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Wer war Abo l-Fazl-e Beyhaqî? – Die Daten

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Wer Abo l-Fazl-e Beyhaqî war, wie sein Leben verlief und woher wir das wissen

Tasten wir uns zunächst auf dem üblichen Weg an unseren Geschichtsschreiber heran: über biographische Daten. Ein paar Daten beantworten zwar noch nicht die Eingangsfrage dieses Kapitels. Bo l-Fazls Persönlichkeit kann man damit nicht nachzeichnen, und das heißt, daß die bekannten Daten noch keine Vorstellung von dem Menschen Bo l-Fazl schaffen. Trotzdem brauchen wir sie als Ausgangspunkt auf unserer Suche nach ihm. Diese Suche wird uns bis zum Ende dieses Buches beschäftigen, aber wir müssen irgendwo anfangen. Warum also nicht bei den verfügbaren Daten?

In seinem Geschichtswerk erzählt Bo l-Fazl, daß er sich in seiner Jugend in Nîschâpûr aufgehalten hat. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn das war damals die wichtigste Stadt in Chorâsân, und zum Studieren ging man dorthin. An zwei Stellen berichtet Bo l-Fazl, daß er mit fünfzehn und sechzehn Jahren Ereignisse in Nîschâpûr selbst beobachtet habe. Weil er dort auch mitteilt, in welchen Jahren sich diese Ereignisse abgespielt haben, können wir sein Geburtsjahr ausrechnen: Bo l-Fazl war demnach in den Jahren 1009-1010 unserer Zeitrechnung fünfzehn Jahre alt. Er muß also in den Jahren 995-996 unserer Zeitrechnung geboren worden sein.

Das genaue Jahr kann man nur ausrechnen, wenn ein exaktes Datum oder zumindest der Monat angegeben ist. Das liegt daran, daß die islamische Zeitrechnung, die Bo l-Fazl und die übrigen Geschichtsschreiber verwenden, mit Mondjahren rechnet. Weil Mondjahre kürzer sind als unsere Sonnenjahre, stimmen sie nicht genau überein und »wandern« im Verhältnis zu unserem Kalender. Deshalb liegt das Mondjahr 385 nach islamischer Zeitrechnung zum Teil in unserem Jahr 995, zum Teil im Jahr 996.

Jetzt wissen wir, wann Bo l-Fazl geboren wurde, aber noch nicht wo. Das erzählt er uns auch nicht selbst. Dafür gibt es aber eine andere wichtige Quelle, eine Lokalgeschichte von Beyhaq mit dem naheliegenden Titel »Geschichte Beyhaqs« (Târîch-e Beyhaq). Dort lesen wir, daß Bo l-Fazl im Dorf Hâresâbâd im Gebiet Beyhaq geboren wurde und daß er im Jahr 1077 gestorben ist. Daher kommt also Bo l-Fazls Beiname »Beyhaqî«, denn sein voller Name lautete: Abo l-Fazl Mohammad b. Hoseyn-e Beyhaqî (Abu l-Fadl Muhammad b. Husain al-Baihaqî). Und der Beiname besagt, daß sein Träger oder dessen Familie aus der Stadt Beyhaq oder ihrer Umgebung stammt. »Beyhaqî« heißt also einfach »der aus Beyhaq« - so wie »Baghdâdî « bedeutet »der aus Bagdad«.

Auch der Verfasser der Lokalgeschichte trug diesen Beinamen. Sein voller Name lautet Zahîr ed-Dîn 'Alî b. Zeyd-e Beyhaqî (Zahîr ad-Dîn 'Alî b. Zaid al-Baihaqî). Auch er stammte also aus Beyhaq und Umgebung. Beyhaq selbst war keine sehr große Stadt, lag aber an einer wichtigen Handelsstraße. Sie führte am nördlichen Rand der großen im Zentrum des iranischen Hochplateaus gelegenen Salzwüste Dascht-e Kavîr entlang und verband Rey in Westiran (heute ein Vorort von Teheran) mit Chorâsân im Osten und der bedeutenden Stadt Nîschâpûr westlich des heutigen Maschhad. Doch Beyhaq bezeichnet nicht nur eine Stadt, die heute Sabzavâr heißt und im Nordosten Irans gut 200 Kilometer westlich von Maschhad liegt, sondern auch ein größeres ländliches Gebiet mit mehreren hundert Dörfern.

Daher stammten natürlich eine ganze Reihe bekannter Autoren aus diesem Gebiet. Mehr noch: Beyhaq ist gerade für die vielen Gelehrten bekannt, die von dort kamen. Deshalb gibt es eine ganze Menge bekannter Beyhaqîs. In der Lokalgeschichte Beyhaqs hat der Verfasser die Biographien der wichtigen Gelehrten aus dieser Region aufgezeichnet.

Die große Anzahl an bekannten »Beyhaqîs« hat natürlich ihre Tücken für spätere Geschichtsforscher. So verwechseln sogar gestandene Fachleute manchmal die beiden »Geschichtsschreiber-Beyhaqîs«: Bo l-Fazl, der ja eigentlich Abo l-Fazl-e Beyhaqî heißt, und Zahîr ed-Dîn 'Alî b. Zeyd-e Beyhaqî, den Verfasser unserer Quelle, der »Geschichte Beyhaqs«.

Für solche Verwechslungen gibt es mehrere Gründe: Beide »Beyhaqîs« haben je ein Geschichtswerk auf persisch verfaßt. Das eine Geschichtswerk, die »Geschichte des Mas'ûd«, ist auch als »Geschichte des Beyhaqî« bekannt. Die andere heißt »Geschichte Beyhaqs«. Auf persisch unterscheidet sich das nur durch einen einzigen Buchstaben: »Geschichte Beyhaqs« heißt nämlich Târîch-e Beyhaq und »Geschichte des Beyhaqî« heißt Târîch-e Beyhaqî. Sehen Sie den winzigen Unterschied, das î am Ende? Um die Sache noch verwirrender zu machen, lebte der Verfasser der Lokalgeschichte Beyhaqs nur knapp hundert Jahre später als Bo l-Fazl: von ungefähr 1097 bis 1169. Zum Glück ist er als Verfasser dieser Lokalgeschichte unter dem Namen Ebn Fondoq (Ibn Funduq) bekannt, und so werde ich ihn ab jetzt auch nennen.

Hier noch einmal ein kurzer Überblick über die beiden »Geschichtsschreiber-Beyhaqîs«:

Bo l-Fazl Abo l-Fazl Mohammad b. Hoseyn-e Beyhaqî Verfasser der »Geschichte des Mas'ûd« (Târîch-e Mas'ûdî), auch bekannt als »Geschichte des Beyhaqî« (Târîch-e Beyhaqî)
Ebn Fondoq Zahîr ed-Dîn 'Alî b. Zeyd-e Beyhaqî Verfasser der »Geschichte Beyhaqs« (Târîch-e Beyhaq)

Doch kommen wir zurück auf Bo l-Fazls Lebensdaten! Was erzählen er selbst und Ebn Fondoq uns noch über ihn?

Aus Bo l-Fazls Geschichtswerk wissen wir, daß er viele Jahre als Sekretär in der Reichskanzlei, dem Dîvân-e resâlat, gearbeitet hat - also im Zentrum des Geschehens. Oft erzählt er von diplomatischen Schreiben, die er zu bearbeiten hatte und die sein »Meister« (ostâd) Bû Nasr-e Moschkân (Abû Nasr b. Muschkân), der Leiter der Kanzlei, aufsetzte. In den Abschnitten, in denen er vom Tod seines Meisters berichtet, erwähnt Bo l-Fazl, daß er neunzehn Jahre lang bei ihm gewesen sei. Bû Nasr-e Moschkân ist im Jahr 431 islamischer Zeitrechnung (1039) gestorben. Bo l-Fazl hat demnach im Jahr 412 seine Tätigkeit in der Reichskanzlei aufgenommen, das heißt in den Jahren 1021-1022 unserer Zeit. Wahrscheinlich hat er aber schon vorher in irgendeiner Funktion in der Verwaltung gearbeitet, denn 1021 war er bereits fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Jahre alt, zu alt also für einen völligen Neuling.

Da Bo l-Fazl seinen Vater an einer Stelle mit dem Titel Chvâdsche bezeichnet, war wohl auch sein Vater in der Verwaltung tätig. Diesen Titel trugen damals nämlich höhere Verwaltungsfunktionäre. Wahrscheinlich stammte Bo l-Fazl also aus einer Familie von Verwaltungsangestellten und wird seine Laufbahn in der Verwaltung frühzeitig begonnen haben.

Damals gab es ganze »Dynastien« von Verwaltungsangestellten, die man auf deutsch üblicherweise als »Sekretäre« bezeichnet. Die Söhne von Sekretären bekamen frühzeitig die notwendige Ausbildung, um später in den Verwaltungsdienst eintreten zu können. Natürlich verfügten sie auch über die passenden Kontakte. Heute würde man das »Vitamin B« nennen. Wahrscheinlich profitierten diese jungen Männer auch von den gesammelten Erfahrungen der Familie. In Familien mit vielen Mitgliedern im selben Beruf saugen nämlich oft schon die Kinder Hintergrundwissen, Verhaltens- und Denkweisen nebenbei und gewissermaßen »mit der Muttermilch« auf. In jedem Fall hatten Söhne von Sekretären einen Vorteil beim Start in die Verwaltungskarriere. Für Außenstehende war es daher zwar nicht unmöglich, aber doch schwieriger, in diese begehrten Positionen vorzudringen.

Unter Bû Nasr-e Moschkân scheint Bo l-Fazl eine Vertrauensposition innegehabt zu haben. Der Kanzleileiter beauftragte Bo l-Fazl mit wichtigen Botengängen und erzählte ihm auch immer wieder von seinen politischen Sorgen und von Unterredungen mit dem Ghaznavidenherrscher Mas'ûd. Es gibt auch mehrere Stellen, an denen Bo l-Fazl danach gefragt wird, wo sich sein Meister befinde. Man ging also davon aus, daß er darüber informiert war. Ebn Fondoq nennt ihn bereits zur Regierungszeit von Mahmûd von Ghazna, also von Mas'ûds Vater, Bû Nasr-e Moschkâns Stellvertreter: »Er war Sultan Mahmûds Sekretär (dabîr) in Stellvertretung (be niyâbat-e) Abû Nasr ibn Moschkâns.« (S. 175)

Nach dem Tode Bû Nasr-e Moschkâns ernannte Mas'ûd aber nicht Bo l-Fazl zum Leiter der Kanzlei, sondern einen seiner eigenen Vertrauten, Bû Sahl-e Zûzanî (Abû Sahl az-Zûzanî). Ob der Grund wirklich der war, daß Bo l-Fazl mit Mitte vierzig noch zu jung für den Posten war, wie Mas'ûd behauptete, wissen wir nicht. Sicher ist aber, daß Bo l-Fazl sich mit seinem neuen Vorgesetzten zunächst nicht gut vertrug, wie er selbst berichtet. Erst nachdem er Mas'ûd um einen anderen Posten gebeten und der Herrscher daraufhin seinen Kanzleileiter ermahnt hatte, Bo l-Fazl angemessen zu behandeln, beruhigte sich die Lage wieder.

Schließlich übertrug einer der Nachfolger Mas'ûds ('Abd or-Raschîd, reg. 1049-1052, s. Herrschertafel), Bo l-Fazl die Leitung der Reichskanzlei. Zumindest waren die meisten Forscher bisher dieser Auffassung. Clifford Edmund Bosworth hat dies aber kürzlich in der Einleitung zu seiner englischen Übersetzung von Bo l-Fazls Geschichtswerk in Zweifel gezogen (Bosworth, Übers., Bd. 1, S. 35). Wenn wir Ebn Fondoq glauben dürfen, dann beging Bo l-Fazl zu dieser Zeit jedenfalls einen Fehler, der ihn Amt und Freiheit kostete: Er soll den Brautpreis einer seiner Frauen nicht bezahlt haben und deshalb verurteilt und ins Gefängnis gesteckt worden sein. Doch vermutlich ist der eigentliche Grund in Hofintrigen zu suchen. Genau werden wir das wohl nie erfahren.

Vom Gefängnis des Richters wurde er jedenfalls direkt in eine Festung überführt, als ein Usurpator im Jahr 1052 für einige Monate die Macht im Ghaznavidenreich übernahm und den herrschenden Ghaznaviden tötete. In der Festung waren noch weitere Verwaltungsangehörige eingekerkert. Bo l-Fazl kam gemeinsam mit seinen Kollegen wieder frei, als der nächste Ghaznavide (Farrochzâd, reg. 1052-1059, s. Herrschertafel) die Macht zurückgewann. Doch in der Zwischenzeit hatte man Bo l-Fazls Besitz geplündert und Kopien vernichtet, die er von politischen Dokumenten angefertigt hatte, um sie später bei der Abfassung seines Geschichtswerks zu verwenden. Diesen Verlust beklagt er in den erhaltenen Teilen des Werkes immer wieder.

Aus einer dieser Passagen wissen wir auch, daß Bo l-Fazl bereits seit der Thronbesteigung von Mas'ûds Sohn und Erben im Jahr 1041 damit begonnen hatte, Materialien für sein geplantes Geschichtswerk zu sammeln – also im Alter von fünfundvierzig oder sechsundvierzig Jahren. Nach Ebn Fondoq soll Bo l-Fazl sich aber erst im Jahr 1059 von seiner Verwaltungstätigkeit zurückgezogen haben, um seine Werke zu verfassen. Neben seinem Geschichtswerk soll das ein Handbuch der Sekretärskunst mit dem Titel »Schmuck der Sekretäre« (Zînat ol-kottâb) gewesen sein, das aber nicht erhalten ist. Ob Bo l-Fazl tatsächlich noch bis 1059 im ghaznavidischen Verwaltungsdienst aktiv gewesen ist, läßt sich aber nicht sicher feststellen. Der Verfasser des Artikels über Bo l-Fazl in der Encyclopaedia Iranica, Gholâm-Hoseyn-e Yûsofî, hält das jedenfalls für unwahrscheinlich. Allerdings ist Bo l-Fazl noch zwischen 1052 und 1059 damit beauftragt worden, einen Vertrag mit den Seldschuken aufzusetzen. Das spricht für Ebn Fondoqs Aussage und gegen Yûsofî.

Jetzt wissen wir, was über Bo l-Fazls Lebenslauf und seine Tätigkeit in der ghaznavidischen Verwaltung herauszufinden ist. Doch welche religiösen und philosophischen Überzeugungen hatte Bo l-Fazl eigentlich? Müssen wir das nicht auch wissen, wenn wir seine Weltsicht verstehen wollen? Natürlich müssen wir das. Nur leider gibt uns niemand direkte Auskünfte darüber - auch Bo l-Fazl selbst nicht. Aus seinem Geschichtswerk können wir aber erkennen, daß er zur Mehrheit der Muslime gehörte, nämlich zu den Sunniten.

Das ist die religiöse Richtung, die im Islam übrig blieb, als sich alle anderen Richtungen abgespalten hatten. Sunniten heißen sie nach der vorbildlichen Lebensweise (sunna) des Propheten Muhammad, nach der sie sich neben dem Koran richten und aus der sie ihre religiösen Gesetze ableiten. Das tun zwar auch alle anderen Muslime, aber sie verwenden zum Teil andere Texte oder haben andere Auffassungen darüber, wer die Gemeinschaft der Muslime rechtmäßig leiten soll und welche Quellen der Rechtsfindung sonst noch in welcher Gewichtung verwendet werden dürfen. Doch auch die Sunniten sind keine einheitliche Gruppe, sondern es gibt unter ihnen vier große Rechtsschulen, die zu vielen Detailfragen des religiösen Rechts unterschiedliche Ansichten vertreten. Dabei sind die Abweichungen aber längst nicht so groß wie zum Beispiel die zwischen den Sunniten und den verschiedenen Gruppen der Schiiten, auf die ich im dritten Kapitel noch zu sprechen komme.

Bo l-Fazl war also Sunnit. Er hatte auch etwas gegen die Mu'taziliten. Das waren rationalistische Theologen, die energisch die Lehre von der Willensfreiheit des Menschen vertraten und die Erkenntnisfähigkeit des menschlichen Verstandes hoch einschätzten. Bo l-Fazl dagegen spricht immer wieder von der göttlichen Vorherbestimmung. Trotzdem war Bo l-Fazl der Meinung, daß die Menschen für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind und ihren Verstand einsetzen müssen, um Richtig von Falsch zu unterscheiden. Ranin Kazemi glaubt deshalb, daß Bo l-Fazl der von der hanafitischen Rechtsschule bevorzugten theologischen Richtung zuneigte. Doch Kazemi räumt auch ein, daß zur religiösen Einordnung Bo l-Fazls noch weitere Forschungen nötig seien.

Wenn wir uns an die Informationen halten, die wir bis hierher gewonnen haben, so war Bo l-Fazl also wahrscheinlich der Sproß einer Sekretärsfamilie und als Sekretär kompetent und erfolgreich. Er stieg zum engen Vertrauten des Kanzleileiters und möglicherweise schließlich selbst in den Posten des Leiters der Reichskanzlei auf. Diese Position erscheint in seinem Geschichtswerk nur der des Wesirs nachgeordnet. Zwar blieb er nicht lange Kanzleileiter – sofern er das tatsächlich war. Doch er hielt sich den größten Teil seines Lebens im Zentrum der Macht auf und kam nicht nur mit den mächtigen Männern in der Verwaltung in enge Berührung, sondern auch mit dem Herrscher selbst. Auch wenn Bo l-Fazl die meiste Zeit nur aus der zweiten Reihe Zeuge der Ereignisse war, so hat er seinen mächtigeren Zeitgenossen doch – oder eher gerade deswegen – eines voraus: Seine Verwicklungen in Hofintrigen haben ihn nicht um Leben oder Freiheit gebracht, und deshalb hatte er Gelegenheit, über seine Zeitgenossen und Erlebnisse in der Rückschau zu berichten.

Es gibt bislang nur zwei wissenschaftliche Monographien und die oben erwähnte Masterarbeit über Bo l-Fazl und sein Werk. Eine der Monographien stammt von Marilyn Robinson Waldman, und sie hat die Vermutung geäußert, Bo l-Fazl sei nicht nur, aber unter anderem deshalb so daran gelegen, die Namen aller Beteiligten anzuführen, weil er als »nicht-so-großer« Mann zeigen wolle, daß er die »ganz Großen« gut gekannt habe (S. 67). Falls er je diese Art von Geltungsbedürfnis gehabt hat, so kann man sich angesichts seiner eigenen Äußerungen zu Macht und Reichtum doch fragen, ob er es nicht längst abgelegt hatte, als er sein Werk verfaßte.

Eines jedoch spricht immer wieder deutlich aus seinen Zeilen: Er ist immer noch da, er hat überlebt, und deshalb ist er in der Lage, seine Ansichten über die Ereignisse und die handelnden Personen mitzuteilen und in die Zukunft weiterzureichen. All dies trifft auf die Mächtigen, über die er schreibt, nicht zu. Er allein hat in seinem Werk die Deutungshoheit, nicht die Mächtigen vergangener Tage. Dessen ist er sich bewußt, und deshalb sagt er immer wieder ausdrücklich, daß er diese Macht nicht mißbrauchen will. Darauf werden wir später noch zurückkommen.

In jedem Fall sehen wir Mas'ûd von Ghazna, seine Zeit und seine Zeitgenossen maßgeblich durch Bo l-Fazls Augen. Das liegt in der Natur der Sache und macht Bo l-Fazl und seine Weltsicht für uns und unsere Vorstellung von seiner Zeit bedeutender, als es alle Wesire und anderen Amtsträger je sein könnten. Vielleicht hat Bo l-Fazl das geahnt.

Herrschertafel der Ghaznaviden

Name Herrschaftszeit Verwandtschaft zum Vorgänger
Sebüktegin/Saboktegîn 977-97 /
Esmâ'îl/Ismâ'îl 997-98 Sohn
Mahmûd 998-1030 Bruder
Mohammad/Muhammad 1030 Sohn
Mas'ûd 1030-41 Bruder
Mohammad/Muhammad 1041 Bruder
Moudûd/Maudûd 1041-1048 (?) Neffe
'Alî 1048 (?) Bruder
'Abd or-Raschîd/'Abd ar-Raschîd 1049 (?)-52 Onkel
Farrochzâd/Farruchzâd 1052-59 Neffe
Ebrâhîm/Ibrahim 1059-99 Bruder

Aus: Bosworth, Übersetzung (s.u.), Bd. 1, S. lxix.

Für dieses Kapitel verwendete Literatur

(für die vollständigen Literaturangaben s. das Literaturverzeichnis)

Beyhaqî 1971; Bosworth 1963; Bosworth, Übersetzung; Ebn Fondoq; Halm 1988; Kazemi, S. 50-65; Mostafavî-ye Sabzavârî; Waldman; Yûsofî

Das weinende Schreibrohr

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