Читать книгу Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten - Edgar Rice Burroughs - Страница 6

Tarzans erste Liebe

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Tee­ka, in üp­pi­ger Be­hag­lich­keit hin­ge­streckt im Schat­ten ei­nes Bau­mes, bot un­zwei­fel­haft ein höchst an­zie­hen­des Bild jun­ger, weib­li­cher Lieb­lich­keit. We­nigs­tens kam es dem Af­fentar­zan so vor, der im tief­her­ab­ge­bo­ge­nen Zwei­ge ei­nes be­nach­bar­ten Bau­mes saß und zu ihr hin­un­ter­sah.

So muss­te man ihn se­hen, wie er sich auf dem schwan­ken Zweig ei­nes Ur­waldrie­sen schau­kel­te. Die leuch­ten­de Son­ne des Äqua­tors durch­brach den grü­nen Bal­da­chin über ihm wie ein Ge­we­be und über­ström­te sei­ne brau­ne Haut mit Licht­pünkt­chen, sein schön ge­mei­ßel­ter Kör­per bog sich in leich­ter An­mut, in Be­trach­tung ver­sun­ken neig­te er das Haupt und ver­schlang den Ge­gen­stand sei­ner An­be­tung mit den klu­gen grau­en Au­gen – wie die Wie­der­ge­burt ei­nes Halb­got­tes der Vor­zeit sah er aus.

Wer hät­te an­neh­men kön­nen, dass er sei­ne Kind­heit an der Brust ei­ner häss­li­chen, be­haar­ten Äf­fin ver­bracht hat­te und dass er (seit dem Tode sei­ner El­tern in je­ner klei­nen Hüt­te vor dem lan­dum­schlos­se­nen Ha­fen am Dschun­gel­rand) in sei­ner ihm be­wuss­ten Ver­gan­gen­heit kei­ne an­de­ren Ge­nos­sen ge­kannt hat­te als die mür­ri­schen Bul­len und die knur­ren­den Weib­chen von Ker­schaks, des großen Af­fen, Hor­de!

Wer um­ge­kehrt die Ge­dan­ken in sei­nem scharf­sin­ni­gen, fä­hi­gen Ge­hirn hät­te le­sen kön­nen, das Ver­lan­gen, die Wün­sche und Hoff­nun­gen, wel­che Tee­kas An­blick bei ihm er­weck­te, wür­de eben­so­we­nig an die wah­re Ab­stam­mung des Af­fen­menschen ge­glaubt ha­ben. Dass er der Sohn ei­ner ed­len, eng­li­schen Dame war, des­sen Va­ter sich rüh­men konn­te, dem eng­li­schen Hochadel an­zu­ge­hö­ren, das hät­te aus sei­ner Ge­dan­ken­welt nie­mand schlie­ßen kön­nen.

Dem Af­fentar­zan war sei­ne Her­kunft un­be­kannt. Dass er John Clay­ton, Lord Grey­sto­ke, Mit­glied des Ober­hau­ses war, wuss­te er nicht. Aber wenn er es auch ge­wusst hät­te, hät­te er es doch nicht ver­stan­den.

Ach, Tee­ka war wirk­lich schön!

Kala war na­tür­lich auch schön ge­we­sen – die Mut­ter er­scheint uns im­mer schön – aber Tee­ka war schön in ganz an­de­rem, ei­ge­nen Sin­ne, in ei­nem un­er­klär­ba­ren Sin­ne, den Tar­zan ge­ra­de um die­se Zeit in noch recht un­be­stimm­ter und traum­haf­ter Form zu emp­fin­den be­gann.

Seit Jah­ren wa­ren Tar­zan und Tee­ka Spiel­ge­fähr­ten ge­we­sen und Tee­ka blieb im­mer noch mut­wil­lig und zum Spie­len ge­neigt, wäh­rend die gleich­alt­ri­gen jun­gen Bul­len be­reits sau­er­töp­fisch und mür­risch wur­den. Falls sich Tar­zan über­haupt dar­über Ge­dan­ken mach­te, konn­te er sei­ne wach­sen­de Vor­lie­be für das jun­ge Weib­chen leicht da­mit be­grün­den, dass sie al­lein von al­len frü­he­ren Spiel­ka­me­ra­den mit ihm zu­sam­men wei­ter Spaß an den bis­he­ri­gen Strei­chen hat­te.

Aber als er heu­te zu ihr hin­ab­späh­te, fand er sich in Be­wun­de­rung von Tee­kas Ge­stalt und Ge­sicht – was er frü­her nicht ge­tan hat­te, denn kei­ne von die­sen Ei­gen­schaf­ten hat­te et­was mit Tee­kas Ge­schick­lich­keit zu tun, die sie beim Sprin­gen durch die un­te­ren Wald­ter­ras­sen oder bei dem ur­wüch­si­gen Ab­schla­gen oder Ver­ste­cken­su­chen ent­wi­ckel­te, Spiels, wel­che Tar­zans frucht­ba­res Ge­hirn er­son­nen hat­te.

Tar­zan kratz­te sich auf dem Kopf, wühl­te mit den Fin­gern tief in dem schwar­zen Haar­schopf, der sein wohl­ge­form­tes Jun­gen­ge­sicht ein­rahm­te – er kratz­te sich auf dem Kop­fe und seufz­te. Tee­kas neu­ent­deck­te Schön­heit ver­ur­sach­te ihm plötz­lich Verzweif­lung. Er be­nei­de­te sie um den hüb­schen Rock aus Haa­ren, der ih­ren Kör­per be­deck­te. Er hass­te sei­ne ei­ge­ne, glat­te, brau­ne Haut mit ei­ner Mi­schung aus Ab­scheu und Ver­ach­tung. Vor Jah­ren hat­te er noch die Hoff­nung ge­hegt, er wer­de ei­nes Ta­ges doch wie alle sei­ne Brü­der und Schwes­tern ein Haar­kleid be­kom­men, aber er hat­te aus die­sem tröst­li­chen Traum schließ­lich er­wa­chen müs­sen.

Dann be­saß Tee­ka große Zäh­ne, na­tür­lich nicht so große wie die Männ­chen, aber im­mer­hin mäch­ti­ge, hüb­sche -Din­ger im Ver­gleich zu sei­nen arm­se­li­gen, wei­ßen. Und erst ihre her­vor­ste­hen­den Brau­en, ihre brei­te, fla­che Nase und ihr Mund!

Wie oft hat­te Tar­zan ver­sucht, sei­nen Mund zu ei­nem klei­nen, run­den Kreis zu zie­hen und dann die Ba­cken auf­zu­bla­sen und rasch mit den Au­gen zu zwin­kern; aber er be­kam doch nie so einen ver­schmitz­ten und un­wi­der­steh­li­chen Aus­druck her­aus, wie ihn Tee­ka fer­tig­brach­te.

Als er sie an die­sem Nach­mit­tag be­wun­dernd be­lausch­te, kam ein jun­ger Affe, der bis­her trä­ge un­ter der feuch­ten, ver­filz­ten Mat­te aus ver­we­sen­den Pflan­zen in der Nähe nach Nah­rung ge­sucht hat­te, plump in der Rich­tung auf Tee­ka an­ge­wa­ckelt. Die üb­ri­gen Af­fen von Ker­schaks Hor­de trie­ben sich sorg­los her­um oder la­gen trä­ge in der hei­ßen Mit­tags­hit­ze des Tro­pend­schun­gels her­um. Ab und zu war ei­ner da­von nahe vor Tee­ka vor­bei­ge­gan­gen, ohne dass Tar­zan ihm Auf­merk­sam­keit ge­schenkt hät­te. Wa­rum zog er aber jetzt die Brau­en zu­sam­men und spann­te die Mus­keln, als Taug vor der jun­gen Äf­fin an­hielt und sich dicht ne­ben ihr nie­der­hock­te?

Tar­zan hat­te den Taug stets ger­ne ge­habt. Seit der Kind­heit hat­ten sie sich ge­balgt, Sei­te an Sei­te hat­ten sie am Was­ser ge­hockt, um mit ih­ren ra­schen, star­ken Fin­gern Pi­sah, den Fisch, her­aus­zu­fan­gen, wenn die­ser schlaue Be­woh­ner der küh­len Tie­fe nach dem Kö­der von In­sek­ten her­auf­kam, den Tar­zan auf den Was­ser­spie­gel des Tüm­pels ge­wor­fen hat­te.

Sie bei­de hat­ten zu­sam­men Tu­blat ge­plagt und den Lö­wen Numa ge­hän­selt. Wa­rum fühl­te also Tar­zan, dass sich sei­ne kur­z­en Na­cken­haa­re sträub­ten, nur weil sich Taug nahe zu Tee­ka hock­te?

Al­ler­dings war Taug nicht mehr der lus­ti­ge Affe von ges­tern. Wenn sei­ne Ba­cken­mus­keln die rie­si­gen Fang­zäh­ne bloß­leg­ten, konn­te man nicht län­ger an­neh­men, Taug sei in der spiel­fro­hen Stim­mung wie da­mals, als er sich mit Tar­zan im Schein­kampf über den Ra­sen kol­ler­te. Der Taug von heu­te war ein un­ge­heu­rer, mür­ri­scher Af­fen­bul­le, ein fins­te­rer Ge­sel­le. Doch hat­te er sich mit Tar­zan noch nie ge­zankt.

Ei­ni­ge Mi­nu­ten sah der jun­ge Af­fen­mensch zu, wie sich Taug en­ger an Tee­ka press­te. Aber als sei­ne große Pfo­te mit rau­er Zärt­lich­keit die schlan­ke Schul­ter des Weib­chens strei­chel­te, schlüpf­te Af­fentar­zan wie eine Kat­ze auf den Bo­den und nä­her­te sich den bei­den.

Er fletsch­te die Fang­zäh­ne un­ter der zum Knur­ren hoch­ge­zo­ge­nen Ober­lip­pe und roll­te ein tie­fes Brum­men aus sei­ner brei­ten Brust. Taug sah auf und blin­zel­te mit sei­nen blut­un­ter­lau­fe­nen Au­gen. Tee­ka er­hob sich halb und schiel­te nach Tar­zan. Ahn­te sie den Grund der Stö­rung? Wer kann das sa­gen. Aber sie war ein Weib­chen, des­halb lang­te sie hin­auf und kratz­te Taug hin­ter ei­nem sei­ner klei­nen, plat­ten Ohren.

Als Tar­zan das sah, war Tee­ka für ihn nicht län­ger die klei­ne Spiel­ge­fähr­tin von vor ei­ner Stun­de. Jetzt war sie ein Wun­der­ge­schöpf – das wun­der­bars­te der Welt – um des­sen Be­sitz Tar­zan mit Taug und je­dem an­de­ren, der sein Ei­gen­tums­recht zu be­strei­ten wag­te, bis auf den Tod kämp­fen wür­de. Af­fentar­zan schob sich ge­bückt, eine Schul­ter vor­an, dem jun­gen Bul­len nä­her und nä­her. Das Ge­sicht hielt er et­was ab­ge­wen­det, aber sei­ne schar­fen grau­en Au­gen blick­ten starr in die Taugs. Je nä­her er kam, de­sto lau­ter und tiefer wur­de sein Knur­ren. Taug rich­te­te sich auf sei­nen kur­z­en Bei­nen auf und sträub­te die Haa­re. Er fletsch­te die Reiß­zäh­ne, schob sich steif­bei­nig auch mit der Sei­te vor­an und knurr­te.

Tee­ka ge­hört Tar­zan, sag­te der Af­fen­mensch in den tie­fen Kehl­tö­nen der großen Men­schen­af­fen.

Tee­ka ge­hört Taug, er­wi­der­te der Af­fen­bul­le.

Tee­ka, Num­go, Gun­to, die das Knur­ren der zwei jun­gen Bul­len stör­te, sa­hen halb gleich­gül­tig, halb ge­spannt zu. In Taugs klei­nem Ge­hirn saß ein mäch­ti­ger Re­spekt vor dem blan­ken Stück­chen schar­fen Me­talls, das der Af­fen­kna­be so gut zu ge­brau­chen ver­stand. Tu­blat, sei­nen trot­zi­gen Pfle­ge­va­ter, und den Go­ril­la Vol­ga­ni hat­te er da­mit ge­tö­tet. Taug wuss­te um die­se Tat­sa­chen, des­halb ging er in ei­ner Spi­ra­le auf Tar­zan los, um einen güns­ti­gen An­fang ab­zu­war­ten. Der an­de­re, vor­sich­tig im Hin­blick auf sein ge­rin­ge­res Ge­wicht und die Schwä­che sei­ner na­tür­li­chen Waf­fen, ver­folg­te eine ähn­li­che Tak­tik.

Eine Zeit lang sah es aus, als ob die­se Aus­ein­an­der­set­zung wie die Mehr­zahl sol­cher Strei­tig­kei­ten zwi­schen den An­ge­hö­ri­gen der Hor­de ver­lau­fen wür­de, näm­lich so, dass ei­ner der Be­tei­lig­ten zum Schlus­se das In­ter­es­se ver­lor und an­schei­nend mit ei­ner an­de­ren An­ge­le­gen­heit be­schäf­tigt ab­zog. Bei ei­nem an­de­ren »ca­sus bel­li«1 wäre das si­cher der Fall ge­we­sen. Aber Tee­ka fühl­te sich durch die Auf­merk­sam­keit, die sie er­regt hat­te, und durch den Um­stand, dass zwei Bul­len um sie kämp­fen woll­ten, ge­schmei­chelt. So et­was war bis­her in Tee­kas kur­z­em Le­ben noch nicht vor­ge­kom­men. Sie hat­te mit­an­ge­se­hen, wie an­de­re Bul­len um an­de­re und äl­te­re Weib­chen kämpf­ten und tief in ih­rem klei­nen Tier­herz hat­te sie den Tag er­sehnt, an dem sich um ih­ret­wil­len die Dschun­gel­grä­ser im Kampf auf Le­ben und Tod rö­ten wür­den.

Da­rum hock­te sie sich jetzt breit auf ihre Schen­kel und be­schimpf­te un­par­tei­isch ihre bei­den An­be­ter gleich­mä­ßig. Sie spot­te­te über de­ren Feig­heit, nann­te sie mit ver­ächt­li­chen Na­men wie Hi­stah, die Schlan­ge, und Dan­go, die Hyä­ne. Sie droh­te, sie wer­de Mum­ga ru­fen, sie sol­le die bei­den mit dem Stock züch­ti­gen – Mum­ga, die so alt war, dass sie nicht ein­mal mehr klet­tern konn­te und so zahn­los, dass sie sich mit ih­rem Fut­ter be­reits auf Bana­nen und Rau­pen be­schrän­ken muss­te! Die Af­fen rings­um hör­ten es und lach­ten. Taug war wü­tend. Er mach­te einen plötz­li­chen Sprung auf Tar­zan zu, aber der jun­ge Af­fen­mensch hüpf­te flink zur Sei­te, ließ ihn vor­bei, dreh­te sich so schnell wie eine Kat­ze und kam ihm in den Rücken. Im An­sprin­gen hob er das Jagd­mes­ser über den Kopf und hieb ge­fähr­lich nach Taugs Ge­nick. Der Affe dreh­te sich, um der Waf­fe zu ent­ge­hen, so­dass ihn die schar­fe Klin­ge nur an der Schul­ter streif­te.

Das flie­ßen­de rote Blut rief einen schril­len Schrei des Ent­zückens auf Tee­kas Lip­pen. Ha! das war doch ein­mal et­was wert! Sie sah sich um, ob die an­de­ren auch die­sen Be­weis ih­rer Be­liebt­heit be­merkt hat­ten. He­le­na von Tro­ja war kein biss­chen stol­zer als Tee­ka in die­sem Au­gen­blick.

Wäre Tee­ka nicht so sehr mit der Be­frie­di­gung ih­rer Ei­tel­keit be­fasst ge­we­sen, dann hät­te sie wohl das Ra­scheln der Blät­ter im Bau­me über sich be­mer­ken müs­sen – der Wind konn­te die­ses Ra­scheln nicht ver­ur­sacht ha­ben, denn es weh­te kein Wind. Und hät­te sie auf­ge­blickt, dann hät­te sie ge­se­hen, dass ein ge­schmei­di­ger Kör­per ge­ra­de über ihr kau­er­te und dass ein Paar bos­haf­te, gel­be Au­gen hung­rig auf sie her­un­ter­blick­ten. Aber Tee­ka sah nicht auf.

Der ver­wun­de­te Taug ging mit fürch­ter­li­chem Knur­ren et­was zu­rück. Tar­zan folg­te ihm, be­schimpf­te ihn und schwang dro­hend sein Mes­ser. Tee­ka kam un­ter dem Bau­me her­vor, um den zwei Duel­lan­ten mög­lichst nahe zu blei­ben.

Der Zweig über Tee­ka schwank­te und bog sich et­was, als sich der lau­ern­de Kör­per dar­auf streck­te. Taug hat­te jetzt halt ge­macht und be­rei­te­te sich für eine neue Run­de vor, wäh­rend ihm der Schaum auf den Lip­pen stand. Zu ei­nem neu­en An­griff be­reit, senk­te er den Kopf. Dann streck­te er die Arme aus. Wenn er erst sei­ne mäch­ti­gen Hän­de auf die wei­che, brau­ne Haut le­gen konn­te, dann war der Sieg sein. Taug be­trach­te­te Tar­zans Kampf­wei­se als un­schön. Je­ner woll­te sich nicht auf ein Hand­ge­men­ge ein­las­sen und schlüpf­te im­mer ge­wandt ge­ra­de un­ter Taugs mus­ku­lö­sen Fin­gern weg.

Da der jun­ge Af­fen­mensch sei­ne Kräf­te bis­her noch nicht ernst­lich, an­ders als im Spie­le, mit ei­nem Af­fen­bul­len ge­mes­sen hat­te, war er nicht recht si­cher, ob es ge­ra­ten sei, sei­ne Mus­keln in ei­nem Rin­gen um Le­ben und Tod auf die Pro­be zu stel­len. Nicht als ob er Furcht ge­habt hät­te; Tar­zan kann­te kei­ne Furcht. Aber der Selbs­t­er­hal­tungs­trieb warn­te ihn. Er setz­te nur et­was aufs Spiel, wenn es nö­tig war; dann schreck­te er aber auch vor nichts zu­rück.

Sei­ne ei­ge­ne Kamp­fes­wei­se ent­sprach am bes­ten sei­ner Ge­stalt und Be­waff­nung. So stark und scharf sei­ne Zäh­ne wa­ren, als An­griffs­waf­fen wa­ren sie im Ver­gleich mit den mäch­ti­gen Fän­gen der Men­schen­af­fen arm­se­lig. Aber so im He­rum­tan­zen, ge­ra­de au­ßer dem Be­reich des Geg­ners konn­te Tar­zan mit sei­nem lan­gen, schar­fen Jagd­mes­ser un­be­grenz­tes Un­heil zu­fü­gen und gleich­zei­tig den vie­len, ge­fähr­li­chen und schmerz­haf­ten Wun­den ent­ge­hen, die ihm si­cher ge­we­sen wä­ren, wenn ihn der Af­fen­bul­le in die Fin­ger be­kom­men hät­te.

Wie­der griff Taug an und brüll­te wie ein Stier, und wie­der tanz­te Af­fentar­zan leicht da­hin und dort­hin, rief sei­nem Geg­ner Aus­drücke vom »Dschun­gel­fisch­markt« zu und ritz­te ihn hin und wie­der mit dem Mes­ser.

Ge­le­gent­lich mach­ten die bei­den Kämp­fer Pau­sen, wenn sie sich ein­an­der nach Atem rin­gend be­sa­hen und Witz und Kräf­te für einen neu­en Gang zu­sam­men­nah­men. Als sie wie­der eine sol­che Pau­se mach­ten, sah Taug zu­fäl­lig über sei­nen Feind hin­weg. So­gleich än­der­te sich das gan­ze Be­neh­men des Af­fen. Statt der Wut brach­ten sei­ne Züge Angst zum Aus­druck.

Mit ei­nem Schrei, der je­dem Af­fen wohl­be­kannt war, dreh­te sich Taug um und floh. Eine Fra­ge war un­nö­tig – sein War­nungs­ruf mel­de­te die Nähe ih­res Erb­fein­des.

Tar­zan setz­te zur ret­ten­den Flucht an wie die an­de­ren Mit­glie­der des Stam­mes, als er hör­te, wie sich das Fau­chen des Leo­par­den mit dem Angst­schrei ei­ner Äf­fin misch­te. Auch Taug hör­te es, aber er hielt nicht an.

An­ders der Jun­ge. Er sah her­um, ob ir­gend­ein Mit­glied der Hor­de von dem Raub­tier nahe be­droht war und be­kam einen mäch­ti­gen Schre­cken.

Es war Tee­ka, die vor Ent­set­zen ge­schri­en hat­te, denn als sie nach dem nächs­ten Baum jen­seits der Lich­tung eil­te, lief ihr Shee­ta, der Leo­pard, in kur­z­en ele­gan­ten Sprün­gen nach. Shee­ta schi­en gar kei­ne Eile zu ha­ben. Sein Mahl war ihm si­cher, denn selbst wenn der Affe die Bäu­me vor ihm er­reich­te, hat­te er ihn trotz­dem noch, ehe er aus dem Be­reich sei­ner Pran­ken hoch­klet­tern konn­te.

Tar­zan sah, dass Tee­ka ster­ben muss­te. Er schrie Taug und den an­de­ren Bul­len zu, sie soll­ten Tee­ka zu Hil­fe ei­len, wäh­rend er sich, hin­ter der ver­fol­gen­den Kat­ze her­ren­nend, das Wurf­seil ab­nahm. Tar­zan wuss­te, wenn er die großen Bul­len her­an­ho­len konn­te, gab es kei­nen im Dschun­gel, nicht ein­mal den Lö­wen Numa, der be­son­de­re Lust ver­spürt hät­te, sich mit ih­nen zu mes­sen, und wenn alle, die von der Hor­de eben an­we­send wa­ren, zum An­griff vor­gin­gen, dann wür­de Shee­ta, die große Kat­ze, da­von­ren­nen, wenn ihr das Le­ben lieb wäre.

Taug hör­te den Ruf so gut wie die an­de­ren, aber kei­ner kam Tar­zan zu Hil­fe oder zur Ret­tung Tee­kas, und Shee­ta ver­kürz­te rasch den Ab­stand zwi­schen sich und sei­ner Beu­te.

Der Kna­be sprang hin­ter dem Leo­par­den her und schrie das Tier laut an, um es von Tee­ka ab­zu­brin­gen, oder sei­ne Auf­merk­sam­keit so lan­ge ab­zu­zie­hen, bis die Äf­fin sich auf die hö­he­ren Zwei­ge ge­ret­tet hat­te, wo­hin der Leo­pard sich nicht wag­te. Er rief Shee­ta je­den Schimpf­na­men zu, der ihm ein­fiel. Er for­der­te ihn auf, zu blei­ben und mit ihm zu kämp­fen. Aber Shee­ta lief un­be­irrt hin­ter dem schmack­haf­ten Bis­sen her, den er jetzt bei­na­he in Reich­wei­te hat­te. Tar­zan war nicht weit zu­rück und hol­te auf, aber die Ent­fer­nung war nur noch so kurz, dass er kaum hof­fen konn­te, das Raub­tier zu über­ho­len, ehe es Tee­ka zu Bo­den schlug. Mit der rech­ten Hand schwang der Kna­be sein Grasseil über dem Kopf, aber er hat­te Furcht vor ei­nem Fehl­wurf, weil die Ent­fer­nung grö­ßer war als die, wel­che er bis­her au­ßer zur Übung ge­wor­fen hat­te. Die vol­le Reich­wei­te sei­nes Grasseils trenn­te ihn noch von Shee­ta, aber es blieb ihm nichts wei­ter üb­rig. Er konn­te nicht an die Sei­te der Bes­tie kom­men, ehe sie Tee­ka über­holt hat­te; er muss­te den Wurf wa­gen.

Eben jetzt sprang Tee­ka nach dem un­ters­ten Zweig ei­nes großen Bau­mes und Shee­ta flog mit ei­nem lan­gen, ge­schmei­di­gen Sat­ze da­hin­ter hoch, da schoss die Sch­lin­ge des Kna­ben blitz­schnell durch die Luft, das Seil streck­te sich zu ei­ner ge­ra­den, dün­nen Li­nie, als die of­fe­ne Sch­lin­ge über dem wil­den Kopf und dem fau­chen­den Ra­chen einen Au­gen­blick still­stand. Dann fiel sie – haar­scharf saß sie um den brau­nen Na­cken, Tar­zan zog mit kur­z­em Ruck der Wurf­hand die Sch­lin­ge fest und stemm­te sich ge­gen den Stoß, der kom­men muss­te, so­bald Shee­tas Wucht das Seil spann­te.

Um Haa­res­brei­te hin­ter Tee­kas glat­tem Rumpf feg­ten die grau­sa­men Tat­zen durch die Luft, als sich das Seil straff­te und Shee­ta plötz­lich zum Hal­ten brach­te – ei­nem Halt, der das Tier auf den Rücken riss. Wie ein Ge­dan­ke war Shee­ta wie­der hoch – die Au­gen glüh­ten, der Schwanz peitsch­te, der of­fe­ne Ra­chen ent­sand­te Schreie der Wut und Ent­täu­schung. Da, kaum vier­zig Fuß vor sich sah er den Af­fen­jun­gen, die Ur­sa­che sei­nes Fehl­sprun­ges, und Shee­ta griff an.

Tee­ka war mitt­ler­wei­le in Si­cher­heit, so viel hat­te Tar­zan mit ei­nem ra­schen Blick nach dem Baum ge­se­hen, des­sen Schutz sie nicht einen Au­gen­blick zu früh ge­won­nen hat­te. Shee­ta kam an. Es war zweck­los, das Le­ben in ei­nem eit­len und un­glei­chen Kampf zu wa­gen, bei dem nichts Gu­tes her­aus­kom­men konn­te; aber wie den Kampf mit der wü­ten­den Kat­ze ver­mei­den? Und wenn er zum Kamp­fe ge­zwun­gen war, wel­che Aus­sicht hat­te er, ihn zu über­le­ben? Tar­zan muss­te zu­ge­ben, dass sei­ne Lage nicht ge­ra­de be­nei­dens­wert war. Die Bäu­me wa­ren zu fern, um sie recht­zei­tig vor der Kat­ze zu er­rei­chen. Tar­zan konn­te nur noch die­sem fürch­ter­li­chen An­griff die Stir­ne bie­ten. Sei­ne Rech­te hielt das Jagd­mes­ser – ein win­zi­ges, wert­lo­ses Ding ge­gen die ge­wal­ti­gen Rei­hen mäch­ti­ger Fän­ge in Shee­tas furcht­ba­rem Ra­chen und ge­gen die schar­fen, in den wei­chen Tat­zen ver­bor­ge­nen Kral­len. Doch der jun­ge Lord Grey­sto­ke be­geg­ne­te ih­nen mit der­sel­ben mut­vol­len Er­ge­bung, mit wel­cher sich sei­ne furcht­lo­sen Ah­nen bei Has­tings von dem Sen­lac Hill hin­ab in Nie­der­la­ge und Tod stürz­ten.

Von ih­ren si­che­ren Baum­wip­feln aus sa­hen die großen Af­fen zu, kreisch­ten has­s­er­füllt auf Shee­ta und ga­ben Tar­zan gute Ratschlä­ge, denn na­tur­ge­mäß zei­gen die Vor­fah­ren des Men­schen schon vie­le mensch­li­che Cha­rak­ter­zü­ge. Tee­ka war zu Tode er­schro­cken. Sie schrie den Bul­len zu, sie soll­ten Tar­zan zu Hil­fe kom­men, aber die Bul­len wa­ren ge­ra­de an­der­wei­tig be­schäf­tigt – haupt­säch­lich auf Ge­sicht­er­schnei­den und Er­tei­len gu­ter Ratschlä­ge. Au­ßer­dem war Tar­zan gar kein rich­ti­ger Man­ga­ni, warum soll­ten sie also beim Ver­su­che, ihn zu be­schüt­zen, ihr Le­ben aufs Spiel set­zen?

Da, nun war Shee­ta schon auf dem wei­chen, nack­ten Leib und – der Leib war nicht mehr da. Flink war die große Kat­ze, der Kna­be war flin­ker. Als sich die Fän­ge des Leo­par­den fast schon in ihn gru­ben, schnell­te er zur Sei­te, und wäh­rend Shee­ta im Schwung über die Stel­le hin­aus­schoss, ras­te Tar­zan nach dem Si­cher­heit bie­ten­den nächs­ten Baum.

Der Leo­pard fing sich so­fort, wen­de­te und flog, das Seil des Jun­gen auf dem Bo­den nach sich schlep­pend, hin­ter sei­ner Beu­te her. Als Shee­ta im Bo­gen hin­ter Tar­zan her­sprang, muss­te er um einen klei­nen Busch her­um. Für ein Dschun­gel­tier von Shee­tas Grö­ße und Ge­wicht war das so viel wie kein Hin­der­nis – wenn kein mit­ge­schlepp­tes Seil im Wege war. Aber Shee­ta hat­te das Seil als Hin­der­nis, und als er wie­der dem Af­fentar­zan nach­sprang, schlang sich die Lei­ne um den klei­nen Busch, ver­wi­ckel­te sich dar­in und nö­tig­te den Leo­par­den zu ei­nem ruck­wei­sen Hal­ten. Ei­nen Au­gen­blick spä­ter be­fand sich Tar­zan auf den hö­he­ren Zwei­gen ei­nes Bau­mes, auf die ihm Shee­ta nicht fol­gen konn­te, in Si­cher­heit.

Dort saß er und schleu­der­te Zwei­ge und Schimpf­wor­te auf das un­ten ra­sen­de Kat­zen­tier. Nun nah­men auch die üb­ri­gen Glie­der der Hor­de die Be­schie­ßung auf und war­fen an har­ten Früch­ten und dür­ren Zwei­gen hin­ab, was sie fin­den konn­ten, bis Shee­ta in sei­ner Ra­se­rei wie toll nach dem Grasseil biss und so schließ­lich sei­ne Fes­sel zer­trenn­te. Eine Zeit lang starr­te der Leo­pard noch von ei­nem sei­ner Quä­ler zum an­de­ren, bis er mit ei­nem letz­ten Wut­schrei im Ur­wald­dickicht ver­schwand.

Eine hal­be Stun­de spä­ter war wie­der der gan­ze Stamm un­ten auf dem Bo­den bei der Nah­rungs­su­che, als ob nichts die dump­fe Ein­tö­nig­keit des Le­bens un­ter­bro­chen hät­te. Tar­zan hat­te den größ­ten Teil sei­nes Sei­les wie­der­ge­fun­den und brach­te eif­rig eine neue Sch­lin­ge an, wäh­rend Tee­ka dicht ne­ben ihm hock­te als of­fen­sicht­li­ches An­zei­chen, dass sie ihre Wahl ge­trof­fen hat­te.

Taug sah die bei­den mür­risch an. Ein­mal kam er nä­her, da fletsch­te Tee­ka ihre Zäh­ne und knurr­te ihn an, und Tar­zan zeig­te mit bös­ar­ti­gem Schnar­ren sei­ne Fang­zäh­ne. Aber Taug such­te kei­nen neu­en Streit. Nach der Ge­wohn­heit sei­ner Art­ge­nos­sen nahm er au­gen­schein­lich die Ent­schei­dung des Weib­chens als Hin­weis, dass er im Kampf um ihre Gunst be­siegt wor­den war.

Spät am Tage hat­te Tar­zan sein Wurf­seil aus­ge­bes­sert und nahm sei­nen Weg durch die Bäu­me, um zu ja­gen. Mehr als sei­ne Ge­fähr­ten trug er Ver­lan­gen nach Fleisch, und wäh­rend sie mit Früch­ten, Kräu­tern und Kerb­tie­ren zu­frie­den wa­ren, die sie ohne be­son­de­re Mühe fin­den konn­ten, ver­brach­te Tar­zan den größ­ten Teil sei­ner Zeit auf der Jagd nach Wild, des­sen Fleisch al­lein den An­sprü­chen sei­nes Ma­gens ge­nüg­te und den mäch­ti­gen Mus­keln, die sich je­den Tag stär­ker un­ter sei­ner glat­ten, brau­nen Haut ent­wi­ckel­ten, Nah­rung und Kraft lie­fer­te.

Taug sah ihn auf­bre­chen und kam ganz zu­fäl­lig auf der Nah­rungs­su­che im­mer mehr in Tee­kas Nähe. Als er nur noch ei­ni­ge Fuß von ihr ent­fernt war und nach ihr hin­über­schiel­te, sah er, dass sie kei­ner­lei Är­ger zeig­te und sei­ne An­nä­he­rung an­schei­nend bil­lig­te. Taug warf sich in die brei­te Brust und stol­zier­te auf sei­nen kur­z­en Bei­nen um­her, wo­bei er aus sei­ner Keh­le merk­wür­di­ge, knur­ren­de Geräusche her­vor­hol­te. Jetzt hob er die Lip­pen und bleck­te die Zäh­ne. Nein, was für große, wun­der­schö­ne Fang­zäh­ne er hat­te! Tee­ka muss­te das wirk­lich fest­stel­len. Dann ließ sie ihre Au­gen voll Be­wun­de­rung auf Taugs mäch­ti­gen Brau­en und sei­nem kur­z­en, star­ken Na­cken ru­hen. Was für ein Pracht­ge­schöpf er doch war!

Durch die un­ver­hehl­te Be­wun­de­rung in ih­ren Au­gen fühl­te sich Taug ge­schmei­chelt und be­gann so stolz und ei­tel wie ein Pfau her­um­zu­stol­zie­ren. Dann zähl­te er für sich sei­nen Be­stand an Vor­zü­gen auf und bald ver­glich er sie mit de­nen sei­nes Ne­ben­buh­lers.

Taug grunz­te: da war nichts zu ver­glei­chen! Wie konn­te man sein schö­nes Fell mit der glat­ten, nack­ten Scheuß­lich­keit von Tar­zans haar­lo­ser Haut ver­glei­chen? Wer konn­te an des Tar­man­ga­ni spit­zer Nase et­was Schö­nes fin­den, wenn er Taugs brei­te Nüs­tern ge­se­hen hat­te? Und erst Tar­zans Au­gen! Häss­li­che Din­ger, die das Wei­ße se­hen lie­ßen und kein Spür­chen ro­ten Rand hat­ten! Taug wuss­te, wie schön sei­ne ei­ge­nen blut­un­ter­lau­fe­nen Au­gen wa­ren, denn er hat­te sie oft schon in der glat­ten Ober­flä­che ei­nes trän­ken­den Was­ser­tüm­pels spie­geln se­hen.

Der Affe schlich nä­her an Tee­ka und drück­te sich schließ­lich eng an ihre Sei­te. Als Tar­zan bald da­nach von sei­ner Jagd zu­rück­kam, sah er, wie Tee­ka sei­nem Ri­va­len zu­frie­den den Rücken kratz­te.

Tar­zan war em­pört. We­der Taug noch Tee­ka sa­hen es, als er aus den Bäu­men auf die Wald­wie­se her­aus­kam. Er schau­te ih­nen einen Au­gen­blick zu, dann wen­de­te er sich mit sei­ner jam­mer­vol­len Gri­mas­se ab und ver­schwand wie­der in dem Ge­wirr be­laub­ter Zwei­ge und Moos­gir­lan­den, aus de­nen er auf­ge­taucht war.

Tar­zan wünsch­te sich von der Ur­sa­che sei­nes Her­ze­lei­des so weit fort wie mög­lich. Er er­litt die ers­ten Sti­che ver­schmäh­ter Lie­be und wuss­te nicht ein­mal ganz ge­nau, was ei­gent­lich mit ihm los war. Er glaub­te erst, es sei Är­ger über Taug, aber dann ver­stand er nicht, warum er da­von­ge­lau­fen war, statt sich zum töd­li­chen Kamp­fe auf den Zer­stö­rer sei­nes Glücks zu stür­zen.

Dann dach­te er wie­der, es sei wohl Är­ger über Tee­ka, aber die Vor­stel­lung ih­rer vie­len Schön­hei­ten ver­folg­te ihn, so­dass sie ihm wie­der nur im Lich­te der Lie­be als das be­geh­rens­wer­tes­te Ding auf der Welt er­schi­en.

Dem Af­fen­kna­ben fehl­te Zu­nei­gung. Von sei­ner Kind­heit bis zur­zeit ih­res To­des, als Ku­lon­gas ver­gif­te­ter Pfeil ihr wil­des Herz durch­bohr­te, war Kala für den eng­li­schen Kna­ben die ein­zi­ge ge­we­sen, für die er An­häng­lich­keit emp­fin­den konn­te.

Kala hat­te ih­ren an­ge­nom­me­nen Sohn in ih­rer wil­den, rau­en Art ge­liebt und Tar­zan hat­te die­se Lie­be er­wi­dert, ob­gleich die äu­ßer­li­chen Zei­chen da­von nicht grö­ßer wa­ren, als man es auch von je­dem an­de­ren Dschun­gel­tier er­war­ten konn­te.

Erst als er ih­rer be­raubt war, wuss­te der Jun­ge, wie in­nig er an sei­ner Mut­ter, denn da­für hielt er sie, ge­han­gen hat­te.

In Tee­ka hat­te er in den letz­ten paar Stun­den einen Er­satz für Kala ge­se­hen – et­was, für das er kämp­fen, für das er ja­gen konn­te – et­was, das er lieb­ko­sen konn­te! Nun war sein Traum zer­bro­chen. Ir­gen­det­was in der Brust tat ihm weh. Er leg­te die Hand auf das Herz und frag­te sich ver­wun­dert, was ihm denn ge­sche­hen war. Ganz un­be­stimmt fühl­te er, dass er sei­nen Schmerz Tee­ka zu­zu­schrei­ben habe. Je mehr er dar­an dach­te, wie er zu­letzt Tee­kas Lieb­ko­sung für Taug ge­se­hen, de­sto we­her tat ihm das Ding in der Brust.

Tar­zan schüt­tel­te den Kopf und brumm­te. Im­mer wei­ter durch den Dschun­gel schwang er sich, und je wei­ter er zog und je mehr er über das er­lit­te­ne Un­recht nach­dach­te, de­sto nä­her war er dar­an, un­wi­der­ruf­lich ein Wei­ber­feind zu wer­den.

Vol­le zwei Tage spä­ter jag­te er im­mer noch al­lein – recht mür­risch und recht un­glück­lich; er war ent­schlos­sen, nie wie­der zur Hor­de zu­rück­zu­keh­ren. Er konn­te den Ge­dan­ken nicht er­tra­gen, Taug und Tee­ka stets bei­ein­an­der se­hen zu müs­sen. Als er sich ge­ra­de auf einen großen Ast schwang, schrit­ten Numa, der Löwe, und Sa­bor, die Lö­win, un­ter ihm durch. Sei­te an Sei­te gin­gen sie und Sa­bor lehn­te sich an den Lö­wen und biss ihn im Spiel in die Wan­ge. Es war eine hal­be Zärt­lich­keit. Tar­zan seufz­te und schleu­der­te ih­nen eine Nuss nach.

Nach­her stieß er auf meh­re­re von Mbon­gas schwar­zen Krie­gern. Er woll­te schon ei­nem, der sich et­was von den an­de­ren ent­fernt hat­te, sei­ne Sch­lin­ge um den Hals wer­fen, als ihn der Ge­gen­stand an­zog, mit dem sich die Schwar­zen be­schäf­tig­ten. Sie bau­ten auf der Wild­fähr­te einen Kä­fig und be­deck­ten ihn mit be­laub­ten Zwei­gen. Als sie ihr Werk be­en­det hat­ten, war der Bau kaum noch zu se­hen.

Tar­zan wun­der­te sich, wozu das Ding die­nen soll­te und warum sei­ne Er­bau­er nach der Fer­tig­stel­lung wie­der den Wild­pfad hin­ab nach ih­rem Dor­fe zu­rück­gin­gen.

Es war ei­ni­ge Zeit her, seit Tar­zan die Schwar­zen be­sucht und sich aus der De­ckung des großen Bau­mes über der Pa­li­sa­de die Be­schäf­ti­gun­gen sei­ner Fein­de, de­ren ei­ner Kala er­mor­de­te, wie­der an­ge­se­hen hat­te. Ob­gleich er sie hass­te, ver­schaff­te es ihm doch vie­le Un­ter­hal­tung, ihr täg­li­ches Le­ben im Dor­fe, be­son­ders bei den Tän­zen, zu be­lau­schen, wenn der Feu­er­schein auf den nack­ten Kör­pern spiel­te, die im Ge­tüm­mel des Schein­kampfs spran­gen und sich bo­gen und dreh­ten. Wohl in der Hoff­nung, et­was Der­ar­ti­ges zu se­hen zu be­kom­men, folg­te er ih­nen bis zum Dor­fe, aber er war ent­täuscht. Die­se Nacht fand kein Tanz statt.

Da­für sah Tar­zan aus sei­nem si­che­ren Baum­ver­steck, wie klei­ne Grup­pen, um Feu­er­chen hockend, die Ta­ge­s­er­eig­nis­se be­spra­chen, wäh­rend er in den dunk­le­ren Ecken des Dor­fes ein­zel­ne Paa­re er­späh­te, die mit­ein­an­der lach­ten und schwatz­ten. Und im­mer war ei­ner von dem Paa­re ein jun­ger Mann und das an­de­re ein jun­ges Weib.

Tar­zan neig­te den Kopf auf die Sei­te und über­leg­te. Ehe er in die­ser Nacht in ei­ner Ast­ga­bel des großen Bau­mes am Dor­fe ein­sch­lief, er­füll­te ihn der Ge­dan­ke an Tee­ka und nach­her träum­te er von ihr – von ihr und den jun­gen Schwar­zen, die mit den jun­gen Ne­ger­mäd­chen lach­ten und scherz­ten.

Taug hat­te sich beim Al­le­in­ja­gen et­was von dem üb­ri­gen Stamm ent­fernt. Er strich lang­sam eine Ele­fan­ten­fähr­te ent­lang, als er ent­deck­te, dass sie an eine Stel­le von Pflan­zen ver­wach­sen war. Nun war der er­wach­se­ne Taug ein übel­lau­ni­ges, un­ge­dul­di­ges Tier ge­wor­den. Wenn ihn et­was hin­der­te, dach­te er nur dar­an, das Hin­der­nis durch rohe Kraft und Wild­heit zu be­sei­ti­gen. Als er da­her jetzt den Weg ver­sperrt sah, riss er är­ger­lich an dem Vor­hang aus Zwei­gen, fand sich als­bald in ei­nem wun­der­li­chen Raum und fand wei­ter, dass der Durch­gang ver­sperrt war und dass er trotz hef­tigs­ter An­stren­gung nicht durch­bre­chen konn­te.

Taug biss und schlug nach dem Git­ter und ge­riet zu­letzt in eine fürch­ter­li­che Wut, aber es nütz­te ihm al­les nichts; schließ­lich sah er ein, dass er um­keh­ren muss­te. Aber als er es tun woll­te, fand er zu sei­nem Grimm, dass ein an­de­res Git­ter hin­ter ihm her­ab­ge­fal­len war, wäh­rend er das vor­de­re hat­te nie­der­bre­chen wol­len! Taug saß in der Fal­le. Er kämpf­te ver­zwei­felt bis zur völ­li­gen Er­schöp­fung um sei­ne Frei­heit, aber es war ganz ver­geb­lich.

Am Mor­gen rück­te aus Mbon­gas Dorf eine Ab­tei­lung Schwar­zer nach der tags zu­vor ge­bau­ten Fal­le ab, wäh­rend ein nack­ter jun­ger Rie­se, von der Neu­gier­de der wil­den Ge­schöp­fe er­füllt, in den Zwei­gen über ih­nen schweb­te. Manu, das Äff­chen schnat­ter­te und schalt, als Tar­zan vor­bei­kam, und ob­gleich er die wohl­be­kann­te Ge­stalt des Af­fen­jun­gen nicht fürch­te­te, zog er doch den klei­nen brau­nen Kör­per sei­ner Le­bens­ge­fähr­tin en­ger an sich. Tar­zan lach­te, als er das sah, aber nach dem La­chen zog eine Wol­ke über sein Ge­sicht und er seufz­te tief.

Ein paar Schrit­te wei­ter stol­zier­te ein Vo­gel in bun­tem Pracht­ge­fie­der vor den be­wun­dern­den Au­gen sei­nes dun­kel­far­bi­gen Weib­chens um­her. Es kam Tar­zan vor, als ob sich al­les im Dschun­gel ver­ei­nigt hät­te, um ihn an Tee­kas Ver­lust zu er­in­nern; sonst hat­te er die­se Din­ge je­den Tag ge­se­hen und sich nichts da­bei ge­dacht.

Als die Schwar­zen die Fal­le er­reich­ten, mach­te Taug einen mäch­ti­gen Aufruhr. Er pack­te die Stan­gen sei­nes Ge­fäng­nis­ses und schüt­tel­te sie wahn­sin­nig, wäh­rend er ohne Auf­hö­ren brüll­te oder schreck­lich knurr­te. Die Schwar­zen wa­ren ganz über­mü­tig vor Freu­de, denn ob­gleich sie ihre Fal­le nicht für die­sen haa­ri­gen Baum­mann ge­baut hat­ten, wa­ren sie doch ent­zückt über ih­ren Fang.

Tar­zan spitz­te die Ohren. Als er die Stim­me ei­nes großen Af­fen hör­te, schlug er rasch einen Bo­gen, bis er un­ter Wind der Fal­le war und such­te in der Luft nach der Wit­te­rung des Ge­fan­ge­nen. Nach kur­z­er Frist drang in sei­ne fei­ne Nase ein ver­trau­ter Ge­ruch, der ihm so untrüg­lich, als es sei­ne Au­gen ge­konnt hät­ten, Taug als den Ge­fan­ge­nen an­gab. Ja­wohl, Taug war es, und zwar al­lein.

Tar­zan lach­te und nä­her­te sich, um fest­zu­stel­len, was die Schwar­zen mit ih­rem Ge­fan­ge­nen vor­hat­ten. Ohne Zwei­fel wür­den sie ihn so­fort tö­ten. Wie­der freu­te sich Tar­zan. Jetzt hat­te er Tee­ka für sich und kei­ner wür­de sie ihm mehr strei­tig ma­chen kön­nen. Er be­ob­ach­te­te noch, wie die Schwar­zen die Zwei­ge vom Kä­fig nah­men, Sei­le an­brach­ten und den Kä­fig nach dem Dor­fe zu die Wild­fähr­te hin­ab­schleif­ten.

Tar­zan war­te­te, bis sein Ne­ben­buh­ler au­ßer Sicht kam, der im­mer an den Git­ter­stä­ben rüt­tel­te und sei­nen Zorn und sei­ne Dro­hun­gen durch Knur­ren kund­gab. Dann wand­te sich der Af­fen­jun­ge um und mach­te sich rasch auf die Su­che nach der Hor­de und nach Tee­ka.

Un­ter­wegs über­rasch­te er Shee­ta und sei­ne Fa­mi­lie auf ei­ner klei­nen, halb­ver­wach­se­nen Lich­tung. Das große Männ­chen lag aus­ge­streckt auf dem Bo­den, wäh­rend das Weib­chen sei­nem Herrn eine Tat­ze über das wil­de Ge­sicht leg­te und ihm den wei­chen, wei­ßen Pelz am Hals be­leck­te.

Tar­zan ver­grö­ßer­te sei­ne Ge­schwin­dig­keit, bis er fast durch den Wald flog und traf bald auf die Hor­de. Er hat­te sie längst er­späht, ehe sie ihn er­blick­ten, denn von al­len Dschun­gel­ge­schöp­fen kam kei­nes lei­ser als Af­fentar­zan. Er sah Kam­ma mit ih­rem Ge­fähr­ten Sei­te an Sei­te, wie sie die be­haar­ten Kör­per an­ein­an­der­rie­ben. Aber er sah Tee­ka al­lein Fut­ter su­chen. Sie soll­te nicht lan­ge al­lein su­chen, dach­te Tar­zan, als er mit ei­nem Sat­ze mit­ten un­ter ih­nen er­schi­en.

Es gab ein ent­setz­tes Ren­nen, und ein Chor är­ger­li­cher und er­schreck­ter Knurr­stim­men er­tön­te, denn Tar­zan hat­te sie über­rascht. Aber es muss­te mehr als nur ein ner­vö­ses Er­schre­cken da­bei sein, sonst war nicht zu er­klä­ren, warum das Haar der Af­fen noch ge­sträubt blieb, ob­wohl sie schon lan­ge die Per­son des An­kömm­lings fest­ge­stellt hat­ten.

Tar­zan fand wie­der, wie schon so oft, dass im­mer sein plötz­li­ches Er­schei­nen un­ter ih­nen sie für lan­ge Zeit völ­lig aus der Fas­sung brach­te und dass sie sich erst be­ru­hig­ten, wenn sie ihn samt und son­ders ein hal­b­es dut­zend­mal oder öf­ter bero­chen hat­ten.

Er dräng­te sich zwi­schen ih­nen durch und ging auf Tee­ka zu; aber als er nä­her­kam, wich die Äf­fin zu­rück. Tee­ka, sag­te er, ich bin Tar­zan. Du ge­hörst Tar­zan. Ich bin dei­net­we­gen ge­kom­men.

Die Äf­fin kam nä­her und be­sah ihn sorg­fäl­tig. End­lich beroch sie ihn, wie um ganz si­cher zu ge­hen.

Wo ist Taug? frag­te sie.

Die Go­man­ga­ni ha­ben ihn, er­wi­der­te Tar­zan. Sie wer­den ihn tö­ten.

Tar­zan sah in den Au­gen des Weib­chens einen Aus­druck von Ver­ste­hen und einen trau­ri­gen Blick, als er ihr Taugs Schick­sal mit­teil­te; aber sie kam ganz nahe her­an und schmieg­te sich an ihn und Tar­zan, Lord Grey­sto­ke, leg­te sei­nen Arm um sie.

Da fuhr er auf, denn er be­merk­te die merk­wür­di­ge Un­stim­mig­keit sei­nes glat­ten, brau­nen Ar­mes ne­ben dem schwar­zen, be­haar­ten Fell sei­ner An­ge­be­te­nen. Er dach­te an die Pfo­te von Shee­tas Weib­chen über Shee­tas Ge­sicht – da war kei­ne Un­stim­mig­keit! Er dach­te, wie der klei­ne Manu sein Weib­chen an sich drück­te und wie ei­nes zu dem an­de­ren zu ge­hö­ren schi­en. Selbst das stol­ze Männ­chen der Vö­gel mit sei­nem hüb­schen Ge­fie­der trug eine ge­wis­se Ähn­lich­keit mit sei­ner ru­hi­ger ge­tön­ten Ge­fähr­tin zur Schau. Auch Numa, der Löwe, war, wenn man sei­ne zot­ti­ge Mäh­ne weg­ließ, das Ge­gen­stück zur Lö­win Sa­bor. Zwi­schen Männ­chen und Weib­chen be­stan­den wohl Un­ter­schie­de, aber nicht so große, wie zwi­schen Tar­zan und Tee­ka.

Tar­zan war ver­wirrt. Ir­gen­det­was stimm­te nicht. Sein Arm rutsch­te von Tee­kas Schul­ter. Ganz lang­sam wich er vor ihr zu­rück. Sie blick­te ihm mit schräg ge­hal­te­nem Kopf nach. Tar­zan er­hob sich zu sei­ner vol­len Grö­ße und schug mit den Fäus­ten auf sei­ne Brust. Er hob den Kopf zum Him­mel, öff­ne­te den Mund und stieß aus der Tie­fe der Lun­gen den wil­den, un­heim­li­chen Kampf­ruf des sieg­rei­chen Af­fen­bul­len her­vor. Der Stamm be­sah ihn mit neu­gie­ri­gen Au­gen. Er hat­te doch nichts er­legt und ein Geg­ner war auch nicht da, um sich durch den wil­den Schrei zur Kampf­toll­heit an­zu­sta­cheln! Nein, es gab wirk­lich kei­ne Ent­schul­di­gung für die­se Stö­rung, sie hiel­ten da­her stets ein Auge auf den Af­fen­menschen ge­rich­tet für den Fall, dass sein Schrei die Vor­be­rei­tung zum Amok­lau­fen war.

Sie be­ob­ach­te­ten noch, wie er sich auf einen na­hen Baum schwang und aus dem Ge­sichts­kreis ver­schwand. Dann ver­ga­ßen ihn alle wie­der; auch Tee­ka.

Mbon­gas schwar­ze Krie­ger ka­men nur lang­sam dem Dor­fe nä­her, denn sie schwitz­ten sehr bei ih­rer an­stren­gen­den Ar­beit und muss­ten oft aus­ru­hen. Je­des Mal, wenn sie den Kä­fig be­weg­ten, knurr­te und brüll­te das wil­de Tier in dem roh­ge­bau­ten Kä­fig und trom­mel­te an den Stä­ben. Es war ein fürch­ter­li­cher Lärm.

Die Schwar­zen hat­ten ih­ren Weg fast be­en­det und ruh­ten zum letz­ten Male aus, ehe sie die Lich­tung er­reich­ten, auf wel­cher ihr Dorf lag. Ein paar wei­te­re Mi­nu­ten wür­den sie aus dem Wal­de ge­bracht ha­ben, und dann wür­de wahr­schein­lich das, was nun kam, nicht ein­ge­tre­ten sein. Eine schwei­gen­de Ge­stalt husch­te über ih­nen durch die Bäu­me. Schar­fe Au­gen prüf­ten den Kä­fig und zähl­ten die Krie­ger. Ein er­find­sa­mes und wa­ge­hal­si­ges Ge­hirn er­wog die Mög­lich­keit des Er­fol­ges, wenn ein ge­wis­ser Plan nö­tig wur­de.

Tar­zan be­ob­ach­te­te, wie die Schwar­zen im Schat­ten ruh­ten. Sie wa­ren er­schöpft. Ei­ni­ge schlie­fen be­reits. Er kroch nä­her, hielt schon über ih­nen. Kein Blätt­chen ra­schel­te bei sei­nem be­hut­sa­men Vor­rücken. Mit der un­er­schöpf­li­chen Ge­duld des Raub­tie­res war­te­te er. Jetzt wa­ren nur noch zwei Krie­ger wach und ei­ner der bei­den war be­reits schlaf­trun­ken. Af­fentar­zan zog sich zum An­griff zu­sam­men, als der nicht ein­ge­schla­fe­ne Schwar­ze auf­stand und um den Kä­fig her­um­ging. Der Jun­ge blieb über sei­nem Kopf. Taug folg­te dem Krie­ger mit den Au­gen und knurr­te laut, so­dass Tar­zan fürch­te­te, der Men­schen­af­fe wer­de die Schla­fen­den we­cken.

In ei­nem den Ohren des Ne­gers un­hör­ba­ren Flüs­tern nann­te Tar­zan Taug beim Na­men, emp­fahl ihm Schwei­gen, und Taugs Knur­ren ver­stumm­te.

Der Schwar­ze ging an die Rück­sei­te des Kä­figs, um die Be­fes­ti­gung zu prü­fen, und als er dort stand, stürz­te sich der Af­fen­mensch über ihm vom Bau­me ge­ra­de auf sei­nen Na­cken. Stäh­ler­ne Fin­ger um­klam­mer­ten sei­nen Hals, den Schrei er­sti­ckend, der sich über die Lip­pen des er­schro­cke­nen Man­nes rin­gen woll­te, star­ke Zäh­ne gru­ben sich in sei­ne Schul­ter und kraft­vol­le Bei­ne wan­den sich um sei­nen Rumpf.

Der vor Angst wahn­sin­ni­ge Schwar­ze such­te das stil­le, auf sei­nem Rücken hän­gen­de Et­was los­zu­wer­den. Er warf sich auf den Bo­den und über­kol­ler­te sich, aber die mäch­ti­gen Fin­ger nah­men ih­ren Griff im­mer en­ger und fes­ter. Der Mann riss den Mund weit auf, die ge­schwol­le­ne Zun­ge drück­te sich vor, die Au­gen tra­ten aus den Höh­len, aber die er­bar­mungs­lo­sen Fin­ger ver­stärk­ten ih­ren Druck noch.

Taug war schweig­sa­mer Zeu­ge des Rin­gens. In sei­nem wil­den, klei­nen Hirn frag­te er sich zwei­fel­los, was Tar­zan be­we­gen moch­te, den Schwar­zen an­zu­grei­fen. Taug hat­te we­der den Kampf jüngst mit dem Men­schen­jun­gen noch den Grund dazu ver­ges­sen. Plötz­lich sah er die Ge­stalt des Go­man­ga­ni nach­ge­ben. Ein krampf­haf­tes Zu­cken noch und der Mann lag still. Tar­zan sprang von sei­nem Op­fer auf und lief an die Türe des Kä­figs. Mit sei­nen ge­schick­ten Fin­gern lös­te er die Rie­men, wel­che die Tür an ih­rem Plat­ze hiel­ten. Taug konn­te nur zu­se­hen, hel­fen konn­te er nicht. Gleich dar­auf stieß Tar­zan das Ding ein paar Fuß hoch und Taug kroch her­aus. Der Affe woll­te sich so­fort auf die schla­fen­den Schwar­zen stür­zen, um sein Müt­chen an ih­nen zu küh­len, aber Tar­zan dul­de­te es nicht. Statt des­sen zog der Af­fen­kna­be den be­wusst­lo­sen Schwar­zen in den Kä­fig und lehn­te ihn ge­gen das Sei­ten­git­ter. Dann ließ er die Türe wie­der her­un­ter und be­fes­tig­te die Rie­men, wie sie ge­we­sen wa­ren. Ein ver­gnüg­tes Lä­cheln er­hell­te sei­ne Züge bei die­ser Be­schäf­ti­gung, denn eine sei­ner Lieb­lings­un­ter­hal­tun­gen war es, die Schwar­zen in Mbon­gas Dorf zu pla­gen. Er stell­te sich ih­ren Schre­cken vor, wenn sie beim Er­wa­chen ih­ren to­ten Ka­me­ra­den statt des ein paar Mi­nu­ten vor­her dar­in ge­we­se­nen Men­schen­af­fen im Kä­fig ein­ge­schlos­sen fan­den.

Taug und Tar­zan schwan­gen sich in die Bäu­me, das zot­ti­ge Fell des wil­den Af­fen streif­te die glat­te Haut des eng­li­schen Lord­soh­nes, als sie zu­sam­men durch den Ur­wald zo­gen.

Geh zu Tee­ka zu­rück, sag­te Tar­zan. Sie ge­hört dir. Tar­zan braucht sie nicht.

Hat Tar­zan ein an­de­res Weib­chen ge­fun­den? frag­te Taug.

Der Jun­ge zuck­te die Schul­tern. Die Go­man­ga­ni neh­men eine an­de­re Go­man­ga­ni, Numa der Löwe hat die Lö­win Sa­bor; Shee­ta hat ein Weib­chen von sei­ner Art, so hat es Bara, der Hirsch, und Manu, das Äff­chen. Alle Tie­re und Vö­gel des Dschun­gels fin­den eine Ge­fähr­tin. Nur für Af­fentar­zan gibt es kei­ne. Taug ist ein Affe. Tee­ka ist eine Äf­fin. Geh du zu­rück zu Tee­ka. Tar­zan ist ein Mensch. Er muss al­lein blei­ben.

1 Kriegs­fall, bzw. -grund <<<

Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten

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