Читать книгу Der Rabe - Эдгар Аллан По, Marta Fihel - Страница 9

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Trau­rig saß ich, über­wacht, ein­sam noch um Mit­ter­nacht,

Un­ter al­ten Fo­li­an­ten, von ver­gang’­nen Zei­ten schwer,

Und ich, fast ent­schla­fen, nick­te, da ich hör­te, wie es pick­te,

Pick­te wie ein lei­ses Klop­fen an der Kam­mer­tü­re – Wer?

Kömmt be­su­chend, sprach ich lei­se, noch in spä­ter Nacht da­her?

Ein Be­such ist’s und nichts mehr.


Ja, ich weiß ge­nau es noch, war es im De­zem­ber doch,

Feu­er­schein strömt auf den Bo­den aus des Ofens Koh­lenthor,

Und ich dach­te, wär’s doch Mor­gen, und ver­ge­bens woll­t’ ich bor­gen

Von den Bü­chern an­d’res Den­ken, als an das, was ich ver­lor.

An das En­gels­kind im Him­mel, eins­tens mei­ne Leo­nor’.

Ach, ich blieb doch wie zu­vor.


Mei­ner Fens­ter Pur­pur­kleid rausch­te in der Dun­kel­heit,

Mich er­fül­lend, mir ent­hül­lend un­be­kann­tes Geis­ter­dräu’n.

Mei­nen Herz­schlag zu be­zäh­men, sagt ich mir: Du sollst Dich schä­men,

Was soll die­ses Geis­ter­grau­en? Muss es ein Be­such doch sein,

Der noch spät Ein­lass be­geh­ret, fas­se Dich und ruf: He­rein!

Kann es doch nichts An­d’res sein.


Mei­ne See­le wur­de stark, und ich fühl­te Herz und Mark,

Fass­te mich und sag­te: Sir oder Mis­sis oder Miss!

O, ver­gebt, dass ich nicht hör­te, als Eu’r Klop­fen mich be­gehr­te,

Denn ich nick­te ein­ge­schla­fen. Ja, so war es ganz ge­wiss,

Und mit un­ge­stü­mem Dran­ge ich weit auf die Kam­mer riss

Und sah nichts als Fins­ter­nis.


Da nun starr­t’ ich stumm hin­ein, schau­dernd, fürch­tend und al­lein,

Träum­te, wie noch nie­mals, wa­chend, wie ich nim­mer mir ge­traut,

Doch es blieb das dunkle Schwei­gen, hat­te kei­nen Geis­ter­zeu­gen,

Als die See­le, als des Her­zens al­ler­tiefs­ten Kla­ge­laut,

Den dem Echo ich so oft schon, wie auch jetzt, ein­sam ver­traut,

Leo­no­re mei­ne Braut!


Ich ging wie­der­um hin­ein, mei­ne See­le Glut und Pein,

Und ich hör­te wie­der klop­fen, stär­ker, lau­ter als vor­her:

Das ist an des Fens­ters Git­tern, und ich soll­te da­vor zit­tern?

Ich will öff­nen, will es wis­sen, was da ras­selt ah­nungs­schwer.

Bebe, mei­ne ban­ge See­le, bebe nicht, mein Herz, so sehr,

Ach, der Wind ist’s und nichts mehr.


Und als ich das Fens­ter schloss, flog ein Rabe, schwarz und groß.

Wie aus ei­ner hei­li­gen, längst ver­k­lung’­nen Sa­gen­zeit,

Nicht auf mei­ne Stim­me hö­rend und von mir auch nichts be­geh­rend,

Flat­ternd hin und her vor mir durch der Kam­mer Dun­kel­heit,

Setzt sich auf Mi­ner­vens Büs­te über mei­ne Türe breit,

Sitzt da wie in stil­lem Leid.


Furcht und Grau’n ver­ging in mir, sah ich ihn auf mei­ner Tür

So ver­hüllt in tie­fes Schwei­gen, so ge­spens­tisch stumm und hehr.

Ist Dein Haupt Dir auch ge­scho­ren, bist als Krä­he nicht ge­bo­ren,

Sprach ich. Sage dunk­ler Vo­gel, kamst Du aus dem Le­the her?

Und was ist Dein Name dor­ten in der Geis­ter Ne­bel­meer?

Und er sag­te: Nim­mer­mehr.


Wie ich staun­te, dass er sprach, sag­te sei­ne Töne nach,

Dach­te: Hat ein mensch­lich We­sen au­ßer mir wohl das ge­seh’n,

Dass nach ei­ner Weis­heit­büs­te ei­nem Vo­gel so ge­lüs­te.

Und dass die­ser Nim­mer­mehr nun nicht will von dan­nen geh’n

Kann ich ihn doch nicht be­we­gen, von der Stel­le ab­zu­steh’n;

Die­ses ist wohl nie ge­scheh’n.


Und der Rabe blieb und war auf der Büs­te im­mer­dar,

Sprach das einz’­ge Wort noch aus mit der gan­zen See­le Macht:

Nim­mer­mehr! Da saß er schwei­gend, und ich frag­te zu ihm nei­gend:

Willst Du jetzt nicht von mir las­sen? Du ent­fliehst doch über Nacht,

Wie die Freun­de, wie die Hoff­nung, die einst hat bei mir ge­wacht.

Nim­mer­mehr! dar­auf er sagt.


Wie das eine lau­te Wort scheuch­te tie­fe Stil­le fort,

Er viel­leicht nur Sol­ches spricht, wie es ihm sein Herr ge­lehrt,

Der auch ein­sam war und lei­dend und von al­ler Freu­de schei­dend,

Bis sein Herz und auch sein Le­ben von dem Un­glück ward zer­stört

Und des her­ben Schmer­zes Fül­le bald auch sei­nen Sang be­schwert,

Nim­mer­mehr das Glück be­gehrt.


Mei­ner See­le Dun­kel­heit klär­te sich zu Hei­ter­keit,

Und ich nahm ein Pols­ter­kis­sen, leg­te vor die Tür es hin,

Ließ mich auf den Sam­met nie­der in Ge­dan­ken für und wi­der,

Was will die­ser dunkle Vo­gel aus der Zei­ten An­be­ginn?

Was ist des ge­krächz­ten Wor­tes dunk­ler, un­heil­vol­ler Sinn,

Denn ein Sinn liegt doch dar­in.


Und so trieb ich still und bang, for­schen­den Ge­dan­ken­gang,

Wäh­rend sei­ne Feu­er­au­gen brann­ten Wehe in mein Herz,

Mei­ne Lam­pe, rot ent­flam­met, färb­te mei­ner Pols­ter Sam­met

Blu­tig rot, wie einst, als sie leg­te d’rauf ihr Haupt voll Schmerz,

Und dann schlum­mer­te sie lei­se, und dann ging sie him­mel­wärts.

Ach, es war ver­gang’­nen März.


Plötz­lich fühl­t’ ich heit’­re Luft, mich um­wall­te Weih­rauch­duft,

En­gel­trit­te hör­t’ ich schwe­ben in dem Zim­mer all­ge­mach:

Bist Du wohl ein Gott­ge­sand­ter, kamst vom Him­mel, Un­be­kann­ter?

Frag­t’ ich, willst Du Le­the brin­gen? O be­halt sie, denn ich mag

Nicht ver­ges­sen, nur ver­schmer­zen, die­sen her­ben Schick­sals­schlag.

Nim­mer­mehr! der Rabe sprach.


Sand­te der Ver­su­cher Dich, Dä­mon Vo­gel, sprach nun ich,

Bist ein Teu­fel Du viel­leicht und ge­wiss­lich ein Pro­phet?

Kamst Du aus des Kum­mers Lan­de, schwebst an ei­nem Zau­ber­ban­de?

Gib­t’s Bal­sam in Gi­lead und er­ringt ihn das Ge­bet?

Kann ich glau­ben, dass Le­no­re einst mir wie­der­au­fer­steht?

Nim­mer­mehr! der Rabe kräht.


Du Pro­phet, Du bö­ser Geist, bei dem Gott, der es ver­heißt,

Bei der Son­ne heil’­gem Licht, das so Dir wie mir bald tagt,

Sage, wird in Edens Auen einst mein Aug’ den En­gel schau­en.

Um den mei­ne ban­ge See­le im­mer­fort auf Er­den klagt?

Gib mir Ant­wort, weil ich habe, kühn zu fra­gen Dich ge­wagt.

Nim­mer­mehr! der Rabe sagt.


Sa­tan! hebe Dich von mir, Vo­gel­dä­mon, Lü­gen­tier,

Fort in Sturm und Nacht hin­aus, lass’ mir mei­ne Ein­sam­keit,

Las­se von der Weis­heit­büs­te, dass nicht län­ger dort sich brüs­te

Solch’ ein Dä­mon, der ge­kom­men aus der Höl­le Dun­kel­heit

Und schlug sei­ne schar­fe Kral­le tief in mei­nes Her­zens Leid.

Nim­mer­mehr! der Rabe schreit.


Wie so zür­nend auch mein Wort, doch der Rabe ging nicht fort,

Sitzt da im­mer still und stumm auf der Büs­te kal­tem Stein,

Und im Auge glü­hen Teu­fel mit der Höl­le Furcht und Zwei­fel.

Ach! sein Schat­ten ragt so düs­ter in der Lam­pe Pur­pur­schein,

Mei­ne See­le wird, ich fürch­te, sich von die­ses Schat­tens Dräu’n

Nim­mer­mehr wohl ganz be­frei­’n.

*

E­li­se von Ho­hen­hau­sen, geb. von Ochs.

Ma­ga­zin für die Li­te­ra­tur des Aus­lan­des. Band 43, Nr. 70, 11. Juni 1853, S. 280

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Der Rabe

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