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Kapitel 3

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Ich schlug die Augen auf und ging übergangslos vom Schlaf zum Wachsein über. Grummelnd drehte ich mich auf die andere Seite und schaute auf meinen Wecker. Es war 8:30 Uhr. Ein weiterer Tag an dem die Maskerade weitergeführt wird, dachte ich und stand auf. Ich reckte und streckte mich, dann ging ich ins Badezimmer, um meine morgendlichen Notwendigkeiten zu erledigen. Anschließend ging ich in meinen Trainingsraum, ich wärmte mich kurz auf, bevor ich für eine Stunde lang immer abwechselnd Klimmzüge, Liegestütze und Kniebeugen machte. Als ich damit fertig war, lag ich keuchend und schweißüberströmt auf dem Boden und schwelgte in Endorphinen. Einige Augenblicke später rappelte ich mich erneut auf, schnappte mir meine Boxhandschuhe und bearbeitete für 30 Minuten den Boxsack. Mein Herz raste. Überschwänglich warf ich meine Boxhandschuhe beiseite und schwebte quasi aus meinem Trainingsraum, hinein in mein Badezimmer und unter die Dusche. Ich seifte mich gründlich ein, während ich Pläne für den Tag schmiedete. Nach einigem hin und her entschied ich mich dazu an einem meiner Kunstprojekte weiter zu arbeiten (falls Sie es noch nicht wussten, ich bin freischaffender Künstler und auch noch überaus erfolgreich damit). Gedankenverloren trat ich aus der Dusche heraus und trocknete mich ab. Ich verließ nackt mein Badezimmer. “Was soll ich jetzt frühstücken?“, fragte ich laut und schnalzte mit der Zunge. Ich schlenderte in mein Schlafzimmer und zog mir eine schwarze Boxershorts und eine verwaschene Jeans an, dann ging ich in meine Küche, nach wie vor unschlüssig was ich zum perfekten Start in den Tag verzehren sollte. Spontan entschied ich mich für gemischte Nüsse und Obst. Schnell schnitt ich zwei Äpfel und eine Banane klein, dann wusch ich noch einige Trauben ab. Alles zusammen kam in eine Schüssel zusammen mit einer großen Portion Nüsse. Et voilà ein wundervolles Mahl. Ich nahm mir einen Löffel, dann setzte ich mich an meinen kleinen Küchentisch. Mit geschlossenen Augen schwelgte ich in der Ruhe und Stille meiner beschaulichen kleinen Welt. Keine nervigen Menschen, denen ich den Anschein von Normalität vor zu gaukeln brauchte. Keine Emotionen und Launen von irgendjemandem, die ich mühsam analysieren und ertragen musste. Einfach nur Ich, meine Innere Leere und ein gutes und gesundes Frühstück. Das Leben hat doch seine kleinen Momente, die es fast lebenswert macht. Wenn auch nur fast. Ich kaute genüsslich und atmete tief durch. Ruck zuck hatte ich mein Essen verspeist und saß gesättigt und zufrieden auf meinem Stuhl. Geschmeidig erhob ich mich, verließ meine Küche und ging zu der Wendeltreppe, die mich in die zweite Etage meiner Wohnung führte. Ich stieg die Treppe hinauf. Oben befanden sind nur zwei Räume, ein kleines Badezimmer und mein Arbeitsraum. Richtig ich sage >Arbeitsraum< und nicht >Atelier<, wie meine wichtigtuerischen Kollegen in der Kunstszene. Mir ist dieses ganze affektierte Getue in meiner Branche zuwider. Nun aber zurück zum eigentlichen Geschehen. Ich ging zur Tür meines Arbeitsraums und nahm einen weißen Tatortreinigeranzug vom Kleiderhaken, ein nettes kleines Accessoire, welches ich auch gerne bei meinen nächtlichen Metzeleien verwendete. Anschließend öffnete ich die Tür und trat ein. In meinem Arbeitsraum lagen diverse Kunstutensilien wild verstreut im Raum herum, hier und da standen einige angefangene Gemälde und die Folie, die den ganzen Raum quasi in einen großen Müllbeutel verwandelte war übersät mit Farbklecksen. Kunst ist ein schmutziges Geschäft, dachte ich schmunzelnd und schlenderte hinüber zu meinem aktuellsten Projekt. Dabei handelte es sich um eine zwei mal zwei Meter große Leinwand in deren Mitte ein Mann mit freiem Oberkörper saß und sein Gesicht auf den Händen abstütze. Hinter ihm auf seiner linken Seite ragte ein Mann auf, der genauso aussah wie er, allerdings hatte dieser ein großes blutverschmiertes Messer in der Hand und grinste den Betrachter des Bildes diabolisch an. Zur rechten Seite des Mannes, saß ein Skelett mit heiligen Schein und Engelsflügeln. Ich schnappte mir eine Farbpalette und Pinsel, dann legte ich los. Zurzeit musste ich noch den Ausdruck im Gesicht des Messermannes intensivieren, den Augen fehlte noch der starre durchdringende Blick und ich spielte noch mit dem Gedanken, ob ich ihm einige Blutspritzer ins Gesicht und über den Oberkörper verteilt malen sollte. Ich ließ meine Finger knacken, dann legte ich los. Nach einiger Zeit hielt ich inne und lehnte mich zurück, um mein Werk zu begutachten. Besser wird’s nicht mehr, dachte ich schulterzuckend und legte die Farbpalette beiseite. Was nun?, fragte ich mich. Nach kurzem überlegen entschied ich mich dafür mit einem weiteren Gemälde fortzufahren. Ich lief geschmeidig zu einer weiteren Leinwand. Dieses Projekt befand sich noch in den Anfängen, außer ein paar Bleistiftlinien war die Leinwand noch leer. Aber ich hatte bereits eine genaue Vorstellung davon, was ich zeichnen würde. Es sollten vier Personen an einem Pokertisch sitzen und spielen, jede dieser Personen soll, aber schwerste Verletzungen aufweisen. Einer von ihnen wird einen halb weg geschossenen Kopf haben, während ein anderer eine durchgeschnittene Kehle haben wird, wieder ein anderer wird einen aufgeschnittenen Bauch haben und seine Innereien auf dem Pokertisch ablegen, direkt neben seinem Bier. Dem Letzten der vier wird die komplette untere Körperhälfte fehlen. Und trotzdem werden die vier vergnügt dasitzen und den Anschein einer spaßigen Runde machen. Ich musterte die Leinwand vor mir und begann weiter mit einem Bleistift vorzuzeichnen. Ich war so in meine Arbeit vertieft, dass ich aufschreckte, als mein Handy klingelte. Geschwind kramte ich es hervor und schaute auf die Anruferkennung. Selbstverständlich war es Julia. Widerwillig ging ich dran. “Halli hallo Julia“, sagte ich. “Hallo Damian“, ertönte es vom anderen Ende der Leitung. “Hättest du Zeit mir bei einem Fall zu helfen?“ “Eigentlich arbeite ich gerade“, antwortete ich. “Oh ich wollte nicht stören“, sagte Julia. “Aber das hier ist gerade wirklich wichtig. Ich würde mich freuen, wenn du dir die Zeit dafür nehmen könntest!“ Innerlich stöhnte ich auf. Dieses Spielchen trieb Julia nun bereits seit einigen Wochen mit mir. Jedes mal, wenn sie irgendeinen lächerlich langweiligen Auftrag bekam, rief sie mich an und bat mich um meine Hilfe. Leider spiele ich ja einen netten hilfsbereiten Menschen, weshalb ich bei diesem Mist mitmachen musste, um den Schein zu wahren. “Na wenn das so ist“, sagte ich aufgesetzt freundlich. “Warum hast du nicht gleich gesagt, dass es so wichtig ist. Wo soll ich hinkommen?“ “Ich stehe schon unten vor deiner Wohnung“, sagte Julia. “Ich hole dich sozusagen ab.“ “Okay dokay. Bis gleich“, sagte ich und legte auf. Ich starrte das Handy in meiner Hand an. Dieses taktieren ging mir schrecklich auf die Nerven, aber ich würde bei dem Ganzen wohl mitspielen müssen oder ich müsste Julia umbringen und dazu war ich NOCH nicht bereit. Ich drehte mich auf dem Absatz um und verließ meinen Arbeitsraum. Draußen zog ich den Anzug aus und hängte ihn an den Haken, dann ging ich in das kleine Badezimmer und wusch meine Hände. Anschließend schlenderte ich die Wendeltreppe wieder nach unten und steuerte mein Schlafzimmer an, dort zog ich mir Socken und ein grünes T-Shirt an. Kurz überprüfte ich, ob alles wichtige in meinen Hosentaschen war, dann zog ich mir Schuhe an und verließ meine Wohnung. Einstudiert fröhlich lief ich die Treppe hinunter, schoss aus der Haustür heraus und steuerte auf Julia zu, die in ihrem alten Opel auf mich wartete. Ich setzte ein täuschend echt wirkendes Lächeln auf und winkte ihr zu. Gelassen ging ich zur Beifahrertür und stieg ein. Ich musterte Julia kurz von der Seite. Sie sah aus, wie immer mit ihren wilden brauen Locken, der vornehm blassen Haut und ihrer sportlichen Figur. Aber der markanteste Teil ihrer äußeren Erscheinung waren ihre blauen unterschiedlich gefärbten Augen. Das Linke von einem strahlend hellen Blau, während das Rechte in einem wesentlich dunkleren Blauton war. “Wobei kann ich dir denn genau helfen?“, fragte ich unumwunden. “Ich habe den Auftrag gekriegt einen Ehemann zu beschatten, um herauszufinden, wie genau er es mit seinem Ehegelübde nimmt“, sagte Julia und wirkte dabei vollkommen ernst. Ich zog meine Augenbrauen nach oben. “Und dabei brauchst du meine Hilfe?“ “Klar“, sagte Julia. “So was kann ganz schnell gefährlich werden, außerdem sehen vier Augen mehr als nur zwei.“ Julia startete den Wagen. “Na dann“, sagte ich beinah authentisch freundlich. “Los geht’s.“ Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und schaute aus dem Fenster, während Julia losfuhr und den Wagen auf die Straße lenkte. “Wobei habe ich dich den gerade gestört?“, fragte Julia augenscheinlich interessiert. “Bei der Arbeit“, sagte ich sachlich. “Schon klar“, sagte Julia und verdrehte die Augen. “Das hast du schon am Handy gesagt du Schlaumeier. Ich habe mit einer etwas detaillierteren Antwort gerechnet.“ “Ach sooo“, sagte ich gedehnt. “Na ja makabres Kunstzeug stand heute auf dem Programm. Ich habe ein Gemälde fertig gestellt und an einem anderen weiter vorgezeichnet.“ Ich zuckte mit den Schultern. “Nichts spektakuläres halt.“ “Cool. Hast du schon einen Käufer?“, fragte Julia. “Ja“, antwortete ich. “>Ja< weiter?!“, fragte Julia. “Ja ich habe einen Käufer“, sagte ich leicht irritiert von Julias Verhalten. Die lächelte nur und schüttelte den Kopf. “Habe ich erwähnt, dass ich einer Strick- und Häkelgruppe beigetreten bin?“, fragte ich scheinheilig und beobachtete Julia genau. “Wirklich?!“, fragte Julia und zog theatralisch die Augenbrauen hoch. “Davon hattest du mir noch nicht erzählt. Warum machst du den so was?“ Heuchlerin, dachte ich. “Ach mir war nur danach meine feminine Seite mehr auszuleben“, sagte ich selbstironisch. “Außerdem sind selbstgemachte Socken super komfortabel. Willst du auch welche?“ “Liebend gerne“, sagte Julia strahlend. “Okay dokay“, sagte ich und setzte ein kleines Lächeln auf. “Ich werde allerdings einige Zeit brauchen. Ich bin noch grottenschlecht.“ “Kein Problem“, sagte Julia. “Immerhin ist es eh noch zu warm für dicke Wollsocken.“ “Da ist was dran“, sagte ich nachdenklich. “Ich hoffe, ich bin bis zum Herbst gut genug, um mir einen Schal zu machen.“ Julia begann zu lachen. “Oh man“, sagte ich und stimmte in Julias Lachen mit ein. “Das klang jetzt gerade nicht besonders machomäßig oder?“ “Doch, doch“, sagte Julia ein wenig außer Atem. “Das hätte auch ne Zeile aus einem Clint Eastwood oder Chuck Norris Film sein können.“ Das ist doch wirklich lächerlich, schoss es mir durch den Kopf. Julia vermutet, dass ich ein abartiges Monster bin und versucht mir meine Freiheit zu rauben, während ich ahne was sie vermutet und darüber nachdenke sie zu töten...und trotzdem sitzen wir gemeinsam in ihrem Wagen und lachen uns kaputt... Wir müssen beide wirklich einen Dachschaden haben. Mein Leben hat eine komische Wendung genommen. Vielleicht hätte ich mir ein Sudoku mitnehmen sollen, um mir die Zeit zu vertreiben, während unseres langweiligen voyeuristischen Auftrags, grübelte ich. “Wohin fahren wir überhaupt?“, fragte ich. “Wir fahren zu einem kleinen Café, das Herr Jürgens gerne besucht“, antwortete Julia. “Und Herr Jürgens ist der besagte vermeintlich untreue Ehemann?“, fragte ich langsam. Julia nickte. Ich schloss die Augen. Himmel, Arsch und Zwirn, dass war ja jetzt schon zum einschlafen. Vielleicht könnte ich unbemerkt ein kleines Nickerchen halten, überlegte ich, verwarf diese Idee dann aber gleich wieder. Schließlich machte Julia dieses Theater, um mich beobachten zu können. “Wie lange wird der Spaß denn dauern?“, fragte ich bewusst beiläufig. “Es wird so lange dauern, wie es eben dauert“, sagte Julia. “Das kann man so pauschal nie sagen.“ Ich bin angeschmiert, dachte ich genervt. “Wunderbar“, sagte ich gespielt begeistert. “Dann können wir uns ja auf einige schöne gemeinsame Stunden freuen.“ Julia lächelte. “Es wird bestimmt ein wenig öde werden.“ “Wir finden schon etwas, um uns die Zeit zu vertreiben“, erwiderte ich lächelnd und dachte darüber nach, wie Julia skalpiert aussehen würde. Ich blinzelte heftig, um die unartigen Bilder aus meinem Kopf zu kriegen. Julia beäugte mich von der Seite. Ich setzte ein gelassenes Gesicht auf. So fuhren wir einige Zeit lang schweigend durch die Gegend, bis wir an einem kleinen Café ankamen. “So da wären wir“, sagte Julia und parkte gegenüber von dem Café, sodass wir eine gute Sicht auf das Lokal hatten. Nun hieß es zu warten. “Wie kommst du überhaupt darauf, dass dieser Herr Jürgens ausgerechnet heute in genau dieses Café geht?“, fragte ich nach einiger Zeit des stupiden Wartens. “Ich habe meine Quellen“, antwortete Julia. “Hurra“, sagte ich, dann verging wieder einige Zeit in der niemand etwas sagte. In regelmäßigen Abständen spürte ich Julias forschenden Blick auf mir, doch ich tat so als wäre nichts und behielt einfach weiterhin das Café im Auge. Endlich nach einer gefühlten Ewigkeit kam ein älterer vermögend wirkender Herr mit einer jungen Blondine im Arm die Straße entlang gegangen. Julia bekam den für sie typischen >Jagdhund auf einer Fährte< Blick und holte eine Kamera aus ihrer Handtasche hervor. Sie knipste einige Fotos. “War´s das jetzt?!“, fragte ich. “Nein“, sagte Julia. “Wir warten noch. Ich will wissen wohin sie hiernach gehen.“ “Wunderbar“, sagte ich und stöhnte innerlich auf. “Ich war schon immer ein Fan von gründlich erledigter Arbeit.“ Julia fuchtelte abwesend mit ihrer Hand und schien sich auf das Geschehen im Café zu konzentrieren. Ich sank in meinen Sitz zurück. So vergingen 45 Minuten in denen wir dem ungleichen Paar beim herum turteln zusahen. Kann der alte Sack nicht endlich einen Herzinfarkt vom Viagra kriegen?, dachte ich genervt. Oder kann die geldgeile Blondine nicht endlich erkennen was für eine klischeehafte Existenz sie führt und deshalb ihr Leben ändern? Ehrlich gesagt war mir egal was passiert, die Hauptsache war ich konnte endlich gehen. “Julia sollen wir ein kleines Spielchen spielen, um uns die Zeit zu vergnügen?“, fragte ich. “Gerne“, sagte Julia anscheinend mittlerweile auch gelangweilt. “Okay. Wir spielen >Ich sehe was, was du nicht siehst<. Ich fange an“, sagte ich beinah authentisch freundlich. “Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist verdammt langweilig!“ Ich verzog keine Miene. “Ich wette, da kommst du nie drauf!“ “Ha ha ha“, sagte Julia wenig begeistert. “Witzbold.“ Sie wendete sich wieder dem Café zu. “Sie stehen jetzt auf!“, sagte Julia. “Mal schauen wo sie jetzt hingehen.“ “Ich bin schon ganz aufgeregt“, sagte ich wenig überzeugend, doch Julia hörte mich nicht. Sie schoss stattdessen weitere Fotos und als Herr Jürgens und seine Geliebte sich immer weiter entfernten, startete Julia den Wagen und wir folgten ihnen langsam. Nicht weit die Straße hinunter stiegen die beiden in eine Edelkarosse und fuhren los. Innerlich seufzte ich tief. Wenn ich nicht schon ein geisteskranker Killer wäre, würde ich hier einer werden. Ich ließ meine verspannten Schultern kreisen und beobachtete Julia von der Seite. Sie hatte, während sie den Wagen durch den Verkehr lenkte und immer auf den richtigen Abstand zu unserem Ziel achtete, ein gewisses schimmern in den Augen. Ich hatte diesen Ausdruck bereits öfter bei ihr gesehen. Es ist der Glanz in den Augen eines Raubtieres auf der Jagd. Ob sich hinter der Fassade der in Ungnade gefallenen Ex-Polizistin, die für Gerechtigkeit kämpft doch etwas anderes verbirgt?, fragte ich mich. Versteckt sich hinter diesem ansehnlichen Gesicht ebenfalls ein Monster oder ist es nur eine unbewusste schlummernde Finsternis? Eine Tendenz zu extremen Verhaltensweisen? Ich wusste es nicht, wenngleich ich es liebend gerne herausfinden würde. Ich riss mich los von meinen Überlegungen und konzentrierte mich auf die Gegenwart. Wir waren mittlerweile eine ganz schöne Strecke gefahren, vor uns bogen Herr Jürgens und seine Herzdame auf den Parkplatz eines Hotels. Wie klischeehaft, dachte ich verächtlich. Julia fuhr ebenfalls auf den Parkplatz. “Die gehen jetzt also zum kopulieren ins Hotel“, sagte ich. “Ich denke, wir haben genug Beweise gesammelt. Eigentlich ist unsere Aufgabe erfüllt oder?“ “Nein“, sagte Julia unerbittlich. “Wir bleiben noch ein Weilchen.“ Meine metaphorische dunkle Nische knurrte und verlangte nach Blut. Ich sollte sie hier und jetzt töten, dachte ich und inspizierte die Umgebung. Es begann bereits zu dämmern. Der Parkplatz war ziemlich verlassen. Ich könnte sie in unter 60 Sekunden umbringen ohne das jemand etwas bemerkt, überlegte ich kalt. Dann steige ich aus, verfrachte ihren toten Körper in den Kofferraum und fahre fröhlich in den sinnbildlichen Sonnenuntergang. Ich rutschte unruhig auf meinem Sitz herum. “Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte Julia und musterte mich. “Alles bestens“, presste ich hervor und unterdrückte DAS Grinsen. Brich ihr den Hals, flüsterte eine imaginäre Stimme aus den untiefen meines Geistes. Ich biss die Zähne zusammen. Julia musterte mich nach wie vor. Ich konnte allerdings nicht sagen, ob mit einem misstrauischen oder mit einem besorgten Blick. Ich tue ihr nichts!, sagte ich im Geiste zu mir selbst und entspannte mich wieder ein wenig. Ich setzte ein freundliches Lächeln auf. “Herrliches Wetter heute nicht wahr?“ Julia runzelte die Stirn. “Ich kann mich nicht beklagen. Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?!“ “Selbstverständlich“, sagte ich formvollendet. Julia öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch da begann plötzlich ihr Handy zu klingeln. “Momentchen bitte“, sagte Julia und kramte ihr Handy hervor. Sie schaute kurz auf die Nummernanzeige, dann ging sie dran. “Ja hallo Papa. Was ist den?“ Kurze Pause. “WAS?! Warte ich komme sofort!“ Julia legte auf und wandte sie an mich. “Es gibt Probleme. Ich muss sofort los!“ Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch. “Okay. Kann ich irgendwie helfen?“ “Nein. Aber ich muss dich bitten hier auszusteigen. Es handelt sich um eine Familienangelegenheit.“ Verdattert schaute ich sie an, dann kam ich ihrer Bitte nach. Sie bedankte sich noch flüchtig, dann raste sie vom Parkplatz herunter. Tja und so stand ich in der Abenddämmerung alleine auf einem Parkplatz. Ich schloss die Augen und zog die Atmosphäre der hereinbrechenden Nacht in mich auf. Erleichtert atmete ich tief durch und schauderte ein wenig. Es war wunderschön. Die Temperatur war angenehm kühl. Nicht so kühl das mir wirklich kalt war, sondern gerade so das sich meine Haare an den Armen leicht aufstellten. Herrlich. DAS Grinsen schlich sich breit und feixend auf mein Gesicht. Jetzt wo Julia mit Familienkram beschäftigt ist, habe ich endlich die Gelegenheit Nachforschungen für mein kleines antisoziales Hobby anzustellen. Aber erst mal muss ich nach Hause kommen, überlegte ich und wandte mich dem Hotel zu. Dann gönne ich mir eben eine Taxifahrt, entschied ich schulterzuckend. Kurzerhand ging ich hinein und bat die Dame an der Rezeption mir ein Taxi zu rufen. Nach 10 Minuten fuhr mein Taxi vor. Ich stieg ein und gab dem Fahrer meine Adresse. Mir nichts dir nichts war ich zu Hause und bereitete mich auf eine abendliche Erkundungsmission vor.

Damian

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