Читать книгу Edgar Wallace - Gesammelte Werke - Edgar Wallace, Edgar Wallace - Страница 11
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Andy ging in die Diele zurück.
»Wo sind die Dienstboten?« fragte er.
»Der Hausmeister beruhigt die Mädchen, Sir.«
»Lassen Sie ihn sofort holen«, sagte Andy kurz.
Der Hausmeister hatte nichts gehört. Mr. Merrivan hatte ihn und die anderen Angestellten früh zur Ruhe geschickt und gesagt, daß er selbst alle Lichter ausdrehen und das Haus abschließen werde. Er pflegte das häufiger zu tun.
»Hatte er heute abend irgendwelchen Besuch?«
Der Hausmeister zögerte.
»Das kann ich nicht genau sagen. Einmal hörte ich unten Stimmen. Ich ging die Treppe hinunter, um etwas zu holen, und ich glaube, ich habe ihn sprechen hören.«
»Mit wem hat er gesprochen?«
»Soweit ich es beurteilen konnte, war es eine Dame.«
»Haben Sie ihre Stimme erkannt?«
»Nein, Sir.«
»Wann war das?«
»Zwischen halb elf und elf.«
»Haben Sie denn keinen Schuß gehört?«
»Nein. Irgend etwas weckte mich auf – vielleicht war es der Knall. Die Köchin sagt, sie habe ein Geräusch gehört, als ob eine Tür laut zuschlug. Sie kam herauf und weckte mich. Sie kam aber nicht gleich, da sie sich entsetzlich fürchtete und glaubte, es seien Einbrecher im Hause. Schließlich stand sie aber doch auf und klopfte an Mr. Merrivans Tür. Und als sie keine Antwort erhielt, kam sie zu mir. Ich habe dann Mr. Merrivan tot aufgefunden.«
»Waren die Fenster offen oder geschlossen, als Sie eintraten?«
»Sie waren geschlossen.«
»Gibt es außer der vorderen Tür noch einen anderen Ausgang?«
»Ja, man kann auch durch die Küche gehen.«
Beide Ausgänge waren verriegelt und zugeschlossen. Andy ging in das Arbeitszimmer zurück. Das geschnitzte chinesische Schränkchen kam ihm sonderbar vor. Die Tür schien nicht ganz zu schließen – er zog daran, und sie öffnete sich. Plötzlich wurde ihm der eigentliche Sinn des Möbels klar, denn er fand im Innern einen Stahlsafe verborgen. Auch dessen Tür stand auf, und ein Schlüsselbund hing am Schloß. Der Safe war leer. Im Kamin entdeckte Andy verbrannte Papiere, die teilweise noch glimmten. Vorsichtig nahm er die unverbrannten Stückchen heraus und rettete dabei auch ein kleines, in Leder gebundenes Tagebuch, das erst halb verkohlt war. Er legte es behutsam auf ein Stück Papier.
»Niemand darf die Asche anrühren – verstanden, Sergeant?«
»Vollkommen, Sir.«
Andy untersuchte die vorderen Fenster, sie waren alle fest verschlossen. Von den Fenstern auf der Rückseite war, wie er erwartet hatte, eins nicht verriegelt. Der Fensterflügel war nur angelehnt.
»Entschuldigen Sie«, sagte der Sergeant, »haben Sie den Brief gesehen?«
»Welchen Brief?« fragte Andy. »Wo ist er?«
»Der Hausmeister fand ihn auf dem Boden neben dem Schreibtisch. Er sagte, er habe ihn aufgehoben und unter einen Stoß anderer Schriftstücke auf den Tisch gelegt. Er hat sich eben erst daran erinnert. Er glaubt, daß Mr. Merrivan den Brief gelesen haben muß, kurz bevor er getötet wurde.«
Andy durchsuchte die Papiere auf dem Tisch und zog unter allerlei Rechnungen einen gelben Briefbogen hervor. Die Handschrift sah verstellt aus. Er setzte sich in den Schreibtischsessel und las.
›Ich habe Ihnen eine Chance gegeben, aber Sie haben meine Bedingungen nicht erfüllt. Sie müssen also die Konsequenzen tragen. Wenn Sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden Ihr Versprechen nicht einlösen, werden Sie es bereuen. Dies ist meine letzte Warnung. Ich habe schon zu lange Geduld gehabt.‹
Das Schreiben war mit A. S. unterzeichnet. A. S.! Albert Selim! Es stand noch eine Nachschrift unter dem Brief.
›Einer meiner Freunde, dem ich vertrauen kann, wird diesen Brief unter Ihre Türe schieben.‹
Andy faltete das Schreiben zusammen und legte es in seine Brieftasche. Kurze Zeit später kam Dr. Granitt und untersuchte den Toten.
»Eine schlimme Sache«, sagte der alte Doktor kopfschüttelnd. »Es ist wohl schon eine Stunde her, denke ich. Heben Sie ihn einmal ein wenig an, Doktor Macleod. Hier ist die Wunde. Das Geschoß hat die Hauptschlagader getroffen und dann den vierten Wirbelknochen zerschmettert.«
»Können Sie irgend etwas Besonderes an ihm feststellen?« »Nein«, erklärte Dr. Granitt und sah den Toten nachdenklich an.
»Sehen Sie sich doch einmal seine Schuhe an.«
Dr. Granitt folgte der Aufforderung und runzelte die Stirn.
»Du meine Güte – er trägt ja Stiefel wie ein Landarbeiter!«
Die dicken, unförmigen Stiefel waren mit getrocknetem gelbbraunem Lehm bedeckt. Der alte Arzt schaute verwundert auf.
»Brauchen Sie mich noch, Doktor Macleod?«
»Nein, ich glaube, daß Sie nicht einmal bei der Leichenschau nötig sind, wenn nicht gewünscht wird, daß Sie meine Aussagen bestätigen.«
»Gott sei Dank.« Granitt graute es wie allen Ärzten vor gerichtlichen Verhandlungen und dem damit verbundenen Zeitverlust. »Ich bin augenblicklich sehr stark beschäftigt, kaum eine Nacht vergeht, ohne daß ich nicht von irgendeinem überängstlichen Ehemann geweckt werde – die Bevölkerung von Beverley vermehrt sich beängstigend.«
Andy begleitete ihn bis zur Haustür und ging dann wieder in das Zimmer zurück, wo der Tote lag, um eine genauere Untersuchung des Tatortes vorzunehmen. Er begann mit dem Fenster, durch das der Mörder hereingekommen sein mußte. Seine Theorie bestätigte sich auch sogleich, denn er sah schmutzige Fußspuren auf einem der unter dem Fenster stehenden Diwane. Er betrachtete sie genauer, es waren zwei linke und zwei rechte Schuhabdrücke. Sie waren verhältnismäßig klein, nicht größer als die einer Frau, obgleich der Absatz breiter schien. Wahrscheinlich stammten sie von den Hausschuhen einer Frau. Der Hausmeister hatte ja auch eine weibliche Stimme gehört. Das Fenster ließ sich leicht und geräuschlos öffnen. Andy entdeckte wieder etwas, als er zum Schreibtisch kam. Es war ein großes, altes Möbelstück aus Mahagoni, das sicher echt war, denn ein Mann wie Merrivan hätte sich schwerlich mit einer Imitation begnügt. An jeder Seite des Tisches waren zwei Schubladen, von denen eine offenstand. Merrivan hatte sie vielleicht selbst geöffnet, als er im Sessel saß. Andy zog sie noch weiter heraus, und plötzlich glitzerte ihm etwas Goldenes entgegen. Es war ein Damenring – ein schmaler Reif mit fünf kleinen Smaragden.
Er runzelte die Stirn. Diesen Ring kannte er doch – wo hatte er ihn nur gesehen? Nun besann er sich – aber er wollte es nicht glauben. Es war Stella Nelsons Ring, den er auf dem Postamt an ihrer linken Hand bemerkt hatte! Er starrte entsetzt auf den kleinen Gegenstand und besah ihn von allen Seiten, dann ließ er ihn in seiner Westentasche verschwinden und schloß die Schublade.
Er setzte seine Nachforschungen auf und unter dem Schreibtisch fort. Wieder wurden seine Bemühungen belohnt. Er fand ein kleines leeres, mit Leder bezogenes Etui, wie es Juweliere benützen. Er gab sich nicht die Mühe nachzusehen, ob der Ring in die weißsamtene Füllung paßte, denn jeder Ring konnte in ein solches Kästchen gesteckt werden. Er hörte Schritte im Gang und ließ auch das Etui in seine Rocktasche gleiten.
Der Polizeiinspektor von Beverley trat ein, ein gewichtiger Mann, der ängstlich darauf bedacht war, überall gebührend gewürdigt zu werden.
Auch er sagte, daß es eine böse Geschichte sei – es war merkwürdig, daß alle Leute immer denselben Ausdruck gebrauchten.
»Ich werde nun hier die Leitung übernehmen, Mr. Macleod«, sagte er mit Bestimmtheit.
»Gewiß«, antwortete Andy. »Aber Sie müßten mir dann vorher eine schriftliche Anweisung geben, daß ich mich nicht weiter um die Sache kümmern soll.«
Der Polizeiinspektor zögerte.
»Das möchte ich nicht – wir könnten ja zusammenarbeiten. Ich werde, sobald es geht, Scotland Yard benachrichtigen.«
»Dann werden wir den Fall zusammen bearbeiten, wenn ich den Auftrag bekomme«, entgegnete Andy. »Ihr Name soll nicht verschwiegen werden, im Gegenteil, man wird ihn gebührend erwähnen, Inspektor. Aber überlassen Sie es mir, den Mörder aufzufinden.«
»Ich bin überzeugt, daß Sie mich nicht zu kurz kommen lassen, Mr. Macleod. Was soll ich nun tun?«
Andy gab seine Anweisungen, und nach einer halben Stunde war die Leiche aus dem Zimmer entfernt. Später brachte der Polizeiinspektor neue Nachrichten.
»Mr. Pearson hat den Schuß gehört, er ist davon aufgewacht. Er kam gerade dazu, als der Hausmeister Mr. Merrivan fand. Der Schuß kam aus dem Obstgarten, der hinter dem Haus liegt.«
Andy hörte ungläubig zu.
»Aus dem Obstgarten? Das ist unmöglich. Mr. Merrivan ist aus nächster Nähe erschossen worden. Die Weste ist vollständig versengt und geschwärzt.«
»Aber eins der Dienstmädchen hat den Schuß auch gehört; sie kann vom Fenster ihres Zimmers in den Obstgarten sehen. Sie war auch wach, das Klopfen an der Tür des Hausmeisters hatte sie geweckt.«
»Aber der Hausmeister selbst hat den Schuß doch nicht gehört!«
»Er muß gerade die Treppe hinuntergegangen sein«, meinte der Beamte.
Andy strich nervös sein Haar zurück.
»Merrivan muß zu der Zeit schon tot und der Safe ausgeraubt gewesen sein. Es hat mindestens einige Minuten gedauert, bis der Mann den richtigen Schlüssel gefunden und den Geldschrank geöffnet hat. Nein, was Sie da sagen, ist unmöglich. Der Hausmeister wird irgendwelchen Lärm gemacht haben – vielleicht hat er einen Stuhl umgeworfen.«
»Aber das hätte Mr. Pearson doch schwerlich hören können?«
Andy schwieg zunächst. »Ja, da haben Sie recht«, gab er dann nach einer Weile zu.
Der Tag dämmerte herauf, und Andy ging durch die Küche in den Garten. Draußen herrschte eine fast feierliche Stille, und die frische Morgenluft war voll Duft und Süße.
Der Obstgarten lag hinter den Gemüsebeeten. Durch ein Holztor kam man auf einen mit Schlacken bestreuten Weg. Eine Reihe von Obstbäumen stand hinter der anderen, und die mit Kalk angestrichenen Stämme schimmerten weiß im Zwielicht. Der Weg endete im Gras.
Andy schaute nach rechts und nach links, aber er konnte nichts entdecken, bis er die erste Baumlinie passiert hatte. Auch dann sah er noch nicht gleich die Gestalt, die neben einem der Baumstämme lag, denn seine Augen mußten sich erst an das Zwielicht gewöhnen. Er beugte sich zu dem Mann hinab. Er war tot, über dem Herzen war der Einschuß.
Andy ging ins Haus zurück und rief den Polizeiinspektor herbei.
»Ich habe im Garten einen zweiten Toten gefunden, und wenn ich mich nicht täusche, kennen Sie den Erschossenen.«
Der Beamte begleitete ihn zu der Stelle, wo der Tote lag.
»Ja, ich kenne ihn. Es ist ein gewisser Sweeny, der früher in Mr. Merrivans Diensten stand. Er wurde entlassen, weil er etwas gestohlen hatte. Das war also der Mörder! Zuerst hat er Mr. Merrivan erschossen, dann ging er hierher und tötete sich selbst!«
»Dann müßte hier aber doch eine Waffe zu finden sein«, erwiderte Andy ruhig.
Der Inspektor suchte ohne Erfolg den ganzen umliegenden Boden ab. Das Gras war ganz kurz, es mußte erst kürzlich gemäht worden sein. – Andy stellte später fest, daß in der Woche gerade eine Schafherde im Obstgarten gegrast hatte.
»Hier hat ein Kampf stattgefunden«, sagte Andy plötzlich. »Sehen Sie doch einmal auf den Boden. Hier sind drei Spuren, als ob sich jemand mit dem Fuß abzustemmen versucht hätte. Und – holen Sie doch bitte einmal den Hausmeister her, Inspektor.«
Andy wartete, bis der Beamte außer Sicht war, dann ging er schnell zum nächsten Baum und hob einen Gegenstand auf. Es war ein schwarzseidener Schal – der Schal Stella Nelsons, den sie umgelegt hatte, als sie ihn damals zur Gartenpforte begleitet hatte.
Es stand außer jedem Zweifel: In einer Ecke sah er das roteingestickte Monogramm S. N. Das Tuch war etwas eingerissen. Er roch daran, da er wußte, daß sie ein zartes, unaufdringliches Parfüm benützte. Er konnte sich deutlich an den Duft erinnern. Ja, das Tuch gehörte Stella. Er faltete es so klein als möglich zusammen und steckte es in die Tasche. Mit Entsetzen kam ihm zum Bewußtsein, daß alle seine Anhaltspunkte Stella Nelson belasteten.
Und doch zweifelte er im Grunde nicht an ihr. Nicht ihre Schönheit und ihre Jugend überzeugten ihn, daß sie diese Tat unmöglich begangen haben konnte. Eine innere Stimme sagte es ihm. Vielleicht war auch er wie Scottie hellsichtig geworden. Er lächelte bei dem Gedanken. Aber plötzlich wurde ihm klar, daß ihn dieser schreckliche Druck nicht mehr quälte, der ihn die ganze Zeit verfolgt hatte. Hatte ihn der beginnende Tag davon befreit?
Der Polizeiinspektor kam mit dem Hausmeister zurück, und um seinen Auftrag zu rechtfertigen, fragte Andy den erregten Mann, ob er den Toten wiedererkenne.
»Jawohl, Sir, das ist Sweeny, den Mr. Merrivan heute morgen hier auf dem Grundstück traf – nein, es war gestern morgen.«
Andy hatte den kleinen Vorfall vergessen. Dieser Sweeny hatte Merrivan gehaßt. Vielleicht gab es auch noch einen anderen Grund für seine Feindschaft außer dem Widerwillen, den ein Dienstbote gegen einen Herrn empfindet, der ihn beim Diebstahl ertappt hat.
Als sie in das Haus zurückgegangen waren, gab er weitere Anweisungen.
»Niemand darf hereingelassen werden – den Zeitungsberichterstattern darf nur die Tatsache mitgeteilt werden, daß Mr. Merrivan etwa in der Zeit zwischen Mitternacht und ein Uhr ermordet wurde. Die Lage der Leiche kann den Leuten anhand einer Skizze erklärt werden, aber niemand darf das Zimmer betreten, in dem sich der Mord ereignete. Motiv der Tat: Raub. Über den Mann im Obstgarten mögen sie sich ihre eigenen Theorien bilden.«
Er war den Weg zum Gartentor schon halb hinuntergegangen, als Artur Wilmot plötzlich hereinstürmte. Sein Pyjama war unter dem Mantel zu sehen. Er war sehr bleich.
»Mr. Macleod, ist das wahr – mein Onkel? Großer Gott, das ist doch unmöglich!«
»Ich bin froh, Sie zu sehen«, sagte Andy langsam. »Ja, es ist leider wahr. Ihr Onkel ist tot – er ist erschossen worden!«
»Ermordet?«
Artur flüsterte dieses Wort gespannt, und Andy nickte.
»Aber er hatte doch keine Feinde –«
»Wenige Menschen werden ermordet, weil sie Feinde haben. Der einzige, der drohte, Mr. Merrivan umzubringen, waren Sie!«
Wilmot taumelte zurück, als ob er einen Schlag erhalten hätte.
»Ich?« stammelte er. »Ich soll...? Niemals!«
»Mr. Merrivan war schon tot, als er aufgefunden wurde, er konnte nichts mehr aussagen. Mr. Wilmot, antworten Sie mir jetzt nicht übereilt, sondern denken Sie nach. Sie brauchen meine Frage auch überhaupt nicht zu beantworten, wenn Sie nicht wollen. Hatten Sie einen Streit mit Darius Merrivan?«
Der junge Mann war so betroffen, daß ihm die Stimme versagte. Er schüttelte nur den Kopf und starrte den Detektiv entsetzt an.
»Ich will Ihnen sagen, daß ich vor einer Woche hier vor dem Haus stand und Sie sagen hörte: ›Eher will ich dich umbringen!‹«
Jetzt fand Wilmot seine Sprache wieder.
»Da muß jemand Lügen über mich verbreitet haben«, rief er erregt. »Ich kann Ihnen aber auch einige Dinge erzählen. Ich habe mit ihm gestritten – ja! Wegen eines Mädchens, das keinen Pfifferling wert ist! So, nun wissen Sie es! Er sagte damals, er wolle sie heiraten – und dabei war er schon verheiratet! Er hatte keine Ahnung, daß ich das wußte, ich erzählte es ihm niemals. Seine Frau ist ihm davongelaufen. Er hat sich aber nie von ihr scheiden lassen. Er muß irgendeinen Grund dafür gehabt haben. Und als er mir nun sagte, daß er das Mädchen heiraten wollte –«
»Brüllen Sie nicht so!« erwiderte Andy scharf. »Ich bin nicht taub. Außerdem interessieren mich Ihre Familienstreitigkeiten nicht besonders. Ich bin ziemlich sicher, daß Sie nichts mit dem Mord selbst zu tun haben, obwohl Sie –« er machte eine Pause, um seinen nächsten Worten mehr Nachdruck zu geben, »der Erbe des Verstorbenen sind und durch seinen Tod nur Gewinn haben, wenn Sie nicht beweisen wollen«, fügte er hinzu und sah Wilmot durchdringend an, »daß seine Frau noch am Leben ist. In dem Fall erbt seine Frau das Vermögen. Vielleicht aber existiert ein Testament.«
»Soviel ich weiß, hat er kein Testament gemacht«, sagte Wilmot leiser und ruhiger. »Es tut mir leid, daß ich mich so weit vergessen habe, Macleod. Aber die Sache hat mich entsetzlich mitgenommen – Sie werden das verstehen.«
Andy nickte schweigend.
Er ging mit Artur Wilmot zur Gartenpforte zurück und beobachtete ihn, bis er in seinem Haus verschwunden war. Der Mann wollte jemand anklagen – das Mädchen, ›das keinen Pfifferling wert war‹. Er dachte darüber nach. Hatten die beiden, die man in Beverley Green bereits als Verlobte betrachtete, miteinander gestritten? Wie sehr mußte Stella Wilmots Eitelkeit verletzt haben, daß er sich zu solchen Worten hinreißen ließ! Andy hatte diese Schwäche in dem Charakter des jungen Mannes bald erkannt. Langsam ging Andy den breiten Fahrweg entlang. Sollte er zu ihr gehen? Er schaute auf die Uhr. Es war sechs, sie würde noch nicht wach sein. Unentschlossen sah er zu der ruhig daliegenden Villa hinüber. Die Jalousien waren heruntergelassen. Aber plötzlich erinnerte er sich daran, daß sie gesagt hatte, sie müßte um sechs Uhr aufstehen, wenn sie keine Dienstboten habe. Trotzdem zögerte er noch. Aber wenn sie wach war, hörte sie ihn ja, und wenn sie noch schlief, schadete sein Klopfen auf keinen Fall. Er ging zur Haustür und klopfte. Gleich darauf öffnete sie sich.