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Kapitel 5 Der alltägliche Wahnsinn

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Endlich geschafft!

Die Handwerker verschwanden, nur den Dreck ließen sie da. Um diesen Staub aus den Ritzen zu holen, na, das konnte dauern. Aber dich ja alles schaffte, würde auch das was werden. Nicht wahr!

Aber ich war doch froh, dass die Mädchen endlich in ihre eigenen Zimmer verschwanden.

Tür zu und Ende. Saskia hatte ja schon ihr eigenes Zimmer. Mein ehemaliges Gästezimmer wollte sie nicht mehr hergeben. Nun gut. Da sie mit der Farbe (bordeauxrot) einverstanden war, gab es da keine Probleme.

Die angebauten Zimmer waren toll, wenn auch unterschiedlich groß, aber egal. Denise und Katharina waren wieder in meiner Nähe. Lina und Dani hatten sich auch geeinigt, wer welches Zimmer nahm. Das Zimmer, in dem Katharina vorher drin war, ist schon renoviert gewesen, das blieb wie es war. Das wurde nun Danis Zimmer. Lina nahm das Zimmer von Denise und das musste noch renoviert werden. Das sollte die Farbe Lila haben, (letzter Versuch) mit weißen Möbeln. Der Maler kam, sah, malte und ließ die Rechnung da.

Denise und Katharina hatten ihre Möbel schon, so war das Umziehen leicht gemacht.

Bei den anderen dreien war das schon anders. Da wir den ganzen “Fanz” derzeit dagelassen hatten, wurde dieser Einkauf eine teure Angelegenheit. Nun, Vater aller Kinder, musst du dich mal zu Hause sehen lassen. Am Wochenende. Bitte. Ausnahmsweise. Wirste schon schaffen. Bis alle Mädchen ihre Wünsche erfüllt bekommen hatten, dauerte es doch zwei Wochenenden. Armer Mann. Aber immerhin konnten Johannes und ich miteinander reden. Zwar nicht über Probleme, aber nun. Ein kleiner, gewagter Anfang? Wäre nicht schlecht. Er hatte an diesen Wochenenden doch schon ein klein wenig mitbekommen, wie NETT die drei Großen sich streiten konnten. Sich anblafften und mit Schimpfwörtern um sich warfen. Nee, wiederholen darf ich diese Worte nicht. Ich weiß nicht, kann man das kaufen?

Vor allem Saskia konnte sich in ihrem Hass schon toll was einfallen lassen.

Solche Sätze wie: “Wenn Dani und Lina nicht meine Schwestern wären, dann wäre es unter meiner Würde, mit ihnen zu reden, die sind doch weit unter meinem Niveau.”

Waren noch recht harmlose Sätze. Was für eine Zicke.

Lina und Dani hatten zwar Schwierigkeiten in der Schule, sie waren auch nicht die klügsten und sie mussten mehr und härter lernen als ihre Schwester. Das gab ihr aber nicht das Recht, so zu reden.

Die beiden waren auch im Begreifen von Sprichwörtern nicht die schnellsten. Sie waren so etwas von unbedarft und naiv, das es für Saskia immer wieder eine diebische Freude war, die beiden zu veräppeln. Die beiden glaubten ihr auch alles. Manchmal kamen sie deswegen auch zu spät zur Schule, weil Saskia ihnen gesagt hatte, dass gerade eine Freundin angerufen hätte. Sie brauchten erst zur zweiten Stunde zur Schule. Sie stellten das nicht in Zweifel. Sie fragten nicht nach dem Namen der Freundin oder informierten sich selbst. Saskia konnte ihnen sagen, was sie wollte und beschimpfen wie sie wollte. Die beiden vertrauten ihr völlig.

Ein Beispiel möchte ich noch erzählen. Irgendwann später hatte Lina eine Zeitlang gearbeitet, weil es mit ihrer Lehre nicht geklappt hat. Sie wurde immer von einer Kollegin abgeholt. Die rief Lina morgens an und sagte: “Ich bin krank, ich bleib heut´ zu Hause. Kannst dich wieder hinlegen.”

Was passiert? Sie macht es. Nicht zu fassen.

Mir tat das alles sehr leid. Ab und an musste ich solche Vorkommnisse doch dem Vater berichten. Aber leider war es nicht möglich, irgendeine Reaktion aus ihm herauszuholen. Ist dem das gleichgültig? Die Gespräche waren so sinnlos. Ständig fühlte er sich angegriffen. Ich griff ihn doch gar nicht an. Er hatte doch nicht an Saskias Benehmen schuld. Er sollte mir helfen, das zu ändern.

Es geschah nichts. Bei ihm nicht. Bei mir schon. Ich entfernte mich gefühlsmäßig von ihm. Meine Streicheinheiten für ihn wurden weniger. Unser Sexleben ließ nach. Ich hatte nach solchen Eskapaden keinen Bock auf wilde Leidenschaften. Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Ich fragte ihn nicht mehr um Rat. Ich fing an, ihn zu ignorieren. Ich dachte bei mir, vielleicht kommt er dann auf mich zu, wenn ich mich entfernte. Johannes ließ es zu, dass ich mich entfernte. Der Abstand zu ihm wurde immer größer. Meine Wut und Verzweiflung auch. Es wurde immer schwerer, dies zu beherrschen. Die Ausbrüche meinerseits wurden immer häufiger und lauter. Ich lernte das hohe “C” in meiner Stimme kennen. Wenn ich anfing die Stimme zu erheben, dann hatte ich mich nicht mehr unter Kontrolle. In meinen Gedanken sagte ich mir selbst: “ Gaby, hör auf, du machst alles nur noch schlimmer.” Aber es klappte nicht. Ich hörte erst auf, wenn ich einen Hustenanfall bekam.

Dieser Mann machte mich wahnsinnig mit seinen kleinen Augen und seinem angegriffenen Gesichtsausdruck. Mittlerweile konnte er sich auch so fühlen, denn ich gab ihm die Schuld an meinem Zustand. Weil er mich mit SEINEN ätzenden Kindern und den Problemen allein ließ. Weil er nicht mit mir redete, keine Zeit mehr für mich hatte. Nichts mehr mit mir unternahm.

Er kam immer später nach Hause, manchmal erst um drei oder fünf Uhr morgens. Sprachaufnahmen oder Geschäftsessen. Ich glaubte auch alles. Ich war auch so dämlich, nichts in Frage zu stellen. Warum nur? Ich liebte diesen Mann, heiß und innig. Trotz allem, was mit uns passierte oder auch nicht. Ich vertraute ihm bedingungslos. Ich glaubte an das Gute in ihm. Aber was war das Gute? Kannte ich es? Zeigte er mir seine gute Seite?

Mit den Kindern ging es auch bergab. Sie gaben sich nicht mal mehr die Mühe, nett zu sein. Sie gaben ihr Bestes, dem Fettarsch verbal eine reinzuhauen. Sie sagten was sie wollten und wie sie es wollten. Saskia fing mittlerweile auch an, die beiden Kleinen anzunörgeln. Das ging soweit, dass sie zu Katharina sagte, wenn sie vor ihr stand: “Verpiss dich, du gehst mir auf den Sack, sonst hau´ ich dir eine rein.” Wenn sich das Sichverpissen nicht schnell genug ging, dann wurde rüde geschubst. So jagte eine Beule die nächste und ich hinter Saskia her.

Ich weiß ja, das Kinder sich streiten. Aber was da abging, war kein normaler Streit mehr. Ich wusste nicht, warum Saskia so streitsüchtig und in der Aussprache so ordinär war. Ich habe versucht, es herauszufinden.

“Sag mal Saskia, hast du ein Problem mit deinen Geschwistern?”

“Die sind mir einfach zu blöd. Die sind so bescheuert, das muss doch schon weh tun.”

“Und was ist mit Denise und Katharina, sie sind noch zu klein um dir auf den Sack zu gehen. Du hast keinen Grund, ihnen Schläge anzudrohen.”

“Hab´ ich ja auch nicht.”

“Doch, hast du. Hab´ ich zufällig mitgekriegt.”

“Ich weiß auch nicht, was ich dagegen machen soll. Mama hat mir zwölf Jahre vorgemacht, die Zwillinge schlecht zu behandeln. Irgendwann fand ich das normal. Sie hat mir vorgemacht, das die beiden nichts wert sind.”

“Aber ich habe dir doch nicht vorgemacht, dass Lina und Dani auch anders behandelt werden können. Warum nimmst du das nicht an? Ich habe dir auch nicht vorgemacht, die beiden Kleinen schlecht zu behandeln. Ich schlage sie nicht, warum solltest du das Recht haben? Ich würde sagen, du denkst mal drüber nach, was du anders machen könntest. Dann kannst du mit mir darüber reden und ich helfe dir bei deinem Problem.”

“O.k., mach` ich. Drüber nachdenken kann ich ja. Ich weiß nicht, ob´s klappt. Wenn ich die Zwillinge schon sehe, krieg´ ich ne´ Krise.”

Irgendwie kam da ganz der Vater durch. Drüber nachdenken kann ich ja, aber was tun, ist eine andere Sache.

Ich habe oft mit den drei Großen diskutiert, vor allem mit Saskia. Es war mir bewusst, dass eine Familiengemeinschaft auch gelernt und akzeptiert werden musste. Jedes mal, wenn ich mit Saskia ein Gespräch hatte, kam das Gefühl durch, das sie mich verstand. Um was es ging in diesem Gespräch und was ich damit ausdrücken wollte. Meist endete es damit, dass wir beide weinten und versprachen, es anders zu machen.

Saskia und ich hatten uns ein Ritual zugelegt. Wenn wir reden wollten, nahmen wir ein gemeinsames Bad. Viel Schaum und sehr heiß. Wir nannten das zu heiße Wasser dann “Nicht-bewegen” Wasser. Wir haben viele Bäder genommen, aber es wollte auf die Dauer mit dem Frieden und Verständnis nicht klappen.

Resignation war der nächste Schritt in den Untergang. Ich gab auf.

Wir hatten mittlerweile auch einige Regeln aufgestellt, es war nicht zu bewerkstelligen, dass reihum die Küche, das Wohn- und Esszimmer gefegt wurden. Oder den Müll rausbringen. Jeder hatte es gerade erst gestern gemacht. Also habe ich einen Wochenplan aufgestellt. Jeder hatte eine Woche lang Küchendienst, mich eingeschlossen. Dazu gehörte: fegen, den Bioeimer rausbringen, den gelben Sack und den normalen Müll. Und die Spüle reinigen. Dafür hatte der Nachfolgende dann den Herd und den Ofen (wenn benutzt) zu reinigen und die Spülmaschine auszuleeren.

Einige Zeit ging das gut. Ich hatte auch jeden in den Kalender, der in der Küche hing, eingetragen, so dass niemand etwas “vergaß”. Saskia nahm die Sache schon noch ernst. Aber bei Lina und Dani war das ein Drama. Lina vergaß schon mal, drei Tage den Bioeimer rauszubringen. Am Anfang des Vergessens habe ich das schon mal gemacht. Kann ja passieren. Aber bald nutzte sie das aus. So habe ich es einfach unterlassen, mal sehen, was passiert.

Tja, alles wieder von vorne. Irgendwann war ich dann so gemein, dass ich den Müll einfach auf den Deckel kippte. Nun, das war sehr deutlich und auch widerlich. Aber er wurde rausgebracht.

Ich habe den Mädchen eingeräumt, ihren Küchendienst zu erledigen, wenn sie aus der Schule kamen, nach dem Essen. Dani aber tat das nicht nach der Schule oder überhaupt. Nicht freiwillig. Ich musste es immer wieder erwähnen. Dani, bitte. Dani, hast du schon? Dani, mach doch mal. Ich habe es dann soweit kommen lassen, das ich gar nichts mehr sagte. Ich habe auf einem dreckigen Herd gekocht. Bin über Staub und Krümel hinweggestiegen.

Eines schönen Tages (für die Mädchen nicht) habe ich die kleinen Mädchen geschnappt und habe den Großen einen Zettel hinterlassen, auf dem stand: “ Ich esse heute mit Denise und Katharina in der Stadt. Was ihr esst, ist mir egal. Ich bin nicht mehr bereit, in einer dreckigen Küche zu kochen.”

Natürlich wäre es für mich ein leichtes gewesen, selber alles wegzuräumen. Aber dann wäre wieder alles an mir kleben geblieben. Nein, nein und noch mal nein.

Johannes bekam die Veränderungen auch zu spüren. Er musste nun damit amfangen, seine Gläser, Teller oder was er sonst so vor den Fernseher schleppte, selber wegzuräumen. Es war nämlich immer meine Aufgabe (gewesen), ihm seinen Kram am nächsten Morgen wegzuschaffen. Die Kinder taten es ihm nach, so dass morgens meine Arbeit damit begann, für sieben Personen (mich eingeschlossen) die Trink- und Essutensilien einzusammeln.

Eines Abends erzählte ich ihm dann die Veränderungen. Die Diskussion, die Johannes und ich deswegen hatten, war auch dementsprechend.

Auf Ton und Gestik achtend, sagte ich zu ihm: “Ich möchte dich bitten, abends, wenn du zu Bett gehst, deine Gläser, Teller und sonstiges mit in die Küche zu nehmen. Ich hab´ ehrlich keinen Bock mehr, das für dich zu tun.”

“Wie das auf einmal?” “Was ist denn mit dir los?”

“Jeder lässt hier alles stehen und liegen und am nächsten Morgen darf ich eure Faulheit unterstützen. Ab jetzt kannst du deinen Scheiß allein wegräumen.”

“Wieso greifst du mich bloß immer so an? “Lass doch deine schlechte Laune nicht immer an mir aus.”

“Verdammt noch mal (schon lauter), wieso fühlst du dich angegriffen? Hast null Ahnung, was hier eigentlich abgeht. Dich interessiert weder, wie ich mit allem klarkomme, noch, wie sich deine Kinder aufführen. Die trampeln auf meinen Nerven rum. Auf ihre Arbeiten hier im Haus hamse auch keinen Bock. Immer dies Ermahnen, dies Bitten und Betteln. Ihr Geschrei und Gezanke. Die Zimmer sehen aus wie ein Saustall. Aber du fühlst dich angegriffen.”

“Ich weiß nicht, was du eigentlich von mir willst. Um was geht es jetzt eigentlich?”

“Ne, das weißt du ja nie. Ihr seid doch alle ätzend.”

Ich hatte immer die dumme Angewohnheit, von einem Extrem ins andere zu fallen.

Es hatte sich mittlerweile so viel an Problemen aufgetürmt, die nicht geregelt worden waren. Dann brachte ich das Unterste zuoberst. Redete an dem aktuellen Themen an vorbei und alles wurde dann zerredet. Ich sabbelte immer sehr viel, wenn es darum ging, ein Problem an die Kinder zu bringen.

Ich dachte, je mehr und länger ich ihnen alles erkläre, um so besser würden sie alles verstehen. Aber das war auch nur meine Therorie. In der Praxis sah alles ganz anders aus. Ich war so sehr damit beschäftigt, das ich ein Eheleben gar nicht mehr führte. Ich machte Johannes dafür verantwortlich, das ich mit den Mädchen nicht klar kam. Ich gab ihm die Schuld, das meine Seele litt.

Meine Gefühle zu ihm, da waren kaum noch welche. Ich hatte Panik davor, dass er früh nach Hause kam. Davor, dass er mit mir Sex haben wollte. Allein der Gedanke daran, nein, wie kann ich das verhindern?

Ich verhinderte es, du wie. Ich hatte einfach schlechte Laune und das zeigte ich ihm auch. Ich kümmerte sich gar nicht um ihn. Dann hatte ich meine Ruhe. Allerdings hatte ich auch gehofft, dass er mich nach dem Grund meiner Laune fragen würde. Hoffnung hat man ja immer. Er fragte mich nie. Der Grund war wohl, dass er sich mein Gezeter anhören musste.

Wer hat da schon Bock drauf. Ich, ich hatte da Bock drauf zu zetern. Es sollte ihm auch so schlecht gehen. Dieser Kerl geht den ganzen Tag aus dem Haus, hat dann tolle Geschäftsessen. Hat Kunden in der Firma. Immer andere Leute um ihn herum. Gespräche bis zum Abwinken und manchmal kamen dann auch schicke Frauen in die Firma. Geschäftlich. Versteht sich. Abends, um 22 Uhr.

Nun, ich glaubte ihm ja alles und vertraute ihm immer noch. Wer will da schon zu einer Frau nach Hause kommen, die sich nicht wie eine aufführt. Die abends um 22 Uhr noch Wäsche faltet oder Schundromane liest. Die ein Hallo gerade noch zwischen den Zähen hervorquetschen konnte. Die Arme auf Abwehr verschränkt. Bleib mir bloß vom Fell. Die wilde Zeit im Bett blieb aus. Jedenfalls so lange, bis ICH Lust drauf hatte. Dann ging es heiß hin und her, man(n) konnte meinen, ich hätte mich von den Attacken auf ihn beruhigt. Weit gefehlt, die Alte legte am nächsten Tag gleich wieder los.

Mit der Zeit verging mir auch die gelegentliche Lust auf ihn. Johannes konnte auch nach Streit und Gezeter den Sex genießen. Er konnte da prompt abschalten. Für ihn hatte das eine mit dem anderen nichts zu tun. Für mich schon. Meine Gefühle waren wie eingefroren. Sie verschwanden einfach und kamen auch nicht wieder.

Ich liebte ihn immer noch, obwohl er mir das nie glaubte, alles andere war kaputt gemacht worden. Ich brauchte den Partner, den Freund, den Vater, in guten wie in schlechten Zeiten. In Krankheit und Gesundheit.

Oder war es dieses so Gelobte, das Kleingedruckte im Eheversprechen, auf das niemand achtete? Für mich das alles sehr wichtig. Ich hielt viel von Treue und davon, für den anderen dazusein. Ich war immer für ihn da. Ich hörte mir sein Gejammer an, wenn er Probleme mit den Kunden, Firmen oder Angestellten hatte. Wir versuchten, eine Lösung zu finden. Ich half ihm bei der Auswahl einer neuen Sekretärin. Ich half ihm in der Firma. Machte Telefondienst. Klebte mit anderen Angestellten nachts Briefe an Kunden zu.

Nun aber, ich hatte Probleme, zu Hause, mit seinen Kindern. Wo war seine Hilfe, die er mir versprochen hatte? Nirgends, das konnte ich mir an die Backe kleistern. Er hatte mich vor dem Standesbeamten belogen.

Ich bauchte anderswo Hilfe. Und das ganz schnell. Ich schrieb an einen Frauenzeitschrift und schrie um Hilfe.

Gut, mein Aufschrei war ein Thema und das wurde gekürzt in der übernächsten Ausgabe gedruckt. Half mir auch nicht weiter.

Johannes und ich haben einen guten Freund, dem erzählte ich das Dilemma in langen Worten (später bekam er schon Schweißausbrüche, wenn ich am Telefon war), und siehe da, er hatte die Lösung in Form eines Gesprächstherapeuten für mich. Er gab mir Telefonnummer und Namen, anrufen und Termin ausmachen, war eins.

Toll, Freund. Ich küsse dich.

Bei jenem Therapeuten war ich in der ersten Stunde allein. Schilderte ihm mein Problem und ließ mich genüsslich aus. Ich erzählte dann erst Johannes von dieser Stunde und bat ihn, wenn ihm an unserer Ehe etwas läge, in der nächsten Stunde dabeizusein. Ich erklärte, warum ich zu diesen Sitzungen wollte und was ich mir davon versprach. Antworten brauchte er nicht, das hatte ich sowieso nicht erwartet. Fein, der nächste Termin kam und Johannes ging mit. Der Therapeut erklärte ihm kurz, was wir in Angriff nehmen wollten (dass er mit mir sprach, verdammt) und welche Probleme ich mit mir herumschleppte.

Johannes Kommentar war Spitze: “Ich sehe nur, dass Gaby immer nur schreit, uns allen die Schuld an ihren Problemen gibt. Nicht bereit ist, vernünftig mit uns zu reden.” Bei ihm hieß es nur: nie oder gar nicht.

“Wie bitte, ich habe doch vernünftig mit dir geredet, du hattest aber keinen Bock, Antworten zu geben. Du fühlst dich nur angegriffen”, verteidigte ich mich.

“Mit dir kann man auch nicht reden, du schreist nur rum, fällst einem ins Wort und klagst uns alle an.”

“Was glaubst du wohl, warum ich hier jetzt sitze (ich werde nun schon lauter), alles das brauchte nicht zu sein, wenn du mir von Anfang an geholfen hättest. Wie du es mir versprochen hattest. Aber nein, nach dem Motto: Hier hast du mehr Geld und ein schönes Haus, ein Auto vor der Tür. Sei zufrieden, aber belaber mich nicht mit deinen Problemen. Nachts am besten zu Diensten sein, wie es der Herr gerne hätte und du bist zufrieden. Was bin ich denn für dich? Eine billige Putze. Ein kostenloses Kindermädchen. Und nachts deine persönliche Hure, oder was?” fuhr ich ihn an. Ich redete mich in Wallung, war in Tränen aufgelöst und völlig am Ende.

Das Ergebnis dieser Sitzung: Johannes ging noch dreimal alleine hin und gab dann auf. Es brachte ihm nichts.

Ich ging vier Jahre hin und immer wechselten die Themen. Kaum zu glauben, was in vier Jahren so alles passieren kann. Wahrgenommen, ich meine: so bewusst, wurden solche Situationen doch nicht. Schlurfte mit diesem und jenem Problem durchs Eheleben und verkümmerte so langsam. Mein Mann “vergaß” mich mit der Zeit. Er sprang die Erfolgstreppe hoch und immer höher, mich ließ er unten stehen. Er teilte seinen Erfolg nicht mit mir. Dran teilhaben durfte ich auch nicht. Das durften andere, die ich nicht kannte und die mich nicht. Kannte mich überhaupt jemand? Eigentlich stellte er mich nie vor, wenn wir irgendwo eingeladen waren. Merkwürdig.

Das Kleingedruckte in der Ehe

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