Читать книгу Die Prinzessin auf dem Mars - Edgar Rice Burroughs Burroughs - Страница 9
Kapitel 5 – Ich entkomme meinem Wachhund
ОглавлениеSola sah in Augen des Biests, murmelte ein oder zwei Kommandos, deutete auf mich und verließ den Raum. Ich fragte mich, was diese wild aussehende Kreatur wohl mit mir anstellen würde, wenn man sie, mit so einem relativ zarten Leckerbissen aus Fleisch in greifbarer Nähe, alleine lassen würde; aber meine Ängste waren grundlos, denn nachdem mich das Biest für einen Moment sorgfältig gemustert hatte, rannte es quer durch den Raum zum einzigen Ausgang der auf die Straße führte und legte sich quer auf die Schwelle.
Dies war meine erste Erfahrung mit einem marsianischen Wachhund und es sollte nicht meine letzte sein, denn der Bursche bewachte mich sorgfältig während der ganzen Zeit, in der ich Gefangener des grünen Volkes war. Er rettete mir zweimal das Leben und wich nie von meiner Seite.
Ich nutze Solas Abwesenheit um mir den Raum, in dem ich festgehalten wurde, genauer anzusehen. Die Wandbilder zeigten Szenen von seltener und wunderbarer Schönheit. Berge, Flüsse, Seen, Ozeane, Haine, Bäume und Blumen, gewundene Wege, sonnendurchflutete Gärten – all dies hätten Impressionen von der Erde sein können, wenn die Vegetation nicht in anderen Farben dargestellt worden wäre. Die Arbeit war offensichtlich von Meisterhand ausgeführt worden, so subtil war die Atmosphäre und so perfekt die Technik. Allerdings war nirgends das Abbild eines Lebewesens zu sehen, weder Mensch noch Monster, von dem ich auf das Aussehen dieser anderen, möglicherweise ausgestorbenen Rasse des Mars schließen konnte.
Während ich mich meiner wilden Begeisterung für die möglichen Erklärungen der fremdartigen Anomalien, die ich bis jetzt auf dem Mars vorgefunden hatte, hingab, kehrte Sola mit Nahrung und Getränken zurück. Sie stelle dies auf dem Boden neben mir ab und nahm in rücksichtsvoller Weise ein Stück von mir entfernt Platz. Die weitestgehend geschmacklose Nahrung bestand aus einer festen Substanz mit der Konsistenz von Käse und wog etwa ein Pfund. Bei der Flüssigkeit schien es sich um die Milch irgendeines Tiers zu handeln. Sie hatte keinen unangenehmen Geschmack und war leicht säuerlich. Bald sollte ich dieses Getränk sehr schätzen. Wie ich später entdeckte, kam es nicht von einem Tier – denn es gibt nur eine Säugetierart auf dem Mars und diese ist sehr selten – sondern von einer großen Pflanze, die praktisch ohne Wasser gedieh; sie schien den reichlichen Vorrat an Milch mit Hilfe der Nährstoffe im Boden, der Luftfeuchtigkeit und dem Sonnenlicht zu erzeugen. Eine einzelne Pflanze dieser Art produzierte acht bis zehn Quart Milch am Tag.
Mein Mahl kräftigte mich außerordentlich, aber da ich recht müde war, streckte mich auf den Decken aus und war sofort eingeschlafen. Ich musste mehrere Stunden geschlafen haben, denn als ich erwachte war es dunkel und sehr kalt. Irgendjemand hatte ein Fell über mich geworfen, aber ich hatte mich ein wenig bewegt und in der Dunkelheit gelang es mir nicht, es wieder über mich zu ziehen. Plötzlich bemerkte ich eine Hand, die das Fell über mich zog und kurz darauf wurde ein zweites hinzugefügt.
Mit der Vermutung, dass es sich bei meinem aufmerksamen Wächter um Sola handelte, lag ich nicht falsch. Unter all den grünen Marsianern, die mir begegnet waren, war das Mädchen die einzige, bei der ich so etwas wie Sympathie, Freundlichkeit und Zuneigung entdeckte. Zuverlässig sorgte sie für meine körperlichen Bedürfnisse und ihre Fürsorge bewahrte mich vor manchen Beschwernissen und Leiden.
Wie ich nun merkte, waren die Nächte auf dem Mars extrem kalt. Da es so gut wie keine Dämmerung gab, waren die Temperaturwechsel sehr plötzlich und unangenehm, so wie der Wechsel vom hellen Tageslicht zur Dunkelheit. Die Nächte waren entweder strahlend beleuchtet oder sehr dunkel. Wenn keiner der beiden Monde des Mars am Himmel stand, war es nahezu vollständig dunkel denn das Fehlen der Atmosphäre, oder besser gesagt, die sehr dünne Atmosphäre war nicht in der Lage, das Sternenlicht weit genug zu streuen. Sofern beide Monde des Mars schienen, war die Oberfläche hell erleuchtet.
Die beiden Marsmonde sind dem Planeten wesentlich näher als der Erdenmond der Erde; der Nähere [Phobos] ist nur 5.000 Meilen entfernt während der andere [Deimos] in einer Entfernung von rund 14.000 Meilen seine Bahn zieht. Uns dagegen trennen rund eine viertelmillionen Meilen vom Erdenmond. Der nähere Mond des Mars vollendet einen Umlauf um den Planeten in etwas mehr als siebeneinhalb Stunden, so dass man ihn wie einen großen Meteor zwei bis dreimal pro Nacht über den Himmel rasen sehen kann; wobei alle Mondphasen während des Überflugs durchlaufen werden.
Der weiter entfernte Mond umkreist den Mars einmal alle 30,25 Stunden. Zusammen mit seinem Schwesternsatellit erzeugt er eine nächtliche, marsianische Szene von großartiger und seltsamer Pracht. Es ist gut, dass die Natur so gnädig und reichlich die marsianische Nacht erleuchtet, denn die grünen Marsbewohner sind eine nomadische Rasse ohne hohe intellektuelle Entwicklung und haben nur primitive Mittel für eine künstliche Beleuchtung. Sie verwenden Fackeln, eine Art Kerzen und eine einfache Öllampe, in der ein Gas erzeugt wird das ohne Docht verbrennt.
Die zuletzt genannte Vorrichtung erzeugt ein helles, weitreichendes, weißes Licht, aber die natürlichen Fundstellen für das benötigte Öl waren verstreut und weit entfernt. Es konnte nur durch Arbeit in einer Mine gewonnen werden. Die Kreaturen planten kaum im Voraus und hassten körperliche Arbeit, was dazu führte, dass sie sich in Äonen nicht weiter entwickelt hatten und immer noch Barbaren waren.
Nachdem Sola meine Decken wieder gerichtet hatte, schlief ich ein und erwachte nicht vor dem Morgen. Die anderen Bewohner des Raumes, fünf Weibchen, schliefen noch unter einem bunten Haufen von Decken und Fellen. Das schlaflose Wach-Monster lag immer noch ausgestreckt auf der Schwelle, so wie ich ihn am Tag zuvor gesehen hatte; offensichtlich hatte er sich keinen Millimeter bewegt. Er behielt mich im Auge und ich fragte mich was geschehen würde, sollte ich einen Fluchtversuch wagen.
Ich war schon immer bereit, Abenteuer zu suchen, zu Erforschen und zu Experimentieren, auch in Situationen in denen klügere Leute sich zurückgehalten hätten. Ich kam zu dem Ergebnis, dass die sicherste Methode, die Haltung des Biests mir gegenüber genau in Erfahrung zu bringen, darin bestand, zu versuchen den Raum zu verlassen. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich einer Verfolgung durch ihn leicht entkommen könne, wenn ich erst einmal das Gebäude verlassen hatte, denn ich war stolz auf meine Sprungkraft. Außerdem erkannte ich an der Kürze seiner Beine, dass das Biest wahrscheinlich weder ein guter Springer noch ein guter Läufer war.
Langsam und sorgfältig stand ich auf und stelle fest, dass mein Bewacher das gleiche tat. Ich bewegte mich vorsichtig auf ihn zu und fand heraus, dass ich mich mit einem schlurfenden Gang einigermaßen rasch vorwärts bewegen konnte ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Als ich dem Biest nahe kam, wich es vorsichtig vor mir zurück und wich zur Seite um mich vorbei zu lassen als ich die Tür erreichte. Dann hängte es sich an meine Fersen und folgte mir in einem Abstand von zehn Schritten, während ich durch die verlassene Straße schritt.
Offensichtlich war sein Auftrag nur, mich zu beschützen, so dachte ich zumindest im Moment, aber als ich den Stadtrand erreichte sprang es plötzlich vor mich, gab merkwürdige Laute von sich und fletschte seine hässlichen und grimmigen Hauer. Ich dachte mir, ein wenig Spaß auf seine Kosten könne nicht schaden, also hastete ich darauf zu, kurz bevor ich es erreichte sprang ich und landete weit hinter ihm und weit weg von der Stadt. Er verfolgte mich sofort mit der erschreckendsten Geschwindigkeit, die ich je gesehen hatte. Ich hatte mir vorgestellt, dass seine kurzen Beine keine großen Geschwindigkeiten erlauben würden, tatsächlich aber würde ein Windhund gegen ihn wirken wie eine Schnecke im Vergleich zu einem Eilzug. Später erfuhr ich, dass seine Rasse die schnellste Tierart auf dem Mars war. Wegen seiner Intelligenz, Loyalität und Wildheit wurden die Tiere bei der Jagd, im Krieg und als Beschützer eines Marsianers eingesetzt.
Ich sah ein, dass es schwierig werden würde, seinen Fangzähnen zu entkommen, wenn ich einen geraden Kurs beibehielt, also erschwerte ich seine Verfolgung, indem ich es einen Haken schlagend übersprang, sobald es mich fast erreicht hatte. Dieses Manöver verschaffte mir einen kleinen Vorteil und ich erreichte die Stadt mit einen kleinen Vorsprung. Als es rasend ankam, sprang ich zu dem Fenster eines Hauses, welches rund dreißig Fuß über dem Boden lag und von dem aus man das Tal überblicken konnte.
Ich packte die Fensterbank und zog mich in eine sitzende Position hoch, ohne einen Blick in das Gebäude zu werfen, dann betrachtete das verblüffte Tier unter mir. Mein Triumph war nur von kurzer Dauer, als ich gerade sicher auf der Fensterbank saß, packte mich eine große Hand im Nacken und zerrte mich gewaltsam in den Raum. Hier wurde ich auf meinen Rücken geworfen und über mir stand eine kolossale, affenähnliche Kreatur; weiß und haarlos abgesehen von einem enormen Büschel struppiger Haare auf dem Kopf.