Form. Aus Ton wird ein schüsselähnlicher Unterteil b mit einer angesetzten, langen, etwas nach unten gekrümmten Röhre, wie es beistehende Skizze (Fig. zeigt, angefertigt. Der offene Teil der Schüssel c wird mit einer Haut b bedeckt und diese am Rande von c durch Binden, teils durch Verschmieren so viel als möglich luftdicht befestigt. Diese Haut hat oben ein Loch, in das ein Arbeiter mit einem Finger fährt, und indem er nun abwechselnd die Haut spannt, und wieder bis an den Boden der Schüssel niederdrückt, wobei er möglichst die obere Öffnung mit der Hand verschließt, erzeugt er Wind, der, soweit er nicht an seinem Finger vorbei entweicht, durch die Röhre d gepresst wird, an deren Verlängerung sich die Düse befindet.


Die Kohlen zur Schmelzung werden aus Mimosen gebrannt. Dies geschieht in den Wäldern der Akaba auf ganz einfache Weise, indem ein kleiner, nur 2 bis 3 Fuß hoher Haufen Holz angezündet und mit Sand bedeckt wird, um das Feuer in Schranken zu halten. Die Kohlen sind, da meist nur Astholz und Reisig zur Anwendung kommen, sehr klein, aber gut gebrannt, klingend und wenig abfärbend.

An Ort und Stelle verkaufen die Produzenten das rohe Eisen den Schmieden oder sonstigen Abnehmern um den Preis von 1⅓ bis 1½ Piaster (23 bis 26 Pfennige) pr. Pfund und zwar entweder im Wege des Tauschhandels oder für ägyptisches Geld. Ein Zentner kostet also etwa 24 Mark, was sehr wenig ist in Betracht der riesigen Arbeit. Beim Rohschmelzen wie beim Schlackenschmelzen sind stets drei Mann beschäftigt, von denen zwei in Handhabung der Bälge sich ablösen und einer, nebst dem Aufgeben der Erze und Kohlen, die Leitung des Ganzen besorgt. Der höchste Luxus in Ausstattung eines solchen Etablissements besteht darin, dass, wenn die Sonne auf den rötlichgelben Sand gar zu arg brennt, vier Stöcke eingerammt werden, über die eine Strohmatte gespannt wird.

Im besten Falle gibt ein Roh- und Schlackenschmelzen in 12 bis 14 Stunden 15 bis 20 Pfund gares Eisen. Obgleich von Rasenerzen erblasen ist es von ausnehmender Güte und zeichnet sich durch Weichheit und Biegsamkeit aus.

Die Erze, die zur Verschmelzung kommen, sind reichhaltig und sollen zwischen 60 und 70 Proz. Roheisen enthalten. Von diesen bringen die Schwarzen nach ihrer Angabe zwischen 20 und 40 Proz. aus.

Obwohl der Raseneisenstein ein leichtschmelziges Erz ist, gelingt es ihnen doch nicht, das Eisen in einen vollkommen flüssigen Zustand zu versetzen, sondern sie erhalten es nur als eine teigige Masse. Die Phosphorsäure der Erze erleidet bei dieser niederen Temperatur wohl gar keine Reduktion, deshalb ist das Eisen so weich und durchaus nicht kaltbrüchig“.

Diese lebendigen Beschreibungen der Methoden, mittels derer die barbarischen Bewohner des Sudan heute noch ihr Eisen gewinnen, lehren uns, wie unendlich einfach der Prozess der Eisengewinnung an und für sich ist und welch ein Irrtum in der Annahme liegt, dass die Gewinnung des Eisens höhere metallurgische Kenntnisse oder komplizierterer Apparate bedürfe, als zur Gewinnung des Kupfers, zur Reinigung des Goldes oder gar zur Darstellung des Silbers erforderlich sind. Wenn wir ins Auge fassen, auf wie hoher Stufe technischer Bildung die Ägypter bei ihrem Eintritte in die Geschichte bereits erscheinen, wie ihre Kenntnisse der Chemie, ihre mechanischen Hilfsmittel, ihre metallurgischen Erfahrungen viel bedeutender waren, als die der Bewohner von Kordofan es heutzutage sind, so muss zugegeben werden, dass technische Gründe nicht vorhanden sind, die dafür sprechen, dass den Ägyptern dies Eisen nicht bekannt gewesen sei. Wir glauben vielmehr in Vorstehendem zur Genüge nachgewiesen zu haben, dass sie es darstellten und benutzten und zwar schon in den fernen Zeiten, aus denen ihre ältesten Überlieferungen stammen. Allerdings war ihr Land weder an Eisenerz noch an Brennmaterial reich, deshalb war die Gewinnung im eigenen Lande, wie noch heute, wenig umfangreich. Aber sie kannten sowohl die Gewinnung als wie die Verarbeitung des Metalls, wenn sie auch meistenteils ihre „Geräte von men“ aus Äthiopien bezogen, dessen Eisenreichtum schon die ältesten Reisenden rühmen und dessen Bewohner noch heute in derselben Weise, wie vor 5000 Jahren, die Gewinnung des Eisens als einen Erwerbszweig betreiben.

Die Geschichte des Eisens, Band 1: Von der Antike bis zur Völkerwanderung

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