Читать книгу Hart's Bay: Wo unsere Zukunft beginnt - E. P. Davies - Страница 7

Kapitel Drei

Оглавление

Rain

Besteck klirrte gegen Teller und ab und zu stieß auch ein Glas dagegen. So klang zum größten Teil bisher der Soundtrack des späten Vormittags.

Das monatliche Familienessen der Harts begann und endete nicht in einem vernünftigen Tempo. Es als ausgedehnt zu bezeichnen, war die bessere Beschreibung. Wie ein Gummiband, das man spannte, bis es sich so spröde und trocken wie ein Stück Schnur anfühlte.

Die Stimmung war gekünstelt, unbehaglich und einsam, obwohl vier Personen um den Esstisch saßen. Rain war daran gewöhnt, doch dieser Tage stand ihm niemand bei, um ungewollte Kritik abzufangen. Seine Geschwister lebten beide inzwischen weit weg – und er konnte es ihnen nicht verübeln. Also blieben nur er, seine Eltern und sein Großvater.

Das Unbehagen wurde durch die Tatsache, dass er vor einigen Monaten einen von ihnen erpresst hatte, nicht gerade besser. Selbst zuvor war sein Verhältnis zu seinem Großvater Floyd nicht gerade herzlich gewesen.

Nun war es schlicht grässlich. Dank des Jahresurlaubs seiner Eltern war dies das erste Sonntagsessen seit dem Feuer. Rain hatte in Erwägung gezogen, nicht zu erscheinen. Aber das hätte nur für neue Spannungen gesorgt. Er schuldete ihnen seine Anwesenheit, so klein und eng verbunden ihre Familie war. Es war leichter herzukommen, Grandpa abzublocken und zu hoffen, dass niemand mit der Wahrheit herausplatzte.

Soweit Rain wusste, hatten seine Eltern keine Ahnung, was im Sommer geschehen war. Er konnte nicht einschätzen, wie sie reagieren würden; aber er hatte den leisen Verdacht, dass sie sich auf die Seite Grandpas schlagen würden, nicht auf seine.

Es gab keine Entschuldigung für das, was Grandpa getan hatte. Er hatte versucht, die Kunstgalerie des Neuen in der Stadt – Jesse – niederzubrennen, nur weil Jesse mit Rains Cousin Finn zusammen war.

Rain brachte Finn widerwilligen, aber stetig zunehmenden Respekt entgegen, nachdem er ein paar Monate unter ihm gearbeitet hatte, und umgekehrt schien dasselbe zu gelten. Rain hatte sich auf die Seite seines Cousins geschlagen und Finn und Jesse gegen seinen Großvater verteidigt.

Und in einer Familie mit einer tiefen Kluft zwischen diesen und jenen Harts war es einmalig, sich auf die andere Seite zu schlagen.

Rain setzte sein Wasserglas ab und zuckte zusammen, als es laut gegen seinen Teller stieß. Seine Mutter warf ihm einen strafenden Blick zu. Sofort fühlte er sich, als wäre er wieder acht und müsste Tischmanieren lernen.

»Also, wie läuft es auf der Arbeit?«, fragte Mom, was vermutlich das peinlichste Thema war, das sie anschneiden konnte. Selbst ihr musste das klar sein. Es war kein Geheimnis, dass Finn Rains Vorgesetzter war oder dass Rain für Hart & Hart Construction arbeitete – eine Firma, die den beiden Brüdern seines Vaters gehört hatte, die nach der Trennung der Hart-Familie auf der anderen Seite gelandet waren.

Sorgsam ignorierte er Floyds zunehmend finsteren Blick. »Gut, danke, Mom.« Sein höflicher, distanzierter Tonfall kam ganz von selbst. »Wie sieht es bei dir aus?«

Zum Glück hatte seine Mom interessante Neuigkeiten aus dem Country Club anzubringen, in dem sie als Sekretärin arbeitete. Bei den Treffen der Frauen kam immer eine Unmenge an Gerüchten auf. Früher hatten Rain und seine Geschwister diese Geschichten geliebt.

Doch mit der Zeit hatte Rain begriffen, wie sehr sich das Leben ihrer Familie von denen der meisten anderen in der Umgebung unterschied. Diese Geschichten hatten ihn in Verlegenheit gebracht. Nun machten sie ihm nichts mehr aus, aber er bemühte sich auch, Distanz von all dem zu halten.

Ein Tag harter Arbeit auf einem Dach war viel befriedigender, als darüber zu tratschen, dass eine Aktie um einen Prozentpunkt gefallen war und wie der Aktieninhaber die Investoren zu einem Golfspiel eingeladen hatte, um ihr Vertrauen zurückzugewinnen und…

»Hmm. Tja, das wäre ein guter Job für einen Hart-Jungen«, sagte Floyd plötzlich und unterbrach damit seine Mom.

Rain sagte beinahe Höh?, aber das hätte ihm nur einen noch strengeren Blick eingebracht. Stattdessen räusperte er sich und deutete mit schief gelegtem Kopf seine Verwirrung an. »Ich bin mir nicht sicher, was du meinst«, sagte er kühl, auch wenn er sich recht sicher war, was folgen würde.

»Hedgefonds-Management. Du hast alle wichtigen Verbindungen.« Floyds Blick war kalt. »Eine Schande, dass du sie einfach weggeworfen hast, um auf einer Baustelle zu arbeiten wie ein talentloser Arbeiter.«

»Dad«, meldete Rains Vater sich stirnrunzelnd zu Wort. »Lass den Jungen seinen Spaß haben.«

Das war alles, was seine Karriere für ihn war – ein bisschen jugendliches Rebellentum. Als würde er schon wieder zu sich finden, anfangen, Anzüge zu tragen und einen Staat weiter südlich ausufernde Cocktailpartys zu geben.

Oder sich ein Haus wie diese Villa zuzulegen. Sie lag nah dem stillgelegten Hafen, fünf Minuten zu Fuß vom Marktplatz entfernt. Und von allen Immobilien, die Floyd früher besessen hatte und die nun Rain gehörten, war es bei Weitem am besten instand gehalten worden.

Die Einrichtung war verschwenderisch. Sie unterschied sich kaum von der in Rains Erinnerung, als ob sie in den späten Achtzigern oder frühen Neunzigern hängen geblieben wäre. Die dicken, von der Decke bis zum Boden reichenden Vorhänge waren bedrückend. Beistelltische aus dunklem Holz und der Esstisch nahmen den ganzen Raum ein. Die Stühle mit ihren Rückenlehnen waren genauso steif und förmlich wie sein Großvater selbst.

Rains Großmutter war gestorben, bevor er geboren worden war, und laut dem wenigen, was sein Dad ihm erzählt hatte, war Grandpa dadurch hart geworden. Nun war er wie ein Diamant und nur eine Handvoll Menschen konnten sein Ego ankratzen.

Es war für Rain geradezu ein Schock gewesen, herauszufinden, dass er zu ihnen gehörte.

»Es stinkt nach einem Mangel an Ehrgeiz«, drängte Floyd. »Rain ist allmählich in einem Alter, in dem sich unsere Geschäftspartner fragen, was er vorhat. Abgesehen davon, aus einer Laune heraus nach Colorado zu verschwinden.« Sein Blick war stählern, als vermutete er mehr, als er sagte.

Ein kalter Schauer lief Rain über den Rücken. Er hatte seiner Familie nie erzählt, was dort vorgefallen war.

Er hatte ihnen gesagt, dass er ein Jahr fortgehen wollte, um Kontakte zu knüpfen. Den Kids Honig ums Maul zu schmieren, die ihren Skiurlaub in den Bergen verbrachten. Und das hatte er auch getan. Gerade genug, um sie sich vom Leib zu halten. Aber er hatte sich auch geweigert, ihnen zu sagen, wo er lebte oder was er darüber hinaus trieb.

Denn er hatte das Jahr bei Des verbracht, unter dessen kontrollierender Fuchtel, gefangen zwischen der Bürde, nach Hart's Bay zurückzukehren und sich von seinen Eltern und seinem Großvater gängeln zu lassen, oder bei Des zu bleiben und stattdessen ihm zu erlauben, sein Leben zu diktieren.

Am Ende hatte Rain die Familie einer verdorbenen Liebe vorgezogen, die ihm jeden Tag wehtat. Er war nach Hause gekommen und seine Familie hatte getan, als hätte es die kleine Auszeit nie gegeben.

Als hätte es Des nie gegeben. Die Beziehung war ein Geheimnis, von dem nur Rain wusste. Und was für einen Schwachsinn er hier auch erdulden musste, es war immer noch besser, als es mit diesem Arschloch aufzunehmen.

»Er ist ehrgeizig.« Sein Vater sprang Rain bei, was ihn sich leicht entspannen ließ. Rain hatte sich gefragt, auf welche Seite er sich schlagen würde. »Immerhin hat der Junge inzwischen Eigentum.«

Oh, richtig. Sie hatten sich nicht von diesem Thema fernhalten können, nicht wahr? Im Tausch dafür, dass er weder seiner Familie noch der ganzen Stadt erzählte, dass Floyd ein Brandstifter und Arschloch war, hatte er Rain die lang versprochenen Immobilien überschrieben.

»Und was tut er damit?«, gab Floyd zurück. »Nichts. Er muss etwas unternehmen. Instandhaltung kostet Geld. Mehr, als ein Lakai auf dem Bau je verdienen kann.« Seine Augen glitzerten hässlich.

»Ich finde einen Weg«, sagte Rain kalt. »Danke für deine Sorge, Grandpa.«

Seine Mom lächelte zustimmend. »Davon bin ich überzeugt.«

Floyd fuhr jedoch fort. »Er hat sich Freunde und Kontakte im Instandhaltungswesen gemacht. Ich bin überzeugt, dass er nichts dagegen hätte, mit jemandem wie Justin Nachtschichten einzulegen.«

Plötzlich legte sich Stille über das förmliche Esszimmer, eine eisige Schneedecke nach dem ersten Antauen, gefolgt vom letzten Frost des Frühlings.

Die Unterstellung war offensichtlich.

Rain konnte sich nicht direkt verteidigen und sagen, dass er nichts mit Justin hatte, denn das würde es in ihren Augen nur umso wahrscheinlicher machen, dass er schwul war. Und das musste ein Geheimnis bleiben, wie er stets geahnt hatte.

»Ich weiß nicht. Justin hat zurzeit ziemlich viel mit seinem Liebesleben um die Ohren«, sagte Rain schulterzuckend und wand sich um das Thema herum, indem er vorgab, Justin würde sich mit jemand anderem treffen. »Ich sehe ihn nicht besonders oft.«

Die Zustimmung und Erleichterung, die den anderen ins Gesicht geschrieben stand, war ungeschönt und sorgte dafür, dass Rain sich wie ein Stück Scheiße fühlte. Weil er für eine behutsame Reihe Lügen Applaus erhielt. Ich bin nicht mit Justin zusammen bedeutete nicht dasselbe wie Ich bin nicht schwul, was immer sie auch glaubten.

»Weißt du, im Club gibt es ein Treffen für die Jüngeren«, begann seine Mom erneut und Rain unterdrückte ein Stöhnen.

»Nein, Mom.«

»Ich verstehe nicht, warum du dich so dagegen sträubst. Es ist gut für dich, Leute deines Alters mit einer gewissen… Lebenserfahrung zu treffen.«

Überhaupt keine Lebenserfahrung, meinst du wohl, dachte Rain. Er biss sich auf die Zunge, während er mit seinem Besteck spielte. »Danke, Mom. Ich behalte es im Hinterkopf.« Er sah auf seine Armbanduhr, ohne die Uhrzeit abzulesen. Sie war für seine Ausrede nicht wichtig. »Tut mir leid, euch einfach so sitzen zu lassen, aber ich habe eine geschäftliche Verabredung, zu der ich erscheinen muss.«

Dad entließ ihn sofort mit einem zufriedenen Lächeln. »Hast du? Das ist fantastisch. Du musst mir bald alles darüber erzählen. Dein Großvater und ich wären begeistert, dir mit unserem Rat zur Seite zu stehen.«

Eher würde ich einem vollkommen Fremden vertrauen. Rain zwang sich beim Aufstehen zu einem höflichen Lächeln. »Danke. Ich werde es…« Moment, das habe ich gerade erst gesagt. »Ich arbeite daran und sag euch Bescheid.«

Wie oft konnte er dieselben höflichen Ausweichmanöver einleiten, bevor offensichtlich wurde, was er tat? Rain musste die Initiative in seinem Leben ergreifen, und das schnell.

Und es gab eine Visitenkarte, die ihm ein Loch in die Brieftasche brannte und ihm genau das ermöglichen würde. Vielleicht zu schnell, aber das war besser als zu langsam.

Colt mochte ihn verrückt machen, aber er würde ihm nicht subtil drohen, ihm wegen seiner Arbeit, seines Liebeslebens oder aus einem anderen dämlichen Grund sein Erbe vorzuenthalten. Es ging ihm eindeutig ums Geld, aber das kam Rains Zielen ebenfalls entgegen.

Was noch besser war: Die Bauphase wäre für Rain eine großartige Ausrede, um Abstand zu seiner Familie zu halten – besonders zu Grandpa, von dem er überzeugt war, dass er Rain inzwischen in die Schublade der bösen Harts einsortiert hatte und ihn nun hasste.

Vielleicht hätte er Floyd mit seinen dummen Aktionen auflaufen lassen sollen. Aber andererseits… ihn sich in Würde aus dem öffentlichen Leben zurückziehen zu lassen, verminderte das Risiko von hässlichen Grabenkämpfen und in die Welt gesetzten Gerüchten. Trotz all seiner Fehler hatte er viel für Hart's Bay getan – jedenfalls vor Rains Geburt.

Es war an der Zeit, dass die jüngere Generation die Verantwortung übernahm. Den Anfang bildete ein Anruf bei dem Mann, der in den letzten achtzehn Stunden durch Rains Gedanken und Träume gegeistert war.

Verflucht, dies war entweder der größte Fehler oder die größte Gelegenheit, der er sich je gegenübergesehen hatte, und Rain würde erst erfahren, was genau, wenn es zu spät war.

***

»Colt hier.«

Die knappe, geschäftsmäßige Stimme, die durch die Leitung drang, ließ Rain schaudern. Oder vielleicht war es auch nur die Brise. Er lehnte an einem der Poller, die man in den Beton des Hafens getrieben hatte, dicht neben einem der tieferen Anleger, an denen die Schiffe früher den Fisch gelöscht hatten.

Als die Fischbestände in sich zusammengebrochen waren, war seine Familie gezwungen gewesen, das Geschäft dichtzumachen, das die Stadt angetrieben hatte, und danach war alles schiefgelaufen.

»Hey«, zwang Rain sich zu antworten. Die plötzliche Nervosität in seinem Bauch war ungewöhnlich. Er hatte an Geschäftstreffen teilgenommen, bevor er auch nur seinen Namen schreiben konnte. Doch nie war es um seine eigenen Angelegenheiten gegangen. »Hier ist Rain.«

Er hatte erwartet, dass Colt sich nicht an ihn erinnern würde. Oder wenigstens, dass er so tat. Eine plötzliche Welle der Dankbarkeit rollte durch ihn hindurch, als er auf dieses Spiel verzichtete.

»Ooh«, sagte Colt stattdessen mit warmer Stimme. »Hattest du Gelegenheit, dir Gedanken zu machen?«

»Hatte ich.« Rains Mund war trocken. Er rieb mit dem Fuß über den Anleger. Sein Blick war auf die Wellen gerichtet, die in die Höhe geschleudert wurden, während sich feine Gischt über dem Wasser bildete.

Allmählich wurde seine Kleidung feucht, aber das machte ihm nichts aus. Er hatte sein Auto bewusst am Hafen beim Marktplatz abgestellt und war die fünf Minuten zum Haus seines Großvaters gelaufen. Die frische Luft tat ihm gut.

»Und?«, bohrte Colt nach. Die leichte Anspannung in seiner Stimme verriet Rain, wie begierig er seine Antwort erwartete. Dadurch fühlte Rain sich deutlich besser, als er sagte, was er loswerden wollte.

»Ich würde mich gern heute treffen. Lass uns darüber reden, wie wir die Sache zum Laufen bekommen können.«

Colt zischte leise und Rain konnte sich genau das triumphierende Lächeln um seine dünnen Lippen vorstellen. Seltsamerweise nervte es ihn nicht, dass Colt reagierte, als hätte er einen Sieg errungen. Das sollte es. Stattdessen fuhr ein Schauder durch Rain, heiß und viel zu tief. Er rollte die Zehen in den Schuhen ein und drückte sie gegen den Beton, während er sich auf die abgerundete Oberseite des großen, runden Pollers schob.

»Perfekt«, sagte Colt. »Kommst du her?«

»Das hängt davon ab, wo hier ist.«

»Portland. Forest Park, um genau zu sein. Wir haben einen guten Starbucks in der Nähe. Ich lade dich zu einem schicken Latte ein.«

Rain unterdrückte gerade rechtzeitig sein Schnauben. Das klang nach einer reichen Gegend. Die Fahrt selbst war nicht das Problem, das Verhalten sehr wohl. »Wenn wir hier etwas aufbauen wollen, müssen wir uns auch hier treffen.«

»Warum? Ich habe das Gebäude gesehen.«

Rain schüttelte den Kopf. Gott, er war an Konfrontationen gewöhnt, aber normalerweise verhielt er sich dann abwehrend und wurde wütend, nicht… begeistert. »Weil wir hier etwas entwickeln, nicht in Forest Park. Dies wird für ein paar Monate das Zentrum deines Universums sein.«

Einen Augenblick herrschte Schweigen und als Colt wieder sprach, lag widerwilliger Respekt in seiner Stimme. »In Ordnung. Ich verstehe. Bei dir. Heute Abend?«

Oh, er hätte von heute Nachmittag sprechen können, da es nicht einmal zwei Uhr war. Aber das tat er nicht und Rain vermutete, dass es Absicht war.

Heute Abend löste eine andere emotionale Reaktion bei ihm aus. Das Wort setzte jeden Nerv in seinem Unterschoß-Gehirn in Flammen und nicht in dem, das er benutzen sollte.

»Heute wäre super. Kein Grund, es hinauszuzögern«, sagte Rain knapp.

»Gib mir eine Adresse.«

»Die Bar, in der wir uns kennengelernt haben?«, schlug Rain vor. Im Vorübergehen warf er einen Blick in die entsprechende Richtung und sah, dass sie offen war. Cher öffnete, wann immer sie Lust hatte, also konnte man sich nie darauf verlassen. »Es gibt eine ruhige Ecke. Es ist so früh, dass wir sie vermutlich bekommen können.«

»Ich sagte bei dir, nicht in deiner Bar. Es sei denn, du wohnst dort. Es gibt schlechtere Entscheidungen«, sagte Colt gedehnt.

Rain schauderte. Die Vorstellung, einen nahezu Fremden in sein Haus einzuladen – von Colt, der sein kleines Wohnzimmer ausfüllte und sich auf seiner Couch ausstreckte, ganz Sexappeal und maßgeschneidertes Hemd…

Keine Chance. Er war schon in der Öffentlichkeit kaum in der Lage, die Hände von diesem Mann zu lassen, und Colts Flirten machte es nicht leichter. Sich privat zu treffen, wäre ein Desaster.

»Warum bei mir?«, gab Rain eine Gegenfrage zurück, um seine Verteidigung oben zu halten.

Es funktionierte nicht. Colt lachte nur leise. »Ich dachte, du hättest behauptet, dass einem in der Bar viele neugierige Blicke folgen? Unnötig, die örtliche Presse aufmerksam zu machen, bevor das Geschäft besiegelt ist.«

Rain sog scharf die Luft ein. Oh, er war gut. Und einen Moment war Rain kurz davor zuzustimmen. Verdammt, Colt war heiß, selbst wenn er mit ihm spielte. Zum Glück besaß Rain ein bisschen gesunden Menschenverstand, der seinem Schwanz nicht das Reden überließ.

»Nee. Cher's Kneipe wäre ein besserer Treffpunkt, solange wir die Details besprechen. Abgesehen davon weißt du schon, wo sie liegt.«

Colt lachte in sich hinein. »Dort werden wir auch nicht so schnell abgelenkt, falls das deine Sorge ist.«

Sein Benehmen sollte wirklich nicht so heiß sein. Als ob er glaubte, dass Rain bereit war, ihn jederzeit anzuspringen. Was… stimmte. Verdammt, wie hatte Colt mit so wenigen Worten die Situation auf den Punkt gebracht? Er war viel zu gut darin, andere Menschen zu lesen.

Rain leckte sich die Lippen. »Das sollte für dich auch ein Thema sein.«

»Sollte es«, stimmte Colt zu und seinem Tonfall nach scherzte er nicht. Dann klang er wieder leichtherziger. »Dann seh ich dich also in… oh, eineinhalb Stunden?… im Cher's.«

Puh. Das gab ihm wenigstens genug Zeit, nach Hause zu fahren und sich umzuziehen, bevor Colt ankam. Dann konnte er in die Bar gehen und den stillen Ecktisch belegen, an dem es am unwahrscheinlichsten war, dass man ihre Verhandlung belauschte.

Wenn die Angelegenheit sich hinzog, konnten sie Millies Restaurant in der Stadt besuchen, um etwas mehr Ruhe zu haben, oder wieder am Hafen entlanggehen. Eine Menge Gelegenheiten, bei denen sie trotzdem in der Öffentlichkeit blieben.

Denn er musste in der Öffentlichkeit bleiben, wo er eindeutig und auf keinen Fall seinem potenziellen neuen Geschäftspartner an die Wäsche gehen würde.

»Halb vier?«, gab Rain zurück. »Passt bei mir. Cher wird vermutlich bis um fünf oder sechs offen haben.«

»Das ist genug Zeit, um zu einem befriedigenden Ergebnis für uns beide zu kommen«, sagte Colt. »Zumindest hoffe ich das.«

Rain hatte seine Erwartungen hochgeschraubt, indem er Colt dazu gebracht hatte, zu ihm zu fahren, aber irgendwie gefiel es ihm. Er hielt die Zügel in der Hand. Wenn er entschied, sie kurzzeitig aufzugeben, nur um der Erregung willen… Nun, niemand musste wissen, welches Spiel er spielte.

Niemand außer Colt, dessen stechender Blick Rain so mühelos zu durchschauen schien.

»Das hoffe ich auch«, sagte Rain. »Wir sehen uns nachher.« Mühsam legte er auf. Seine Hände zitterten, als er sein Handy einsteckte.

Dies war mit Abstand der mutigste Schritt seines Lebens, inklusive seiner Flucht nach Colorado, ohne auch nur eine Nachsendeadresse zu hinterlassen. Nun konnte er nur hoffen, dass er nicht im Begriff war, sein Leben gründlich zu versauen.

Nur kein Druck also.

Hart's Bay: Wo unsere Zukunft beginnt

Подняться наверх