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Kapitel 4 : Der erste Tag auf dem Appalachian Trail
Оглавление30.6.2012
Mitten in der Nacht wache ich auf, es herrscht absolute Ruhe.Ich bin zutiefst beeindruckt von diesem unbeschreiblichen Frieden. Vor wenigen Stunden sind wir mit heulendem Wind, knarrenden Baumwipfeln und bei prasselndem Regen eingeschlafen, Und nun umgibt mich eine Ruhe wie sie im Himmel nicht schöner sein könnte.
Das Nachtlager ist sehr unbequem, da wir, wie bereits geschildert, gezwungen waren, die Zelte auf dicken Wurzeln und faustgroßen Steinen aufzuschlagen. Dennoch schlafe ich nach kurzer Zeit wieder zufrieden ein.
Später werde ich von einem atemberaubenden Vogelgezwitscher geweckt. Es muss schätzungsweise vier Uhr morgens sein. Es kommt mir fast so vor wie im tropischen Regenwald. So intensiv hatte ich es nicht erwartet, da doch die Vegetation im Großen und Ganzen der mitteleuropäischen entspricht. Was für ein Unterschied, wenn noch nicht gar so viele Arten dezimiert worden sind wie bei uns. Es berührt mich so stark, dass ich meine Tränen nicht unterdrücken kann. Ich atme tief durch. Ich nehme meine Atemzüge sehr bewusst war. Ich habe erst mit ca. 50 Jahren erkannt, dass es vollkommen in Ordnung ist, starke Emotionen zuzulassen. Wie vehement wurden doch die Emotionen von Männern früherer Generationen unterdrückt. Menschen, die in den schrecklichen Kriegen des letzten Jahrhunderts so viel Unfassbares erleben mussten, durften kein Zeichen von „Schwäche“ zeigen..Wie viele ungeweinte Tränen wurden und werden immer noch mit ins Grab genommen.
Ich sauge den Frieden in mich auf. Warum kann es nicht überall auf der Welt so sein? Wie viele Menschen haben so etwas nie erleben dürfen?
Wir stehen früh auf. Als ich mich vom Zelt entferne, begegnet mir in unmittelbarer Nähe ein White Tailed Deer, ein Weißwedelhirsch. Es ist ein weibliches Tier, etwas größer als unsere Rehe in Deutschland. Bei meinem Anblick bleibt das Tier vollkommen gelassen. Scheinbar hat es noch keine schlechten Erfahrungen mit Menschen gemacht, schließlich befinden wir uns hier in einem Tierschutzgebiet.
Etwas später bauen wir unsere Zelte ab. Pascal und ich gehen vor, Mareike und Mathias wollen uns kurz darauf folgen. Nach wenigen Kilometern kommen wir an einen breiten Bach. Wir nutzen die willkommene Gelegenheit, um uns in dem erfrischenden Nass zu waschen. Der Alltag in Deutsch- land ist bereits ganz weit weg.
Pascal entdeckt in unmittelbarer Nähe auf einem Baumstamm eine große Eule. Wir nähern uns vorsichtig. Nachdem wir scheinbar die Toleranzgrenze überschritten haben, fliegt die Eule in aller Ruhe ein paar Bäume weiter. Wir folgen, und dieses Mal lässt sie uns ein wenig näher an sich herankommen. Nachdem sie abermals weitergeflogen ist, landet sie erneut, diesmal auf einem Baum in dem eine weitere Eule sitzt. In einem Nachbarbaum entdecken wir noch ein weiteres Exemplar. Wir beobachten die faszinierenden Vögel und sind hocherfreut darüber, dass wir so schnell Kontakt zu der einheimischen Tierwelt bekommen.
Wir wandern etwa eine Stunde auf einem breiten Wanderweg. Plötzlich endet der Weg abrupt. Wir stehen abermals vor einem breiten Bach. Nach seiner Überquerung müssen wir erkennen, dass auf der anderen Seite kein Weg weiterführt, und dass das Dickicht undurchdringlich wird. Also müssen wir zurück durch die eiskalten Wassermassen. Wieder auf der anderen Seite angekommen ent-scheiden wir uns, bergauf über einen steinigen Hügel zu gehen. Das könnte so etwas wie ein Wanderweg sein, obwohl wir keinerlei Markierung entdecken können. Langsam geht die Sonne auf, es wird zunehmend heißer. Wir schwitzen gewaltig. Unsere Körper sind noch nicht an das Gepäck auf dem Rücken gewöhnt. Es ist eine enorme Schinderei, jeder Schritt fällt jetzt bereits schwer. Nach einer halben Stunde Anstieg stehen wir vor einem kleinen Wasserfall. Viele bunte Schmetter- linge flattern um uns herum. Die Schwalbenschwänze hier sind fast doppelt so groß wie jene, die wir bei seltenen Gelegenheiten in Deutschland beobachten können. Der Anblick ist überwältigend, aber wir müssen feststellen, dass wir uns bereits zum ersten Mal verlaufen haben. Das fängt ja wirklich hervorragend an!
Eigentlich ist der Appalachian Trail vorbildlich gekennzeichnet. Man muss nur den weißen Längs-balken folgen. Sie sind in kurzen Abständen hintereinander angebracht. Wenn man einige hundert Meter gegangen ist, ohne die nächste Markierung zu entdecken, sollte man umkehren. Das wissen wir, aber scheinbar haben wir uns von den grandiosen ersten Eindrücken und dem einladenden, breiten Wanderweg zur Unaufmerksamkeit verleiten lassen.
Es bleibt uns nichts anderes übrig, als den gleichen Weg zurückzugehen. 1 ½ Stunden Anstrengung waren vollkommen umsonst, einmal abgesehen von der beeindruckenden Natur. Und die nächsten
1 1/2 Stunden bringen uns vermutlich auch nicht viel weiter als an den Ausgangspunkt zurück.
Kurze Zeit später kommt uns eine Wanderin entgegen. Wir fragen sie, ob sie uns den Weg zum Appalachian Trail beschreiben kann. Zum Glück ist sie eine Einheimische, die sich hier gut auskennt. Sie kann uns tatsächlich den kürzesten Weg zum Appalachian Trail weisen. Wir müssen noch nicht einmal ganz zurück zum Ausgangspunkt und entdecken schließlich kleine, leicht zu übersehende Metalltäfelchen, die uns zum Appalachian Trail leiten. Letztendlich entdecken wir auch den ersten weißen Längsbalken. Erleichtert nehmen wir zur Kenntnis, dass wir nun endgültig den richtigen Weg gefunden haben. Unsere Wanderung durch fünf Bundesstaaten hat begonnen.
Für den ersten Tag hatten wir uns zur Eingewöhnung lediglich eine Etappe von 9 Meilen, ca. 14,5 Kilometer, vorgenommen. Von daher ist unser Irrweg nicht weiter tragisch. Am Ende des Tages werden wir nun ca. 17 Kilometer absolviert haben.
Unverhofft sehen wir weit über uns, der Trail führt hier in Serpentinen nach oben, Mareike und Mathias. Wir dachten eigentlich, dass sie bereits einen großen Vorsprung vor uns hätten. Sie haben uns auch bemerkt und warten auf uns. Es stellt sich heraus, dass sie sich ebenfalls verlaufen hatten. Sie konnten der Einladung des „5-Sterne-Wanderweges“ genauso wenig widerstehen wie wir. Gemeinsam setzen wir unsere Wanderung fort.Unterwegs sehen wir wiederholt Weißwedelhirsche.
An einem Aussichtspunkt verbringen wir unsere Mittagspause. Man kann weithin in die Ferne blicken. Auf der anderen Seite der Schlucht sehen wir den Wasserfall, dem wir vorhin einen nicht geplanten Besuch abgestattet hatten. Das Thermometer klettert auf weit über 30 Grad Celsius. Wir schwitzen unaufhörlich. Zum Glück gibt es hier überall Bäche mit glasklarem, eiskalten Wasser. Unser Flüssigkeitsbedarf ist gedeckt. Es ist nun nicht mehr allzu weit bis zur nächsten Schutzhütte, der Bearfence Mountain Hut. Dort werden wir übernachten. Die Schutzhütten werden hier Shelter genannt. Es sind solide Holzkonstruktionen mit drei Wänden und einem Dach, nach einer Seite hin offen.
Zunächst erreichen wir einen Campingplatz mit einem kleinen Supermarkt. Davon gibt es, wie bereits angedeutet, mehrere im Shenandoah Nationalpark. Deshalb hatten wir den Nationalpark
als Ausgangspunkt gewählt. Hier sind wir noch nicht ganz so weit weg von der menschlichen Zivilisation. Auf den hervorragenden Wanderwegen begegnen wir gelegentlich Tages- und Wochenendgästen.
Auf dem Campingplatz müssen wir feststellen, dass auf Grund des Unwetters der Strom ausgefallen ist. Ein lauwarmes Getränk ist immer noch besser als gar keines. Wir entdecken wieder zwei Weißwedelhirsche. Sie lassen mich sehr dicht herankommen. Obwohl sie sich absolut nicht von mir stören lassen, beschließe ich, mich nicht weiter zu nähern und ihre Privatsphäre zu respektieren.
Auf dem Campingplatz kommen wir mit mehreren Einheimischen ins Gespräch. Sie staunen darüber, dass wir die Absicht haben, vier Wochen durch die Wildnis zu wandern. Der gewöhnliche US-Amerikaner reist lieber mit dem Auto an und begnügt sich dann in der Regel damit, die Natur vom Campingstuhl aus zu genießen. Scheinbar sind wir die ersten Fernwanderer, die heute den Campingplatz erreicht haben.
Es ist obligatorisch, sich beim Betreten des Nationalparks registrieren zu lassen. Hierfür gibt es an den fünf Eingängen zum Park eigens dafür vorgesehene Wärterhäuschen. Da diese nach Einbruch der Dunkelheit nicht besetzt sind, ist es Wanderern erlaubt, sich selbst zu registrieren. Dafür liegen Anmeldebücher an geschützter Stelle bei den Wärterhäuschen aus. Aber heute Nacht im Sturm hatten wir nach unserer Ankunft andere Sorgen, als uns um die Registrierung zu kümmern. Wir fragen daher den Campingplatzbetreiber, ob es schlimm sei, dass wir uns nicht registriert haben. Dieser weiß, dass sich zufällig eine Rangerin in der Nähe seines Campingplatzes aufhält, und er schafft es sogar, telefonisch Kontakt zu ihr aufzunehmen. Zwar ziehen am Horizont bedrohliche, dunkle Wolken auf, aber wir werden gebeten, noch so lange zu warten, bis die Rangerin eintrifft. Nach zehn Minuten taucht sie in der Tat auf.
Es ist eine sehr sympathische, freundliche Frau. Sie heißt uns im Shenandoah Nationalpark willkommen und nimmt die Registrierung für uns vor. Außerdem warnt sie uns vor dem herannahenden Unwetter. Es soll wohl nicht ganz so heftig werden wie gestern, aber wir sollten nach Möglichkeit in Sicherheit sein, sobald es über den Park hereinbricht. Wir erklären, dass wir nur noch 0,8 Meilen bis zur nächsten Schutzhütte wandern wollen. Die Rangerin nickt, das ist in Ordnung. Der Campingplatzbetreiber bietet uns an, zu ihm zurückzukommen, falls es irgendwelche Probleme an der Schutzhütte geben sollte. Auf dem Campingplatz ist ein großes, massives Haus, in dem die Gäste schon in der letzten Nacht Zuflucht suchen konnten. Des Weiteren rät uns die Rangerin auf jeden Fall in der Schutzhütte, und nicht im Freien, zu schlafen. Neben den Schutz-hütten gibt es in der Regel auch Stellplätze für Zelte, aber diese werden in der kommenden Nacht keineswegs sicher genug sein.
Wir verabschieden uns herzlich und wandern weiter. Mareike wäre zu gerne auf dem Campingplatz geblieben. Die Verlockung einer Dusche nach dem schweißtreibenden Tag ist für sie sehr groß. Letztendlich gibt sie aber dem „kollektiven Druck“ ihrer drei männlichen Begleiter nach. Das Unwetter kommt schnell näher. Wir erhöhen unsere Schrittzahl, die Natur hat uns letzte Nacht gelehrt, ihr großen Respekt entgegenzubringen.
Wir begegnen zwei Wanderern. Sie berichten, dass sie wenige Meter weiter einen Bären gesichtet hätten. Wir verweilen vorsorglich ein paar Sekunden, entschließen uns dann aber, unseren Weg unverzüglich fortzusetzen. Das Gewitter im Rücken fürchten wir mehr als unsere erste Begegnung mit einem Bären. Es war uns von vornherein klar, dass diese Begegnung ohnehin so gut wie unumgänglich sein wird. Der Shenandoah Nationalpark weist eine extrem dichte Population von Schwarzbären auf. Im Moment sind wir jedoch der Meinung, dass wir fürs Erste Abenteuer genug hatten. Unser erster Bär kann gerne noch ein paar Tage auf uns warten. Laut klatschend ziehen wir weiter. Dies ist das gängige Mittel, um den Tieren seine Anwesenheit mitzuteilen. Die Schwarz- bären sind im Grunde genommen sehr gutmütige Zeitgenossen. Man sollte aber nach Möglichkeit vermeiden, sie an einer Wegbiegung unversehens zu überraschen und sie womöglich zu er-schrecken. Unser Klatschkonzert hat Erfolg, einen Bären bekommen wir heute noch nicht zu Gesicht. Er ist uns ausgewichen.
Am späten Nachmittag erreichen wir die Bearfence Mountain Hut. In der Hütte befinden sich zwei Ebenen aus Holz, auf denen man sich sein Nachtlager einrichten kann. Wir legen unsere selbst-aufblasbaren Schlafmatten aus und legen unsere Schlafsäcke darüber. Mareike gefällt der Gedanke überhaupt nicht, quasi im Freien zu schlafen, zumal offensichtlich auch ein paar Mäuse das gleiche „Hotel“ gebucht haben. Mareike hat eine Mäusephobie. Und die Mücken wetzen sich auch schon voller Vorfreude ihre Stachel.......
Eigentlich wollten Mareike und Mathias nach Möglichkeit immer im Zelt schlafen. Für diese Nacht müssen sie ihr Vorhaben ändern, die Rangerin hatte ausdrücklich von einer Übernachtung im Zelt abgeraten.
Neben der Hütte steht ein Schild mit dem Hinweis, dass am Shelter regelmäßig Bären auftauchen. Wir verstauen unsere Lebensmittel daher in der dort bereit stehenden Bear Box.
Dies ist eine große Kiste, die man sicher verschließen kann, sodass die Bären sich nicht selbst zum Abendessen einladen können.
Mareike betont zwar immer wieder, dass sie unmöglich im Shelter schlafen kann, aber Mathias überredet sie letztendlich doch noch zu diesem Schlafvergnügen der besonderen Art.
Der Himmel verdunkelt sich zusehends und taucht die Schutzhütte in ein unwirkliches, gespens-tisches Licht. Wir erwarten, dass der „Weltuntergang“ jede Sekunde über uns hereinbricht. Es donnert und blitzt in der Ferne, sodass uns Stadtmenschen schon ein wenig bange wird. Aber es ist immer noch trocken. Irgendwann schlafe ich ein. Nach einem anstrengenden Tag funktioniert das selbst bei derartigen Rahmenbedingungen ausgezeichnet. Nachts wache ich immer wieder auf. Die Mäuse veranstalten ein Wettrennen nach dem anderen kreuz und quer durch die Schutzhütte. Einmal nimmt eine Maus die Abkürzung über meinen Bauch. Ich vermute, dass sie später dafür disqualifiziert worden ist.
Auszug aus dem Buch „Gespräche mit Gott“, Band 1 Seite 17 und 18, von Neale Donald Walsch,
Das Buch wurde noch vor der Rechtschreibreform herausgegeben. Ich habe die zitierten Passagen der Einfachheit halber unverändert (nach den vormaligen Rechtschreibregeln) übernommen.
Im Februar 1992 – so um Ostern herum, wie ich mich entsinne – ereignete sich in meinem Leben ein außergewöhnliches Phänomen. Gott begann mit IHNEN zu sprechen – und zwar durch meine Person.
Lassen Sie mich das erklären:
Ich war zu dieser Zeit in persönlicher, beruflicher und emotionaler Hinsicht sehr unglücklich, und mein Leben nahm sich wie ein Fehlschlag auf allen Ebenen aus. Seit Jahren hatte ich die Angewohnheit, meine Gedanken in Form von Briefen zu Papier zu bringen (die ich dann gewöhnlich nicht abschickte), und so griff ich wieder einmal zu meinem altvertrauten Notizblock und fing an, mein Herz auszuschütten. Diesmal gedachte ich jedoch nicht einen Brief an irgendeine Person zu schreiben, die mich, wie ich mir einbildete, drangsalierte, sondern mich geradewegs an die Quelle, unmittelbar an den größten Schikanierer zu wenden. Ich beschloß, einen Brief an Gott zu schreiben.
Es war ein gehässiger, leidenschaftlicher Brief – voll von Ungereimtheiten, Verzerrungen und Verdammungen. Und mit einer Menge zorniger Fragen.
Warum funktionierte mein Leben nicht? Was war nötig, damit es endlich funktionierte? Warum konnte ich in meinen Beziehungen nicht glücklich werden? Sollte ich mein Leben lang niemals die Erfahrung machen, über ausreichend Geld zu verfügen? Und schließlich – und sehr nachdrücklich: Was hatte ich getan, daß ich in meinem Leben ständig derart zu kämpfen hatte?
Als ich die letzte meiner bitteren, unbeantwortbaren Fragen hingekritzelt hatte und den Stift schon beiseite legen wollte, verharrte die Hand zu meiner Überraschung weiterhin in schwebender Haltung über dem Papier – so als wurde sie von einer unsichtbaren Kraft festgehalten. Plötzlich bewegte sich der Stift ganz von selbst. Ich hatte keine Ahnung, was ich schreiben würde, doch schien ein Gedanke in mir aufzukommen und ich beschloß, der Sache ihren Lauf zu lassen. Heraus kam …
WILLST DU WIRKLICH EINE ANTWORT auf all diese Fragen oder nur Dampf ablassen?