Читать книгу IM LAND DES SCHRECKENS - Edgar Rice Burroughs - Страница 12
Kapitel 6
ОглавлениеMan schätzt die kleinen Annehmlichkeiten des täglichen Lebens selten, bis man gezwungen ist, auf sie zu verzichten. Die Chancen sind gross, dass Sie ein Taschenmesser besitzen, und dass irgendwo um das Haus oder in der Garage ein Meißel und eine Säge herumliegt, und vielleicht auch ein Hobel und ein Beil. Trotzdem ist es durchaus möglich, dass Sie, als ein zivilisierter Mensch, trotzdem nicht in der Lage wären, einen brauchbaren Bogen und Pfeile herzustellen, obwohl Sie all diese Werkzeuge besitzen. Gleichzeitig hätten Sie genügend Lebensmittel in der Speisekammer und im Kühlschrank, und es gäbe keine großen, furchteinflössenden Raubtiere, die Ihnen auflauern würden. Die Bedingungen wären also ideal und Sie könnten sich alle Zeit nehmen, die Sie brauchen, um das Handwerk zu lernen. Stellen Sie sich also vor, Sie hätten nur ein Steinmesser, Ihre bloßen Hände und Ihr Material zur Verfügung. Hinzu kommt, dass Sie hungrig sind und dass die Nahrungssuche weitgehend vom Besitz von Pfeil und Bogen abhängt, ganz zu schweigen vom Überlebenskampf gegen unzählige wilde Kreaturen, die nach Ihrem Fleisch gieren. Letzteres war die Situation, in der ich mich befand, nachdem ich aus meinem langen Schlaf erwacht war. Beunruhigen tat es mich trotzdem nicht, zwischenzeitlich war ich ganz andere Lebenslagen in der Steinzeit gewohnt.
Zor wachte kurz nach mir auf und wir gingen gemeinsam auf die Suche nach Materialien für unsere Waffen. Wir wussten genau, was wir brauchten, und so dauerte es nicht lange, bis wir sie in der üppigen Vegetation von Pellucidar fanden, ungeachtet der Tatsache, dass Hartholz ziemlich rar ist.
Eine Art der Gattung Taxus ist in Pellucidar mehr oder weniger weit verbreitet und ich hatte entdeckt, dass ihr Holz für die besten Bögen verwendet werden kann. Für Pfeile verwendete ich ein gerades, hohles Schilfrohr, das beim Trocknen sehr hart wird. Die Spitzen, die ich in das Ende des Schilfs steckte, waren aus feuergehärtetem Holz.
Ein moderner Bogenschütze der zivilisierten Außenwelt würde zweifellos über den groben Bogen lachen, den ich damals am Rande des Tals der Jukaner gemacht habe. Wenn er einen Eibenbogen verwendet, müsste das Holz dafür jedoch drei Jahre lang reifen, bevor es für einem Bogen verwendet werden könnte. Ich konnte aber nicht drei Jahre warten, bevor ich etwas Essbares jagen konnte und so hackte ich den Ast mit meinem Steinmesser vom Baum ab, schälte die Rinde und spitzte ihn zu. Ich ziehe einen sechs Fuß langen, achtzig Pfund schweren Bogen für einen drei Fuß langen Pfeil vor, wegen der großen Größe und Wildheit einiger der Tiere, denen man hier begegnet. Natürlich erreichte mein Bogen nicht sofort diese Stärke. Jedes Mal, wenn wir ein Feuer machten, trocknete ich ihn ein wenig mehr aus, so dass er allmählich seine volle Leistungsfähigkeit erreichte. Die Sehne für meine Bögen kann ich aus verschiedenen langfaserigen Pflanzen herstellen, aber selbst die besten von ihnen halten nicht lange, und ich muss sie ständig ersetzen.
Während ich meinen Bogen und meine Pfeile herstellte, baute Zor ein paar der kurzen, schweren Speere, wie sie von den Kriegern Zorams verwendet werden. Das sind gewaltige Waffen, aber nur auf einer Distanz von unter hundert Fuß effektiv, und selbst dann nur, wenn sie von einem sehr kräftigen Mann geworfen werden. Meine Pfeile hingegen dringen selbst auf diese und grössere Distanz bis zum Herzen der größten Tiere ein.
Während wir an unseren Waffen arbeiteten, ernährten wir uns von Nüssen und Früchten, sobald wir aber damit fertig waren, machten wir uns auf die Suche nach Fleisch. Das führte uns hinunter in das Tal, von dem ein großer Teil dicht bewaldet war. Das Wild hier war aufmerksam, was darauf hindeutete, dass hier schon gejagt wurde – und das bedeutete, dass hier Menschen waren. Mir gelang ein bescheidener Schuss, der eine Antilope nur verwundete, die sich daraufhin mitsamt meinem Pfeil in den Wald flüchtete. Da ich mir ziemlich sicher war, dass die Wunde sie schließlich zu Fall bringen würde, und da ich ein verwundetes Tier nie gerne leiden lasse, folgten wir der Beute in den Wald.
Die Spur war eindeutig. Da, wo das Tier vorbeigekommen war, fanden wir Blut. Schließlich holten wir es ein, und ich erledigte es mit einem weiteren Pfeil durch das Herz.
Wir vernachlässigten wohl unsere Wachsamkeit ein wenig, während wir erlesene Teile unserer Beute abschnitten, denn ich hatte keine Ahnung, dass wir nicht allein waren, bis ich einen Mann sprechen hörte.
»Seid gegrüßt«, sagte eine Stimme und als ich mich umsah, erblickte ich gut zwanzig Krieger, die aus den Bäumen hinter uns gekommen waren.
»Jukaner«, flüsterte Zor.
Ihr Erscheinungsbild fand ich ziemlich verblüffend. Ihr Haar, das grob auf eine Länge von einem Zentimeter getrimmt war, wuchs kerzengerade aus ihrer Kopfhaut heraus. Es waren aber ihre Augen, die ihnen ein äusserst seltsames Aussehen verliehen. In der Regel war die Iris nämlich recht klein und das Weiße des Augapfels zeigte sich rundherum. Ihre Lippen waren schlaff und viele von ihnen hatten ständig die Münder offen.
»Warum jagt ihr in unserem Wald?«, fragte der, der zuerst gesprochen hatte.
»Weil wir hungrig sind«, antwortete ich.
»Dann sollst du zu essen bekommen«, sagte er. »Kommt mit uns ins Dorf. Ihr werdet willkommene Gäste im Dorf von Meeza, unserem König, sein.«
Nach dem, was Zor mir über diese Leute erzählt hatte, war ich nicht besonders erpicht darauf, in eines ihrer Dörfer zu gehen. Wir hatten gehofft, den Wald, in dem ihre Dörfer liegen, zu umgehen und ihnen so aus dem Weg zu gehen, aber jetzt sah es so aus, als ob dieser Plan gescheitert wäre.
»Es gibt nichts, was wir lieber tun würden«, sagte ich, »als euer Dorf zu besuchen, aber wir sind in großer Eile, und wir gehen in die andere Richtung.«
»Du kommst in unser Dorf«, sagte der Anführer. Seine Stimme hob und senkte sich in plötzlicher Erregung, und ich konnte sehen, dass ihn schon die Andeutung meiner Ablehnung verärgert hatte.
»Ja«, sagten einige der anderen, »ihr kommt in unser Dorf.« Auch sie schienen kurz davor zu sein, die Beherrschung zu verlieren.
»Oh, natürlich«, sagte ich, »wenn ihr wünscht, dass wir kommen, freut uns das sehr. Aber bitte, wir wollten euch nicht so viel Mühe bereiten.«
»Das klingt schon besser«, sagte der Anführer. »Jetzt werden wir alle ins Dorf gehen, essen und zufrieden sein.«
»Ich glaube, wir sind erledigt«, sagte Zor, als sich die Krieger um uns versammelten und uns weiter in den Wald führten.
»Sie mögen weiterhin freundlich sein«, fuhr er fort, »aber man kann nie wissen, wann sich ihre Stimmung ändert. Ich schlage vor, dass wir sie so gut wie möglich bei Laune halten, denn du hast ja gesehen, welche Wirkung schon die kleinste Ablehnung auf sie hatte.«
»Nun, dann werden wir sie nicht weiter ablehnen«, sagte ich.
Wir marschierten eine kurze Strecke, bis wir endlich zu einem Dorf kamen, das auf einer kleinen Lichtung stand und von Palisaden umgeben war. Die Krieger am Tor erkannten unsere Eskorte und wir wurden sofort eingelassen.
Das Dorf innerhalb der Palisade bot ein seltsames Bild. Es war offensichtlich ohne jeden Plan gebaut worden. Jeder Erbauer hatte sein Häuschen nach Lust und Laune platziert.
Das Ergebnis war höchst verwirrend, denn es gab keine Straße in dem Sinne, wie wir sie verstehen, denn die Bereiche zwischen den Häusern konnten nicht als Straßen bezeichnet werden. Manchmal waren sie nur ein paar Fuß breit, manchmal aber auch bis zu zwanzig Fuß, und kaum jemals waren sie länger als ein paar Häuser. Das Design der Häuser war so kapriziös wie ihre Lage, anscheinend wurden keine zwei von ihnen nach demselben Plan gebaut. Einige waren aus kleinen Baumstämmen gezimmert, andere aus Flechtwerk und Lehm, wieder andere aus Rinde. Manche bestanden gar nur aus Gras, dass über Gerüste gelegt wurde. Die Hütten waren rund oder quadratisch oder länglich oder konisch. Ich bemerkte besonders eine, die ein Turm war, der volle zwanzig Fuß hoch war, während daneben eine Hütte aus geflochtenem Gras stand, die sich nicht mehr als drei Fuß über den Boden erhob. Die Öffnung war gerade gross genug, damit die Bewohner auf Händen und Knien hereinkriechen konnten.
In den engen Gassen zwischen den Häusern spielten wilde Kinder, Frauen kochten und Männer lungerten herum. Unsere Eskorte zwängte sich mühevoll bis zur Mitte des Dorfes durch. Ständig traten wir auf die Füsse von Männern, Frauen und Kindern, schubsten und rempelten. Die meisten von ihnen schenkten uns keine Beachtung, andere hingegen brachen in wütende Tiraden aus, wenn wir nur schon in ihre Nähe kamen.
Wir sahen einige seltsame Szenen während dieser kurzen Reise durch das Dorf. Ein Mann, der vor seiner Haustür saß, schlug sich mit einem Stein heftig auf den Kopf. »Halt, oder ich bringe dich um«, schrie er. »Oh, das wirst du, ja?«, antwortete er sich selbst und schlug sich erneut, woraufhin er den Stein fallen ließ und anfing, sich zu würgen.
Ich weiß nicht, wie seine Auseinandersetzung mit sich selbst ausging, denn wir bogen um die Ecke seiner Hütte und verloren ihn aus den Augen.
Etwas weiter stießen wir auf eine Frau, die ein schreiendes Kind festhielt, während sie versuchte, ihm mit einem Steinmesser die Kehle durchzuschneiden. Das war mehr, als ich ertragen konnte und obwohl ich das Risiko kannte, das ich einging, ergriff ich ihren Arm und zog das Messer von der Kehle des Kindes.
»Warum machst du das?« verlangte ich zu wissen.
»Dieses Kind war noch nie krank«, antwortete sie, »darum weiß ich, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Ich werde es von seinem Elend erlösen.« Dann sprang sie plötzlich mit leuchtenden Augen auf und schlug mit ihrem Messer nach mir.
Ich wehrte den Angriff ab, und gleichzeitig schlug einer meiner Begleiter die Frau mit dem Stiel seines Speeres nieder, während ein anderer mich grob durch die enge Gasse nach vorne stiess. »Kümmere dich um deinen eigenen Kram«, schrie er, »oder du wirst hier Ärger bekommen.«
»Aber du wirst doch nicht zulassen, dass diese Frau ihr Kind tötet, oder?« forderte ich.
»Warum sollte ich mich bei ihr einmischen? Vielleicht möchte ich eines Tages selbst jemandem die Kehle durchschneiden. Dann möchte ich auch nicht, dass mir jemand den Spaß verdirbt. Vielleicht will ich sogar deine durchschneiden.«
»Keine schlechte Idee«, bemerkte ein anderer Krieger.
Wir bogen um die Ecke des Hauses. Einen Moment später hörte ich die Schreie des Kindes. Ich war hilflos und konnte nichts dagegen tun. Nun galt es an meine eigene Kehle zu denken.
Bald kamen wir zu einer großen Freifläche bei einem niedrigen, weitläufigen und verrückt aussehenden Gebäude. Es war der Palast von Meeza, dem König. In der Mitte des Platzes vor dem Palast stand eine riesige, groteske, obszöne Figur, die eine Kreatur darstellte, die halb Mensch und halb Tier war. Um sie herum tanzte eine Reihe von Männern, die »Rad schlugen». Niemand schien ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, obwohl sich ziemlich viele Menschen auf dem Platz befanden.
Als wir an der Skulptur vorbeigingen, sagte jedes Mitglied unserer Eskorte: »Sei gegrüßt, Ogar!« und ging weiter in Richtung Palast. Sie brachten Zor und mich dazu, das abscheuliche Ding auf dieselbe Weise zu grüßen.
»Das ist Ogar«, sagte einer aus unserer Eskorte. »Ihr müsst ihn immer grüßen, wenn ihr vorbeigeht. Wir sind alle die Kinder von Ogar. Wir haben ihm alles zu verdanken. Er hat uns zu dem gemacht, was wir sind. Er gab uns unsere große Intelligenz. Er machte uns zu den schönsten, reichsten und mächtigsten Menschen in Pellucidar.«
»Wer sind die Männer, die sich um ihn herum tummeln?« fragte ich.
»Das sind die Priester von Ogar«, antwortete der Krieger.
»Und was machen sie da?« fragte ich.
»Sie beten für das ganze Dorf«, antwortete er. »Sie ersparen uns die Mühe des Betens. Wenn sie nicht für uns beten würden, müssten wir es tun. Und beten ist sehr anstrengend und ermüdend.«
»Das ist es wohl«, sagte ich.
Wir wurden in den Palast eingelassen, der ein so bizarres und verrücktes Gebilde war, wie ich es noch nie gesehen habe; und dort übergab uns der Führer unserer Eskorte an einen anderen Jukaner, einen Funktionär des Palastes.
»Hier«, sagte er, »sind einige sehr gute Freunde, die gekommen sind, um Meeza zu besuchen und ihm Geschenke zu bringen. Schneide ihnen nicht die Kehle durch und erlauben es auch keinem anderen. Die Männer müssen nämlich mit Meeza zu sprechen.«
Der Palastfunktionär hatte auf dem Boden gesessen, als wir eintraten und stand auch während des Gesprächs nicht auf. Auch seine Tätigkeit stellte er nicht ein. Stattdessen entließ er unsere Eskorte und bat Zor und mich, sich zu ihm zu setzen.
Er hatte mit der Messerspitze ein Loch in den Erdboden gegraben, und in dieses Loch schüttete er etwas Wasser, das er mit der losen Erde, die er ausgegraben hatte, vermischte, bis der Inhalt die Konsistenz von weicher Knetmasse hatte. Dann nahm er etwas davon in die Handfläche, formte es, bis es rund war, klopfte es flach und legte es vorsichtig neben sich auf den Boden.
Er neigte den Kopf zu uns und winkte mit einer einladenden Geste in Richtung des Lochs. »Schließt euch mir bitte an«, sagte er. »Ihr werdet das nicht nur äußerst unterhaltsam finden, sondern auch höchst aufschlussreich und charakterbildend«, und so schlossen Zor und ich uns dem Palastfunktionär an und machten Schlammkuchen.