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Kapitel 2 – Dem Tod entronnen

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Eine süße Verträumtheit war über mich gekommen. Ich entspannte mich und war fast soweit, meinem Verlangen nach Schlaf nachzugeben, als ich den Hufschlag ankommender Pferde hörte. Ich versuchte aufzuspringen, aber mit Entsetzen musste ich feststellen, dass mein Körper mir nicht gehorchte. Obwohl ich nun vollständig wach war, konnte ich mich nicht bewegen, als wäre ich zu Stein verwandelt. Erst jetzt bemerkte ich einen feinen Dunstschleier in der Luft. Er war extrem dünn und nur zu sehen wenn, man zum Tageslicht am Höhleneingang blickte. Nun bemerkte ich auch einen schwachen, stechenden Geruch. Ich vermutete das ich in giftiges Gas geraten war, aber warum ich mich nicht bewegen konnte obwohl ich hellwach war, war mir unerklärlich.

Ich lag mit dem Gesicht zum Eingang und konnte das kurze Stück des Pfades, dass vom Höhleneingang bis zur Kurve führte, einsehen. Das Geräusch ankommender Pferde war verklungen und ich vermutete, dass die Indianer sich nun an mich heranschlichen. Ich erinnere mich, dass ich hoffte sie würden kurzen Prozess mit mir machen, denn die unzähligen Dinge, die sie sonst mit mir hätten anstellen können, wären wesentlich unangenehmer gewesen.

Ich musste nicht lange warten, bis mir ein leises Geräusch ihre Ankunft ankündigte. Ein Gesicht mit voller Kriegsbemalung schob sich langsam um die Ecke und wilde Augen blickten in meine. Ich war sicher, dass er mich trotz des gedämpften Lichts in der Höhle sehen konnte, denn die frühe Morgensonne schien direkt durch den Eingang.

Anstatt näher heranzukommen, stand der Bursche einfach nur da, die Augen schienen ihm aus den Höhlen zu treten und der Kinnlade war ihm heruntergefallen. Ein weiterer Wilder erschien, dann ein dritter, vierter und fünfter. Sie reckten ihre Hälse über die Schultern ihrer Kameraden, an denen sie wegen der Enge der Passage nicht vorbeikamen. In jedem der Gesichter las ich Angst und Ehrfurcht, den Grund dafür kannte ich nicht und konnte ihn auch zehn Jahre später nicht in Erfahrung bringen.

Plötzlich hörte ich ein leises aber deutliches Heulen in den Tiefen der Höhle hinter mir. Sobald die Indianer dies hörten, drehten sie sich um und flohen in Panik. Ihre Flucht vor dem unsichtbaren Ding hinter mir war derart überstürzt, dass einer der Krieger von der Klippe gestoßen wurde und in die Schlucht fiel. Ich hörte ihre wilden Schreie noch für eine Weile, dann war es wieder still.

Das Geräusch, welches sie erschreckt hatte, wiederholte sich nicht. Es war jedoch deutlich genug und ich überlegte mir, welcher Alptraum möglicherweise in den Schatten hinter mir lauerte. Furcht ist ein relativer Begriff und ich kann meine Gefühle zu diesem Zeitpunkt nur an den Erfahrungen messen, die ich in vergleichbaren Gefahrensituationen gemacht hatte. Ich kann ohne Scham sagen, dass das Gefühl das mich in den nächsten paar Minuten beherrschte schrecklichste Angst war. Gott helfe allen Feiglingen, denn Feigheit trägt die Strafe in sich selbst.

Bewegungsunfähig festgehalten, eine schreckliche und unbekannte Gefahr im Rücken deren Geräusch genügte, die tapferen Apachen-Krieger zu einer wilden Flucht zu veranlassen – so verrückt wie eine Herde Schafe, die vor einem Rudel Wölfe fliehen würde – das scheint mir die furchterregendste Lage zu sein, in die ein Mann geraten kann, der gewohnt ist, mit all seiner Kraft für sein Leben zu kämpfen.

Ein paar mal glaubte ich noch ein leises Geräusch hinter mir zu hören, so als würde sich jemand leise bewegen, aber bald war es wieder ganz still und ich wurde bei der Betrachtung meiner Situation nicht mehr unterbrochen. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was meine Bewegungsunfähigkeit hervorrief und konnte nur hoffen, dass diese so plötzlich aufgehoben wurde, wie sie begann.

Ich hatte mein Pferd vor der Höhle stehen lassen. Am späten Nachmittag wanderte es langsam den Pfad hinab, offensichtlich um Futter und Wasser zu suchen, und so war ich alleine mit meinem mysteriösen Unbekannten und dem toten Körper meines Freundes, den ich immer noch da liegen sah, wo ich ihn am frühen Morgen hingelegt hatte.

Von da an bis Mitternacht, war alles still – eine Stille des Todes. Plötzlich drang das schreckliche Heulen, dass ich schon am Morgen vernommen hatte, erneut an meine erschreckten Ohren. Wieder hörte ich Geräusche von Bewegungen im dunklen Schatten und ein Rascheln wie von trockenem Laub. Es war ein fürchterlicher Schock für meine bereits stark strapazierten Nerven, und mit übermenschlicher Anstrengung versuchte ich meine Starre zu überwinden. Es war eine Anstrengung des Geistes und des Willens, nicht des Körpers, denn ich konnte nicht einmal meinen kleinen Finger bewegen, aber nicht weniger mächtig. Und dann gab etwas nach, ich fühlte einen Augenblick lang Übelkeit, ein scharfes Klicken wie von einem springenden Stahlseil und ich stand mit dem Rücken zur Höhlenwand und sah meinen unbekannten Feind.

Als das Mondlicht die Höhle erleuchtete, sah ich meinen Körper vor mir liegen, so er wie all die Stunden zuvor dort gelegen hatte, die Augen auf den Höhleneingang gerichtet und die Hände schlaff am Boden. Ich sah zuerst auf meinen leblosen Körper auf dem Höhlenboden, dann sah ich an mir selbst herab und entdeckte zu meiner Bestürzung, dass ich vollkommen nackt wie in der Minute meiner Geburt war.

Der Übergang war so plötzlich und unerwartet, dass ich für einen Moment alles um mich herum vergaß und nur an meine seltsame Verwandlung dachte. Mein erster Gedanke war, dass ich gestorben, dass ich für immer in das andere Leben übergegangen war! Aber irgendwie konnte ich das nicht glauben, ich fühlte mein Herz heftig schlagen, so wie dies nach der Anstrengung mich aus der Erstarrung zu befreien zu erwarten war. Mein Atem ging schnell und kalter Schweiß floss aus allen Poren meines Körpers. Der uralte Test, das Kneifen, bestätigte die Tatsache, dass ich irgend etwas anderes war, als ein Geist.

Durch eine Wiederholung des geheimnisvollen Heulens aus den Tiefen der Höhle wurde meine Aufmerksamkeit wieder auf meine Umgebung gelenkt. Nackt und unbewaffnet wie ich war, hatte ich kein Verlangen mich dem unsichtbaren Ding zu stellen, das mich bedrohte.

Meine Revolver steckten noch in meinem Gürtel an meinem leblosen Körper, den ich aus einem unerfindlichen Grund nicht berühren konnte. Mein Karabiner war in seinem Futteral an meinem Sattel befestigt. Da mein Pferd davongelaufen war, war ich somit ohne Verteidigung. Meine einzige Alternative schien die Flucht zu sein. Ich hörte wieder dieses Rascheln und es schien mir, als würde dieses Ding in der Dunkelheit der Höhle leise auf mich zu kriechen.

Ich konnte der Versuchung, diesen schrecklichen Ort so schnell wie möglich zu verlassen, nicht länger widerstehen, also schlüpfte ich schnell durch die Öffnung in die sternenklare Nacht von Arizona. Die kühle, frische Bergluft durchströmte mich und ich fühlte neue Kraft und neuen Mut in mir. Nun machte ich mir Vorwürfe für meine vollkommen unbegründeten Befürchtungen. Ich erkannte, dass nichts mich belästigt hatte, während ich stundenlang hilflos in der Höhle lag. Meine jetzigen klaren und logischen Überlegungen führten mich zu dem Schluss, dass es für die Geräusche die ich hörte eine natürliche und harmlose Erklärung geben müsse. Wahrscheinlich wurden die Geräusche durch irgendwelche Luftströmungen in der Höhle verursacht.

Ich beschloss, dies zu untersuchen, aber zuerst hob mich meinen Kopf und atmete die reine, belebende Nachtluft der Berge tief ein. Ich hatte einen herrlichen Ausblick auf die Felslandschaft und dahinter liegende Ebene mit ihren vielen Kakteen. Im Mondlicht war dies ein wunderbarer, verzaubernder Anblick.

Wenige Wunder des Westens rufen mehr Begeisterung hervor, als die vom Mondlicht beschienene Landschaft von Arizona. Die silbern schimmernden Berge in der Ferne, die seltsamen Lichter und Schatten auf den Hügeln und ausgetrockneten Flüssen, die phantastischen Details der steifen, aber trotzdem schönen Kakteen bildeten einen verzaubernden und anregenden Anblick. Es schien als würde man zum ersten Mal einen Blick auf eine tote und längst vergessene Welt werfen, so sehr unterschied sich die Landschaft von jeder anderen Gegend der Erde.

Als ich so in meine Betrachtung versunken dastand, erhob ich meinen Blick zum Himmel, wo Milliarden von Sternen ein prächtiges und angemessenes Dach für die Wunder der irdischen Szene bildeten. Meine Aufmerksamkeit wurde schnell auf einen großen, roten Stern nahe des fernen Horizonts gelenkt. Als ich ihn ansah, fühlte ich eine überwältigende Faszination – es war Mars, der Gott des Krieges, der mich als Kämpfer immer unwiderstehlich bezauberte. Als ich ihn in dieser weit fortgeschrittenen Nacht ansah, schien er durch die unendliche Leere zu rufen, mich anzulocken und an mir zu ziehen, so wie ein Magnet Eisen anzieht.

Meiner Sehnsucht konnte ich nicht widerstehen, ich schloss meine Augen streckte meine Arme zu dem Gott meiner Berufung aus und fühlte mich mit der Plötzlichkeit eines Gedankens durch die pfadlosen Weiten des Raums gezogen. Einen Moment lang war es extrem kalt und vollkommen dunkel.

Die Prinzessin auf dem Mars

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