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Drittes Kapitel: Hinter den feindlichen Linien
ОглавлениеTarzans Rache war noch nicht vollendet. Noch lebten alle die Männer, die am Überfall auf seine Farm beteiligt waren. Sie alle hatten auch in irgendeiner Form teilgehabt an dem schrecklichen Tode, den seine geliebte Frau gestorben war. Ihrer aller Tod würde ihm nicht zurückgeben, was er verlor. Aber sein Herz würde erst wieder Ruhe finden, wenn die letzte dieser menschlichen Bestien tot zu seinen Füßen lag.
Auf seinem weiteren Wege, der jetzt in nördlicher Richtung führte, kam Tarzan wieder näher an das Kampfgebiet heran. Die Buschräuber lieferten der Kolonial-Polizei, die nur über schwache Kräfte verfügte, ein hinhaltendes Gefecht. Bald hier, bald da tauchten die schwarzen Krieger des Generals Batuta auf und fügten der Polizeitruppe oft genug erhebliche Verluste zu.
Oft musste Tarzan in einsamen Stunden an den Legionär denken, den er dem Löwen zum Fraß vorgeworfen hatte. War Wolf schon entkräftet vom Baum gefallen? Hatte er es vielleicht gewagt, zur Quelle zu hasten, um den brennenden Durst zu löschen? Numa, der Löwe, würde sich vielleicht in der Nacht in seinen Unterschlupf zurückziehen. War er rechtzeitig erschienen, um Wolf am Wasser zu überraschen? Mit diesen Gedankenbildern und Vorstellungen kostete Tarzan noch nachträglich seine Rache aus.
Einige Tage jagte er in dieser Gegend. Aber er fand bald heraus, dass durch die Kampfhandlungen die meisten Tiere verscheucht worden waren. Deshalb beschloss er, etwas weiter fort zu ziehen.
Dann jedoch ereignete sich etwas, was ihn seine Pläne ändern ließ. Beim Streifen durch den Busch entdeckte er die schrecklich zugerichteten Leichen einer Patrouille der Kolonial-Polizei. Die Männer mussten in einen Hinterhalt der Räuber geraten sein. Man hatte sie niedergemacht und mit Kolbenhieben entsetzlich entstellt. Nur die Uniformen verrieten noch, dass sie einer britischen Truppe angehört hatten.
Bei diesem Anblick erinnerte sich Tarzan daran, dass er selbst Engländer war. Obwohl er sich vorgenommen hatte, aller Zivilisation und allen Weißen für immer den Rücken zu kehren, um wieder zum Dschungelmenschen zu werden, fühlte er sich diesen toten Männern in geheimnisvoller Weise verbunden.
Dieses Erlebnis veranlasste ihn, sich noch weiterhin in der Nähe der kämpfenden Polizeitruppe und ihrer Gegner aufzuhalten. Ohne einen bestimmten Plan umschlich er nachts die verstreuten Lagerplätze der Buschräuber. Er beobachtete geheimnisvolle Menschenkarawanen. Es waren schwarze Träger, die kostbares Elfenbein transportierten. Die Krieger des Imad Batuta hielten immer noch erfolgreich die Polizei von den Schmuggelpfaden fern.
Auf einem seiner Streifzüge kam Tarzan in der Nähe der Löwenhöhle vorbei und er beschloss, einmal nach Numa zu sehen. Am Vormittag dieses Tages überraschte er im Hügelland Bara, den Hirsch, der unter einem Busch friedlich schlief. Da er sich gerade hungrig fühlte, machte Tarzan ihm schnell den Garaus und begann sogleich seine Mahlzeit.
Als er gerade die letzten Fleischfasern von einem Schenkelknochen abnagte, hörte er hinter sich leise Schritte. Herumfahrend sah er sich Dango, der Hyäne, gegenüber, die mit neidischen Blicken auf Tarzans reich gedeckte Tafel schielte.
»Hau ab, du Aasfresser!«, schimpfte Tarzan und warf Dango den abgenagten Knochen gegen das geifernde Maul. Aber Dango war hungrig und ließ sich nicht so leicht vertreiben. Die Hyäne umschlich keifend und keckernd den Platz, um bei günstiger Gelegenheit anzugreifen.
Tarzan aus dem Dschungel kannte Dango besser als Dango sich selbst kannte. Das hungrige Untier sammelte all seinen Mut für einen plötzlichen Vorstoß. Vielleicht war die Hyäne schon einmal Menschen begegnet und wusste, dass diese Wesen ziemlich ungefährlich waren. Deshalb löste Tarzan seinen Speer aus der Schlinge und legte ihn griffbereit neben sich, während er weiter aß. Dabei hielt er Dango immer gut im Auge. Er fühlte nicht etwa Furcht. Denn er war im Dschungel aufgewachsen und nahm die täglichen Bedrohungen hin als zum Existenzkampf gehörig. So wie ein Europäer die wenngleich viel geringeren Gefahren des Alltags in der Fabrik, auf dem Bauernhof und auf der Straße kaum mehr beachtet. Als Kind des Dschungels war er bereit, innerhalb vernünftiger Grenzen seine Beute zu verteidigen. Unter günstigen Voraussetzungen sogar an Numa, den Löwen. Wenn er sich aber einem Stärkeren gegenübersah, ergriff er auch die Flucht, ohne sich dessen im Geringsten zu schämen. Es gab im Busch kein Lebewesen, das ihm an Tapferkeit, aber auch an Klugheit gleichgekommen wäre. Deshalb nämlich war er noch am Leben...
Vielleicht hätte Dango schon längst den Angriff gewagt, wenn der Affenmensch nicht hin und wieder warnend geknurrt hätte. Dieses Knurren schien von einem ärgerlichen Löwen zu stammen und kam doch aus der Brust eines zweibeinigen Wesens. Darüber kam Dango zunächst nicht hinweg. Sie war verwirrt und traute sich nicht heran.
Nach beendeter Mahlzeit wollte Tarzan gerade den letzten Beinknochen nach Dango werfen, als ihn ein plötzlicher Einfall innehalten ließ. Anstatt die Überreste des Hirsches für Dango liegenzulassen, hob er den Körper des toten Tieres auf und nahm ihn mit. Er schlug den Weg nach der Löwenschlucht ein.
Dango folgte ihm in einigen Schritten Entfernung. Die Hyäne kam dabei so in den Wind, dass der Geruch des toten Wildes ihr in die Nase stieg. Da war es mit aller Vorsicht aus. Unversehens griff sie an.
Tarzan spürte die drohende Gefahr und ließ Bara fallen. Zugleich riss seine rechte Hand den Speer weit zurück. Wie ein Blitz zischte die Waffe durch die Luft. Die schwere Spitze bohrte sich zwischen Dangos Schultern und fuhr ihr durch den Leib.
Nachdem er den Speer aus dem Kadaver gerissen hatte, schulterte Tarzan beide Tiere und schleppte sie den Berg hinauf. Drunten in der Schlucht lag Numa, der Löwe, im Schatten des einsamen Baumes. Als er den Ruf des Affenmenschen hörte, erhob er sich mühsam auf die Füße. So schwach er auch inzwischen geworden war, er brüllte wild und starrte seinen Feind aus glühenden Augen an.
Tarzan ließ die beiden Kadaver über den Rand des Felsens rutschen. »Hier hast du Futter, Numa!«, rief er dazu. »Ich muss dich bei Kräften halten. Vielleicht brauche ich dich noch.« Er beobachtete eine Weile den Löwen, der sich heißhungrig über die beiden Tiere hermachte und große Stücke davon verschlang.
Am folgenden Tage geriet Tarzan abermals in die Nähe der kämpfenden Truppen. Eine starke Gruppe der Batuta-Bande war von der Kolonial-Polizei an der Flanke eines Berges gestellt worden. Die Räuber, zumeist schwarze Krieger, die von einigen Weißen und Arabern befehligt wurden, hatten regelrechte Stellungen bezogen. Die Kolonialtruppe war offenbar zu schwach, diese rasch ausgebauten Gräben im Sturm zu nehmen.
Von hoch oben überschaute Tarzan dieses Schlachtfeld. Mit seinen Augen, deren Schärfe es mit jedem Raubvogel aufnehmen konnte, erkannte er manche Einzelheit, die jedem normalsichtigen Manne entgangen wären. Er sah verborgene Maschinengewehrnester und bemerkte sogar die Horchposten im Niemandsland am Fuße des Berges.
Ein Feuergefecht war im Gange. Gewehrsalven dröhnten. Dazwischen ratterten Maschinengewehre. Ganz in seiner Nähe, etwas unterhalb seines Platzes, hörte Tarzan in kurzen Abständen die Abschüsse eines bestimmten Gewehres, dessen Klang er bald aus den anderen herauskannte. So weit seitwärts liefen die Stellungen der Räuber nicht an der Bergflanke entlang. Hier musste sich vielmehr ein einzelner Scharfschütze eingenistet haben, der hoch über die eigene Stellung hinweg in die gegnerische Linie feuerte.
Geduldig wartete Tarzan noch einige Schüsse ab, bis er ganz sicher wusste, wo dieser Scharfschütze lag. Vorsichtig arbeitete er sich mit den geschmeidigen Bewegungen eines Panthers abwärts durch das Felsgewirr. Scheinbar achtete er nicht sonderlich auf seinen Weg. Dennoch knackte nie ein trockener Zweig unter seinem Tritt, noch löste sich etwa ein loser Stein. Es war, als ob der Affenmensch an seinen Fußsohlen Augen habe.
Nachdem er ein kleines Gebüsch durchquert hatte, befand sich Tarzan knapp oberhalb eines Felsenbandes, das mit Steintrümmern und Buschwerk vorzügliche Verstecke bot. Hier entdeckte er, etwa drei Meter unter sich, das Nest eines schwarzen Scharfschützen, der sich hinter Felsen und Büschen vorzüglich verborgen hatte. Der Mann musste ein ausgezeichneter Schütze sein, denn er lag ein ganzes Stück hinter den eigenen Linien und musste über die Köpfe der weiter unten eingegrabenen Banditen hinwegfeuern. Sein erstklassiges Gewehr war mit einem Zielfernrohr ausgestattet. Außerdem hatte der Mann ein Fernglas bei sich, mit dem er gerade eifrig das Gelände nach neuen Zielen absuchte. Tarzans scharfe Augen erkannten drüben in den Linien der Kolonial-Polizei auf den ersten Blick viele ausgezeichnete Ziele, die sich von hier oben leicht treffen ließen, wenn man seiner Kugel sicher war.
Der schwarze Krieger hatte offenbar genug gesehen. Er legte den Feldstecher beiseite und griff zur Waffe. In diesem Augenblick löste sich über ihm ein brauner Körper vom Felsen und schoss mit der Schnelligkeit eines Blitzes auf ihn herab. Der Schwarze hat gewiss nicht erkannt, was ihm da plötzlich auf den Rücken plumpste. Er konnte keinen Laut mehr von sich geben. Denn sehnige Finger schlossen sich sofort um seinen Hals. Der Überwältigte suchte vergebens, sich freizukämpfen. Wenige Sekunden später war es vorbei mit ihm. Der Scharfschütze war tot.
Tarzan rollte ihn beiseite und nahm seinen Platz ein. Zuerst überschaute er nur das Gelände zu seinen Füßen. Schließlich nahm er das Gewehr und machte sich mit dem Mechanismus des Zielfernrohres vertraut. Es ließ sich für sein Auge passend einstellen. Das Gewehr an die Schulter ziehend, suchte er ein lohnendes Ziel. Etwas seitwärts lag ein wohlverborgenes Maschinengewehrnest, das von der Seite her den vorgehenden Polizeitruppen schweren Schaden zufügen konnte.
Der Affenmensch war ein ausgezeichneter Schütze. Mit seinen Freunden aus dem Leben in der Zivilisation war er auch auf Großwildjagd gewesen, wenngleich er niemals Tiere tötete, außer in Selbstverteidigung oder um seinen Hunger zu stillen. Aber er hatte sich, eigentlich ohne bestimmte Absicht, zu einem Meisterschützen entwickelt, wenn man nach der Scheibe oder nach Tontauben schoss.
Jetzt gab es allerdings für ihn ein anderes Großwild zu jagen. Dort unten lieferten die Mitglieder jener Bande, die sein Weib getötet und seine Farm vernichtet hatten, den Polizeitruppen einen ungleichen Kampf. Die wenigen Männer in den grünbraunen Uniformen standen gegen die Übermacht der Banditen auf schwerem Posten. Tarzan lächelte leise, als sich sein Zeigefinger um den Abzug krümmte. Der Schuss krachte. Einer der Schwarzen hinter dem verborgenen Maschinengewehr brach über seiner Waffe zusammen. Innerhalb von drei Minuten hatte Tarzan den Rest der Bedienungsmannschaft abgeschossen. Danach erwischte er einen braunhäutigen Mann, anscheinend einen der arabischen Anführer, der unvorsichtig aus seiner Deckung trat. Drei Männer, die sich um den Gefallenen bemühten, ereilte das gleiche Geschick.
Abermals bediente er sich des Zielfernrohres, als er sein Gewehr auf ein entfernteres Maschinengewehr richtete. Die Waffe schoss wirklich punktgenau. Die beiden Männer dahinter waren mit zwei raschen Schüssen außer Gefecht gesetzt.
Der Banditen bemächtigte sich eine große Unruhe. Anführer und Melder rannten hin und her. Mehrere von ihnen fielen Tarzans unfehlbaren Kugeln zum Opfer. Jetzt ging es den Banditen auf, dass irgendetwas nicht stimmen konnte. Man suchte zunächst den unerkannten Scharfschützen vor den Stellungen im Niemandsland. Als aber ein über den Rand eines flachen Grabens blickender Unterführer tödlich in den Hinterkopf getroffen wurde, war den Überraschten klar, dass der Todesschütze hinter ihnen liegen musste. Mit mehreren Ferngläsern wurde das überhöhte Felsgelände abgesucht. Es dauerte nicht lange und Tarzan sah, wie ein Maschinengewehr herumgeworfen und gegen sein Versteck in Stellung gebracht wurde. Ehe es zu schießen begann, lag die Mannschaft bereits tot neben der Waffe. Inzwischen waren aber zwei weitere Maschinenwaffen in Anschlag gebracht worden. Tarzans Stellung war nicht länger zu halten. Die Kugeln zischten von zwei Seiten um sein Felsversteck.
Wie ein braunes Gespenst tauchte Tarzan in den Büschen unter. Viele Minuten lang hörte er die Kugeleinschläge hinter sich. Man hielt den leeren Platz lange unter Feuer. Tarzan lächelte bei dem Gedanken, dass die offenbar glänzend ausgerüsteten Banditen keineswegs über unerschöpfliche Munitionsvorräte verfügen konnten. Jeder verschwendete Schuss brachte sie ihrem unvermeidlichen Ende näher.
»Nun haben sie schwer gebüßt für Wasimbu, den Waziri, den sie gekreuzigt haben«, murmelte Tarzan zufrieden. Viele meiner treuen Diener, die erschlagen wurden, sind gerächt. Aber Janes Tod ist noch nicht gesühnt - es sei denn, es gelänge mir, sie alle zu töten.
Nach Einbruch der Dunkelheit schlug er einen weiten Bogen und umging die Stellungen der feindlichen Parteien. Ungesehen drang er dann in die Linie der britischen Kolonial-Polizei ein. Horchposten und Wachen standen überall in den Büschen. Aber niemand bemerkte den anschleichenden Tarzan, der das Hauptquartier der hier kämpfenden Abteilung suchte.
Er fand es schließlich in einiger Entfernung hinter der Kampflinie, wohlverborgen in einem Waldstück. Es war ein größeres Zeltlager, in dem man sogar Licht brennen hatte. Die Banditen besaßen natürlich kein Flugzeug, mit dem sie von oben her das erleuchtete Lager hätten entdecken können. Und für einen Beobachter auf der Erde lag es zu weit ab, als dass die Beleuchtung hätte von Schaden sein können.
Colonel Capell saß an einem Feldtisch. Vor sich hatte er eine Operationskarte ausgebreitet. Er besprach mit mehreren Offizieren die Lage. Genau über der Gruppe breiteten sich die Äste eines gewaltigen Baumes aus. Das Gespräch drehte sich natürlich um das seit Tagen anhaltende Gefecht gegen die Banden des Imad Batuta. Die Privattruppe des reichen Inders erhielt ständig Zulauf von halbzivilisierten Negern, entsprungenen Legionären und allerlei Abenteurern. Er schien über riesige Waffenbestände zu verfügen. Die kleine Abteilung der Kolonial-Polizei wurde mit einem langwierigen Gefecht so beschäftigt, dass unterdessen die Schmugglerkarawanen des Inders reiche Beute an Elfenbein und Edelsteinen fortzuschaffen vermochten. »Heute Nachmittag ereignete sich etwas Seltsames«, berichtete ein junger Offizier. »Ich hatte gerade Wache in einer der vordersten Stellungen. Man hätte schwören können, dass die Banditen plötzlich von rückwärts angegriffen worden sind. Aber ich konnte nicht herausfinden, wer das gewesen ist.«
In diesem Augenblick raschelte es leise in den Zweigen des Baumes. Eine braune Gestalt löste sich aus den Zweigen und fiel mit der Geschmeidigkeit einer Pantherkatze mitten unter die Offiziere. Einige Hände fuhren an die Pistolentaschen. Verwundert starrten alle Männer auf den fast nackten Mann, der so plötzlich zwischen ihnen stand.
»Wer, zum Teufel, sind Sie denn?«, herrschte der Colonel den Unheimlichen an.
»Ich bin Tarzan, der Affenmensch«, sagte der Ankömmling bescheiden.
»Hallo, Greystoke!«, rief ein Major und ging mit ausgestreckter Hand auf Tarzan zu.
»Hallo, Prestwick!«, grüßte Tarzan und schüttelte dem Offizier die Hand.
»Ich habe Sie nicht gleich erkannt«, entschuldigte sich der Major. »Als ich Ihnen zum letzten Mal begegnete, trugen Sie einen eleganten Frack. Es war in London, wenn ich nicht irre. Dagegen sehen Sie jetzt - hm - einigermaßen verändert aus.«
Tarzan lächelte und trat vor den Colonel. »Ich habe einen Teil ihrer Unterredung mit angehört. Vor wenigen Stunden war ich noch knapp hinter den Linien der Banditen. Vielleicht kann ich Ihnen von Nutzen sein.«
Der Colonel schaute fragend seinen Major an. Prestwick machte Tarzan mit dem Vorgesetzten und den anderen Offizieren bekannt. Die meisten hatten bereits von dem geheimnisvollen Waldmenschen gehört.
In aller Kürze berichtete Tarzan, aus welchem Grunde er den Banden des Imad Batuta tödliche Rache geschworen hatte.
»Und nun sind Sie hergekommen, um sich uns anzuschließen?«, fragte der Colonel.
Tarzan schüttelte den Kopf. »Das nun gerade nicht«, entgegnete er. »Aber ich kann jederzeit in die feindlichen Linien eindringen und dort bestimmte Aufgaben erfüllen.«
Capell lächelte überlegen. »Das ist nicht so leicht, wie Sie es sich wohl vorstellen«, sagte er. Erst in der vergangenen Woche habe ich zwei gute Offiziere verloren, die versucht hatten, hinüberzuschleichen und die Lage auszukundschaften. Und das waren bestens ausgebildete Soldaten.«
»Ich bin aber gerade erst mitten in den feindlichen Linien gewesen«, beharrte Tarzan. »Dann habe ich Ihre eigenen Linien durchquert und bin bis zu Ihrem Lager vorgedrungen. Meinetwegen lassen Sie sämtliche Wachen fragen, ob irgendjemand mich bemerkt hat.«
»Ja - aber wer hat Sie hergeführt?«, fragte Capell noch immer verständnislos.
»Ich bin ganz allein gekommen«, war die Antwort. Er richtete sich stolz auf und warf die mächtigen Schultern zurück. »Wenn ihr Männer aus der Zivilisation in den Dschungel kommt, seid ihr wie blind und taub gegenüber den Tieren des Waldes. Selbst Manu, der kleine Schimpanse, ist euch bei weitem überlegen. Ich bewundere die Tatsache, dass ihr euch überhaupt so lange am Leben erhalten könnt. Gewiss, ihr seid zahlreich, habt gute Waffen - und den menschlichen Verstand. Sonst wäret ihr längst verloren. Wenn ich ein paar Dutzend große Menschenaffen bei mir hätte, mit eurem Menschenverstand ausgerüstet - die Banditen wären längst ausgelöscht und aus dem Dschungel vertrieben. Wie ist es also, kann ich Ihnen helfen? Würden Sie nicht gern erfahren, wo die Maschinengewehrnester sind?«
Der Colonel nickte, und Tarzan markierte drei Stellen auf der Landkarte. Tatsächlich befanden sich dort Maschinengewehre, die immer wieder besonders zur erfolgreichen Abwehr aller Angriffe der Polizeitruppe beigetragen hatten. Zwischen ihnen verlief ein Schützengraben.
»Hier befindet sich ein schwacher Punkt«, sagte Tarzan. »Ich habe einen bestimmten Plan. Es wird möglich sein, mit Ihren Leuten in diesen Graben einzudringen und von hier aus die Stellungen der Banditen aufzurollen.«
»Das klingt sehr einfach«, zögerte der Colonel.
»Es ist einfach - für mich«, beharrte Tarzan. »Ich werde diesen Teil des Grabens ohne einen Schuss erobern.«
»Übermorgen Nacht bin ich zurück und werde dann die Einzelheiten mit Ihnen besprechen.«
Der Affenmensch wandte sich zum Gehen.
»Warten Sie«, sagte der Colonel, »ich gebe Ihnen einen Offizier mit, der Sie sicher durch die Linie bringt.
Tarzan lächelte nur und ging weiter. In der Nähe eines Lagerfeuers, an dem sich Männer der Stabskompanie wärmten, entdeckte er einen jungen Soldaten. Er hätte diesem jungen Knabengesicht, das in einem hochgeschlagenen Mantelkragen fast versank, kaum Beachtung geschenkt. Aber die Gestalt kam ihm irgendwie bekannt vor. Der junge Polizeisoldat stocherte im Feuer und suchte dann neues Brennmaterial zusammen. Tarzan zuckte die Schultern und ging weiter. Vielleicht hatte er den Vater des Jungen gekannt, oder er war ihm selbst irgendwo in den Wohnplätzen der Weißen begegnet. Seine Zeit war zu knapp, um sich jetzt in ein Gespräch einzulassen.
Ungesehen gelangte er trotz aller Wachen aus den Linien hinaus und stieg die ganze Nacht bergan. Die Tiere, die er suchte, würde er weiter oben in den Bergen eher finden als hier unten, wo der seit Tagen anhaltende Kampfeslärm alles Wild vergrämte.