Читать книгу Schachzug Rache - Eleane Pfeiffenberger - Страница 4
Prolog
ОглавлениеEs war sternenklare Nacht in Queen's Mill. So friedlich und still, wie man sich einen kleinen idyllischen Vorort vorstellt, in dem man gerne wohnen würde. Eine Eule flog durch die Luft, sie war auf ihrem nächtlichen Beutezug. Mehrmals umkreiste sie eine Häusergruppe und ließ sich dann in einem Baum nieder. Die Eule neigte ihren Kopf und lauschte dem einzigen Geräusch, welches die Stille durchbrach. Misstrauisch beäugte sie die Person, von der dieses Geräusch ausging. Ein Stück weiter kniete ein Mädchen auf dem Boden. Es hatte eine Schaufel in der Hand und atmete schwer. Luisa hielt ein paar Minuten lang inne, bis sie wieder genug Kraft hatte, um weiter zu graben. Ihr rann der Schweiß über die Stirn und unter ihren Fingernägeln klebte feuchte Erde. Bei jedem Spatenstich rechnete Luisa fest damit, dass jemand quer durch den Garten kommen und sie dabei erwischen würde, wie sie die Erde rund um die Nordmanntanne umgrub. Sie dachte kurz an die Konsequenzen, die das mit sich bringen würde. Abgesehen davon, dass sich auch die Polizei einschalten würde, könnte der Besitzer des Gartens Anzeige gegen sie erstatten. Doch diese Dinge waren für Luisa im Moment nebensächlich, denn sie hatte größere Probleme. Luisa war in etwas verwickelt, bei dem es kein Schlupfloch gab. Oft hatte sie versucht, der Sache zu entfliehen, doch je mehr sie es versucht hatte, desto schmerzlicher war ihr klargeworden, dass es nicht möglich war.
Plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Ein Auto bog um die Ecke. Hastig versuchte Luisa, sich zu ducken, stolperte dabei über die Wurzeln der Tanne, verlor das Gleichgewicht und fiel rücklings auf den harten Erdboden.
Sie sah zu, wie das Auto vorbeirauschte, blieb allerdings noch weitere fünf Minuten unbewegt liegen, um sicherzugehen, dass es nicht zurückkam. Luisa hievte sich hoch, klopfte die Erde ab, so gut es ging, und unterdrückte einen Schrei. Etwas hatte ihre Wange berührt, jetzt den Arm – sie begriff, dass es zu regnen begonnen hatte. Sie lachte sich innerlich selbst aus und machte sich weiter an die Arbeit. Sie nahm die Schaufel, setzte sie am Boden an und trat mit dem Fuß darauf, um die Erde besser auflockern zu können. Inzwischen war der Regen stärker geworden. Luisas schwarzes Haar klebten in nassen Strähnen an ihrem Kopf. Sie hielt ihr Haupt gesenkt, um zu vermeiden, dass ihr Regen in die Augen rann. Luisa grub weiter, bis ihre Kraft sie verließ. Erschöpft stützte sie sich mit beiden Händen an der Schaufel ab. Als sie nach unten sah, dort, wo sie gegraben hatte, entdeckte sie etwas, das ihr die Eingeweide gefrieren ließ. Luisa beugte sich in das Loch hinunter und im selben Augenblick wünschte sie sich in ihr altes Leben zurück, als sie noch für jedermann ein unscheinbares Mädchen war. Denn die alte Luisa hatte niemand beachtet. Obwohl es oft schwer zu ertragen war, von allen ignoriert zu werden, so war ihr dies trotzdem tausend Mal lieber gewesen, denn die Geschehnisse des letzten halben Jahres, welche nun über sie hereinbrachen, fingen an, sie zu überfordern. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie auf den leblosen Körper unter sich gestarrt hatte, bis sie sich schließlich übergab.