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Ein Käfig aus Zorn

***

Der nächste Morgen fängt für die Zwillingsbrüder noch später an als sonst. Dank des Katers schlafen die beiden bis zur Mittagszeit. Die hochstehende Sonne zwingt sie förmlich aus dem Bett und nach dem langen Schlaf sind auch die Kopfschmerzen durch den gestrigen Alkoholgenuss fast verflogen. Im Schankraum angekommen, bestellen sich die Brüder gleich Wasser für den trockenen Mund und, da es sowieso Mittag ist, auch gleich Mittagessen dazu.

Danach führt ihr Weg sie wieder zum Amtshaus des Bürgermeisters. Sowohl Rogu als auch der Bürgermeister hatten leider nicht die Möglichkeit, nach der durchzechten Nacht auszuschlafen. Sie mussten schon früh raus und sind deshalb langsamer in ihrer Arbeit als sonst. Rogu lässt die Brüder zum Bürgermeister durch und Hadien selbst sitzt an seinem Schreibtisch und bearbeitet seine Schriftrollen.

„Grüße, werte Löser, ich hoffe, Euch geht es besser als dem guten Rogu und mir. So eine lange Nacht hatten wir schon länger nicht mehr. Wir sind das wohl nicht mehr gewohnt“, flüstert er fast schon, da ihm wohl der Kater zu schaffen macht.

„Ja, wir haben den Vorteil, uns unsere Arbeitszeiten selbst einzuteilen. Jedenfalls wollten wir sagen, dass wir heute noch in der Stadt bleiben. Normalerweise würden wir weiterziehen, da wir in der Regel nicht viel Geld auf einmal verdienen. Doch da Ihr uns vielleicht noch braucht für den unglückseligen Fall von Unleben, bleiben wir, wie wir es am ersten Tag ausgemacht haben.“ Bürgermeister Hadien ist erleichtert über die Bereitschaft der Löser, noch etwas zu bleiben.

„So ist es, wir wollen es nicht hoffen, doch ein Fall von Unleben kann immer eintreffen. Falls das geschieht und Ihr eine oder mehrere Lösungen durchführen müsst, bekommt Ihr die üblichen 25 Luxon pro Lösung. Wenn nichts geschieht, bekommt Ihr für Eure Bereitschaft 15 Luxon pro Tag“, wiederholt der Bürgermeister die Vereinbarung noch mal.

„Wir werden uns dann das Zornesfeld im Südosten ansehen. Warum wurde es bisher nicht entkräftet, wenn Ihr doch ein Lichtmago seid und Ihr dies vorher schon mit Eurem ehemaligen Löser gemacht habt?“ Auf die Frage lehnt sich Bürgermeister Hadien in seinen Stuhl zurück und seufzt schwer.

„Die Sache ist die, ich habe es versucht. Dieses Zornesfeld ist ungewöhnlich stark. Mir ist es nicht möglich, nahe genug heranzukommen, um es zu entkräften. Alle anderen Lichtmagi, die bisher hier waren, haben sich auch daran versucht, doch keiner hat es geschafft. Ich hatte gehofft, es kommt irgendwann ein Licht- oder eine Art Gefühlsmagi, der erfahren genug ist, um dieses Zornesfeld zu entkräften. Doch bis jetzt hatte ich kein Glück.“ Der Gesichtsausdruck des Bürgermeisters bleibt bei der Erklärung düster und ernst.

„Was Ihr erzählt, macht uns noch neugieriger darauf. Wir sind zwar keine Lichtmagi und können dieses Zornesfeld wahrscheinlich nicht entkräften, doch wir haben Salmin dabei, vielleicht kann sie herausfinden, ob das Zornesfeld besondere Umstände verbirgt.“ Nachdem Erwin das sagte, wird Hadien nachdenklich.

„Hmm, so habe ich das noch nie gesehen. Schon viele Magi wurden vom Zorn dieses Felds verschlungen und fanden das Unleben. Bisher haben sich nur Lichtmagi dorthin begeben, um das Zornesfeld zu entkräften. Vielleicht gibt es uns Aufschluss über das Feld, wenn sich Löser und Seelen das einmal ansehen.“ Hadien überlegt und schaut in Gedanken aus dem Fenster in die Ferne, dann wendet er sich wieder den Zwillingen zu.

„Doch seid vorsichtig. Wie ich schon sagte, diesem Zornesfeld sind schon viele erlegen. Geht man zu nahe ran oder bleibt zu lange in der Nähe, gibt es kein Zurück aus dem Zorn.“

Die Brüder nicken bestätigend und verlassen das Büro und das Amtshaus in Richtung Südosten.

Sobald die beiden die Stadt verlassen, werden sie vorsichtiger. Sie sind lange genug herumgereist, um zu wissen, wie schnell außerhalb von Ortschaften Tiere aus dem Nichts auftauchen können. Die Karte mit den Markierungen des Lichtmago Hadien führt sie in einen Wald.

Bevor die beiden den Wald betreten, suchen sie nach einem Pfad, der in den Wald hineinführt. Wenn Orte regelmäßig besucht werden, sind immer Wege vorhanden, um den sichersten Pfad zu markieren.

In diesen Wald ist allerdings schon lange niemand mehr gegangen. Es ist nicht mal die Spur eines Pfades in den Wald zu sehen. So suchen sich die Brüder eine geeignete Stelle, an der die Bäume nicht so nahe beieinander stehen, um den Wald zu betreten. Edwin benutzt seine Erdmagie, um die Pflanzen vor sich in Wellenbewegungen links und rechts auf die Seiten zu verschieben. So schafft Edwin kurzerhand selbst einen Pfad in den Wald hinein und Erwin folgt Schritt für Schritt hinterher. Auf diese Weise könne sie allerdings nur Gräser und kleinere Blumen aus dem Weg bekommen. Bäume, Sträucher und dergleichen müssen sie immer noch umgehen. So schlängelt sich der Weg der Zwillinge durch den Wald, immer auf der Hut vor der Natur um sie herum.

Je näher sie ihrem Ziel kommen, desto mehr spüren sie den Zorn, der üblicherweise von einem Zornesfeld abgegeben wird. Die Brüder fühlen immer größere Aggressivität in sich aufsteigen und ihre Sicht verschwimmt etwas. Der Zorn ist schwer zu ertragen, als sie endlich etwas sehen können. Die Zwillinge müssen erstmal eine Weile die Augen schließen und gleichmäßig durchatmen, damit sie sich dort etwas länger aufhalten können.

Sie sehen vor sich seltsam geformte Holzstacheln wie Bäume ohne Äste und Blätter, die wie spitze Finger aus dem Boden ragen und alle im Kreis zu einen Mittelpunkt gekrümmt sind. Solche Pflanzen haben die beiden noch nie gesehen. Um nicht den ganzen Weg umsonst gegangen zu sein, beschließen sie, die Seele Salmin um Rat zu fragen, um wenigstens ein wenig über dieses Zornesfeld herauszufinden. So wird Salmin kurzerhand beschworen. Jedoch verwendet Erwin anfangs nur wenig magische Kraft, damit sich die Seele nur langsam manifestieren kann. Anfangs wundert sich die Seele, warum sie ihr Riaberan nur so langsam verlassen kann. Doch nachdem sie halbwegs draußen ist, wird es ihr klar. Das Zornesfeld beeinflusst sogar die Seelen der Unlebenden. Salmin spürt den Zorn, der sie einnehmen will, doch der Abstand zum Zornesfeld ist groß genug, um noch bei Verstand zu bleiben.

„Das ist das seltsamste Gefühlsfeld, das ich jemals gesehen habe. Hast du eine Ahnung, wie das zustande gekommen ist?“, fragt Erwin die Seele, während diese in Richtung der Quelle des Zornesfeldes blickt.

„Ja, ich denke, ich habe den Ansatz einer Ahnung für diesen seltsamen Anblick. Ich spüre einen leichten Puls von dem Zornesfeld ausgehen. Seht Ihr den geisterhaften Nebel, der meine Form umgibt? Der wird in pulsierenden Abständen von dem Zornesfeld weggedrückt. Das habe ich schon mal gespürt, wenn sich zwei Ströme des Arkanen Netzwerkes gekreuzt haben und zwar in gegensätzlicher Richtung. Es verhält sich so, als ob zwei Wildscheine regelmäßig aufeinanderprallen. Doch es hat noch mehr mit dem Zornesfeld auf sich. Seht Ihr diese fingerartigen Bäume, die dort wachsen? Das sind eigentlich normale Bäume, aber ihnen wird Kraft entzogen. Sie wachsen nicht sehr hoch und nehmen seltsame Formen an, wenn sie von einem starken Strom des Arkanen Netzwerkes durchzogen werden UND ein Unlebender in der Nähe liegt. Diese sehen nicht wie Bäume aus, wahrscheinlich liegt es an dem Zornesfeld, dass sie so geformt sind“, berichtet die Seele den Lösern.

„Dann ist das Zornesfeld nur so stark und weitreichend, weil mindestens zwei besondere Umstände zusammengekommen sind? Würde es helfen, wenn wir die Umstände einen nach dem anderen angehen?“, schlägt Erwin vor, nachdem er sich Salmins Bericht angehört und etwas nachgedacht hat, was in der Nähe eines Zornesfeldes gar nicht so einfach ist.

„Ich denke, das ist die einzige Möglichkeit, dieses Zornesfeld zu entfernen. Nun ja, außer Ihr habt einen so mächtigen Lichtmagi, der aus dieser Entfernung eine Gefühlsquelle zwischen zwei Strömen entkräften kann. Glaubt mir, dafür ist große magische Kraft nötig. Wenn Ihr den Unlebenden in der Nähe lösen könntet, würde das gleich um ein Vielfaches leichter werden.“

Salmin klingt dabei sehr enthusiastisch.

„Dann wissen wir, was zu tun ist, danke.“ Mit Stolz zieht sich die Seele in ihr Riaberan zurück.

Edwin benutzt wieder seine Erdmagie und lässt eine Erdwelle in Richtung des Zornesfeldes gleiten, um zu fühlen, wo sich der Körper das Unlebenden befindet. Leicht zu finden ist der Körper nicht, der Unlebende ist halb in der Erde versunken und von Wurzeln und Ranken umschlossen, als wäre er Teil der Natur. Nachdem die beiden nun wissen, wo sich der Körper befindet, ist es jetzt an Erwin, ihn zu lösen. Er streckt den linken Arm aus und seine Seelenhand kommt aus seiner physischen Hand herausgefahren. Nun spürt Erwin auch die impulsartigen Stöße vom Zornesfeld, die seine geisterhafte Hand immer wieder zurückstoßen. Wie eine Schlange windet sich die Seelenhand nach vorne Richtung Zentrum des Zornesfeldes. Wegen des Gegenwindes ist es für Erwin sehr viel schwerer, zum Unlebenden zu kommen. Immer wieder wird von den Impulsen etwas Nebel der geisterhaften Hand weggedrückt. Doch die Hand kann nicht einfach irgendetwas greifen und sich ausruhen, da das nächste Seelenhafte in der Nähe erst der Unlebende im Zentrum der Impulswelle ist. Es braucht eine ganze Weile und kostet viel Konzentration von Erwin, sich des Zornes zu erwehren und die Seelenhand zum Unlebenden zu bewegen. Die Anstrengung und Konzentration schwächen Erwin gegenüber dem pulsierenden Zorn.

„Wo ist dieser vermaledeite Körper! Versteckt er sich absichtlich?!“, brüllt Erwin frustriert. Ihm läuft der Schweiß von der Stirn, da er keine Pause machen kann und sich der geistige Stress auch körperlich bemerkbar macht. Er bekommt Kopfschmerzen, seine Muskeln verkrampfen sich und die Glieder fangen an, weh zu tun. So hat das Zornesfeld leichtes Spiel mit ihm und er zwingt sich immer weiter Richtung Zentrum des Zornesfeldes mit seiner Seelenhand.

„Ich finde dich schon noch und dann reiße ich dich heraus! Du wirst schon sehen!“, brüllt er wieder und nach weiteren Strapazen kommt die Hand am Körper an. Die geisterhafte Hand von Erwin kann sich dann an der schlafenden Seele im Körper des Unlebenden festhalten und wird nicht mehr so leicht vom Impuls zurückgeworfen. So kann Erwin ein wenig durchatmen und entspannen, bis er sich wieder soweit konzentrieren kann, um die Seele aus dem Körper zu ziehen.

Das entpuppt sich auch nicht direkt als leichte Aufgabe. Erwin zieht, zerrt und hebelt mit der Geisterhand an der Seele im Körper, um sie von diesem zu lösen. Als die Seele nicht gleich aus dem Körper herauskommt und Erwin sich auf die Lösung konzentriert, zerrt das Zornesfeld wieder an seinen Nerven. Er wird ungeduldig und hastig und fängt an, ruckartig an der Seele zu ziehen.

„Komm jetzt heraus! Oder gefällt es dir hier etwa so gut?! Heute nehme ich dich mit!“, brüllt er wieder und braucht alle Konzentration und Erfahrung, die er als Löser hat, um Erfolg zu haben, aber der Zorn lässt ihn von Moment zu Moment der Seele gegenüber rücksichtloser werden. Schließlich löst sich die Seele mit einem Ruck aus dem Körper heraus. Im ersten Augenblick schwebt die Seele unkontrolliert umher und gleitet auch durch den roten Orb, der das Zentrum des Zornesfeldes darstellt. Das können die Brüder von ihrer Position nicht sehen, denn die Hand geht durch die fingerartigen Bäume. Der Seelensammler hält die Seele an der Schulter fest in seiner geisterhaften Hand, als er diese zurück zu sich zieht. Es sieht aus, als würde ein Seil zurück auf die Winde gezogen werden, bis die Seele direkt vor ihm schwebt, immer noch in seinem Griff. Etwas ist im ersten Moment seltsam mit der geisterhaften Gestalt, doch die Brüder wollen nicht noch mehr Zeit in der Nähe dieses Zornesfeldes verbringen. Die Seele wird kurzerhand in ein Riaberan gepackt. Dann gehen die Zwillinge denselben Weg zurück, den sie gekommen sind, bis sie wieder vor dem Wald stehen und sich zurück zum Weg orientieren. Erst als sie wieder auf Kies stehen, legen sie sich rücklings auf den Boden, schließen die Augen und lassen die zornerfüllten Gedanken weichen.

Sie verdrängen den Zorn mit angenehmen Gedanken mit Erinnerungen an fröhliche Abende, Feiern mit Freunden und Spaß auf Festen. Erst als ihre Herzen sich wieder beruhigt haben, stehen sie auf und gehen den Weg in die Stadt Oradi zurück.

Der Himmel ist orange und die Sonne geht gerade unter, als sie zurück in der Stadt sind. Die Brüder wollen gleich zum Bürgermeister Hadien, um ihm von ihrem Erlebnis zu berichten. Am Amtshaus angekommen, kommt ihnen der Bürgermeister auch schon entgegen.

„Verzeiht, werte Löser, doch ich muss noch dringend zu einer Besichtigung. Geht bitte zu Rogu, er wird Euch die Luxon für den Tag geben“, gibt er den beiden kurz angebunden zu verstehen und geht dann weiter. Die Zwillinge gehen zur Tür und Rogu lässt sie hinein. Er händigt ihnen die 15 Luxon für den Tag auf Bereitschaft aus und bittet sie, den Bürgermeister morgen noch mal aufzusuchen.

Den Brüdern soll das ganz recht sein, doch haben sie den restlichen Tag nichts mehr zu tun. So haben sie noch viel Zeit, mit der sie nicht viel anzufangen wissen. Üblicherweise sind sie immer beschäftigt und unterwegs. Anstatt jetzt nichts mehr zu tun, beschließen die beiden, sich der Seele anzunehmen, die sie im Wald mitgenommen haben. Die Zwillinge kennen in der Stadt nur einen Ort, an dem sie allein und ungestört sind. So machen sie sich gleich auf zur Unlebenwacht.

In der leeren Unlebenwacht angekommen, ist es inzwischen dunkel geworden. So erschafft Edwin eine Flamme in seiner Handfläche. Seine Hand verbrennt nicht, da das Feuer den Brennstoff aus der magischen Kraft bezieht, die er aus seiner Handfläche ausströmen lässt. Nachdem die Brüder nun Licht haben, beschwört Erwin die Seele aus dem Wald aus ihren Riaberan. Diese Seele kommt nicht in dampfendem, geisterhaftem Nebel aus dem Gefäß, sondern schlängelt sich heraus und wird immer größer. Nun sehen die Zwillinge auch, was ihnen schon anfangs im Wald seltsam vorgekommen ist. Diese Seele ist im Gegensatz zu anderen Seelen vollkommen, nicht nur eine Büste. Es ist alles da, Kopf, Torso, Arme und Beine. Das Geschlecht der Seele ist wie bei allen anderen nicht zu ermitteln, da Seelen keine Haare und keine Geschlechtsteile haben. Erwin versucht, mit der geisterhaften Gestalt vor ihm zu reden.

„Sei gegrüßt, wie ist dein Name?“ Erwin fragt laut und deutlich, doch die geisterhafte Gestalt sieht nur auf ihn herab.

„Verstehst du mich? Kannst du sprechen?“, fragt er weiter, doch es kommt keine Reaktion. Die Seele schwebt und beobachtet die beiden einfach nur. Die Zwillinge kratzen sich an den Köpfen und wissen nicht recht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Bisher konnten sie mit jeder Seele, die sie lösen konnten, auch sprechen.

Während die Brüder noch überlegen, wie sie sich verständigen sollen, bemerken sie, wie sich die Seele im Raum umsieht und sich selbst auf die Hände schaut.

„Bist du dir deiner Existenz bewusst? Jetzt bist du eine Seele, du bist sehr lange Zeit ein Unlebender inmitten eines Zornesfeldes gewesen“, sagt Erwin, als er merkt, dass sich die Seele ihres Zustandes möglicherweise gar nicht bewusst ist.

„Dieses … Gefühl … ist seltsam … ich erinnere mich … an nichts. Ich fühle … etwas … doch ich … kann nicht sagen … was es ist“, antwortet die Seele plötzlich. Leider wissen die beiden Löser mit der Aussage nichts anzufangen. Doch sind sie froh, sich mit der Seele verständigen zu können.

„Du warst vermutlich eine sehr lange Zeit in diesem Wald und unter einem Zornesfeld, das die ganze Zeit pulsiert hat. Das würde an niemandem spurlos vorübergehen, es könnte deinen Verstand beeinflusst haben. Deine Erscheinung und dein Verhalten sind untypisch, hast du eine Erklärung dafür? Du kannst dich vielleicht nicht an alles erinnern, doch vielleicht an einzelne Dinge?“, fragt der Seelensammler hektisch nach, der, da er nun ein Gespräch mit der Seele hat, auch Antworten erwartet.

„Mir … fällt es schwer, … meine Gedanken … zu ordnen. Doch … ich verstehe …, dass es sich … um besondere Umstände … handeln muss“, bekommt er nur schwerfällig zurück. Seine Neugier ist zwar nicht befriedigt, aber dennoch stimmt ihn der allgemeine Fortschritt zufrieden.

„Gut lassen wir uns Zeit, ruh dich noch etwas aus und sammle deine Gedanken. Vielleicht finden wir jemanden, der dir helfen kann“, schlägt Erwin vor und nachdem die Seele genickt hat, beendet der Löser die Beschwörung. Die Seele wird kleiner und verschwindet im Riaberan.

Die beiden Brüder atmen tief durch. Sie hatten selten so ein mulmiges Gefühl bei einer Beschwörung wie in dem Fall. Die Löser hatten schon einige ungewöhnliche Erlebnisse auf ihren Reisen, doch so viele seltsame Vorkommnisse überfordern selbst die beiden erfahrenen Brüder.

Mit mehr Fragen als Antworten verlassen die Löser die Unlebenwacht. Da es zwar dunkel, aber nicht allzu spät ist, beschließen die Brüder, wieder in das Heiler- und Pflegehaus zu gehen. Dort lassen sie sich waschen und ihre Kleidung reinigen. Als sie fertig sind, sind sogar die Erlebnisse nahe des Zornesfeldes eine ferne Erinnerung. Ihre letzte Station für den Tag ist wie die Tage davor das Gasthaus und ihre üblichen Zimmer. Der Wirt gibt den beiden zu verstehen, dass er diese schon dauerhaft für sie bereithält. Denn seit ihrem ersten Abend hier war ihm klar, dass die Brüder samt ihrer Lösungsarbeit hier gebraucht werden. Geschmeichelt, doch erschöpft gehen die beiden wieder auf ihre Zimmer und kriechen in ihre Betten.

Die magische Welt Rialar

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